Das Buch das nie geschrieben wurde

Irgendwo zwischen diesem und dem achtzigsten Universum existiert eine Bibliothek, die Bücher beherbergt, die nie geschrieben wurden.
Zuerst sollte erklärt werden, warum die Bibliothek sich zwischen diesem und dem achtzigsten Universum befindet. Das ist deshalb, weil die Universen sich im Kreis bewegen. Geht man von diesem aus, welches das neunundneunzigste ist, ist es umgeben vom achtundneunzigsten, siebenundneunzigsten, usw. bis zum achtzigsten Universum, wobei nicht alle Universen gleich groß sind. Manche sind sogar winzig, nicht einmal ein achtel dieses Universums, obwohl niemand genau weiß, wie groß dieses Universum ist. Man weiß auch nicht genau, wie groß alle anderen Universen sind. Man weiß nur, dass sie unterschiedlich groß sind. Man bemerkt es an den Rotationen der Universen. Sie machen nämlich enormen Wind, da sie sich enorm schnell drehen und das nicht nur generell, sondern auch um sich selbst, wie das die Planeten der Universen tun.
Das Buch, um das es sich in dieser Schrift handelt, sollte von einem Ereignis auf der Leuchtenden Welt erzählen. Angeblich ist die Leuchtende Welt eine der möglichen Zukünfte der Erde. Angeblich ist dieses Ereignis auch schon passiert, da alles immer gleichzeitig passiert. Nur für uns Menschen scheint sich alles Moment für Moment abzuspielen. Deshalb sollte dieses Buch bereits geschrieben sein, obwohl es nie geschrieben wurde.
Es ist das Ereignis, als sich zwei ganz besondere Leuchtende Wesen für immer vereinigten und aus dieser Vereinigung ein Leuchtendes Wesen hervorging. Genau um dieses Leuchtende Wesen sollte es in dem Buch, das nie geschrieben wurde, gehen, weil es das erste und einzige Leuchtende Wesen war und ist, das ohne Elternliebe aufgewachsen ist.
Liebe ist etwas, das bei den Leuchtenden Wesen besonders groß geschrieben wird. Egal, um welche Liebe es sich handelt, in dieser Disziplin sind Leuchtende Wesen absolute Spitze. Es ist auch so, dass sie der wahren und bedingungslosen Liebe sehr nahe kommen, was für eine evolutionäre Rasse der Menschheit äußerst selten ist.
Es ist ja so, dass sich nicht alle Menschen zu Leuchtenden Wesen entwickelt haben. Es ist nur eine Minderheit, die das getan hat. Dazu sei auch gesagt, dass es nicht wirklich eine Entwicklung war, wie man sich Entwicklungen generell vorstellt. Es haben sich ja auch nicht einige Affen zu Menschen verwandelt, auch wenn das tausende von Jahren gedauert haben soll. Affen haben mit Menschen absolut nichts gemeinsam und würden verständlicherweise sehr beleidigt sein, würde man ihnen nachsagen, dass ihre Art eine Entwicklungsstufe der Menschheit ist. Affen sind sozial und ordnen sich vernünftig unter. Würde ihr Anführer nur einmal eine idiotische Regel aufstellen, wäre er kein Anführer mehr. Aber vernünftige – wohl gemeint für Affen vernünftige – Regeln befolgen sie allemal. Bei Menschen ist das anders. Man meint, sie seien wie Schafe, aber nicht einmal Schafe ordnen sich idiotischen Regeln unter. Auch sie rebellieren gegen den Hirtenhund, würde er sie auf einen Abgrund zu jagen.
Der Mensch glaubt bloß, das intelligenteste Lebewesen auf Erde zu sein, dabei steht er statistisch gesehen weit hinten. Diese Statistik richtet sich nach der Mehrzahl jener Menschen, die man den Durchschnitt nennt. Es geht auch gar nicht um Intelligenz, sondern um Liebe und Fürsorge. Jene, denen Liebe und Fürsorge besonders am Herzen lag und liegt, sind die sogenannte Weiterentwicklung der Menschen, genannt Leuchtende Wesen.
Leuchtende Wesen leben auf der Leuchtenden Welt. Es ist eine feurige Welt, bestehend aus feurigen Lebewesen. Würde ein Leuchtendes Wesen in seiner natürlichen Form auf der Erde vor einem Menschen erscheinen, würde der Mensch auf der Stelle erblinden, so grell leuchtet ein Leuchtendes Wesen.
Leuchtende Wesen sind besonders kreativ. Kunst aller Art findet man nur auf der Leuchtenden Welt in einem derartigem Ausmaß, als wäre die Leuchtende Welt, wäre sie der Erde noch immer ähnlich und nicht zu einem Feuerplaneten geworden, eine einzige Galerie. Die Leuchtende Welt besteht jedoch, wie auch die Leuchtenden Wesen aus einer feineren Materie, die dann doch wieder an Feuerflammen erinnern. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen, die einstige Erde hat sich nicht in einen Feuerplaneten oder eine Art Sonne verwandelt. Die Leuchtende Welt und ihre Wesen erinnern nur irgendwie an grell leuchtendes Feuer. Um wieder zur Kunst zurück zu kommen! Leuchtende Wesen malen, schreiben und machen Musik. Wenn sie malen, benutzen sie dazu den weichen Boden und ihre Finger, aus denen jede Farbe quillt, die sie sich vorstellen. Ähnlich ist es mit der Poesie. Es gibt Pflanzen, die aus Blätter bestehen, die wie Papier sind, auf denen man schreiben kann. Die Musik jedoch kommt aus kleinen Felsen, die bei bestimmten Berührungen Töne aussenden. Leuchtende Wesen sind auch geniale Baumeister. Sie erschaffen Paläste, Villen und Prachtbauten aller Art, wie es sie auf der Erde gar nicht geben kann.
Hier muss etwas angemerkt werden, denn das Schaffen der Leuchtenden Wesen ist eine etwas andere Art als menschliche Künstler das taten. Bei Leuchtenden Wesen hängt sehr viel von der Vorstellungskraft ab. Sie stellen sich, z.B., ein Haus vor und schon befinden sie sich vor diesem Haus. Und wenn sie Lust haben, andere Leuchtende Wesen in ihr Haus einzuladen, geben sie ihre Vorstellung sozusagen frei. Sie können diese aber auch zurück halten, denn ist das Haus nur für den Erschaffer selbst zugänglich.
Es ist nicht einfach zu verstehen. Nehmen wir ein Leuchtendes Wesen her, das auf dem Boden ein malerisches Kunstwerk erschafft. Seine Vorstellungskraft quillt aus seinen Fingern in den Boden. Voilà – da ist das Bild! So könnte ein Leuchtendes Wesen innerhalb weniger Minuten einen Großteil des Bodens der Leuchtenden Wesen voller Bilder malen und kein anderes hätte mehr Platz, auch seine Kreativität bildlich darzustellen. Hier wurde von Mutter Natur (oder einer anderer großen Kraft?) wieder einmal sehr klug eingegriffen, indem sie meint, es wäre besser, wenn alles nur Vorstellung wäre, aber eine sichtbare Vorstellung für alle, wenn es der oder die Künstler/in denn auch wünscht. Wünscht er/sie es nicht, ist das Werk, wie bereits gesagt, nur für den/die Künstler/in sicht- und wahrnehmbar.
Thygyrill, das Leuchtende Wesen, das aus dieser besonderen, letzten Vereinigung hervorging, schuf ein ganzes Dorf und stellte sich bekannte Leuchtende Wesen als Nachbarn vor. Außerdem stellte er sich selbst in diesem Dorf nicht als Leuchtendes Wesen (die anderen Leuchtenden Wesen natürlich auch nicht) vor, sondern erschuf sich selbst wie den kindlichen Pharao Tutanchamun. Das bedeutet, sein Gesicht sah genauso aus wie die Totenmaske Tutanchamuns. Aber dazu kommen wir erst.
Zuerst noch etwas zur Zeit und zu den Momenten, die immer alle 'da' sind. Es ist etwas kompliziert zu erklären, da das menschliche Vorstellungsvermögen hier an gewisse Grenzen stoßt. Für Menschen ist die Vergangenheit vergangen, die Gegenwart ist eben jetzt, wobei eben jetzt auch schon wieder Vergangenheit ist und die Zukunft ist ungewiss, weil sie erst kommt. Gleichzeitig gesehen ist alles 'da'. Auch die Zukunft. Kein Moment geht je verloren. Auch kein zukünftiger Moment, egal, ob er gedacht, gesprochen oder getan wurde. Das bedeutet, auch Geistiges bleibt erhalten und vor allem das, obwohl niemand und nichts bevorteilt wird. Thygyrills Dorf gab es also schon, bevor er aus dieser besonders einmaligen Vereinigung entstand. Die Leuchtende Welt gibt es auch jetzt, obwohl es die Erde noch gibt und sie sich erst zur Leuchtenden Welt entwickelt. Moment! Sie entwickelt sich ja nicht nur zur Leuchtenden Welt, denn gewisse Teile, die bei ihrer Veränderung absplitterten, entwickelten sich zu etwas ganz anderem, worüber ich hier nicht schreiben werde. Dabei handelt sich wohl um anderes Buch, das nie geschrieben wurde und das es trotzdem in dieser außergewöhnlichen Bibliothek, die sich zwischen diesem und dem achtzigsten Universum befindet, existiert und deshalb auch lesbar ist.

Irgendwo auf der Erde wurde bereits über die Leuchtende Welt und ihre Wesen geschrieben, darunter einiges über Liebe und Kunst und Nahrung. Teilweise stimmt vieles davon, anderes wiederum schien irgendwie gefälscht übertragen oder falsch verstanden geworden zu sein. Menschen empfangen. Sie erfinden nicht wirklich etwas. Und was sie empfangen, hängt von der Klarheit ihres Geistes ab und natürlich auch vom Sender. Nicht alle Sender sind vertrauenswürdig.
Aber ich komme vom eigentlichen Thema ab. Es geht ja um das Buch, das nie geschrieben wurde. In diesem Buch wurde, auch wenn sich das jetzt mehr als paradox liest, ganz genau über die Leuchtende Welt und die Leuchtenden Wesen geschrieben. Die Leuchtende Welt ist fast so groß wie die Erde, auch wenn die Erde in mehreren Teilen zerfiel und sich diese Teile zu neuen Welten entwickelt haben. Die Teile wuchsen zu neuen Planeten heran, denn man darf nicht vergessen, dass auch die Erde ein Lebewesen ist. Menschen vergessen das immer wieder und schneiden sie auf, bohren in ihr herum, nehmen ihr den natürlichen Haarwuchs und pflastern sie zu, damit sie keine Luft mehr bekommt. Mit der Leuchtenden Welt passiert so etwas nicht, denn auch sie ist ein eigenständiges Lebewesen, das mit den Wesen, die auf ihr leben, sehr zufrieden ist. Leuchtende Wesen sind eins mit ihrem Planeten. Sie bestehen aus ein und demselben Stoff. Sie leuchten wie sie und sind liebevoll wie sie. Die Leuchtende Welt zu beschreiben, ist nicht einfach, denn Menschen könnten sie genauso wenig sehen, wie sie die Leuchtkraft ihrer Wesen ertragen könnten. Demnach ist es für Menschen sinnlos, diese Welt zu beschreiben. Aber für Leuchtende Wesen sieht sie wundervoll aus. Die Farbe des Bodens wird zum Horizont zu immer dunkler. Wo man sich gerade befindet, ist der weiche Boden, in den man am liebsten versinken würde wie in einem Daunenbett, leuchtend gelb, geht nach vorne, wie auch nach hinten und zu allen Seiten in ein helles orange über, bis es ein sattes Oranges aufweist, das wiederum rötlich bis dunkelrot, dann violett bis dunkelblau und schließlich sehr, sehr dunkel wird. Die Leuchtende Welt ist nicht flach. Sie besteht aus Gebirge, die an den Himalaya erinnern, aber sie hat auch kleine Felsen, wie bereits erwähnt, mit denen man Musik machen kann. Jede einzelne Stelle des Felsens besteht aus einem ganz bestimmten Ton. Leuchtende Wesen lieben es, mit diesen Felsen Musik zu machen. Die Töne klingen von Fels zu Fels auch verschieden. Manche klingen wie Sphärenmusik, die man mit irdischen Synthesizer vergleichen könnte, andere wie spanische Gitarren und wieder andere wie ein Klavier oder ein Saxophon. Einige Leuchtende Wesen bilden mitunter ein ganzes Orchester und unterhalten ihre Familien und Freunde damit.
Die Farbe der kleinen Felsen ist auch unterschiedlich. Sie heben sich meist vom Boden ab und bilden eine entgegengesetzte Farbe. Wo der Boden dunkel erscheint, erscheint ein Fels hell und umgekehrt.
Der Himmel, sozusagen die Atmosphäre der Leuchtenden Welt, ist rötlich, meist mit rosa Schäfchenwolken verziert, aber er wird zum Horizont hin auch dunkler.
Der meist aufgesuchte Ort auf der Leuchtenden Welt ist der des großen Sees. Vorab sei gesagt, es gibt auch kleinere Seen und Bäche, die eine kleine Quelle haben und von irgendwelchen Bergen herab sprudeln. Aber die Quelle des großen Sees, die in glitzernden Farben von einem hohen Berg herabstürzt, ist für alle Leuchtenden Wesen immer wieder eine Reise wert. Der Wasserfall ist unbeschreiblich schön. In Regenbogenfarben stürzt er kaskadenartig in den weiß glitzernden See, wo Leuchtende Wesen gerne ein Bad genießen. Sie schwimmen gerne und sie tauchen auch gerne, - vor allem durch den Wasserfall durch, hinter dem sich eine Höhle befindet, in der es sich gut rasten lässt. Der große See würde bei uns ein Meer sein. Etwa so groß wie das schwarze Meer, aber nicht so tief. An der tiefsten Stelle dürfte er knapp drei Meter haben.
Tiere gibt es keine auf der Leuchtenden Welt, aber jede Menge Pflanzen, die jedoch nicht essbar sind. Leuchtende Wesen ernähren sich ausschließlich von Wasser, das sich im großen See oder in den kleinen Seen oder Bächen unerschöpflich befindet. Es wurde bereits erwähnt, dass Leuchtende Wesen immens kreativ sind und ein Vorstellungsvermögen haben, das kaum von anderen Lebewesen überboten werden kann. Deshalb ist auch Nahrung für sie ein höchster Genuss, so wie alles für sie ein Genuss ist. Leuchtende Wesen genießen alles. Sie sind sinnlich wie kaum andere Lebewesen. In dieser Hinsicht sind sie wirklich einmalig. Das bedeutet, was die Nahrung, das Wasser, betrifft, dass sie in ihrer Vorstellung, würde man sie mit Menschen vergleichen, jedes mal ein Gourmetmahl zu sich nehmen. Das Wasser schmeckt anscheinend köstlich und regt die Geschmacksnerven an, auch wenn Leuchtende Wesen keine Nerven haben. Aber zu der Physiognomie und der Materie des Körpers, wenn auch bereits teilweise erwähnt, kommen wir gleich genauer, denn es muss noch ein ganz bestimmter Ort auf der Leuchtenden Welt erwähnt werden und das ist die Höhle der Könige.

In ihr hausen die verstorbenen Könige und Königinnen der Leuchtenden Welt. Sozusagen spuken dort ihre Geister herum. Das muss deshalb genauer erwähnt werden und auch dazu komme ich im Laufe der Geschichte noch, weil Thygyrill, das Wesen, das bei dieser einmaligen Zeugung entstanden ist, in dieser Höhle seine erste Lebenszeit erlebte.
Ich habe die Leuchtende Welt beschrieben, wie sie ist und doch nicht ist, denn nicht jedes Leuchtendes Wesen nimmt sie in diesen herrlichen Farben und dieser Struktur wahr. Wie bereits erwähnt, haben Leuchtende Wesen eine so enorm energiereiche Vorstellungskraft, dass sich für sie die Welt vollkommen ändert. Thygyrill, z.B., wie auch schon erwähnt, schuf ein ganzes Dorf, in dem kein Haus, keine Villa, kein Anwesen dem anderen glich. Auch andere Leuchtende Wesen erschufen (erschaffen) sich Welten, die mit dem, wie ich die Leuchtende Welt beschrieben habe, nichts mehr zu tun hatten (haben).
Man wird sich nun fragen: Wie ist das nun für alle Leuchtende Wesen? Rennen sie nicht gegen andere Welten an, die nicht so sind wie ihre? Nein, und nochmals nein, das tun sie nicht. Sie nehmen die anderen Welten nicht einmal wahr, wenn sie das nicht wollen oder wenn der Erbauer dieser anderen Welten dies nicht will. Nehmen wir mal Thygyrill und sein Dorf her. In ihm lebten ihm bekannte Leuchtende Wesen, mit denen er sich sogar unterhielt Die Frage ist, waren diese Leuchtende Wesen wirklich in seinem Dorf? Die Antwort ist ja und zugleich auch nein. Die Frage kann sozusagen nicht wirklich beantwortet werden. Genauso wenig wie die Frage, ob sich die Leuchtenden Wesen mit ihrer Vorstellungskraft, die Wirklichkeit zu werden scheint, nicht gegenseitig im Wege sind. Auch hier könnte das Ja und das Nein zugleich zutreffen. Tut es aber nicht. Auch wenn das für unsere Vorstellungskraft nicht zufriedenstellend ist, kann ich nur sagen: Es ist wie es ist. Eine bessere Erklärung gibt es für dieses für uns Menschen so unbegreifliches Phänomen leider nicht.
Es könnte noch so viel über diese außergewöhnliche Welt und ihre Wesen geschrieben werden, vor allem, was ihren Familiensinn und ihre Liebe betrifft. Ja, vor allem die Liebe. Leuchtende Wesen sind bereits, unserer Zeitrechnung nach, obwohl das auch nicht wirklich zutrifft, mit etwa sieben Jahren zeugungs- und gebärfähig. Ihre Geburt ist schmerzlos und passiert auch nicht bei jeder Vereinigung. Wäre es so, wäre die Leuchtende Welt bereits nach einem Tag überbevölkert. Leuchtende Wesen lieben sich so oft wie es nur geht. Und das vor allen anderen Leuchtenden Wesen, die sich nicht daran stoßen, weil sie es selbst ja ebenso tun. Zuerst kommt also die Liebe und dann die Kreativität.
Wenn sich Leuchtende Wesen paaren, verschmelzen sie zu einem einzigen Wesen. Das heißt, sie vereinigen sich tatsächlich, da ihre Körper nun mal so geschaffen sind, dass dies möglich ist. Zwei Feuerflammen werden zu einer Feuerflamme. Könnte man so sagen, um es sich wenigstens bildlich ein wenig vorzustellen. Manchmal und das passiert in Leben eines Paares höchstens drei mal, entsteht aus der Verschmelzung ein drittes Leuchtendes Wesen. Ein Baby. Und dieses Baby wird von beiden umhegt, gepflegt und gestillt. Gestillt! Von beiden! Ja, auch männliche Leuchtende Wesen haben zur Babyzeit (so etwas wie) Milchdrüsen. Das weiß ich von Thygyrills Vater, dessen Mutter ein Mensch und dessen Vater einst König der Leuchtenden Wesen war. Thygyrills Vater wuchs auf der Erde auf und als seine Frau ein Baby hatte, säugte auch er das kleine Mädchen, das – so kann man es durchaus sagen – Thygyrills große Schwester war (ist). Natürlich löste das bei der Mutter Erstaunen aus, da sie damals – der Vater selbst auch nicht so genau – gar nicht wusste, welches Wesen ihr damals unbekannter Schwiegervater wirklich ist.
Nennen wir sie beim Namen – Maria und Kim. Das waren Manolas und Thygyrills Eltern. Das waren jene Eltern, welche sich nach einer ganz bestimmten und einmaligen Vereinigung nie wieder voneinander lösten, aber ein Wesen zurück ließen, das genau bei dieser bestimmten und einmaligen Vereinigung entstand – Thygyrill. Er war kein Baby mehr, aber auch noch kein erwachsenes Leuchtendes Wesen. Es schien, als schwankte das neu entstandene Leuchtende Wesen hin und her. Mal schien es ein Baby zu sein und im nächsten Augenblick ein sehr jugendliches Wesen. Maria und Kim, nun als ein Wesen für immer vereint, das sich entschloss 'Arima' genannt zu werden, waren sich unschlüssig. Sie hatten nicht erwartet, Nachwuchs zu bekommen. Immerhin wollten sie die Leuchtende Welt verlassen, weil es für sie an der Zeit war. Sie dachten, nun käme ihre letzte Stunde, die sie als vereinigtes Wesen erleben wollten. Aber was passierte? Sie trennten sich nie wieder, wurden zu einem Wesen, das die Form und Gestalt Kims angenommen hat und ein neues Wesen entstand aus dieser so großen Liebe.
Apropos Liebe! Darauf komme ich wohl immer wieder zurück, aber genau das lohnt sich, erwähnt zu werden: Leuchtende Wesen verlieben sich nur ein einziges Mal. Sie erkennen ihre wahre Liebe sofort, als wäre diese schon immer in ihrem (organisch nicht vorhandenen) Herzen gewesen. Irrtum ausgeschlossen. Das war auch bei Kim so. Er erkannte, im Gegensatz zu Maria, die sehr lange brauchte, um sich einzugestehen, dass Kim der Wahre ist, sofort in ihr seine einzige, wahre Liebe.

Darüber wurde ein Buch geschrieben. Sogar mehrere Bücher. Insgesamt sind es zwölf und es folgen noch weitere, die wohl zwanzig oder mehr zählen. Deshalb werde ich mich zu Kim und Maria und der Einheit der beiden, Arima, nur mehr wenig äußern, es sei denn, es ist erforderlich. Über Thygyrill wurde kein Buch geschrieben. Es gibt zwar eine Geschichte, die 'Einkehr' betitelt wurde und einige andere Geschichten, in denen er einige Rollen übernimmt, aber all das sind bloß Episoden, die gar nicht einmal so wichtig für sein Leben waren und sind.
Vielleicht sollte ich noch über die Äußerlichkeiten der Leuchtenden Wesen etwas schreiben, um Thygyrills Charakter etwas näher zu erklären. Leuchtende Wesen gleichen einander wie ein Ei dem anderen. Es sind nur wenig Unterschiede, vielleicht ein etwas größere Nase, oder ein wenig kleinere Augen, aber wenn man zehn von ihnen gegenübersteht und man überhaupt nicht lichtempfindlich ist, wie einige Nachttiere, würde man sie als absolut gleich aussehende Geschwister halten. Einfach gesagt, sie sehen alle aus wie Kim, der auf der Erde geboren wurde, aber dem sein Vater, der einstige König der Leuchtenden Welt alles mitgegeben hat, was ein vollkommenes Leuchtendes Wesen ausmacht. Und noch viel mehr, wenn man seine enorme Ausstrahlung bedenkt, die Leuchtende Wesen zwar auch haben, aber nicht in solch gewaltigem Ausmaß.
Was hat das nun mit Thygyrill zu tun? Er wurde als Leuchtendes Wesen geboren (besser gesagt, ist aus der letzten und einmaligen Vereinigung zwischen Kim und Maria entstanden), also müsste er genauso aussehen. Tut er aber nicht. Er schaut aus wie die Totenmaske von Tutanchamun. Thygyrill ist nicht nur anders. Thygyrill will anders sein und will anders aussehen. Und was ein Leuchtendes Wesen will, das kann es auch. Arima (Kim und Maria als Einheit) wunderte sich auch über seinen/ihren Sohn. Vor allem, weil die Größe seiner Gestalt ständig wechselte. Aber es war kaum mehr Zeit, sich zu wundern, denn es wartete bereits eine andere Aufgabe für Arima, also musste er/sie schnell handeln. Wahrscheinlich hätte jedes Paar Thygyrill aufgenommen, denn die Liebe ist an erster Stelle und zwar eine bedingungslose, die nicht unterscheidet. Aber Arima wollte sicher gehen, also brachte er/sie das sich ständig ändernde Bündel Leben zur Höhle der Könige, zu seinem (ihrer ist es ja nicht) Vater und seiner (ihre ist es ja nicht) Mutter. Es war nur ein flehender Blick, als Arima seinen/ihren Sohn in die Arme seiner (ihre ist es ja nicht) Mutter legte und schon löste er/sie sich auf und war verschwunden.
Es scheint, als wären die Geister der Könige und Königinnen, die je auf der Leuchtenden Welt gelebt haben, verdammt dazu, auf der Leuchtenden Welt, in der Höhle der Könige, zu bleiben. Dem ist natürlich nicht so. Es ist bloß ein Fragment der so genannten Seele, die widerspiegelt, was einst war, was ist und immer sein wird. Andere Fragmente oder Aspekte existieren natürlich auch und zogen sozusagen weiter, um anderes widerzuspiegeln.
Der Glaube der Leuchtenden Wesen ist eigentlich kein Glaube, sondern vielmehr Gewissheit. Leuchtende Wesen wissen, dass sie nicht wirklich auf der Leuchtenden Welt existieren. Sie wissen auch, dass die Leuchtende Welt nicht wirklich existiert, weshalb sie diese auch wahrnehmen können, wie sie wollen. Wenn ich etwas so wahrnehmen kann, wie ich es wahrnehmen will, folgere ich ebenso daraus, dass es nicht echt, nicht wirklich ist. Thygyrill setzte dem noch eines drauf, denn er nahm sich selbst ebenso anders wahr, indem er sein Gesicht als die Totenmaske Tutanchamun wahrnahm.
Dazu sei noch erwähnt, dass Kim einst auch Menschen auf die Leuchtende Welt brachte, die natürlich auch nicht wie Leuchtende Wesen aussahen, auch wenn sie nach ihrem menschlichen Tod wieder jung und schön, aber nicht wie Leuchtenden Wesen, sondern wie sie selbst aussahen. Aber sie wurden auch nicht auf der Leuchtenden Welt geboren, die es zeitlich gesehen damals gar nicht gab.
Das soll jetzt nicht heißen, dass es die Leuchtende Welt (Kim setzte sich damals über die Zeit, denn ihm als ganz besonderes Wesen war dies möglich. Das wäre eigentlich die einzige Erklärung, warum es möglich war, Menschen, die auf der Erde starben, auf die Leuchtende Welt, die eine Weiterentwicklung der Erde ist und die damals noch nicht existent war, zu bringen) und ihre Wesen nicht gibt. Es gibt sie genauso wie es die Erde, wie es das gesamte Universum, wie es alle Universen gibt.
Leuchtende Wesen streiten nicht ab, dass es all das gar nicht gibt. All das ist für sie eine Art Spiegelung des Wahren. Ist natürlich auch nichts Neues. Auch bei uns glauben nicht wenige Menschen, dass die Wirklichkeit wie eine Leinwand ist, die von der absoluten Wirklichkeit nur bestrahlt wird und wie ein Film alle Leben abspielt. Der Unterschied besteht aber zwischen dem menschlichen Glauben und dem Wissen der Leuchtenden Wesen. Sie wissen, dass es so ist, würden es aber niemand anderem sagen oder aufzwingen. Leuchtende Wesen 'sehen' im Anderen, dass es so ist. Leuchtende Wesen 'sehen' in allem anderen, dass es so ist. Leuchtende Wesen 'sehen' Gedanken. Das heißt, sie verbergen nur selten etwas vor anderen, außer, es würde andere verletzten. Das behalten sie dann für sich, aber so etwas kommt äußerst selten vor. Leuchtende Wesen verletzen sich gegenseitig nicht, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Nötig ist es nur, wenn das andere Leuchtende Wesen Hilfe braucht, die ein wenig weh tut. So was kommt nun mal, wenn auch sehr selten, vor.
Wie gesagt, der Glaube der Leuchtenden Wesen ist das Wissen, dass es eine Kraft gibt, die sie, die die Leuchtende Welt, die das gesamte Universum und noch viel mehr, ausstrahlt. Eigentlich ganz einfach. Manche dieser Strahlen erlöschen und flackern an anderen Orten wieder auf. Vergehen tun sie nicht, können sie nicht, denn diese Kraft ist unendlich und ewig. Aus diesem Grund geht auch nie etwas verloren. Aus diesem Grund ist alles unendlich und ewig, was war, ist und sein wird.

Es lohnt sich, weiter über das Wissen der Leuchtenden Wesen zu schreiben, um Thygyrills Handlungsweisen richtig zu verstehen, ansonsten würde man ihm reinen Egoismus nachsagen. Man weiß nicht, ob es an den Genen seines Vaters lag, die er in sich trug, weshalb er zu etwas mehr fähig war als seine Artgenossen. Aber das dürfte ausgeschlossen sein, da Leuchtende Wesen darauf keinen Wert legen. Das Äußere ist für sie nicht einmal eine Hülle, sondern eine Reflektion der Ganzheit ihres Selbst, die sie mit einem Strahl der Einen Kraft interpretieren. Wie gesagt, strahlt diese Eine Kraft zu allen Seiten aus und erschafft so das Universum mit all seinen Lebewesen. Erschaffen wäre zu viel gesagt, weil da ja nichts ist, geht man mal von der Einen Kraft aus, die als einzige wahre Wirklichkeit existiert. Wir Menschen hingegen glauben, Materie sei etwas Festes und der Geist, weil für uns nicht sichtbar, ein Nichts, wobei es für Leuchtende Wesen gerade umgekehrt ist.
Thygyrill 'sah' nun diesen Strahl, der wie alle Strahlen, von der Einen Kraft ausging. Er war Teil dieses Strahls und bereits ein sehr großer Teil, in dem er einige seiner Vor- wie auch Nachleben (mit der Zeit sollte man es bei den Vor- und Nachleben nicht so genau nehmen, da immer alles gleichzeitig geschieht) erkannte, sich sozusagen sich vieler seiner als andere Lebewesen bewusst war, die er im Strahl erkannte.
Es gibt verborgene Schriften über Gespräche, wo einer der Gesprächspartner Kim, Thygyrills Vater, ist. In diesen Gesprächen erzählt Kim über die Ganzheit des Selbst, die ebenso reine Energie ist wie die Quelle der Kraft. In diesem Fall wäre die Ganzheit des Selbst der Strahl und die Quelle der Kraft die Eine Kraft. Kim ging in diesen Gesprächen noch weiter und sprach über Bewusstseins- oder Wahrnehmungsblasen. Man könnte sich auf den Strahlen, um es aus der Sicht der Leuchtenden Wesen zu erklären, unzählige imaginäre Blasen (dazu sei gesagt, dass auch die Strahlen imaginär, sozusagen unsichtbar – wie Geist nun mal ist - sind) vorstellen. Der Teil des Strahls, der nun in einer der unzähligen Blasen steckt (man darf sich das alles aber nur bildlich vorstellen, da die Wirklichkeit wieder ganz anders aussieht, da sie nämlich gar nicht aussieht), nimmt sich als das wahr, was die jeweilige Blase vorschreibt. Wir Menschen nehmen uns als Menschen wahr, weil ein Aspekt des Strahls in der menschlichen Bewusstseinsblase steckt. Ein Hund wiederum nimmt sich als Hund wahr, weil ein Aspekt des Strahls in Wahrnehmungsblase der Hunde steckt. Und Leuchtende Wesen nehmen sich (auch wenn es sich um eine Weiterentwicklung der Menschen handelt, befinden sie sich in eigenen Blasen) als Leuchtende Wesen wahr, weil ein Aspekt des Strahls in der Bewusstseinsblase der Leuchtenden Wesen steckt. So könnte man sich das in etwa vorstellen und es scheint, als würden Leuchtende Wesen dieses Bild wirklich vor sich haben, auch wenn es gar nicht sichtbar ist, da Geist oder Bewusstsein oder wie immer man die Strahlen und die Eine Kraft nennen mag, nicht sichtbar – sozusagen nicht wahrnehmbar ist. Aber sie erfahren diese Wahrheit. Sie erfahren, dass sie Teil etwas ganz Großen sind und dass es ihre Aufgabe ist, dieses ganz Große als Ganzes zu erfahren.
Thygyrill war bereits weiter. Er war nahe dran, das ganz Große gänzlich zu erfahren und war somit seinem Vater mehr als auf der Spur. Er war ihm mit diesem Wissen auf eine ganz besondere Art gleichgestellt. Nur war es jetzt so, dass ihm das Selbstvertrauen fehlte, was nichts anderes war, als die Liebe seiner wahren Eltern. Für Leuchtende Wesen ist es ein Graus, ohne Elternliebe aufzuwachsen. Es kam auch nie vor, außer bei Thygyrill, der nicht nur deshalb ein ganz besonderes Leuchtendes Wesen war.
Über seine Kindheit, in der er noch lange mit seiner Gestalt spielte, indem er mal Baby, mal Kleinkind war, gibt es kaum etwas zu schreiben. Kims Eltern, die ehemalige Königin und der ehemalige König der Leuchtenden Welt, bemühten sich sehr, ihm die dementsprechende Liebe zu geben, aber Thygyrill fühlte sich dennoch einsam und nichtssagend. Ihm fehlte, wie gesagt, das Selbstvertrauen bedingt durch die fehlende Liebe seiner wahren Eltern), um zu erkennen, wer und was er wirklich war.
Zu den Königinnen und Königen sei noch gesagt, - sie waren nie derartige Regenten wie wir Menschen sie haben. Sie waren eher Sklaven des Volkes, um es mal gar hart zu auszudrücken. Die Könige und Königinnen waren ein wenig ernsthafter als alle Leuchtende Wesen zusammen, die man durchaus mit einer ausgelassenen, kreativen und liebevollen (im Gegensatz zu Menschenkindern, die oftmals sehr boshaft sein können) Kinderschar vergleichen kann. Diese Kinderschar nun braucht eine schützende Hand. Das ist eigentlich alles, wozu ein königliches Paar auf der Leuchtenden Welt nötig ist. Das Volk schützen und für es da sein, wenn es etwas braucht, was aber mehr als selten vorkommt, denn Leuchtende Wesen haben alles, was sie brauchen und das wissen sie auch.

Thygyrills fehlendes Selbstvertrauen wird teilweise in der Geschichte - Einheit – beschrieben. Vieles über und mit Thygyrill wird beschrieben. Aber nur in dem Buch, das nie geschrieben wurde, wird alles, wirklich alles, über Thygyrill offenbart. Wie gesagt, über seine Kindheit gibt es nur wenig zu berichten, obwohl sich das fehlende Selbstbewusstsein bereits hier zeigte. Oft zog er sich schmollend ganz tief in die Höhle der Könige (wo die Geister der einstigen Könige und Königinnen existieren) zurück und ließ nicht in sich hinein 'sehen'. Thygyrill verbarg sich. Schottete sich die meiste Zeit ab.
Man könnte auch sagen, dass er meditierte, so sehr in sich ging, dass er gerade dadurch so viele seiner Leben erkannte. In diesen Momenten hatte er oft das Bild einer leuchtenden Kugel vor den geschlossenen Augen, deren Strahlen in alle Richtungen gingen. Je länger sie wurden, um so weiter entfernten sie sich voneinander. Obwohl sie unendlich erschienen, folgerte Thygyrill, dass sie in weiter Entfernung am weitesten von allem entfernt sind. Er erkannte sich selbst in so einem Strahl. Er 'sah' die Blasen – manche nennen sie auch Perlen – die wie aufgefädelt an diesem Strahl erschienen und verstand, was sie darstellten. In all dieser Zeit, in der er sich vor allem und jedem zurückzog, liefen auf gewisse Weise die meisten seiner Leben vor seinem inneren Auge ab. Er wusste, dass er all das bereits gelebt hat. Er wusste, er ist dieser Strahl, der immer mit der leuchtenden Kugel verbunden ist, welche die Eine Kraft (Quelle der Kraft) darstellt. Er wusste, je mehr Leben er sich bewusst ist, um so näher kommt er der Einen Kraft, wie auch allen anderen Strahlen, die sich in nächster Nähe der leuchtenden Kugel bereits berühren.
Thygyrill wurde auch bewusst, dass dieser Zustand immer erreichbar ist, weil es der einzig wahre Zustand ist. Man muss sich nicht am äußersten Ende der Strahlen aufhalten, obwohl viele Lebewesen das zu tun glauben. Die Blasen sind nicht wirklich. Man kann sie abschütteln. Sobald man sich seiner Leben bewusst wird und vor allem, sobald man sich bewusst wird, dass dies gar kein wirkliches Leben ist, lösen sich die Blasen auf, als wären sie nie da gewesen.
Thygyrill 'sah' nicht nur das, was wir Vergangenheit nennen. Er sah auch Zukünftiges, wobei es weder Vergangenheit noch Zukunft gibt, genauso wenig wie es diese Blasen wirklich gibt, die uns zu einer bestimmten Wahrnehmung zwingen. Es gibt nur diese leuchtende Kugel und ihr leuchtendes Strahlen, das genauso sie selbst ist. Thygyrill wusste auch, dass er mit seinem inneren Auge nur Abbilder dessen 'sah', die der Wirklichkeit kaum nahe kommen. Die Wirklichkeit, so folgerte er, lässt sich nicht 'sehen', nicht wahrnehmen. Und sie ist – im Gegensatz zu dem, was alle das Leben nennen – immer da. Das Leben wird durch den Tod abgelöst. Aber beides löst sich immer wieder ab und nichts von beidem ist beständig, solange das Wahre nicht erfahren wird.
Thygyrill erfuhr wie viel Kraft wirklich in ihm steckt. Er wurde nicht hochmütig. Ganz im Gegenteil, denn als er aus der Phase der Kindheit herauswuchs, wuchs sein fehlendes Selbstbewusstsein mit ihm. Es gab für ihn diese wundervolle Stadt, in die plötzlich fürchterliche Monster einbrachen und er in den nahen Wald floh, wo eine Hütte stand, in dem sein Vater in einem Bett gefesselt und mit tiefen Wunden am ganzen Körper lag. „Leide, Phantasiewesen, leide“, sprach Thygyrill die erlösenden Worte und sein Vater machte ihm klar, wie er seine Stadt wieder zurück bekommt.
Aber darum ging es Thygyrill nie. Auch nicht um seinen Vater, den er wie nichts im Universum liebte. Natürlich liebte er auch seine Mutter, die ihn sein Vater oftmals 'sehen' ließ. Immerhin trafen sich die beiden in der nahen Zukunft in manchen Zwischenwelten, über die es – wie bereits erwähnt – viele Geschichten gibt. Sein Vater machte ihm nicht nur klar, wie er seine Stadt wieder zurück bekommt, er machte ihm auch klar, wie er noch sehr viel mehr zurück bekommt, was er in Wirklichkeit gar nie verloren hatte: sich selbst – sein Selbst.

Es ist ein unerschöpfliches Thema, das man drehen und wenden kann wie man will, - es kommt nichts dabei heraus und doch scheint es so, als hätte man etwas von dem großen Geheimnis erhascht. Das Beispiel mit der leuchtenden Kugel (man könnte auch Sonne sagen) trifft es jedoch sehr gut. Das wusste auch Thygyrill, als er ganz hinten in der Höhle der Könige meditierte und auf diese Art seine Kraft sammelte. Ohne Blasen (Perlen) ist alles wie es sein soll, alles wie es ist. Mit Blasen entsteht Trennung. Jeder Strahl ist wie Schubladen unterteilt, von sich und von der Ausgangsquelle getrennt. Ohne Blasen ist alles Eins. Ohne Blasen gibt es nicht einmal einen wirklichen Unterschied zwischen Sonne und Strahlen. Beides gehört zusammen und ist Eins. Die Strahlen sind sozusagen die wahre Schöpfung der Einen Kraft, der Quelle der Kraft.
Aber Thygyrill erkannte noch viel mehr, ohne hochmütig zu sein. Dass Phänomen der Einheit betrifft alle, nicht nur ihn, sonst wäre er ja hochmütig geworden.
In einer der vielen Schriften (über Thygyrill) wurde Thygyrill 'der Träumer' genannt. Diese Schrift nennt sich Impressionen: Und Thygyrill, der Träumer, der anderen Lebewesen (in diesem Fall nenne ich sie Götter, obwohl auch das keine Bedeutung hat, denn Götter oder gar einen Gott im üblich menschlichem Sinn gibt es nicht), zeigt, wie man Träume oder Vorstellungen oder Ideen in Wirklichkeiten umwandelt, wobei es sich bei Wirklichkeiten in manchen Dimensionen (meist niederen) um Materie handelt.
Das bedeutet, Thygyrill erkannte in sich die Kraft, etwas zu erschaffen. Er stellte sich etwas vor und schon existierte es. Leuchtende Wesen besitzen diese Kraft nicht, auch wenn ihnen sehr viel mehr möglich ist, als vielen anderen Lebewesen, wie, z.B., uns Menschen, die wir dagegen ja ärmliche Kreaturen sind, die ständig irgendwelche Apparate brauchen und uns deswegen rühmen, was wir alles erfinden. Natürlich wäre diese Kraft, die Thygyrill in sich entdeckte und die er nicht ganz alleine für sich gepachtet hat, in uns fatal gewesen. Wir hätten (haben wir?) uns ja fast mit unseren Erfindungen ausgerottet, die gegen manche Gedanken oder Vorstellungen noch human gewesen sind.
Aber Thygyrill war mit dieser Kraft nicht glücklich. Er erkannte in ihr genauso Fatales, wie manche Menschen mit der Entdeckung des Dynamits. Nein, Thygyrill erkannte noch viel Schlimmeres. Er erkannte, dass er nicht der einzige mit einer derartigen Kraft ist. Derart (so genannte) weit entwickelte Wesen (wir Menschen würden sie tatsächlich 'Götter' nennen), wie Thygyrill, sind es, welche unbewusst diese Blasen (Perlen) erschaffen. Unbewusst war (und ist!) es vielleicht für manch andere derart weit entwickelte Wesen. Für Thygyrill war es bewusst. Und doch tat er es. Er erschuf Bela und erkannte in Ysil seine wahre Partnerin. Das heißt, er erschuf Bela nicht urplötzlich, als würde er mit den Fingern schnippen und schon steht da ein Junge, namens Bela. Es war doch etwas komplizierter, da es auch mit den Bewusstseinsblasen zusammenhängt. Man könnte sagen, diese Welt, in der Bela und Ysil lebten, wurde von Thygyrill kreiert. Das war seine eigentliche Stadt, wobei die Stadt mit seinem weißen Palast nur ein Test war, in dem Arima ihn unterstützte.
Es gibt viele Schriften über Thygyrill und es gibt eine, in der nur subtil angeschnitten wird, wie sehr Thygyrill seinen Vater nicht liebte, sondern hasste. Das hatte keinen wirklich persönlichen Hintergrund. Das war, weil Thygyrill wusste, dass Arima wusste, wozu er seinen Sohn überredete. Arima wusste, dass er Thygyrill dazu bringt, eine Welt zu kreieren und damit neue Blasen zu erschaffen, welche aus den Strahlen Lebewesen machen, die wie Sklaven leben und sterben müssen, bis sie endlich die Illusion dieser Blasen erkennen. Und das ist nicht einfach.
Natürlich sind die Blasen eine Illusion, denn nur das, was die Eine Kraft erschafft, nämlich die Strahlen, ist wahre Wirklichkeit. Das, was Thygyrill und andere dieser Artgenossen, erschaffen, mag vielleicht genauso wirklich sein, aber niemals beständig und ewig.
In Wirklichkeit war es Thygyrill, der für die Einheit stand und nicht Ysil oder Manola (beide sind Aspekte eines Strahls oder Ganzheit des Selbst). Hier trafen in Wirklichkeit zwei Welten aufeinander, die des Vaters, der für Individualismus steht und die des Sohnes, der für die Einheit eintritt. Das ist nichts Neues. Das offenbaren teilweise auch die bereits existierenden Schriften, wenn auch größtenteils verfälscht. Die Frage ist nur, wie ging Thygyrill mit dieser seiner Erkenntnis um, als er in diesem Augenblick der Erleuchtung aus der Höhle trat und sich zum ersten Mal bei anderen Leuchtenden Wesen zeigte?

Es wäre empfehlenswert, eine Pause einzulegen, um über Thygyrills Erleuchtung nachzudenken. Man bedenke diese Logik, die nach menschlichem Ermessen gar keine ist. Die Blasen sind keine Wirklichkeit. Sie sind nur Schein. Sie sind Schleier, die man lüften sollte, um die Ganzheit des Selbst (den Strahl) zu erkennen. Erkennt man die Ganzheit des Selbst, erkennt man, dass sie es ist, die diese Blasen erschafft, von denen sie selbst sich gerade befreit hat. Wie jetzt? - wird man sich fragen. Die Schlange beißt sich selbst in den Schwanz. Ouroboros oder Midgardschlange. In den Mythen steckt ja doch mehr als stets angenommen.
Der Grund, warum dieses Buch nie geschrieben wurde, ist vielleicht erklärt. Weil es, erstens, nichts erklärt und zweitens, weil das, was in diesem Buch passiert, gar nicht erklärt werden kann, weil es unerklärlich, paradox ist. Ich stelle mir jetzt einmal vor, dass ich es schaffe, den Schleier zu lüften. Alle Aspekte der Ganzheit meines Selbst tauchen plötzlich vor mir auf und ich erkenne sie wieder, als hätte ich sie nie vergessen. Alles ist da und ich fühle mich frei und geliebt von dem Wesen, das mich erschaffen hat, das mich all das Licht ausstrahlen lässt, das aus ihm hervor geht. Aber plötzlich kommt der Dämpfer, denn ich erkenne im nächsten Augenblick, dass ich selbst, die all diese Welten (Blasen, Perlen) erschaffen hat. Moment mal! Erschaffe ich sie noch immer?
Thygyrill tut es. Er muss es tun, um die Ganzheit seines Selbst zu vervollständigen. Das wäre mal eine logische Erklärung. Das Unlogische daran ist, dass Ganzheiten des Selbst - dass jene Strahlen, die eng zusammenhängen - also jene, die eben die Quelle verlassen, es sind, welche sich mit Perlen schmücken, um vielleicht etwas anderes als ewige Glückseligkeit zu erleben. Der Grund, warum sie es tun, steht noch immer nicht fest. Fest steht, dass der Schuss nach hinten los geht. Der ewige Kreislauf. Man befreit sich von den Perlen (Blasen oder wie auch immer, da es sich ja eh nur um eine bildliche Vorstellung handelt) und plötzlich erschafft man sie wieder neu, weil das nun mal die Aufgabe der Ganzheiten zu sein scheint. Die eigentliche Aufgabe jedoch wäre, sich für immer von den Bewusstseins- und Wahrnehmungsblasen zu befreien und für immer in die Quelle der Kraft zurück zu kehren. Die Quelle muss nicht strahlen wie eine Sonne. Es jubelt ihr niemand zu. Es applaudiert auch keiner.
Thygyrill schlich dahin. Leuchtende Wesen schweben fast schwerelos über den weichen Boden der Leuchtenden Welt. Er sah den dunklen Horizont und fühlte das Dunkle in sich. Er kam sich böse vor und erinnerte sich an all die Geschichten über das Böse, ohne das es das Gute nicht geben würde. Innerlich schrie er zornig nach seinem Vater, der sich aber nicht blicken ließ. Arima wartete in einer riesigen Halle auf ihn. Aber nicht auf Thygyrill, wie er sich jetzt wahrnahm. Er wartete auf Bela. Auf den Jungen, der sich selbst und seine Welt erschuf und das Mädchen Ysil mitbrachte. Sie ritten beide auf Drachen. Sie selbst waren diese Drachen, denn auch die Drachen sind Aspekte ihrer Ganzheit.
Thygyrill musste handeln. Ob er wollte oder nicht. Langsam legte sich sein Hass, seine Wut und er verstand, dass man oftmals Dinge tun muss, die man gar nicht tun will. Alles Vorbestimmung? Auf eine gewisse Weise ist es das, aber das wird erst verstanden, wenn man erkennt, dass alles stets gleichzeitig passiert und man sich auf eine gewisse Weise alles selbst antut.

Aber genug der klugen Reden. Wenden wir uns Thygyrill zu, der sich auf den Weg zum großen See macht. Warum er ausgerechnet zum Treffpunkt aller Leuchtenden Wesen will, ist wohl allen ein Rätsel. Vielleicht hat er von diesem Mittelpunkt aus einen besseren Draht zu der Welt, die er erschaffen hat, mit der er sich selbst, bzw. einen Teil seines Selbst, in eine Art Gefängnis gesteckt hat. Natürlich betrifft diese Welt auch andere Ganzheiten, die dadurch eine weitere Blase zu durchbrechen haben.
Es gibt aber noch etwas Paradoxes zu beschreiben, nämlich dass die Benennung 'Ganzheiten' nicht ganz richtig ist, da es sich stets nur um eine einzige Ganzheit handelt. Die Ganzheit ist gesamt gesehen die Schöpfung der Einen Kraft, der Quelle der Kraft. Alles andere hat sie ihrer Schöpfung überlassen. Wie weit mag sie strahlen, dieses Schöpfung? Wie wirkt sich das, was der freie Wille genannt wird, aus? Diese Fragen stellen sich wahrscheinlich nur Menschen, aber nicht die Eine Kraft, die dennoch hinter allem steht. Sie lässt allem seinen Lauf, weil sie weiß, dass immer alles zu ihr zurück kommt, wenn ihr danach ist. Aber auch das ist nicht richtig, denn 'einem danach sein' ist auch wieder zu menschlich. Es passiert, wenn es passieren soll, - trifft es schon etwas besser.
Nun aber zum Paradoxon! Wie ich schrieb, erkannte Thygyrill dass er, sobald er sich befreit hat, selbst wieder in Gefangenschaft begibt, dass das, wovon er sich befreit hat, seine eigene Schöpfung ist, dass er sich sozusagen selbst die Kuckuckseier gelegt hat. Thygyrill, die Ganzheit des Selbst, wobei es stets nur eine einzige Ganzheit des Selbst gibt, wie auch eine einzige Eine Kraft, erschafft in diesem Fall erschafft nicht nur er die Welt in der Bela und Ysil existieren, sondern DIE Ganzheit des Selbst – sozusagen der Teil, der frisch aus der Einen Quelle entstanden ist. Ja, 'entstanden' trifft es vielleicht besser, da 'erschaffen' doch so etwas wie einen Willen voraussetzt, wie Menschen ihn haben. So in der Art: „Jetzt will ich aber einen Spielkameraden haben, also erschaffe ich mir einen.“ So etwas trifft auf die Quelle der Kraft auf keinen Fall zu. DIE Ganzheit des Selbst erschafft sozusagen all diese Blasen, die sich auf all den Strahlen befinden, die länger und länger werden, denn das werden sie, sobald sich neue Blasen auf ihnen bilden.
Um einem Plagiat vorzubeugen, möchte ich anmerken, dass dieses Bild, das in dem Buch, das nie geschrieben wurde, gezeigt wird, auf eine gewisse Art und Weise bereits existiert. Zumindest existiert es so ähnlich, denn auch in diesem (existierenden) Buch wird über eine Macht erzählt, die etwas erschaffen hat, mit dem sie ständig in ewiger Glückseligkeit kommuniziert. Aber ein Aspekt dessen, was sie erschaffen hat, erschafft nun etwas, das sich gegen die ewige Glückseligkeit wendet. Nennen wir das Buch beim Namen: „Ein Kurs in Wundern“. Wie geschrieben – das Buch, das nie geschrieben wurde, hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem „Kurs“ und vielleicht auch mit der indischen Religionsphilosophie „Advaita-Vedanta“. Ich habe ja bereits angeschnitten, dass in dem Buch, das nie geschrieben wurde, nicht nichts wirklich Neues geschrieben steht. Vielleicht ein bisschen etwas von allem und doch ist es ein wenig anders, denn dieses Buch wurde tatsächlich nie geschrieben. Es wird über es geschrieben, aber das tatsächliche Buch existiert materiell auf keinem Fall. Es befindet sich noch immer wohl behalten zwischen diesem und dem achtzigsten Universum in einer ganz besonderen Bibliothek.
Natürlich ist das Buch, das nie geschrieben wurde, (etwas) anders als alle Religionen und Philosophien, auch wenn aus der einen Eine Kraft eine Ganzheit des Selbst entstanden ist, aus der wiederum etwas entsteht. Das Strahlen geht zwar aus der Einen Kraft hervor, wie bereits beschrieben, aber wie lang die Strahlen werden, ist der Ganzheit vorbehalten. Und die hält anscheinend zusammen, auch wenn die Strahlen weiter und weiter auseinander gehen.
Phänomene wie diese zu beschreiben, so etwas geht immer nach hinten los. Man redet sich den Mund fusselig (würde man reden und nicht schreiben) und doch kann man sich nicht wirklich verständlich machen. Also wenden wir uns abermals Thygyrill zu, der bereits am großen See angelangt ist und sich an dieser Schönheit kaum satt sehen kann. Er wundert sich auch, warum es manche Leuchtenden Wesen (wie er!) vorziehen, sich in ein anderes Aussehen der Leuchtenden Welt zu träumen, wo es hier doch so wunderschön ist.

Thygyrill blieb keine Wahl. Er setzte sich an das Ufer des Sees und blickte eine Zeit lang auf den Wasserfall, der in Regenbogenfarben, mit silbern glitzernden Sternchen darin, in den großen See rauscht. Einige Leuchtende Wesen hockten wie er am Ufer und ließen das Schauspiel genussvoll über sich ergehen. Andere wieder schwammen im See und vor allem gab es viele, die gerade vereint waren. Thygyrill senkte jedes mal seinen Blick, wenn er ein Paar sah, das eins wurde. Für ihn gab es keine wahre Partnerin. Nicht einmal einen wahren Partner, denn für Leuchtende Wesen zählt das Herz und nicht das Geschlecht.
Thygyrill genoss diese wenigen Momente des Frieden und Glücks der anderen Leuchtenden Wesen, dann schloss er die Augen und versetzte sich in seine Stadt, direkt vor seinen weißen Tempel. Der Tempel war nicht so groß und gewaltig wie der thailändische Tempel Wat Rong Khun, hatte aber eine große Ähnlichkeit mit ihm. Nicht minder setzt der Prunkbau seiner Nachbarn in Erstaunen, wo Thygyrill oft überlegte, ob er nicht tauschen sollte. Es war ein gotischer, schwarzer Bau, mit einer breiten Treppe, links und rechts davon hocken seltsame steinerne Tiere, die wie Löwen mit Hörner aussehen, einem herrlich verzierten Portal und viele, viele Türmchen, und natürlich mit den typisch gotischen Fenstern. Eine weiße und eine schwarze Villa gleich nebeneinander. Heute wäre Thygyrill eher nach dem schwarzen Anwesen gewesen.
So richtig geklärt ist noch nicht, welche Wesen nun in Thygyrills Stadt wohnen. Wir sagten, es seien Leuchtende Wesen, die auf der Leuchtenden Welt existieren. Und doch scheinen jene, die gerade eben im See schwimmen (das ist das Paar, das im schwarzen Haus neben Thygyrills weißem Tempel lebt), Thygyrill von ihrem Garten aus, in dem schwarze Rosen blühen, zuzuwinken.
Leuchtende Wesen haben einen Hang zur Multidimensionalität. Manchmal ist sie ihnen nicht bewusst, aber sie üben sich ein ganzes Leben lang darin. Das ist auch der Grund, warum sie ihre Umgebung als eine andere träumen. Sie verhelfen damit nicht nur sich selbst, ihre Zwei- oder Drei- oder Mehrheit zu vervollständigen, sondern vielmehr den anderen. Natürlich ist das für uns Menschen nicht leicht zu verstehen. Nicht einmal dann, wenn ich mir vorstelle, dass ich eben jetzt vor dem Computer sitze und diese Buchstaben auf der Tastatur eintippe und gleichzeitig in einem Garten stehe und jemandem zuwinke. Entweder sitze ich vor dem Computer oder ich befinde mich in einem Garten. Für Menschen ist es unmöglich gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten zu sein. Für Quantenphysiker scheint dies wiederum eher etwas Gewöhnliches zu sein und für Leuchtende Wesen natürlich auch. Es verhilft ihnen, was wohl der Hauptgrund für dieses Lernen ist, die Aspekte ihrer (DER) Ganzheit zu erkennen.
Thygyrill betrat seinen weißen Tempel, ein kleines Vorzimmer und danach eine riesige Halle, die er als Wohnzimmer benutzt. Weiße Teppiche aller Art lagen auf weißem Marmorboden. Weiße Kästen und Kästchen, weiße Tische und Tischchen, weiße Sofas und weiße Fauteuils. Alles weiß. Warum Thygyrill sich alles weiß erträumte, weiß nicht einmal er. Drüben, im schwarzen Haus ist die Einrichtung bunt und erinnert an ehemalige Hippiewohnungen, wo alles selbst gemacht wurde, wie etwa Häkeldecken und Rüschenvorhänge. Er blickte eben aus einem der großen Fenster. Die Nachbarn standen noch immer im Garten und liebkosten ihre schwarzen Rosen. Aber Thygyrills Blick ging weiter, ging nach oben, zu den Bergen und er entdeckte etwas, was in seiner geträumten Stadt neu war. Ganz oben, auf einem der Berge, welche die Stadt, außer im Osten, wo der Wald angrenzt, umschließen, entdeckte er eine Burg. Sie musste riesige sein, denn sie bedeckte die gesamte Bergkuppel. Sie befand sich im Norden, obwohl die Himmelsrichtungen nicht wichtig sind. Zumindest nicht für das Buch, das nie geschrieben wurde. Aber vielleicht sagen die Himmelsrichtungen für mögliche Leser etwas aus und das ist gar nicht so unwichtig für ein Buch, das nie geschrieben wurde, da es vor allem Gedanken aufsaugt und archiviert.

Zwei riesige Wesen mit gewaltigen Flügeln kreisten über der Burg. Es waren Drachen. Thygyrill erinnerte sich an etwas, das gar keine Erinnerung war. Es passierte jetzt. Jetzt in diesem Augenblick, als er aus dem Fenster sah und auf einem der Berggipfel die Burg und darüber die zwei Drachen fliegen sah. Im selben Moment blickte er in das todkranke Gesicht einer Frau. Sie war über 30, sah aber, durch ihre Zartheit, Zerbrechlichkeit, wie ein Mädchen aus. „Ysil“, hauchte er, nahm ihre Hände, die schlaff auf dem Bett lagen und zog sie zu sich hoch. Sanft hob er sie auf seine Arme und trug sie zum Fenster des Krankenzimmers. Im Spiegelbild des offenen Fensters sah er sich selbst. „Bela“, murmelte er und die Erinnerung war gelebt wieder da. Wie viele Jahre verbrachte er in diesem Haus, in dieser überwachten Abteilung? Er wusste es nicht mehr. Es spielte auch keine Rolle, denn es ging immer nur um diesen einen Moment, in dem er dieses Zimmer betrat, die Frau in seine Arme nahm und zum Fenster ging. Die Gitterstäbe lösten sich wie von selbst. Oder war es nicht eher so, dass sich ihre beiden Körper auflösten und durch die Gitter hindurch schwebten?
Bela stieß einen schrillen Pfiff aus. Zwei Drachen kamen zum Fenster. Er hob Ysil auf einen Drachen und sie fasste lachend in die grüne Mähne von Sir Izmir, während sich Bela auf den schwarzen Hals von Lady Ferryn schwang.
Jetzt waren sie auf der Burg willkommen. Das wusste Thygyrill in dem Moment, als er von einem seiner Wohnzimmerfenster aus auf die Burg blickte und die kreisenden Drachen sah. Auf beiden hockten menschliche Wesen. Auf einem erkannte er sich selbst (einen Aspekt seines Selbst), auf dem anderen seine Schwester (einen Aspekt ihres Selbst), die einst auf der Erde lebte und später für viele Jahre Herrin auf Avalon war. Jetzt betrat sie den weißen Tempel, das Vorzimmer und schließlich das große Zimmer, in dem Thygyrill noch immer am Fenster saß und auf die Burg blickte. Manola gesellte sich zu ihm.
„Durch meine Tochter lernte ich, was Multidimensionalität ist. Sie wurde zu einem Baum und war trotzdem meine Tochter. Sie lebte viele Jahre in irgendeiner Welt, die ihr nichts bedeutete, weil ich blind war“, sprach sie und legte eine Hand sanft auf Thyygrills Schulter.
„Du warst nicht blind. Es trägt sich immer alles so zu, wie es geschehen muss“, meinte Thygyrill und blickte seiner Schwester erstmals ins Gesicht, obwohl er schon immer wusste, wie sie aussieht.
„Er ist dort oben. Nicht wahr?“ fragte Manola und ihr Bruder nickte stumm.
Mussten Bela und Ysil deshalb hier her kommen, weil es sich nicht ziemt, wenn sich Bruder und Schwester vereinigen? Natürlich stellt sich diese Frage. Aber unter Leuchtenden Wesen gibt es kein Tabu. Thygyrill hatte seine Schwester schon immer in seinem Herzen, aber es war nicht das, was Leuchtenden Wesen fühlen, wenn sie ihre einzig wahre Liebe erkennen. Es war etwas anderes, etwas noch Tieferes. Es erinnerte ihn an das Gefühl, als er zum letzten Mal in die Augen seines Vaters sah, der bereits mit seiner Mutter eine Einheit war. Augen, in die man versinken möchte. Augen, mit denen man sich vereinigen möchte.
„Fühlst du es auch?“ fragte Manola und Thygyrill nickte wieder stumm.
Es lag an ihnen beiden und an Arima selbst. Manola und Thygyrill waren seine und Marias leibliche Kinder. Manola lächelte, als sie daran dachte, wie sie und Cora, die Adoptivtochter, sich in ihren Vater verliebten. Es sollte nie wieder passieren, aber es passierte wieder. Immer wieder. Nur diesmal auf eine andere Art. Noch waren die Blasen (Perlen) da. Keine Frage. Wären sie nicht da, würden die beiden anders denken, anders fühlen. Aber es sollte noch dazu kommen.

Wie ist das mit Manola? Immerhin sprach sie von Multidimensionalität, die sie angeblich durch ihre Tochter („Mayla“ - eine jedoch sehr verfälschte Geschichte, die als weiteres Buch, das nie geschrieben wurde, wahrer erscheinen würde) gelernt hat. Manola war lang auf Avalon. Nach unserer Zeitrechnung sicher einige tausend Jahre. Avalon ist so etwas wie eine Zwischendimension der Erddimensionen.
Ich verzichte hier auf weitere Versuche, das Phänomen der Dimensionen zu erklären, weil sie niemandem geistig weiterhelfen. Man erlebt sie ohnehin, wenn es einem obliegt. Und erleben, erfahren ist immer mehr wert als darüber zu reden oder zu lesen und sich dann zu denken, man versteht es eh. Nichts versteht man, solange man es nicht erlebt hat. Aus diesem Grund sollte man auch über nichts und niemandem urteilen und nicht einmal dann, wenn man es erlebt hat, da jedes Lebewesen, egal welcher Art, unterschiedlich wahrnimmt. Man nimmt das Erlebte wahr, solange die Blase über einen gestülpt ist. Durchbricht man die jeweiligen Blasen, ist man selbst das Erleben, das wahre Sein. Jetzt ist es mit den Erklärungen doch wieder mit mir durchgegangen.
Was also hat Manola gelernt und ist sie überhaupt noch jene Manola, die als leibliche Tochter Kims und Marias geboren wurde? Natürlich ist sie das nicht mehr. Der Aspekt Mensch (Manola), der durch eine Blase (Perle) auf dem Strahl (die Ganzheit des Selbst) markiert ist, ist ein anderer als jener, der als Herrin von Avalon existiert, auch wenn sich Manola erinnert, wie Kim sie in ihrer Todesstunde auf diese sagenumwobene Insel und in die Obhut Morganas, der damaligen Herrin von Avalon, gebracht hat. Wie schrieb ich schon mal? Es geht nie etwas verloren, auch wenn sich die Perlen lösen oder durchbrochen werden. Manola ist demnach noch immer Manola und gleichzeitig ist sie Herrin von Avalon und befindet sich ebenso gleichzeitig in Thygyrills Wohnzimmer.
Bei diesem Phänomen geht es tatsächlich nur um um das Phänomen Zeit. Wenn das nur so einfach wäre! Auf eine gewisse Art ist es das, nur denken wir stets zu kompliziert, weil für uns Menschen ein Moment nach dem anderen vergeht. Gleichzeitig hingegen bedeutet, dass alle Momente in einem einzigen unendlichen und ewigen Augenblick passieren. Das reine Sein, die wahre Existenz der Strahlen, die aus der Quelle der Kraft entsteht, ist frei von allen Blasen, auch von jener, die hier 'Ganzheit des Selbst' wird, denn auch sie wird von einer Blase umschlossen. Von ihnen gehen die weiteren Entwicklungen aus. Sie sind es, die sich selbst (wie auch andere Strahlen) durch weitere Blasen an der natürlichen Freiheit hindern. Warum, wissen wohl nicht einmal sie. Fragt man Thygyrill, wehrt er sich mit Händen und Füßen, dass er das nie gewollt hat. Und jeder und jede beschuldigt Arima (die Einheit Kim und Maria). Er sei es, von dem all das ausgeht, weil er für Individualismus einsteht. Für ihn sollte jeder Strahl ein eigenständiges Lebewesen darstellen, das es in unzähligen Ausführungen (dadurch die Blasen) gibt. Und nicht nur die Ausführungen der Lebewesen spielen dabei eine Rolle, auch die jeweiligen Welten und ihre Naturgesetze, die sich sehr wohl unterscheiden, denn unsere Wissenschaftler erkennen nur das, was die menschliche Bewusstseinsblase sie erkennen lässt.
Und schon wieder ging es mit mir durch. Aber das muss es, denn das Buch, das nie geschrieben wurde, sagt genau das aus. Es muss alles genauer erklärt werden, auch wenn man von vorne herein weiß, dass niemand, nicht einmal der oder die Autoren selbst, all dies wirklich verstehen. Bücher, die nie geschrieben wurden, existieren durch viele Lebewesen, also nicht nur durch Menschen und derer doch sehr begrenzten Vorstellungskraft.
Manola lernte einen kleinen Teil der Multidimensionalität von ihrer Tochter, da Mayla zugleich ein humanoides Lebewesen und ein Baum war. Mayla brachte Manola dazu, in sich zu gehen – in sich selbst das Lebewesen Baum zu erkennen. Und das schaffte Manola. Man könnte also sagen, dass Manola in dem Augenblick, als sie neben Thygyrill vor dem Fenster saß, nicht nur gleichzeitig auf der Erde, auf der Leuchtenden Welt lebt und auf einem grünen Drachen über einer Burg kreist, sondern auch irgendwo auf einer bunten Wiese als Baum existiert.

Das reine Sein, die wahre Existenz der Strahlen, die aus der Quelle der Kraft entsteht, ist frei von allen Blasen...- schrieb ich weiter oben. Darauf muss ich tiefer eingehen. Man geht davon aus, dass jedes Lebewesen sich selbst als Individuum wahrnimmt. Zumindest die meisten und vor allem humanoide Lebewesen. Das reine Sein steht alleine da. Kein Ich und daraus folgernd auch kein Du. Deshalb gibt es auch nur eine Ganzheit, ein einziges Strahlen. Solange man sich also noch mit der Ganzheit 'seines Selbst' identifiziert, gibt es logischerweise kein reines Sein.
Um Missverständnisse zu vermeiden; - ich weiß, dass ich geschrieben habe, dass die Quelle der Kraft mit ihren Strahlen kommuniziert, folge dessen es ein Ich und Du geben müsste. Dabei geht es aber um keine Kommunikation, wie wir Menschen miteinander kommunizieren. Es ist eher ein ständiges Pulsieren, das von einem zum anderen geht. Man könnte es mit dem Blutkreislauf im menschlichen Körper vergleichen, der in dieser Einheit (Quelle und Strahlen) jede Zelle mit Leben versorgt.
Thygyrill ist, wie auch Manola, noch immer ein Individuum. Selbst wenn er (Bela) sich mit Manola (Ysil) zu einem Doppelwesen vereinigt, ist er noch immer (ebenso Arima) ein Individuum. Aber so weit sind wir im Buch, das nie geschrieben wurde, noch nicht, denn noch immer kreisten die beiden Drachen über der Burg und warteten auf Einlass. Erst, wenn sich oben eine Plattform öffnet, unter der sich der so genannte Drachenstall befindet, dürfen sie in die Burg.
Das passierte bald. Die beiden staunten noch immer, auch wenn sich Bela bewusster war, was er hier tat. Sein Draht zu Thygyrill war stärker als Ysils Draht zu Manola oder irgendeines anderen Aspekts ihrer Ganzheit, obwohl es in ihren nächtlichen Träumen immer wieder einige Hinweise gab. Aber wer gibt seinen Träumen schon einen Sinn? Träume sind Schäume, heißt es oder wenn man es psychologisch betrachtet, sind Träume nur eine Aufarbeitung irgendwelcher Erlebnisse oder Ereignisse, mit der das Gehirn erst fertig werden muss. Aber dass es Hinweise auf andere Leben, oder Parallelleben, geben könnte, daran denkt kaum jemand.
Der so genannte Drachenstall war riesig. Kein Wunder, befanden sich doch sechs dieser Riesen (Belas und Ysils Drachen inklusive) darin. Über jedem Abteil hing ein Schild mit Namen. Belas und Ysils Drachen fanden von selbst zu ihrer Unterkunft. Lady Ferryn, rieb ihre weiche Schnauze sanft an Belas Wange, was ihn fast zu Tränen rührte, nur Sir Izmir, der Grüne und manchmal auch der mit der unbestimmten Farbe, trabte stolz in sein Abteil, ohne sich noch einmal nach Ysil umzudrehen.
„Was passiert hier?“ fragte Ysil und konnte ihre Augen nicht von einem besonders schönem und großen Exemplar lösen. 'Golden Lady' stand auf dem Schild. Ysil war, als sich der weibliche Drache nach ihr umdrehte, als würde sie ihr mit einem Auge zuzwinkern. Selbst die Augen der Golden Lady waren anders. Alle Drachen hier im Stall hatten dunkelbraune Augen, nur Golden Lady, die, wie der Name schon sagt, goldfarben am ganzen riesigen und doch schlanken Körper, blinzelte Ysil mit stahlblauen Augen zu.
„Ich weiß es nicht“, antwortete Bela, der den Blickkontakt zwischen Ysil und Golden Lady interessiert beobachtet hat. „Ich weiß nur, dass ich in dein Zimmer gehen und dich über das Fenster raus bringen musste.“
„Wir sind tot“, sagte Ysil mehr zu sich selbst.
„Ja, das sind wir. Dieser Körper hier“, Bela blickte an sich hinab, „ist ein anderer, obwohl er gleich aussieht. Er ist leichter.“
Ysil lächelte und trat mit ausgestreckter rechter Hand auf Bela zu. „Ich bin Ysil und ich wollte sterben. Jetzt habe ich es endlich geschafft, - dank dir.“
Etwas verwirrt nahm Bela Ysils Hand. „Nichts zu danken. Ich glaube, ich habe nichts getan, was dir beim Sterben hätte helfen können. Ich war wie ferngesteuert, als würde ein anderes Wesen mich führen.“
„Es ist Gott. Gott führt uns. Und das hier ist sein Reich“, meinte Ysil und erntete von Bela einen höchst eigenartigen Blick. Er besann sich aber schnell wieder und hoffte bloß auf einen Scherz von Ysil.
Dazu sei wiederholt gesagt, um nicht vergessen zu werden, - Bela und Ysil sind zwar humanoide Lebewesen, aber keine Menschen, auch wenn sie diesen sehr ähnlich sind und sich auch ähnlich benehmen.
Die beiden verließen den Stall. Ysil wandte sich noch einmal zu Golden Lady um und sah wieder dieser Zwinkern und fast ein freundliches Lächeln, das die Lefzen leicht nach oben zog. Alles weitere war wie ein Spaziergang durch ein Labyrinth, obwohl sie sich nie verliefen. Sie mussten nur den Trakt der Ställe (es gab hier nicht nur Drachen) verlassen, um in die Wohngebäude zu gelangen.

Arima wusste Bescheid über seine Gäste und auch über die Gedanken aller. Ja, er stand und steht für Individualität, aber auch für die Einheit, denn er erkannte die beiden sich bedingenden Kräfte der Quelle der Kraft. Es sind zwei Kräfte, die einander gegenüber stehen, aber sich nicht gegenseitig ausschließen. Die eine kann ohne die anderen nicht sein und umgekehrt ist es genauso. Aber das ist nicht der Grund für die Welten, die Lebewesen, die Universen. Das kann eventuell erst verstanden (falls es überhaupt um 'verstehen' geht) werden, wenn man erkennt, dass man ist und gleichzeitig nicht ist, dass alle Lebewesen sind und gleichzeitig nicht sind, dass die Welt ist und gleichzeitig nicht ist, dass das Universum ist und gleichzeitig nicht ist, dass alle Universen sind und gleichzeitig nicht sind. Das Einzige, was immer ist, war und sein wird, ist die Quelle der Kraft und die zwei Kräfte, die in ihr pulsieren. Die eine Kraft nannte Kim einst die Wesen der Anderen Seite, eine Kraft, die für Stabilität sorgt. Scheinbar bekämpfte er diese Wesen, die in einem der Bücher 'Dämonen' genannt wurden und Luzifer ihr Anführer ist. So in der veralteten Art aller Legenden über das Gute und das Böse. Aber bald wurde klar, dass es hier nicht um Gut gegen Böse gehen kann, da diese Begriffe menschlicher Natur (und vielleicht bei noch wenigen anderen Humanoiden) sind. Es geht darum, dass diese beiden Kräfte stets im Gleichgewicht sind. Würde nur eine die Überhand bekommen, würde etwas Folgenschweres passieren. Und genau das geschah auch, denn manche „Ganzheiten“ (bereits individuelle 'Strahlen') entschlossen sich zu einer fatalen Veränderung. Es schien, als würden die Wesen der Anderen Seite die Wesen Dieser Seite (die andere Kraft, die für Veränderung sorgt) umpolen, sozusagen sie zu ihresgleichen machen. Und nun liegt es an eben denselben „Ganzheiten“, diese Scheiße (Kim würde es so nennen) wieder weg zu räumen. Wie oft dieses Szenario bereits passiert ist, weiß niemand so genau, aber es dürfte bereits mehrmals geschehen sein, da es mehrere Universen gibt und gleichzeitig nicht gibt. Man möge über dieses 'gibt und nicht gibt' nicht allzu viel nachdenken, da es ja doch ein wenig unbegreiflich für menschliche Gehirne ist.
Zumindest sieht Arima all dies genauso so (nicht nur das mit den menschlichen Gehirnen) und höchstwahrscheinlich etwas mehr, da es bei ihm nicht mehr auf das beschränkte Gehirn, sondern auf seine Ganzheit ankommt.
Arima thront in der Empfangshalle. Es ist ein herrlicher Anblick, denn seine Schönheit ist noch immer mehr als berauschend. Aber ich will mich zurück halten, denn diese Augen- bzw. Herzweide ist schon viel zu oft beschrieben worden und es ist ein Glück, dass Maria ihrem Liebling, was das Äußere (obwohl dies so unwichtig ist, - sagen die sehr Weisen) betrifft, den Vortritt gab, auch wenn Maria genauso eine Schönheit sondergleichen ist. Wenn man dies vergleicht, könnte man sagen, Kim ist die Sonne, während Maria der Mond ist, der von der Sonne bestrahlt wird. Seine Schönheit färbte sozusagen von Jahr zu Jahr auf ihre ab, wobei er selbst an Schönheit natürlich nichts verlor. Genauso ist es bei der Quelle der Kraft. Sie gibt Licht und Leben. Ohne sie geht gar nichts, nicht einmal dieses 'Unglück', das durch einige Ganzheiten (bereits individuelle 'Strahlen') ausgelöst wurde. Sie durchdringt und umgibt alles, was ist und gleichzeitig nicht ist. Nur sie ist ewig und unendlich. Natürlich ist auch alles andere ewig und unendlich, aber gleichzeitig, da nie etwas, nicht einmal das kleinste aller Teilchen, verlorengeht, ist alles ebenso nicht ewig und unendlich.
Zögernd betraten Bela und Ysil die Halle und blickten gebannt auf das Wesen auf dem herrlich gezimmerten Thron, der mit roter und goldener Farbe bemalt war. Aber die Herrlichkeit des Thrones wurde übersehen, denn das Wesen, das mehr als königlich darauf thronte, übertraf ausnahmslos alle Herrlichkeit aller Welten und Universen. Je näher die beiden kamen, um so mehr zitterten ihre Knie und schließlich warfen sie sich demütig auf den kalten Steinboden, der gar nicht kalt und hart war.
Es gibt eine Geschichte, in der dieses Zusammentreffen beschrieben wird, aber es ist nicht jene wahre, wie sie im Buch, das nie geschrieben wurde, steht. Nun weiter zur wahren Schrift.
Arima erhob sich und schritt (unverwechselbarer Gang!) die Stufen hinab auf die beiden Liegenden zu. Er beugte sich zu ihnen nieder, fasste je eine ihrer Hände und zog sie sanft mit einem Lächeln, das alle und alles zum Schmelzen bringen muss, hoch. Die beiden fielen direkt in seine Arme und fühlten sich in diesem Moment glückseliger denn je. Sie schmiegten sich berauscht an Arima, der die beiden – noch immer lächelnd – wie zwei kleine Kinder (was sie indirekt auch waren, nämlich seine und Marias Kinder) an sich drückte.

„Erinnerst du dich, wie es ist, wenn Er dich oder du Ihn umarmst?“ fragte Thygyrill und Manola nickte mit verträumtem Blick. „Ich habe es fast vergessen. Aber jetzt, wo ich ihn durch Bela spüre, erinnere ich mich an dieses letzte Mal, als er mich an sich drückte und seiner irdischen Mutter, die nun als Geist auf der Leuchtenden Welt neben ihrem Geliebten, dem einstigen König der Leuchtenden Welt, glücklich ist, übergab. Mit diesem letzten Mal gab er mir sehr viel Kraft. Fast schon zu viel“, sinnierte Thygyrill weiter.
„Ysil und ich sind eins“, überlegte Manola, „aber ich kann sie nicht spüren.“
„Ihr müsst euch treffen. Persönlich. Komm jetzt“, forderte Thygyrill seine irdische Schwester auf, nahm ihre Hand und verließ mit ihr zusammen den Tempel. Beim dritten Schritt auf der Gasse befanden sie sich auf einer weiten Wiese, die an einer Seite vom Gebirge umsäumt und an der anderen Seite sich ein weiter See befand. Es sei anzunehmen, dass es sich dabei um den großen See der Leuchtenden Welt handelt, nur etwas abgewandelt. Ist es aber nicht. Thygyrill und Manola befanden sich nicht mehr auf der Leuchtenden Welt oder in einer von Thygyrill erträumten anderen Leuchtenden Welt, auch wenn gleichzeitig gesehen das Gegenteil zutrifft.
Manola stockte fast der Atem, als sie Arima von weitem erkannte. Rechts und links von ihm standen zwei kleine humanoide Lebewesen, die Manola irgendwie an Wesen einer Phantasiegeschichte auf der Erde erinnerte. Sie waren beide schlank und sehr zart und kaum 1 Meter 50 groß. Beide hatten langes Haar – der Junge dunkles und das Mädchen (obwohl Ysil bereits über 30 war!) rotblondes Haar mit dunklen, fast schwarzen Strähnen.
Das Buch, das nie geschrieben wurde, auch wenn es eine Art 'Geisterbuch' ist, befasst sich auffallend oft mit Äußerlichkeiten, obwohl diese absolut nicht wichtig sind, da die Lebewesen mehr und mehr feinstofflich werden und kaum mehr Körperlichkeit aufweisen. Bereits Leuchtende Wesen sind durchlässiger (anders kann ich es nicht nennen) als Menschen es waren, auch wenn sie eine Weiterentwicklung der Menschen sind.
Manola fasste sich schnell und Thygyrill ebenso, da beide den dreien gemächlich entgegen schritten. Sie blickten nur kurz einmal hoch und sahen, wie fünf Drachen über ihnen kreisten und bald zur Landung ansetzten. Es waren dies Golden Lady, Lady Ferryn, Sir Izmir, Sir Lawrence, ein besonders lustig aussehender Drache, auf den ich gleich eingehe und Lady Mora, ein gänzlich dunkelblauer Drache, mit silberner Mähne, der sich sofort hinter Thygyrill stellte, obwohl Thygyrill bereits ein Auge auf die schwarze Lady Ferryin geworfen hatte, was auch klar war, denn Bela und Thygyrill sind Aspekte eines Strahls. Ysil und Manola kokettierten beide mit Golden Lady, die es wieder nicht lassen konnte und diesmal beiden neckisch zuzwinkerte, dass Arima seiner Drachin sanft auf die Nase klopfte.
Übrigens, Drachen sind Katzen sehr ähnlich. Sie haben in Wirklichkeit keine Besitzer und auch keine Heimat, obwohl sie meistens dort bleiben, wo sie Nahrung bekommen. Ihnen gehört die ganze Welt und sie sind überall zu Hause oder eben auch nirgends. Niemand weiß, was sie denken und ob sie überhaupt denken, aber man traut beiden jede Menge Magie und Mystik zu. Es mögen tatsächlich kluge Tiere (obwohl bei Drachen dieser Ausdruck nicht ganz stimmig ist) sein und man fragt sich, haben sie mich jetzt verstanden oder bilde ich mir das nur ein. Oftmals hat man dann doch das Gefühl, sie verstehen einen und das mehr, als einem lieb ist. Man sollte also fast meinen, dass Drachen und Katzen alles und jeden durchschauen.
Manola und Thygyrill vermieden es, Arima in die Augen zu sehen. Sie konzentrierten sich jeweils auf ihre Seelenanteile Ysil und Bela. Je näher Manola Ysil kam, um so inniger wurden ihre Gefühle und sie erkannte das Leben dieser humanoiden Frau, deren zarte Schönheit ihr immer mehr ins Auge stach. Manola war auch wunderschön, aber Ysil hatte etwas Ätherisches an sich und sie beide verbunden würden ein überirdisch schönes Wesen abgeben. Aber dazu wird es nicht kommen, denn die Vereinigung findet zwischen Ysil und Bela statt, wenn sich Manola Ysil und Thygyrill Bela ergeben hat.