Von Blase zu Blase schweben. Diese lassen wir das nächsten Mal aus. In dieser verweilen wir etwas länger. Gefährlich ist es in allen, denn die Energie des Universums ist weiblich. Warum gefährlich? Warum weiblich? Nur das Weibliche vermehrt sich. Es scheißt Blasen aus seinem dicken Hintern. Ständig und immer wieder. Warum gefährlich? Das Universum dehnt sich aus, bis es platzt. Und wir mit ihm.
Man sagt, mit dem Alter nimmt man zu. Woran? Masse oder Geist? Keines von beiden. Nicht bei mir. Es nimmt eher ab. Massig und geistig. Es ist nicht mal die Vergesslichkeit. Es ist ein schier unmögliches Phänomen. Man geht einkaufen, blickt auf den sorgfältig geschriebenen Einkaufszettel und denkt, man hat alles im Einkaufswagerl, was auf dem Einkaufszettel steht. Mitnichten! Zu Hause wird dann festgestellt, dass man schon wieder was nicht eingekauft hat. Ein Wort auf dem Einkaufszettel hat sich einfach ausgeblendet. Da stand nichts von Milch, als ich darüber gelesen habe. Die geschriebene Milch hat sich versteckt. Und ich schwöre, ich habe nicht nur einmal auf den Einkaufszettel gesehen und alles durch gelesen. Mehrmals! Schließlich auch noch vor der Kassa, um noch vor dem Auspacken aus dem Einkaufswagerl zurück laufen zu können. Da stand in all diesen Momenten nichts von Milch. Milch war ausgelöscht. Die Buchstaben haben sich erst zu Hause wieder auf dem Zettel materialisiert. Aber mir glaubt ja niemand. Es gibt sie – die Magie. Zauberbuchstaben.
Zuleica glaubt mir. Jetzt erst sehe ich in ihr schönes Gesicht. Gemeißelt wie von Michelangelo. Alterslos. Statuen sind alterlos. Sie werden nicht älter. Sie bleiben so, wie sie geschaffen wurden. Nur der Mensch wird alt. Nicht mal Tiere sehen so alt und verbraucht aus, wenn sie es sind. Brüderlein fein. Es muss geschieden sein. Ja, ja, das Alter lässt sich nicht ausblenden wie das Wort „Milch“. Es hat sogar den Navigatoren in der weißen riesigen Kuppel zugesetzt. Wenn sie den Montagepunkt an der Position „Menschenwelt“ fixieren, sind sie alt. Aber sie haben die Kraft, ihn zu verschieben und jung oder wie auch immer auszusehen. Zuleica ist der Hausmeister und die kleine Fee Esperanza. Sie ist eine Meisterin im Montagepunktverschieben.
Don Juan war auch ein alter Mann, als er Freund Carlos zum Verschieben des Montagepunktes an die Position „Platz ohne Erbarmen“ verholfen hat. Egoistisch sein ohne Ego. Keine Rücksicht auf Verluste. Knall ihn ab. Eiskalt. Sogar das ist möglich. Absichtslos.
Es ist einerlei, was wir verlieren. Irgendwann verlieren wir alles. Auch die Gefühle, die wir so glorifizieren. Daran ist nichts. Sie hindern uns nur, die harmonische Gemeinschaft zu schaffen. Gefühle sind Ego. Verstand auch. Und der Körper sowieso am hinderlichsten. Er hält den Montagepunkt fest. Und wieder diese Worte, auf die ich so stolz bin, auch wenn es nur belanglose Worte sind:
Verstand stößt an Grenzen
Gefühle verwirren
Körper verändern sich
Wer ist Ich?

Plagiat? Was soviel wie Nachahmung, nachmachen, bedeutet. Ist es das, wenn ich mir Figuren ausleihe und ihnen Handlungen unterschiebe, die sie niemals getan hätten, wenn... Ist Freund Carlos ein Plagiatjäger? Er befindet sich nicht in der weißen, riesigen Kuppel. Bis jetzt konnte ich nur Zuleica, Florinda und Silvio Manuel ausmachen. Schneewittchen dürfte auch in der Kuppel sein.
Oder nein! Schneewittchen war in dieser Talsenke, als Kim und ich die Wesen dort unten von einem Bergplateau aus beobachtet haben. Das waren noch Zeiten! Damals waren wir noch auf der Erde unterwegs und nicht in irgendwelchen Zwischenwelten.Und Kim war Kim und nicht das Doppelwesen Arima.
Ich erinnere mich an Schneewittchen. Es war auf Spielsteinen abgebildet – in einem Glassarg liegend, umringt von den sieben Zwergen und einen Prinzen. Die Steine konnte man drehen und wenden und stets ist ein neues Märchen als Bild entstanden. Schneewittchen war mir am liebsten. Sie war die einzig gute Märchenfigur mit schwarzem Haar. Ich war auch mal dunklehaarig. Jetzt sind sie grau - die Haare. The beauty of grey schon wieder.
Ich erinnere mich auch an Oma, als sie vom Einkaufen nach Hause kam. Nicht, dass sie mich an Schneewittchen erinnern würde, es war mehr der Gedanke ans Einkaufen gehen, denn sie hat nie etwas vergessen und auch nie etwas auf dem Einkaufszettel überlesen. Sie hatte auf dem Einkaufszettel eben keine Zauberbuchstaben. Sie war nicht meine richtige Oma. Für mich war sie halt die Oma und ich dachte nicht weiter darüber nach, denn meine richtige Oma kannte ich nicht, da sie lange vor meiner Zeit gestorben ist.
Vor meiner Zeit? Wo war ich vor meiner Geburt? Vor der Zeugung meiner Hülle? Meine Hülle? Mein Körper? Das bleibt uns genauso verborgen wie die Frage danach. Was war vorher? Was wird nachher sein? Manche wissen es. Oder glauben es zu wissen. Und einige wenige sind überzeugt davon, es zu wissen. Selig sind sie.
Oma rief immer: „Huhuuuu!“ wenn sie über den Hügel (den Rosenhügel) hoch kam. Und ich lief ihr entgegen, um ihr die schwere Tasche (die gar nicht schwer war, weil meist eh nur Frühstücksgebäck drinnen war) abzunehmen. Nur einmal war die Tasche schwer und auch das Netz, das ebenso voll war. Damals war auch mein Cousin und seine Mutter (meine geliebte Tante) in den Ferien in der Wachau und wir gingen mit Oma einkaufen. Sie hielt nur ihre zwei Dackel an der Leine und wir Kinder schleppten die Einkaufsbeute dem Rosenhügel hoch, was anscheinend viel war. „Huhuuuu!“ schrie Oma wieder, als wir nahe der Villa waren und Tante sah aus einem Fenster. Mehr brauchte Oma nicht! Tante stürmte runter und raus auf die Straße, Oma entgegen und machte sie regelrecht zur Sau. Was ihr einfällt, die schwachen Kinder zu Packesel zu machen und noch viel mehr kam da raus aus meiner Tante, woran ich mich aber nicht mehr erinnern kann.
Ich sollte meine Lebensgeschichte in „Bergauf hinunter“ schreiben. Aber jetzt noch? Wo eh schon so viel geschrieben wurde? Es ist ja auch ein bisschen Leben drin. Ein bisschen von allem. Morgengedanken. Begete. Und viele nicht nachvollziehbare Gedankensprünge. Die vor allem und die müssen sein, sonst kommen wir nicht über den Berg und schon gar nicht hinunter.
Ich wende der Kuppel den Rücken zu und frage ein Wesen, das wie ein weißer Engel aussieht, ob es hier ein Tal gibt, in dem sich Wesen wie Schneewittchen rumtreiben und die man von einem Bergplateau aus beobachten kann. Der Engel ist tatsächlich weiß. Als ganzes. Gesicht, Haut, Haare, Augen, das lange Kleid, die riesigen, nach oben gebogenen Schwingen. Alles weiß. Als der Engel den Mund öffnet, um mir zu antworten, dringt ein grelles Licht heraus, dass ich mich abwenden muss. Ich wende mich in eine bestimmte Richtung und sehe von weitem das Plateau. Dahinter dürfte das Tal sein. Danke, weißer Engel, für die außergewöhnliche Antwort!

Der Indianer auf der Zauberdecke. Es war ein Geschenk. Die Zauberdecke war ein Kraftgeschenk. Sobald man sich darauf setzt, wirft sie dich einfach ab oder sie bringt dich in andere Welten. Manola hat sie nicht abgeworfen. Sie hat ihr geholfen, den LSD-Trip nicht zum Horrortrip werden zu lassen. Die Zauberdecke hat das Rauschmittel besänftigt. Kein Wunder bei dem Missbrauch!
Es ist ein schönes Bild, wie sie sich auf der prächtig bunten Indianerdecke gegenüber sitzen. Vater und Tochter. Beide langes, schwarzes Haar, das in der Sonne bläulich schimmert. Beide im Schneidersitz, wie zwei stolze Indianer aus einer Zeit, als die Indianer noch stolz sein konnten. Lange bevor der weiße Mann kam und ihnen alles raubte. Alles? Vor allem die indianische Seele, die sie mit der Natur verbunden hat. Vater und Tochter. Sie schienen diese Zeit erlebt zu haben. Einst waren sie zwei Wölfe. Man machte Jagd auf sie. Auch die Wölfe waren einst stolz. Lange bevor der weiße Mann kam und ihnen alles raubte. Alles? Vor allem das Fell und noch mehr die Seele, die einst frei durch die Wälder jagte.
Der weiße Engel steht hinter mir. Mach nur ja nicht den Mund auf. Sonst siehst du aus wie eine Figur aus einem Horrorfilm. Grelles Licht, das die Augen blind macht. Vielleicht sollte ich vieles nicht sehen. Den Blick lieber nach innen wenden. Was bedeutet es schon, mit Vater und Tochter auf einem Plateau zu sitzen und in ein Tal hinab zu sehen, wo Wesenheiten wandeln, die irgendwelche Menschen erfunden haben? Es bedeutet nichts. Gar nichts. Und doch sehen die beiden so friedlich aus. Das ist deshalb, weil sie sich nicht um die Wesen im Tal kümmern. Sie sind in sich gekehrt. Kümmern sich nicht um das Außen. Gerade das ist es, was sie so schön macht.
Der Anblick in sich gekehrter Wesen ist etwas einmaliges. Deshalb verzaubern Gurus, Meister und wahre Lehrer. Sie müssen dir nichts sagen, erklären, denn allein ihr Anblick bringt dich deiner wahren Seele näher. Dein Blick wird ein anderer. Deine Stimme wird leiser. Deine Ohren nehmen viel mehr wahr. Sie hören das Knistern, das ein Käfer macht, wenn er aus der Erde krabbelt. Und dann siehst du ihm in die Augen. Dem Käfer. Und dann fragst du dich: „Ist er sich ebenso wie ich bewusst, dass er einem fremden Lebewesen in die Augen sieht?“

Das Gedankengefängnis gibt es. Dogmen sind seine Wärter. Und nicht nur sie. Zwangsgedanken bringen dich dort hin. Zwanghaftes Verhalten und der Wunsch „Dazu-zu-gehören“. Religion, Politik, Vereine – alles Gedankengefängnisse. Man muss die Riten einhalten, sonst wirken sie nicht. Man muss beten, sonst kommt man nicht in den Himmel. Man muss schreiben, sonst machen einen die Gedanken verrückt. Heraus schreiben. Weg mit den unsinnigen Worten.
Mephan! Ich schreie nach dir, du einzig wahrer Nihilist und selbst du gehörst einer Gruppe an. Der Gruppe der Nihilisten. Du bist ihr Boss. Ihr Vorsager, dass sie an nichts glauben sollen. Selbst das Nichts ist etwas.
Vom Plateau aus zähle ich im Tal mehrere Jesuse. Seltsames Wort, denn es sollte nur einen geben. Den aus den Evangelien. Alle anderen sind erfunden. Alle anderen sind Blasphemie. Ich wage gar nicht zu schreiben, welch einen Jesus ich jetzt eben sehe. Er hockt nackt im Schneidersitz und raucht einen Joint. Er dürfte wohl in den 60igern entstanden sein.
Es gibt viele Figuren mehrmals. Vor allem die Märchenfiguren, allen voran Schneewittchen, Dornröschen und Rotkäppchen. Die drei Mädels sind wohl die berühmtesten der Gebrüder Grimm, falls sie diese Märchen wirklich geschrieben haben. Heute lässt sich alles anzweifeln. Heute ist nichts mehr so wie es scheint. Heute ist nichts mehr wahr. Nichts mehr wahrhaftig.
Materialisiert sich jeder Gedanke?
„Nicht wirklich. Um zu verstehen, wie deine Sinnesorgane wirken, muss sich der Gedanke materialisieren. Erst wenn du verstehst, löst sich das Bild auf und gleichzeitig wirfst du den Verstand weg. Das ist wichtig. Den Verstand weg werfen, denn das Wirkliche am Gedanken ist die Energie. Leben und Tod ist ein Energieaustausch. Nur das zählt. Alles andere ist unwichtig, wie etwa, welchen Inhalt ein Gedanken hat und ob der Gedanke geistreich ist oder nicht. Energiereich muss er sein und je glaubhafter er entstanden ist, um so energiereicher ist er.“
Also ist es egal, was und worüber ich schreibe.
„Vollkommen egal. Es stimmt, dass bereits der Gedanke daran, ein Buch zu schreiben, sich materialisiert, eben weil der Inhalt des Buches keine Rolle spielt. Es ist die verbrauchte Energie des Gedankens. Sogar der Gedanke selbst ist Nebensache, auch wenn er die scheinbare Ursache der entstandenen Energie ist. In Wirklichkeit entsteht die Energie aber nicht aus dem Gedanken. Sozusagen ist der Gedanke weder Ursache noch Wirkung. Es ist im Grunde genommen nur ein Austausch.“
Mir fällt eben eine Filmszene ein, die ich aber nur dunkel in Erinnerung habe. Es ging um den Erdkern und eine Fahrt dorthin. Ich glaube, einen Wagon musste man in den Erdkern schicken, aber er ließ sich nicht mehr fernsteuern, also musste eine Person ihn fahren. Diese Person kommentierte immer alles auf Band. So auch diesmal, als sie alleine den Wagon in Richtung glühenden Erdkern steuerte und den sicheren Tod vor Augen hatte. Plötzlich hielt sie inne und fragte sich: „Was zum Teufel tu ich denn da!?“
Wozu schreibe ich? Ja, schon wieder und immer wieder stelle ich mir diese Frage, bis ich sie mir wahrhaftig so beantworten kann: „Für mich. Nur für mich.“ Es braucht kein Publikum. Ich kann niemanden reinschauen lassen, denn jeder hat seine eigenen Gedanken. Niemand liest wie ich schreibe. Jeder macht sich sein ganz eigenes Bild und doch ist alles nichts wert. Was zählt, ist der Energieaustausch. Wir bekommen Energie zum Leben und geben Energie zum Sterben. Wenn wir das wüssten, gäbe es nie wieder Streit, keine Kriege und es wäre wohl um einiges stiller.
Aber sag (denke!) niemals: „So und nur so ist es!“ denn das sind die stabilsten Wände eines Gefängnisses, auch wenn sie am energiereichsten sind.

Die wahre Geschichte von Ysil und Bela ist, dass sie zu Lebzeiten nie zusammen gekommen sind. Was sie verband, war ihre Andersartigkeit. Ysil lebte mehr in einer Traumwelt als in der so genannten realen Welt. Bela lebte nur in seiner eigenen Welt. Er litt an so etwas ähnlichem wie Autismus.
Zwei Särge wurden hinaus getragen. In einem lag Ysil. Im anderen lag Bela. Die Welt konnte sie nicht brauchen. Aber es war nicht die Erde. Die Geschichte wurde nur so erzählt, als wäre es die Erde gewesen, auf der sie lebten. Ysil und Bela waren zwar humanoide Lebewesen, aber sie waren keine Menschen. Auch diese Welt war von den humanoiden Lebewesen konstruiert worden und von ihnen regiert.
Ysils Leben lässt sich ein wenig mit meinem vergleichen. Die unsichtbaren Spielfreunde. Der Servierkurs. Malen und schreiben. Und der Kater, der ihr zugelaufen ist. Ja, es besteht eine Ähnlichkeit. Auf jeden Fall mehr als mit Bela, der nie sein Zimmer verlassen hat. Bis auf einmal, als er in Ysils Krankenzimmer ging, aus dem später zwei Särge getragen wurden. „Sterne fallen nur nachts vom Himmel“ - so der Titel dieser meiner älteren Geschichte.
„So wirst du ihn auch nicht wieder finden. Arima befindet sich nicht in der Vergangenheit. Arima ist außerhalb der Zeit und jenseits des Raumes.“
Es ist Sitira, die mir gefolgt ist und die Geschichte von Ysil und Bela gut kennt. Sie ritten auf Drachen, deren Wärter Arima war. Er nahm die beiden auf einem Thron in Empfang. Es dürfte ein wundervoller Anblick gewesen sein. Arima auf einem Thron.
Noch können sie nicht ausmachen, ob es sich bei der Gestalt um einen Mann oder um eine Frau handelt, erscheint sie ihnen doch viel mehr androgyn. Ihr Haar reicht bis zum Boden, sogar bis über die Treppen des Throns hinab und ist tiefschwarz, fast bläulich schwarz. In ihm tanzen kleine silberfarbene Sterne. Es sieht aus, als würden die Sterne ständig von dem breiten Diadem, auf ihrem Haupt, herabregnen. Der zierliche und doch muskulöse Körper wird von einem kunstvoll gewickelten türkisfarbenen und in sich gemusterten, mit Goldfäden durchwobenem Stoff, umhüllt. Nur die Arme, an denen sich harte Muskeln abzeichnen, sind zu sehen – und die Hände, die ruhig auf den Lehnen des mächtigen Throns liegen. Es sind Hände, wie gezeichnet – zart, mit langen, schlanken Fingern, die allesamt mit kostbaren Ringen geschmückt sind. Nur zögernd wagen es Ysil und Bela, wieder auf das Gesicht der Gestalt zu sehen, als sie die Stufen zum Thron erreicht haben. Die Einhornstatuen um den Thron scheinen zurück zu weichen und senken ergeben ihre gehörnten Köpfe. Die Gestalt lächelt sanft, was ihr mädchenhaftes Gesicht noch schöner macht. Ysil spürt ihr Herz bis zum Hals klopfen, und Bela zittert leicht neben ihr. Beide wagen nichts zu sagen, bis die Gestalt ihre Stimme erhebt, die nicht außerhalb zu sein scheint, sondern in den Körpern der beiden Drachenreiter widerhallt.
Es war ein wundervoller Anblick, aber Sitira hat recht. So werde ich ihn nicht wieder finden. Ich suche ihn aber gar nicht. Ich versuche nur, die Geschichte von Ysil und Bela richtig zu stellen. Zu erzählen, dass sie nicht auf der Erde, sondern auf einem weit entfernten Planeten, ähnlich der Erde, lebten. Sie sind Aspekte Silas – genauso wie Manola und Thygyrill. Und das muss erwähnt werden. Sonst wird Sila nie vollständig sein. Sila, die Scheila genannt werden will. Jetzt (nicht wie weiter oben geschrieben) ist der Moment, mich wirklich an Ysil und Bela zu erinnern. Jetzt – und das jenseits von Zeit und Raum, denn nur dort ist die Phantasie beheimatet, die weiter zu Visionen und anderen Wirklichkeiten führt. Sei willkommen!

Es kann doch nicht sein, dass dir die Musik nichts mehr bedeutet. Sie war deine erste Liebe. Und Maria, mit der du jetzt angeblich eine Einheit bildest. Dein Kampf mit Ake und gegen dein Selbstmitleid und schließlich als du wie Phönix aus der Asche zum König des Universums wurdest. All das MUSS Bedeutung haben!
„Das hat es auch“, tröstet Mephan und auch Luzy kommt von der anderen Seite zu mir, dass einer rechts und der andere links mich stützt.
„Das hat es“, meint Luzy ebenso. „Aber nur im Moment und eine kurze Zeit danach, was immer man für eine kurze Zeit halten mag. Deine ersten Lieben, dein erster Liebeskummer – ach, was waren das für Schmerzen! Und jetzt? Jetzt lächelst du wahrscheinlich darüber und nennst es ein Nichts. So schrecklich es im Augenblick sein mag oder so schmerzhaft – mit der Zeit verliert alles seine Schrecklichkeit und seinen Schmerz. Und vor allem seine Wichtigkeit.“
„Das heißt nicht, dass die Zeit alle Wunden heilt“, flüstert Mephan von links in mein Ohr. „Zeit hat damit gar nichts zu tun. Es ist deine Wahrnehmung. Und sie ist von Mensch zu Mensch verschieden. Für manche hält der Schmerz bis zu ihren Tod an und manch anderer steht ihm bereits nach Stunden gelassen gegenüber.“
„Dennoch sind dies Gedanken, die einem im Moment einer Krise Gelassenheit lehren können. Deshalb sagen die Weisen, dass auch Freude ebenso vergänglich ist. Ein Moment geht und ein anderer kommt und keiner davon hat von einem bestimmten Standpunkt aus gesehen Bedeutung. Es kommt also auch auf den Standpunkt an“, flüstert Luzy von rechts.
Die Denkweise muss sich von Grund auf ändern.
„Das auch. Aber lass mich noch etwas klar stellen“, raunt Mephan in mein linkes Ohr. „Ich weiß, dass du ihn suchst. Dabei ist er immer bei dir, vor dir, in dir und sogar außerhalb von dir. Denke an deinen wahren Glauben – an deine eigene Religion...“
Ich will keine eigene Religion und auch keinen wahren Glauben. In einer Welt, in der sich alles verändert, macht das keinen Sinn. Wir entdecken immer wieder Neues oder zumindest erweitert sich alles, so wie sich das Universum ständig erweitert und ausdehnt. Wir dürfen nicht fest sitzen, sonst höhlen wir den Boden aus und fallen in ein grenzenloses Loch.
„Aber lass mich trotzdem erklären“, fährt Mephan weiter fort. „Was passiert laut deinen Schriften, bevor sich das Universum schließt und alles wieder Eins in der Quelle der Kraft ist?“
Das ist kindisch, Mephan – das ist ein Märchen, aus meiner (?) Phantasie entsprungen.
„Natürlich ist es kindisch und vielleicht gar nicht wahr. Aber es kann für dich wahr sein und das ist alles, was im Moment zählt. Siehst du, wie paradox all das ist? Aber worauf ich hinaus will, ist, dass für dich zwei Wesenheiten übrig bleiben. Wie, das mag unvorstellbar sein – auf jeden Fall stehen Arima und Sila sich gegenüber und werden die allerletzte Vereinigung begehen, bevor sich die Quelle der Kraft schließt. Ob sie wieder die ersten sein werden, die aus der Quelle entstehen, sei mal dahin gestellt, denn deine Geschichte mit den Föten ist ein wenig kurios, wenn ich das mal so sagen darf.
Worauf ich hinaus will – stell dir mal die Frage, wer und was alles in dieser letzten Vereinigung enthalten ist. Nämlich alles! Selbst du, wie du jetzt eben diese Buchstaben eintippst, auch wenn du dich gedanklich in unserer, in meiner und Luzys Gegenwart befindest. Wir sind er. Alles ist er. Er ist das Außen der Quelle. Er nimmt dich (Sila) in sich auf, bevor sich die Quelle schließt und vielleicht ein neues Universum entsteht.“
Das hört sich sehr hinduistisch an.
„Ja, aber im Hinduismus ist alles geistig. Wir aber schließen auch den Körper, die Materie mit ein. Als Materie sind dir manche Momente wichtig, die dir jedoch als Geist am Arsch vorbei gehen. So einfach ist es.“
Das hört sich nicht nach Luzy oder Mephan. Das ist er. Das ist Kim. Das ist Arima. Langsam kommt er über eine Wiese auf uns zu und lächelt sein verschmitztes Lächeln. Ja, noch immer Materie und noch immer Bedeutung. Wir werden schon noch umdenken, um zur ewigen Gelassenheit zu gelangen.

Ganz klar, wir können die Materie nicht ausschließen. Nicht in diesem Moment, denn wenn ich mir den Ellenbogen an einer Kante stoße, tut es weh. Das bedeutet, es ist etwas DA. Ich nehme etwas WAHR. Genau in diesem Moment, wo sich der Schmerz bemerkbar macht.
Es gibt Philosophen, die sagen, dass trotzdem nichts wirklich Bewiesenes DA ist. Auch wenn ich meinen Ellenbogen in dem Moment des Zusammenstoßes mit einer anderen Materie wahrnehme, ist das noch lange kein Beweis für die Substanz der Materie.
Außerhalb meiner Wahrnehmungssinne existiert also nichts. Nicht einmal ich. Und da wären wir abermals an dem Punkt angelangt, wo Kim/Arima sagte, dass wir uns bloß als Menschen wahrnehmen, aber keine Menschen sind. Wir sind Energie. Wir sind Geist und zwar derselbe Geist wie die Quelle der Kraft, aus der alles hervor gegangen ist.
Es gibt natürlich auch Philosophen, die sagen, dass nur Materie existiert. Alles andere ist Unsinn und lässt sich nicht beweisen.
Die Energie, der Geist, - also das, was ich meine, ist weniger als nichts. Es ist gar nichts. Es braucht weder Zeit noch Raum. Vorwiegend braucht es keinen Raum, weil es nichts ausfüllen kann. Gedanken kann man nicht sehen. Sie sind auch weniger als nichts. Und doch denken wir (zumindest einige von uns), bevor wir etwas sagen oder handeln. Der Geist ist in diesem Fall zuerst da. Geist hat keinen Anfang und kein Ende.
Man möchte es so gerne glauben, aber die Vorstellungskraft spielt da nicht mit. Aus und vorbei ist vorstellbar. Unser Denken geschieht aus dem Gehirn heraus, das bei uns Menschen so komplex ist, dass wir auch so etwas wie Bewusstsein haben – wir uns unseres Daseins bewusst sind, wie das nur wenige andere Lebewesen der Erde haben. Und wenn das Gehirn tot ist, ist da nichts mehr. Es funkt nicht mehr. Also muss es noch etwas an oder in uns geben, das mit dem großen Ganzen ständig verbunden ist. Das, was niemand jemals beweisen kann.
Angeblich haben, wie einige Schriften besagen, die alten Inder ES entdeckt. Atman nennen sie es. Sie sagen, alle haben Atman in sich. Alle Lebewesen SIND Atman. Wäre es so oder IST es sogar so, müsste die Menschheit sofort umdenken, sonst entgehen sie dem ständigen Kreislauf der Wiedergeburt nie. Die Gleichheit aller Lebewesen. Sich nie wieder über andere Lebewesen stellen. Keine Zuchttiere. Keine Haustiere. Denn sie haben dasselbe Recht, frei zu leben, wie wir. Wie wir? Auch wir leben nicht artgerecht. Dennoch haben wir nicht das Recht, uns über andere Lebewesen zu stellen. Aber wir tun es. Klatschen gedankenlos in die Hände, wenn uns eine kleine Mücke um die Ohren fliegt. Das Klatschen ist der Tod der Mücke. Wir haben sie ermordet und dafür stehen einige Monate Gefängnis. Kann sich das jemand vorstellen? Aber genau das wäre die Gleichheit aller Lebewesen. Wenn es verboten ist, Menschen zu ermorden, muss es auch verboten sein, Tiere (egal welche Spezies) zu ermorden. Bäume, Sträucher, Blumen, Gräser – die gesamte Flora – alles Lebewesen. Alles lebt. Und was essen wir dann? Nichts! Weil es Mord wäre.
Nun gut, es mag ein verrückter, aber für Hindus (eventuell auch für Buddhisten) ein durchaus wahrer Gedanke sein. Wozu essen? Um zu überleben? Wozu, wenn das Beenden des Kreislaufs der Wiedergeburt das einzige Ziel ist?
Wir sitzen nur mehr da und warten. Wenn wir nur WIRKLICH wüssten, worauf! Aber das ist der Sinn des Glaubens. Der Sinn der Unwissenheit. Und Unwissenheit ist das, was uns ausfüllt. Uns alle, auch wenn wir es nur ungern glauben. Welch köstliches Wortspiel. Nun ja, Humor gehört natürlich auch dazu, sonst würden wir wirklich alle verrückt werden. Werden?

Es gab eine Festrede. Keine leichte, sondern eine feste. Ein neues Parlament wurde gewählt. Das alte hat gelogen und betrogen. Die Hirten wollten alle Schafe an den Metzger verkaufen. Die guten Hirten, die auf das Wohl ihrer Schafe achten und die einsamen, bösen Wölfe fern halten wollen. Geht mit den Wölfen, Schafe – bei ihnen wisst ihr wenigstens, woran ihr seid. Manche von euch werden gefressen, denn jede Revolution braucht ihre Opfer. Nur ist es diesmal umgekehrt. Nicht die Wölfe fressen euch, sondern die angeblich guten Hirten. Sie wollen es nur den Wölfen anhängen. Seid auf der Hut, Schafe und überlegt euch gut, wem ihr vertraut. Das Beste wäre ohnehin, ihr würdet euch selbst vertrauen. Aber das kostet Bequemlichkeit und viel, viel Arbeit.
Hinunter geht es den Berg und niemals wieder bergauf. Habt Mut, Schafe! Die Drachen haben es auch geschafft. Steigt auf ihre breiten Hälse und lasst euch auf den Berg hoch fliegen. Ganz hinauf auf die Spitze, wo das Kreuz in allen Farben leuchtet. Es ist das Kreuz der Freude, nicht das des Leids. Es ist das alte, das ursprüngliche Kreuz. Das Kreuz des Lebens, nicht das des Todes. So hätte es auch Joshua gewollt, der die Zwischenwelt Sampanna schon längst verlassen hat. Einst mischte er sich unter jene Wesenheiten, die man vom Plateau aus beobachten kann. Es gab viele von ihm, aber nur einer war der wahre Joshua.
Die Welten greifen ineinander. Schafe haben auf Sampanna nichts verloren. Hirten noch weniger. Einsame Wölfe sind zwar willkommen, aber nicht erlaubt. Als ob es Gebote oder Gesetze auf Sampanna geben würde! Alles ist willkommen! Alles, was sich durchgesetzt hat. Auch Schafe, die den Hirten und selbst den Wölfen entkommen sind.

Arima und Sila. Die letzte Vereinigung. Die beiden schweben im leeren Raum, der sie, sobald sie Eins sind, verschluckt. Es ist kein „Plopp“ zu hören, weil da niemand ist, der es hören könnte. Nette und vor allem romantische Vorstellung. So dürften die ersten Legenden oder wie immer man den Glauben an höhere Mächte nennen mag, entstanden sein. Manchmal waren es auch Tiere, aus denen die Welt hervor gegangen ist. Das Jahr des Drachen oder das Jahr des Schweines? Auf jeden Fall waren Tiere vor uns da und könnten es wissen. Ich weiß es nicht.
Das Universum ist nicht romantisch. Es ist einfach. Ohne zu fragen. Ramana, der Weise vom Berg Arunachala, sagt, man müsse nur das Selbst erkennen. Nicht suchen. Nicht finden. Erkennen, denn es ist immer da. Es ist in allem und jedem. Wie ein Chip, der besagt: „Du gehörst mir!“
Und schon wieder sind wir beim Kurs (in Wundern), der kaum etwas anderes sagt. Es ist alles nicht wahr, weil es nicht wahr sein kann. Es gibt nur das Eine. Den Einen. Vater und Sohn. Dennoch, ohne zickig zu sein, würde ich Mutter und Sohn oder Tochter sagen. Schon aus biologischen Gründen. Aber halt! Hier wird nicht mehr von Materie gesprochen. Der Kurs (in Wundern) leugnet sie.
Ramana ist in seiner Advaita-Erklärung etwas humaner. Er lässt alles zu. Wenn es dir gut geht dabei, dann tu, sage oder denke es. Er sagt nicht, wie es ist. Auch wenn er sagt, dass es nur das Selbst gibt. Wir sind Projektionen des Selbst. Selbst ist Brahman. Selbst war immer, ist immer und wird immer sein. Keine Geburt. Kein Tod. Die ewige Kraft der Quelle oder Quelle der Kraft. Wie immer man es dreht und wendet.
Und jetzt? Jetzt hocken wir wieder in der Wiese und lauschen einem Rockkonzert. Es ist eine große, weite Wiese, auf der tausende Wesen Platz haben. Ja, wir alle sind Wesen – keine Menschen mehr. Und wir sind unsichtbar. Aber fühlbar. Genauso fühlbar wie die Musik, die von einer unsichtbaren Bühne dröhnt. Arima hat sich wieder einmal als Kim, der größte Rockstar aller Zeiten, verkleidet. Alles Vorstellungskraft. Wie immer wir es mögen. Jeder für sich und alle für alle. Wir könnten es schaffen. Wir könnten ein Paradies kreieren. Wenn wir nicht ständig dem einen Selbst dazwischen pfuschen würden.

Es sind nur Bilder. Bewegte Bilder der Vorstellungskraft. Manchmal stehen sie auch still. Die Bilder, wie auch die Vorstellungskräfte. Romantik oder Realität? Und vor allem welche Romantik und welche Realität?
Da sitzt niemand in einer Wiese. Keine mehr als tausend Wesen. Und es gibt auch kein Rockkonzert. Selbst Arima hat sich nicht verkleidet. Die Wiese ist unnennbare Energie. Die Wesen sind unnennbare Energie. Das Rockkonzert ist unnennbare Energie. Arima verkleidet oder pur, ist unnennbare Energie. Das wäre zumindest mal realitätsnah.
Das andere Bild, mit den Wesen, dem Rockkonzert und allem drum und dran, wie wir Menschen es nun mal kennen, wäre romantisch. Ebenso romantisch wie die beiden schwebenden Doppel- oder viel mehr Mehrwesen, Arima und Sila, kurz vor der letzten Vereinigung. Eine Vereinigung in Liebe. Mehr als Romantik.
Realitätsnah wäre der Umkehrschub des Urknalls. Das Plopp, das niemand hört, weil niemand mehr da ist, um es zu hören. Geräusche vom Urknall wären es möglich, da Wissenschaftler sehr weit ins All zurück blicken und eventuell auch zurück hören können.
Die Geheimnisse des Universums. Man kann sie verklären oder realitätsnah erklären. Falls sie zu erklären sind. Man sagt, die Gesetze der Erde gelten überall. Was aber ist mit der Zeit, die hoch oben viel langsamer vergeht? Auch ein Gesetz der Erde. Und Mord und Totschlag? Das sind andere Gesetze. Menschliche Gesetze. Wir aber sprechen von Naturgesetzen. Erschreckend, dass es da einen Unterschied gibt.

Vielleicht besteht gar kein so großer Unterschied zwischen Wissenschaft und Theologie. Die Wissenschaft erklärt alles realitätsnah und die Theologie erklärt alles romantisch, wodurch ja auch die Kunst entstanden ist. Das so romantische Bild von Gott, wie er Adam die Hand reicht – beide nackt, wie Gott sich selbst und Adam schuf. Vorerst, aber der Mensch schämte sich für Gottes Nacktheit und bestand auf ein rosarotes Kleidchen.
Was für die Wissenschaft das kleinste Teilchen ist, ist für Theologen, die man auch Geisteswissenschaftler nennen kann, wahrscheinlich der kleinste Aspekt einer Ganzheit, wobei mit Ganzheit irgendeine Gottheit gemeint sein könnte. Oder so ähnlich. Oder auch nicht.
Ich halte mich meistens an der romantischen Art. Sie ist kreativer, obwohl auch in der Wissenschaft, vor allem in der technischen Wissenschaft, Kreativität genauso gefragt ist. Aber die romantische Art hält Feen und Einhörner und derartige Wesen parat, über die man schöne Geschichten schreiben kann. Auch die Geschichten über Außerirdische sind sehr gefragt. Sciencefiction nennt man es und dort kommen viele Dinge vor, die dann Jahre später tatsächlich von Wissenschaftlern erfunden werden.
Sicher werden sich Wissenschaftler wehren, wenn man ihnen sagt, dass kaum ein Unterschied zwischen ihnen und Theologen und anderen Spinnern besteht. Wissenschaft ist etwas ernsthaftes. Sie rettet Leben und schafft Lebensräume und Bequemlichkeit. Wo wären wir heute, wenn es keine genialen Wissenschaftler gegeben hätte? Wir Frauen würden noch immer zum Fluss runter wandern, um Wäsche zu waschen, was nur ein Beispiel von unzähligen wäre. Was täten wir abends ohne TV? Wir müssten miteinander reden, wo uns doch schon nach fünf Minuten der Gesprächsstoff ausgehen würde. Computer. Handy. Smartphone. Onlinebanking. Und und und. Unvorstellbar, ohne zu sein!
Dagegen scheinen Bücher über Feen und Einhörner, Liebesgedichte, alle Arten der Musik, alle Arten der Malerei und Skulpturen und schließlich alle Religionsgeschichten, samt Sekten und esoterischen Geheimbünden – dagegen scheint all das klein und nichtig und hilft der menschlichen Gesellschaft kein bisschen. Na ja, es hebt vielleicht die Laune. Aber es ist nicht lebensnotwendig. Es mag auch glücklich machen. Zufrieden eventuell. Und möglicherweise führt es zu einem glückseligen Leben, wodurch man ebenso glückselig stirbt, weil man glaubt, dass da noch etwas nachher kommen mag, außer der kalte Sarg, in dem man (?) liegt und der in eine Feuersbrunst geschoben wird, wo dann nur mehr ein Häufchen Knochenstaub übrig bleibt.
Oh ja, es mag einen Unterschied zwischen Wissenschaft und Theologie geben, was mir eben auffiel, als ich den Tod – das Sterben - erwähnte. Wissenschaft weiß vielleicht und Theologie glaubt vielleicht. Aber das ist es noch nicht. Die Wissenschaft setzt voraus, dass nur Materie ist, auch wenn sie diese in Quarks und was weiß ich für Teilchen zerlegt. Aber die Theologie, vor allem eine bestimmte, setzt voraus, dass nur Geist übrig bleibt, der sich nicht zerlegen lässt, weil er Eins ist.
Zumindest denke ich das jetzt und heute. Schwachsinn? Mag sein. Trotzdem gefällt mir das Bild von Gott in seinem rosaroten Kleidchen. Es lässt ihn so harmlos erscheinen und gar nicht rachsüchtig und grausam, wie er im alten Testament beschrieben wird.

Der Mensch nimmt sich zu wichtig. Das scheinbar einzige Lebewesen der Erde mit Bewusstsein. Mit Selbstbewusstsein. Mit Intelligenz, die alles andere in den Schatten stellt. Tatsächlich?
Und was ist mit den Bienen und Ameisen, die ebenso Staaten gründen? Und mit Affen, die sich im Spiegel selbst erkennen, also auch Selbstbewusstsein haben? Und mit Pferden und Hunden, denen man rechnen beibringen kann? Und mit Katzen, die Geister fühlen? Und mit all den anderen Tieren, deren Wahrnehmungssinne ausgeprägter sind als unsere?
Zählt alles nichts, da sich der Mensch über all das erhebt. Nur der Mensch hat einen Gott. Alle anderen Lebewesen sind gottlos und bald wird es der Mensch auch sein. Wissenschaft ist wichtiger als Seelenheil.
Nur weil der Mensch sich selbst für die Spitze der Evolution hält, gibt es für ihn ein Leben nach dem Tod. So ganz glaube ich das nicht. Da hinken Geisteswissenschaftler hinterher, weil sie diesen Irrglauben aus den alten gnostischen Schriften übernommen haben. Wir steigen nicht auf. Es gibt keine Leiter, die uns nach oben bringt. Höchstens nach unten und nicht mal das. Wir verrotten genauso wie ein Blatt das vom Baum auf die Erde fällt.
Aber es kann etwas geben, das jenseits von all dem liegt, was erkannt und erwähnt werden kann. Die Weisen sagen, es sei sinnlos, darüber nachzudenken, auch wenn man es tun soll, weil dieses Nachdenken uns dem Unaussprechlichen, dem Unerkennbaren näher bringen kann. Wir Menschen können das. Tiere auch? Und Pflanzen? Ist es deshalb ein Segen, wie die Weisen sagen, als Mensch wieder geboren zu sein, weil es nur dem Menschen möglich ist, sich da hinein zu denken? Und was bringt es? Nichts, da sich dieses Etwas einen Scheiß um unsere Gedanken, um unsere Gefühle, um unser Leben kümmert.
Weiß ich das? Ich weiß es nicht. Ich weiß nichts. Aber ich weiß, dass ich mich zu wichtig nehme.

Nimm das „Zu-wichtig-nehmen“ weg. Was bleibt? Und – du bist zu streng mit dir. Es ist menschlich, allzu menschlich, wie schon Nietzsche sagte. Der Mensch ist Ego pur. Er unterscheidet, belegt, urteilt, zerteilt und und und, was sonst noch alles zur Zerstörung von Innen und Außen anfällt. Nein, nein, nicht böse. Wir sehen das jetzt von außen. Blicken in die menschliche Bewusstseinsblase, wo so viele Gegenseiten stecken. Die kann mit der nicht und der nicht mit dem und so weiter. Aber alle Menschen sollten Brüder und Schwestern sein. Der Krieg fängt an der Haustür an. Von Haustür zu Haustür. Nachbarschaftshilfe. Kann aber auch Misstrauen auslösen. Kein Mensch tut umsonst was. Es muss immer was heraus springen. Mein Lieblingssatz (Wenn du dich der Quelle der Kraft ergibst, führt sie dich genauso, wie dich das Ego geführt hat, nur mit dem Unterschied, dass du dich nicht mehr fragst, was für dich herausspringt.) gilt erst, wenn die menschliche Bewusstseinsblase durchbrochen ist. Wenn sich der Geist voll und ganz durchgesetzt hat. Wenn wir erkennen, dass alles gar nicht war. Wahr war.
Die 60iger. Die Hippies. Hatten sie es drauf? Hätten sie was ändern können? Nein, denn wenn, hätten sie es getan. Sie waren eine faule, dekadente Bagage. Es mag ja für eine Zeit lang ganz toll sein, nichts zu tun, faul in der Sonne liegen, Musik hören, ab und zu ein wenig kreativ sein und sich ab und zu (oder auch ständig) mit irgendeinem Rauschmittel zuzudröhnen. Aber auf die Dauer? Was wäre aus der Menschheit geworden? Nicht das, was sie jetzt ist. Logisch.
Was bleibt? Was nun? Und jetzt? Das sind die wahren Fragen und nicht: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Wer bin ich?
Was bleibt? Nichts und alles.
Was nun? Abwarten und Tee oder Kaffee trinken.
Und jetzt? Mal alles sinken lassen und vor allem Ruhe bewahren, als ob man gar nicht da wäre.

Blauer Himmel. Sonnenschein. Und wieder beginnt ein wunderbar herrlicher Tag in dieser Stadt der Freuden. Die Kinder sind bereits auf den Beinen und erfreuen sich an ihrer Gemeinschaft, zusammen das Frühstück zu konsumieren. Der Blick aus dem Fenster, aus dem 30igsten Stockwerk, zeigt uns die bunten Dächer, gepflegten Gärten und Parks, autofreien Straßen und Wege. Wozu Straßen? Um zu flanieren! Um die neueste Mode vorzustellen, was die Damen ganz besonders lieben. Eine möchte die andere übertreffen, aber alles neidlos. Wir haben das Paradies geschaffen! Vor allem für die Männer, die vor ihren Stammkneipen in der Sonne sitzen, Bier oder Wein trinken und öffentlich Zigarren, Zigaretten oder Pfeifen rauchen. Alles ohne schlechtes Gewissen, denn Krankheiten gibt es keine mehr. Nachdem die Damen ihre neueste Mode gezeigt haben, treffen auch sie sich in Lokalen, - vorwiegend in Cafés, wo sie Kuchen und Kaffee in allen Sorten und Macharten zu sich nehmen. Alles ohne schlechtes Gewissen, denn Krankheiten gibt es nicht mehr. Sie sind unter sich und werden nicht von quengelnden Kindern genervt, denn um die kümmert sich Kinderroboter. Bestens geschult und vor allem geduldig.
Tagein, Tagaus dasselbe. Keine Arbeit. Grenzenlose Freizeit. Das macht dekadent. Langeweile kommt auf. Der ewige Trott nervt. Und schließlich kommt der wahre Mensch hervor, der gar nicht so nett ist, wie er tut.
Genau das habe ich mit den Hippies weiter oben gemeint. Es war DIE Zeit! Es war DAS Leben! Liebe, Friede, Freiheit – tun und lassen, was man will und wie man will. Auf die Dauer kann das nicht gut gehen. Und schon gar nicht die freie Liebe. War wirklich keiner und keine eifersüchtig? Kaum glaubhaft, denn wir sind Menschen. Wir müssen artgerecht leben. Wir brauchen Reibereien, um uns messen zu können. Würden wir nur einen Tick anders sein, wären wir keine Menschen. Sicher, Ausnahmen gibt es immer wieder. Aber nicht immer bestätigen Ausnahmen die Regel.
Schöne neue Welt. Mitnichten. Wir werden irgendwann wieder in Höhlen leben, weil rundherum alles zerstört wurde. Von wem? Na, von uns selbst!

Schlagzeilen schlagen. Erschlagen, beschlagen, unterschlagen.Sie schlagen den Mut tot. Mundtot. Schlagen die Angst hoch. Schlagen die Zeit tot, was noch das Beste wäre.
Nachrichten richten. Berichten nach. Was nachher passieren kann. Was nie passiert oder nie passiert ist. Richten. Richten über die Welt. Über uns. Richtet nicht, sonst werdet ihr gerichtet. So sagt man.
Und die Moral von der Geschichte: Trau keinem Schläger und keinem Richter.
Fiel mir so ein. Irgendwie plötzlich. Es ist eine Flaute entstanden. Es geht weder bergauf – noch hinunter. Die Lehrer haben sich zwischenzeitlich verabschiedet und brauchen Ruhe. Auch Phantasiewesen schlafen mal aus oder erholen sich von den Strapazen, die man ihnen aufhalst. Besonders die Helden, die behaupten, nie Helden gewesen zu sein und auch nie welche zu werden. Selbst die Phantasielandschaften, diese luftigen Gebilde, kaum wahrnehmbar, aber gut fühlbar, liegen im Dunkeln. Ziehen sich ein wenig zurück. Brauchen auch Erholung. So soll es denn sein.