Einleitung (gab's auch noch nie!): Warum Fundstellen3? Warum nicht „Tagebuch“, „Tag für Tag“ oder gleich „Schwurbel“? Schwurbel – was für ein Wort! Schwurbelig, ähnlich wie schwindlig oder Schwindel. Aber wir schwindeln nicht. Wir sind sogar zu ehrlich, was vielen Leute gar nicht recht ist. Ganz ehrlich sind wir nicht. Ein bisschen was Geheimnisvolles kleidet nun mal gut.

Nun gut, Fundstellen deshalb, weil es ab und zu ein kleines Leuchten bewirkt, wenn ich was schreibe, was dieses Leuchten zum Leuchten bringt. Es leuchtet sowieso. Immer. Aber nicht immer wird es bemerkt. Jetzt hab ich's gefunden! Heureka! So rief doch mal freudig mal ein Philosoph. Archimedes war es, der entdeckte, dass zwei Körper nicht an ein und derselben Stelle sein können. Das Badewasser stieg, als er sich in die Wanne ließ. Na ja, es gab damals sicher größere Entdeckungen. Wahrscheinlich ging es eher darum, sich dessen bewusst zu sein.

Heute würde man meinen, es sei ein Klacks zu erkennen, dass zwei Körper sehr wohl an ein und derselben Stelle sein können. Vor allem dann, wenn es quantenphysikalisch wird. Nur darf man da nicht vergessen, dass es sich da um zwei sehr verschiedene Welten handelt. Makro- und Mikrowelt und auch wenn immer dieselben Naturgesetze gelten, sehen sie in der Mikrowelt etwas anders aus und eben deshalb sollte man wirklich nicht von der einen auf die andere Welt schließen.

Es gibt auch verschiedene Menschenwelten. Hannah Green schrieb das berührende Buch „Mit diesem Zeichen“ über ein taubstummes Paar und über die Welt, in der es lebt. Es ist eine ganz andere Welt, eine irgendwie unbeschreibliche Welt und doch beschrieb sie Frau Green meisterlich. Als dann noch ein nicht taubstummes Kind geboren wurde und sie dessen Welt beschrieb, wurde es noch meisterlicher. Ein nicht taubstummes Kind mit taubstummen Eltern und das in einer Zeit der Armut und des zweiten Weltkrieges. In den USA bekam man den Krieg nicht sosehr mit, aber die Zeit war eine ganz andere als heute, wo man versucht, andersartige Menschen zu integrieren. Heute ist es keine Schande, taubstumm oder blind zu sein. Damals war man nicht nur taubstumm, sondern auch dumm. Es ist auf jeden Fall ein lesenswertes Buch und zeigt auf, dass es auch unterschiedliche Menschenwelten gibt.



p.s. Hannah Green ist auch die Autorin des ebenso bemerkenswerten Buchs: Ich hab dir nie einen Rosengarten versprochen.

Individualismus. Lebt doch jeder in seiner eigenen Welt und die äußere Welt ist nur scheinbar für alle gleich. Wie war das? Gleich, aber nicht das Selbe? So in etwa. Es ist alles gleich, aber nie das Selbe. Die Welt der Taubstummen. Die Welt der Blinden. Wie auch immer. Es macht keinen Unterschied. Nicht wirklich. Die Welt der Taubstummen und Blinden ist auch untereinander nicht die Selbe. Individualismus zeichnet den Menschen aus. Nur er lebt ihn voll und ganz. Wirklich?

Bienen, Ameisen und derartiges Volk kennen anscheinend keinen Individualismus. Oder in der Serie „Raumschiff Enterprise“ die Rasse der „Borg“. Halb Mensch, halb Maschine. Was einer weiß, wissen alle. Geistiger Kommunismus pur. Eigentlich eine ganz feine Art zu leben. Kein Ego, keine Hinterhältigkeit, keine Bösartigkeit. Sie meinen es ja gut, wenn sie die gesamte Bevölkerung des Universums assimilieren wollen. Bienenvölker, Ameisenvölker, wie auch die Termiten, die schon vor dem Menschen eine Klimaanlage bauten, sind in dieser Beziehung Meister. Die einzelne Biene, Ameise oder Termite ist verloren, aber als Volk sind sie überaus mächtig.

Viele spirituelle Lehren und Religionen zielen darauf aus, das Ego zu eliminieren. Das wäre nichts anderes, als den Menschen selbst auszulöschen. Advaita ist so eine Lehre. Es gibt nur ein Selbst. Sagte sogar Kim und nannte diese Eine Selbst die „Quelle der Kraft“. Es ist das wahre Sein. Die wahre Glückseligkeit. Sind uns in dieser Beziehung diese kleinen Insekten voraus? Es wäre nicht das erste Mal, dass ich Tiere, welche Spezies auch immer, für weiter halte als uns Menschen mit unserer überheblichen Art, mit unserem schrill aufgeblähten Ego.

Ich zweifle in meiner Überheblichkeit oft, ob es überhaupt „etwas“ gibt, was der Mensch nicht erfassen kann. „Etwas“, das größer als sein Bewusstsein, größer als sein Geist ist oder wie immer man das nennt, das erfährt, erkennt und vielleicht auch phantasiert. Sagte doch Einstein in etwa, Wissenschaftler ohne Phantasie sind schlecht. Zweifel kann in Überheblichkeit ausarten: „Was kann es da noch geben? Ist ja alles nur durch Zufall entstanden. Aus dem Nichts und das ist möglich, wie auch Physiker sagen.“ Materie war vor dem Geist. Die heute meist gedachte Formel der Welt. Was der Mensch nicht erkennt, gibt es nicht. Alles andere ist Phantasie.

Selbst die Phantasie hat seine Grenzen. Immer wieder komme ich auf den selben Punkt, aber nie darüber hinaus. Was dabei heraus kommt, sind ständige Wiederholungen, in der Hoffnung, wenigstens einen kleinen Schritt weiter zu kommen. Sollte das einmal der Fall sein, könnte ich mir vorstellen, dass sich das nicht mehr in Worten ausdrücken lässt. Das ist die andere Seite in mir, die glauben möchte, die sich so sehr wünscht, dass da etwas ist, das uns alle einmal auffängt, vielleicht sogar assimiliert, dass wir dann plötzlich in einem Geist erkennen: „Das ist es! Genau das ist es!“

Schreiben um des Schreibens willen. Was natürlich und immer wieder Wiederholungen auslöst. Ich schreibe aber auch, weil ich etwas los werden möchte, - etwas aus mir raus lassen will. Kristian Mueller, ein eifriger FB-Schreiber hat ein Buch herausgebracht, in dem er Folgendes schreibt:

„Ich schreibe, weil keiner mehr zuhört … Menschen reden nur noch aneinander vorbei. Sehen sich nicht mehr. Kein Platz für Romantik. Kein Platz für tiefe Gedanken. Alles ist gestellt. Alles auf der Überholspur in die Bedeutungslosigkeit. Niemand nimmt sich Zeit für die kleinen Dinge. Niemand lauscht mehr dem Regen in der Nacht. Höher, schneller, weiter und ignoriert das Blut an den Händen. Was hätte aus uns allen werden können? Vereint für eine gute Welt. Doch der Schein des Glänzenden hat das wahre Glück ersetzt. Ich muss nicht glücklich sein, Hauptsache, die anderen denken dies. Während die Achterbahn nur noch nach unten führt. Und niemand sieht den Schreiberling an der Straße ... niemand hört zu … und so verhallen die Worte in der Schnelllebigkeit der Zeit … vergessen … doch ich schreibe weiter … solange ich kann. Vielleicht findet sich doch mal eine Seele, die zuhört.“

Weiters schreibt er anfangs seines Buchs, dass er sich meistens einfach hinsetzt und zu schreiben beginnt, ohne sich vorher etwas zurecht zu machen. Einfach drauf los schreiben und schauen, was dabei heraus kommt. Das mache ich auch manchmal, aber nicht, um eine Seele zu suchen, die mir zuhört. Diese Hoffnung mache ich mir nicht mehr, denn in einer Welt, in der jeder nur mit sich selbst beschäftigt ist, gibt es so etwas nicht.

Außerdem, wer will sich schon über tiefe Gedanken unterhalten? Das wäre ja irgendwie ein Seelenstriptease. Niemand will mehr seine tiefsten Gedanken offenbaren oder offen seine Gefühle zeigen. Das ist doch Schande. Man will sich glücklich zeigen, weil die Tränen ohnehin nicht gesehen werden. Schon ein gezwungenes Lächeln kann im Körper Glückshormone erzeugen. Also?

Ich rede also mit mir selbst, wie ich es schon immer getan habe. Selbstgespräche und nicht Fundstellen wäre der rechte Titel. Macht nichts, für mich sind ja doch einige Fundstellen dabei und das ist es ja, das zählt.

Ich wundere mich manchmal über mich selbst. Das ist schon okay und besser, als würde ich mich selbst nicht mögen, obwohl es da eine Seite in mir gibt, die ich wirklich nicht mag. Es ist die verbitterte, aufbrausende und unzufriedene Seite, der man nichts recht machen kann. Ungeduldig – müsste ich auch noch als Eigenschaft hinzufügen. Immer, wenn diese Seite die Überhand bekommt (von wem?), kann ich mich selbst nicht ausstehen und dann heule ich manchmal vor Wut, weil ich diese Seite kaum bezwingen kann.

Kim war ganz anders. Immer ruhig und besonnen und so voll gepumpt mit Liebe. Ihn konnte nichts erschüttern. Immer geduldig, leise und sanft. So eine Seite habe ich nicht, auch wenn ich manchmal auch ruhig und sanft sein kann. Aber ich lass mich schnell aus dieser sanften Ruhe bringen und dann ist mein Idol ganz, ganz weit weg.

Wie wäre es mit bewusster Beherrschung? Bewusst! Von Anfang an dieses dritten Teils der Fundstücke zieht sich „Bewusstsein“ und „bewusst“ bis jetzt wie ein roter Faden durch das Geschreibe. Fundstelle „Bewusstsein“? Mir wird diese biestige Seite auch bewusst, aber es ist schwer, sie wieder los zu werden. Angeblich soll es helfen, sie geistig zu umarmen, lieb zu ihr sein, dann heftet sie sich an die sanfte und ruhige Seite und verstärkt diese. Hilft's? Nicht immer.

Heute Nacht träumte ich von einem jungen Mann, den ich im Stiegenhaus begegnete, als ich gerade putzte.
Früher putzte ich zu einem Freundschaftspreis aller Wohnungseigentümer das Stiegenhaus, hörte aber damit auf, da es laufend Streitereien gab. Ich putze nicht schön genug. Wahrscheinlich nicht oft genug, denn bei Regenwetter sah es nun mal nach Regenwetter aus.
Im Traum wollte ich mit einem deftigen Augenaufschlag den jungen Mann beeindrucken, aber er bemerkte mich kaum. Dann sah ich im Fenster der Außenfront, wo ich eben putzte, mein Spiegelbild. Ich vergaß glatt, dass ich nicht mehr das junge, verführerische Mädchen bin, sondern eine alte, runzlige Frau, die sich kaum mehr vom Boden erheben konnte, wenn sie da unten schrubbte.

Alptraum! Nicht wirklich, denn das Altern ging bei mir recht langsam vor sich und ich bin mit meinem Aussehen noch sehr zufrieden. Fast faltenfrei und eine Figur, die manche 20jährige gern hätte. Na ja, die Haut ist nicht mehr straff, aber nicht runzlig, was ja wahrscheinlich noch kommen wird, sollte ich an die 100 Jahre alt werden.

Ist es wichtig, wie man aussieht? Eigentlich nicht, aber man fühlt sich wohler in seiner Haut, wenn man mit seinem Aussehen zufrieden ist. Es kommt auch auf die Stimmung an. Das fällt mir immer wieder auf. An guten Tagen mag ich mein Spiegelbild. An schlechten denke ich: „Was bist du hässlich geworden!“ Wirklich! Dann fühle ich mein Äußeres genauso biestig wie mein Inneres.

Kein extra spirituelles oder tiefgreifendes Thema. Oder? Das ist mal was Realistisches, etwas Handfestes, mit dem auch andere was anfangen können. Graue Haare? Aber nicht, wenn es die Möglichkeit zum Färben gibt. Grau macht alt. Welche Hautcreme benutzt du? Ah, die ist die gut. Die nehme ich auch, auch wenn sie etwas teurer als die anderen ist. Schminkst du dich? Ja klar, aber nur ein bisschen Kajal und die Augenbrauen, weil sie ja auch lichter werden mit dem Alter.

Natürlich altern. Wie geht das in diesen Zeiten des Jugendwahns? Aber es ist besser geworden. Die Profitgierigen haben geschnallt, dass die Alten ganz gute Kunden sind und haben das Alter reizvoll gemacht. Alter ist keine Schande mehr, solang du fit bist. Alte gehen joggen, ins Fitnessstudio, fliegen Urlaub. All das, solang das Virus es zulässt, das uns gerade mal zwei Jahre lang plagt und auch das Altern schwerer macht.

In Zeiten wie diesen ist es für keinen leicht und wenn man bedenkt, wie viele Menschen hungern und arm sind, ist es direkt ein Hohn, sich mit so einem Thema zu beschäftigen. Aber ehrlich, fragt man sich da nicht, was ich denn dafür kann, wenn dieser oder jener nicht in einem Land wie unserem geboren ist und etwas aus seinem Leben gemacht hat? Klar gibt es auch in unserem paradiesischen Österreich arme Menschen, aber was sind sie gegen jene in anderen Ländern? Unterschiede helfen da aber auch nichts. Arm ist arm und immer ist der eigene Schmerz größer als der der anderen.

Dankbar werden ist auch angesagt. Nicht nur gelassen und zufrieden. Dankbarkeit ist eine sehr schöne Fundstelle und sie ist sogar mehr als spirituell und tiefgreifend. Aber nicht jene Dankbarkeit, die andere schlecht da stehen lässt, indem ich sage: „Ich hab's doch besser als die Nachbarin.“ Einfach dafür dankbar sein, wie es ist. Egal, wie es ist. Und auch nicht: „Es könnte ja auch schlechter sein.“ Nein, denn es ist nicht schlechter! Es ist wie es ist und wie es ist, ist es gut. Danke!

Na, jetzt wurde es ja doch ein tiefgreifendes Thema! Eine Fundstelle, in die man tief hinunter greifen muss. Danke!

Bewusstsein. Was ist das? Ja, das frage ich mich selbst und nicht erst seit heute. Ich-Bewusstsein – dem Menschen und nur wenigen Tieren vorbehalten. Das Ich ist wie der Prozessor eines Computers. Der Oberschef. Das Herz und Gehirn des PCs. Ohne Prozessor geht nichts. Ohne Ich auch nicht. Ist das Ich weg, geht alles verloren.

Ich wiederhole mich gerne. Und ich muss es auch immer wieder betonen, so als würde ich mir selbst auf die Schulter klopfen. Aber nicht, um zu loben, sondern um „ist schon gut“ auszudrücken. Aber ja, das Bewusstsein ist es wert, ständig darüber nachzusinnen und zu schreiben. Vor allem das menschliche Bewusstsein, das so genannte Ich-Bewusstsein, denn ein anderes kennen wir ja nicht, auch wenn Wissenschaftler zu wissen glauben, wie Tiere wahrnehmen.

Mensch und Tier und Pflanze. Alles Gattungen der Natur. Alles das, was Mutter Natur hervor gebracht hat und mit etwas ausgestattet hat, das man Geist nennen könnte. Ja, vielleicht haben Pflanzen auch Geist. Immerhin wenden sich Sonnenblumen stets der Sonne zu. Interessant ist auch die Bestäubung der unterschiedlichen Pflanzen, egal, ob es sich um Bäume, Büsche oder Blumen handelt. Mit was für Tricks die arbeiten ist auf jeden Fall erstaunlich. Nur – ob das was mit Bewusstsein zu tun hat, ist natürlich fraglich.

Bei Tieren wird es „Instinkt“ genannt. Das ist das, was den meisten von uns Menschen abhanden gekommen ist. Wir verlassen uns lieber auf unser Ich, das alles vereinnahmt. Es ist wie ein Herrscher über uns alle, macht uns zu Sklaven und man möchte meinen, es gibt nur ein Ich, das über die gesamte Menschheit herrscht. Ist ja gar nicht so abwegig der Gedanke. Oder? Dennoch geht’s nicht ohne Ich.

Kann nicht mit dir und kann nicht ohne dich leben. Aber das haben U2 mit ihrem Song „With or without you“ sicher nicht gemeint. Das Ego reduzieren, wie Freund Carlos schrieb, wäre ja auch nur eine halbe Sache. Oder sich ganz einer Sache zu verschreiben, ohne Rücksicht auf sich selbst. Auf alles verzichten. Alles nur halbe Sachen, denn der Hauptprozessor schlägt immer wieder erbarmungslos zu und zeigt all die Seiten auf, die man eigentlich – die ich eigentlich nicht mag. Wie etwa die bereits beschriebene biestige Seite.

Egoistisch sein. Sich immer wieder mit sich selbst beschäftigen. Auch eine Lösung, denn irgendwann wird es langweilig und das Ich löst sich auf. Und dann? Irrwitziger Gedanke. Wie ist das Leben ohne Ich? Manchmal beobachte ich meine Katze und frage mich, was denn in ihrem Köpfchen so vorgeht, wenn sie nur da hockt und scheinbar ins Nichts starrt. Denkt sie? Oder wenn sie aufs Kistchen geht oder zu ihrem Napf. Denkt sie: „Jetzt muss ich mal“, oder „Jetzt will ich fressen“?

Auch wenn Wissenschaftler meinen, dass die meisten Tiere nicht denken und kein Ich-Bewusstsein haben, meine ich, dass die das gar nicht wissen können, weil sie nicht mal über das menschliche Bewusstsein alles wissen. Ja, nicht einmal wissen können, denn da ist nichts, was man unters Mikroskop legen oder in einem Labor in kleinste Teilchen zerlegen könnte.
So gesehen wird Bewusstsein, vor allem das Ich-Bewusstsein, wohl noch lange ein Geheimnis bleiben. Und das ist auch gut so.

Meine Spaziergänge. Fast täglich, außer es regnet. Obwohl ich schon mal mitten in ein Regenwetter kam. Sommerregen, also keine so große Sache. Dennoch, klitschnass von oben bis unten. Meine langen Spaziergänge. Manchmal bis zu drei Stunden, wenn ich die ganz große Runde drehe, die zwei Dörfer miteinbezieht.

Ich denke eben an den Untertitel dieser dritten Ausgabe der Fundstelle.: „Reise nach...“ Vielleicht nicht „nach“, sonder „in“ oder „ins“, was ich mit „Bewusstsein“ oder noch besser mit „Ich“ vollenden könnte. Privat, vielleicht noch sogar sehr privat. Ich rede ja nur mit mir selbst. Außerdem, was hätte ich zu verlieren, wenn ich mich vor der ganzen Welt öffne. Schaut her! Das bin ich! Ganz ich! Wie auch Herr Mueller in seinem Buch schreibt: Interessiert eh keinen!

Wir sind immer gerne spazieren gegangen. Haben die Umgebung erforscht. Auch wenn es bald kaum Abwechslung gab und wir ein zweites, drittes, viertes Mal dieselbe Strecke gingen, war es wunderschön in der frischen Luft und vor allem in der Natur zu sein. Jetzt gehe ich alleine diese Strecken und erinnere mich oft an Begebenheiten, an Worte, die wir sprachen, an das Lachen und an all das, was wir damals gesehen haben. Manchmal sehe ich an diesen Strecken mehr das Vergangene, als das Jetzt.

Pilgerwege. Ich würde gerne den Jakobsweg gehen. Was gäbe es da zu finden? Hängt es wirklich von der Umgebung ab, oder ist es nicht egal, wo ich gehe? Haben Pilgerwege die Macht, etwas zum Besseren zu wenden? Man müsste es ausprobieren. Ich müsste es ausprobieren. Zuerst mal einen kürzeren Pilgerweg. Vielleicht nach Maria Zell? Ich wäre ein bis zwei Wochen unterwegs bis dorthin. Immerhin wollte ich schon immer zu mir selbst finden. Und das tut man doch auf Pilgerwegen.

Im Moment sind meine Pilgerwege meine Spazierwege. Finde ich zu mir selbst? Und was ist das überhaupt? Doch nur eine Überbewertung. Wichtigmacherei. Seht her, ich hab zu mir gefunden. Ich habe mich endlich selbst gefunden. Und dann beginnt alles wieder von vorne. Man kommt dem Schurken einfach nicht aus. Er lauert an jeder Ecke, springt hervor, packt dich und lässt sich nie wieder los und wenn, dann nur scheinbar. Er ist eigentlich das, was gefunden werden soll. Sich selbst offen und ehrlich ins Seelengesicht zu schauen. Das ist es. Nicht mehr und nicht weniger.

Oder wäre das zu viel des Guten oder des Schlechten? Wie man will. Also gehe ich einfach spazieren, schwelge in Erinnerungen, weine ab und zu heiße Tränen, während der Rabe „nevermore“ krächzt, gehe weiter, atme tief durch und genieße die Jahreszeiten. Ich freue mich auf den Frühling, auf einen ganz besonderen Moment und ganz besonderen Ort: die Straße hoch und dann oben die Aussicht auf den sanft grünen Mischwald, auf die hohe Pappel, die bereits winzige Blätter trägt, den blauen Himmel und die leichte Wärme und vor allem den winddurchwehten Geruch des Frühlings.

Regen. Regen und kalt. Aber es friert noch nicht. Regen und Frost wären fatal, wenn ich nach draußen muss. Achtung Rutschgefahr! Ich mag es nicht, wenn es rutschig ist. Dann gehe ich wie auf rohen Eiern. Schon wieder so ein dämlicher Spruch. Wer geht schon auf rohen Eiern? Auf jeden Fall mag ich das in unseren Breiten typische Winterwetter gar nicht. Sobald es schneit, wird geräumt und der Asphalt wird glatt, auch wenn gestreut ist.

Das erinnert mich an die beiden alten Frauen, die gerade aus der Kirche kamen und Don Juan sie vor den Stufen warnte, dass sie stürzen könnten. Die beiden Frauen gingen auch wie auf rohen Eiern. Als die beiden vorüber waren, sagte Don Juan zu Carlos, dass sie gar noch nicht so alt waren, aber ihr Tonal sei ganz schlecht. Sie könnten mit einem klaren Tonal diese Stufen herunter laufen und springen. Don Juan zeigte Carlos noch einige andere Menschen mit einem schlechten Tonal, aber auch eine mit einem reinen, klaren oder guten Tonal, was unter Menschen äußerst selten ist.
Daran muss ich immer denke, wenn ich auf glatten Wegen wie auf Eiern gehe und komme mir dann wie eine dieser beiden Frauen vor. Deprimierend!

Das reine, klare, gute (oder wie auch immer Tonal) ist leer. Da ist nichts, was einen runter zieht oder irgendwie stören könnte. Man stößt sich dann an nichts mehr. Über alles erhaben sein. Die berühmte Leichtigkeit. Immer lächeln, aber ehrlich lächeln und nicht deshalb, weil es befreiender ist.

Es gibt halt immer einen Haken. Und der dickste und größte Haken ist der, dass sich nichts erzwingen lässt. Hier kommt wieder Herr Karl ins Spiel. Ins Spiel meiner Worte und Fundstellen und ich bin froh, dass ich seine Bücher gefunden habe. Gegen das Schicksal kommt man nicht an. Was passiert, passiert nun mal. Keine Chance!

Auch kommst du aus diesem Kreislauf nicht raus. Musst ihn so lange durchlaufen, bis du erkennst. Und das kommt plötzlich, denn du bist ja schon dort, wo du hin willst. Aber das zu erkennen, dauert halt Jahre und meistens sowieso unzählige Leben.
Man muss also nicht suchen, sich kasteien oder irgendwelche Lehren durchmachen, Trips einwerfen oder was auch immer, um an diesen so besonderen „Punkt“ zu gelangen, denn man ist ja schon an diesem „Punkt“. Man ist selbst dieser „Punkt“. Aber was hilft es, wenn man es nicht erkennt und noch immer im Kreis rennt?

Weiter im Kreis rennen. Und aus dem Fenster schauen, wie es regnet. Regentropfen zählen? Warum nicht? Ist genauso gut oder schlecht wie jede andere Tätigkeit. Vor allem aber zu Hause bleiben. Wegen Rutschgefahr, denn es wird kälter. Vielleicht sogar frostig. Ist eh egal, denn heute ist Sonntag und ich muss nicht raus, also kann ich beruhigt all die Regentropfen zählen, die an mein Fenster klopfen.

Katzen sind die wahren Zenmeister. So lese ich es ab und zu in den Medien. Schon wieder dieses Wort – Medien – Medium. Aber diesmal habe ich mir vorgenommen über Katzen zu schreiben. Ich kenne sie von klein auf. Wir hatten immer Katzen. Und Hunde. Zwei Hunde. Zuerst einen Cockerspaniel, der schon drei Jahre alt war, als wir ihn bekamen und ziemlich verwahrlost aussah. Aber er erholte sich gut. Immerhin wurde er bestens versorgt. Etwas später wollten meine Eltern einen Boxer. Es wurde ein Boxermischling und ein Engel von einem Hund. Gutmütig wäre übertrieben.

Ich wollte doch über Katzen schreiben. Als ich Volksschülerin (genau gesagt, Erstklässlerin) war, kam immer ein schwarzer Kater über den Dachboden und holte sich sein Fressen. Nur ganz langsam wurde er zutraulich. Und er mochte mich. Stupste mich mit seinem schwarzen Kopf an und miaute, als würde er mich begrüßen. Ich schrieb in der Schule einen Aufsatz über ihn, der laut Lehrerin so gut war, dass sie ihn behielt.

Ja, das war in der ersten Klasse Volksschule, denn diese Lehrerin, an die ich mich erinnere, hatte ich nur dieses eine Jahr und das war mein erstes Schuljahr. Heute glaubt mir das niemand, dass wir damals in der ersten Klasse schon ganze Sätze schreiben konnten. Unser Sohn kannte in der ersten Klasse vielleicht alle Buchstaben und ein paar Wörter, aber Sätze schreiben ging noch nicht. Ist das Schulsystem denn wirklich so viel schlechter geworden?

Ich kann mich auch an „Petzi „erinnern. Bei uns hießen aber alle Katzen „Petzi“. Das war ein schöner Kater. Langhaarig und riesig. Als wir einmal im Sommer in der Wachau waren, verschwand er. Es wurde gemunkelt, in der Nachbarschaft sei einer, der Katzenfell gegen Rheuma verkauft. Bewiesen konnte es nie werden.

Mein Mann und ich hatten auch Katzen. Die erste Katze war Jerry. Wir wollten sie – eigentlich ihn, da es ein Kater war. Damals wohnten wir in einer katzenfreundlichen Gegend, wo hinten raus eine weite Wiese war und Jerry Mäuse fangen konnte. Als wir umzogen, nahm meine Schwiegermutter Jerry, wo er es auch gut hatte. Aber irgendwann verschwand er und niemand hat den schönen weißen Kater, der nur wenige dunkle Flecken im Fell hatte, je wieder gesehen.

Schließlich kam „Punktie“, als wir bereits in unserer Eigentumswohnung waren. Wir wollten ihn nicht. Er ist uns zugelaufen, wie man so sagt. Hockte auf dem Balkongeländer und sah uns treuselig an, als wollte er sagen: „Hier bleibe ich!“ Und er blieb. Als meine Mutter sehr krank wurde und ihr Tod nur mehr eine Frage von ein paar Tagen war, mussten wir ihre Katze „Wuli“ nehmen. Zum Glück waren beide Katzen friedlich. Punktie und Wuli verstanden sich prima und zogen nachts immer zusammen los, bis Punktie in den Katzenhimmel wanderte.

Katzen sind wahre Zenmeister? Inwiefern? Weil sie stundenlang vor einem Mausloch sitzen können, ohne sich zu bewegen? Wuli ist mir geblieben und ich vermisse bei ihr die Geduld eines Zenmeisters. Sie miaut kläglich, wenn sie nicht sofort bekommt, was sie will. Zenmeister stelle ich mir anders vor. Wuli kann lästig sein. Sehr lästig sogar. Wenn ich mit einem Buch bequem auf der Couch liege, kommt sie und will auf mir liegen. Dann muss das Buch weg und meine gesamte Aufmerksamkeit ihr gewidmet werden.

Katzen wollen immer die gesamte Aufmerksamkeit. Es soll welche geben, die, wenn man sie gedankenlos streichelt, sofort die Krallen ausfahren. Wuli ist zum Glück nicht so, aber wenn meine Gedanken abschweifen, miaut sie meckernd wie eine Ziege. Anders kann ich dieses Geräusch nicht beschreiben. Damit ist wohl damit gemeint, dass Katzen die wahren Zenmeister sind. Sie lehren dich Aufmerksamkeit. Und sie selbst? Sie haben mit Zen gar nichts am Hut. Genau deshalb sind sie wohl auch wahre Meister.

Hui, das war deutlich

niemals ignoriert Steffi Katzen, Kater oder Lieschen.
Aber äußerlich was sagen geht nicht immer, innerlich ja.
Und dann sind wir die Stillfreuer, wie unser Hase sagt.

Will ich Aufmerksamkeit? Eigentlich habe ich damit schon längst abgeschlossen. Eigentlich? Ja, aus dem Grund, weil ich das, was ich in mir fühle, ohnehin nicht übermitteln kann und wenn, sind es meine Gefühle und Gedanken, die nur ich so empfinde und kein anderer oder keine andere. Das ist nun mal der menschliche Individualismus. Geistiges kann nicht wirklich 1 zu 1 weiter gegeben werden.

Aber ich kann mich anderen zuwenden. Zuwendung ist schön. Sie funktioniert aber nur von Körper zu Körper. Sozusagen real und nicht übers Internet, wo angeblich so großartige Freundschaften entstehen. Manche, und heutzutage sogar viele, suchen übers Internet ihren Lebenspartner. Was übers Internet am allermeisten entsteht, sind Missverständnisse. Vieles kommt auf ganz andere Art rüber, als man es gemeint hat. Und dann fühlen sich einige betroffen, obwohl sie gar nicht gemeint sind.

Nie etwas persönlich nehmen. Hat schon Freund Carlos gepredigt. Und Herr Karl meint, es gibt gar kein Ich. Er hat es jahrelang gesucht, aber nie eins gefunden. Irgendwie geht es mir auch so. Wie definiere ich denn mein Ich? Die biestige Seite in mir, wie auch die gute und viele andere, die da noch (in mir?) herum geistern. Oder existiert das Ich bloß in der Sprache? In der Sprache kann ich es nicht los werden. In der Wahrnehmung schon?

Oft frage ich mich, wie unsere Vorfahren wahrgenommen haben. Jene, von denen wir abstammen. Jene, die einst in Höhlen gelebt haben. Jene, die wie Wölfe in Familienhierarchien lebten. Jene, die vielleicht glücklicher und vor allem artgerechter lebten als wir.

Gemeinschaften kennen großteils nur ein Wir. Und schon sind wir wieder beim Extremen – bei den „Borg“, die alles, was ihnen in die Quere kommt, assimilieren. Gemeinschaftsdenken. Vielleicht wäre das die wahre menschliche Entwicklung und nicht das Leben von Einzelgängern, die sich nicht mehr von Mensch zu Mensch unterhalten können, sondern lieber vor einem mehr oder weniger viereckigen Kastl sitzen.

Aber wie auch immer. Jetzt sind wir hier und wir müssen ja nicht unbedingt mitmachen. Jeder kann leben, wie er will, es sei denn, er kratzt nicht an der Grenze der anderen. Freiheit? Gibt und gab es nie. Genauso wenig wie Demokratie. Die Mehrheit hat recht und der Rest (meist nur ein bisschen weniger als die sogenannte Mehrheit) kann brausen gehen. Also wäre die rechte Lösung die Assimilierung. Oder „back to the roots“.

Klar kann es so nicht weiter gehen. Das tut es nie und hat es auch nie getan. Aber haben wir Menschen in der Hand, wie es weitergeht? Wir alle oder nur ein paar? Das ist die große Frage! Und wahrscheinlich der berühmte Griff in die Scheiße. Shit happens. Sagt auch Herr Karl und ich bin so gerne mit ihm einer Meinung. Ist ja nichts Schlechtes an der Scheiße. Sie kann sogar als Dünger dienen.

Und der Sinn von all dem? Gibt's nicht. Es liegt einfach daran, dass ich gerne schreibe und meist gar nicht weiß, worum es wirklich geht. Ich? Na ja, vielleicht ein bisschen Ich. Alles andere ist das, was ich mal gehört oder gelesen habe. Liegt nun mal an der Sprache, die man uns auferlegt hat. Mussten wir lernen, um miteinander zu kommunizieren, egal ob wir uns untereinander noch verstehen oder nicht. Willkommen zum Turmbau zu Babel!

In Erinnerungen schwelgen. Das tu ich gerne. Vor allem während ich spazieren gehe. Ich kenne ja die Wege und muss nicht immer aufmerksam in der Gegend herum schauen. Obwohl – und das ist mir durchaus bewusst – sich alles ständig verändert. Man steigt nur einmal in ein und denselben Fluss. Im nächsten Moment ist er schon ein anderer, obwohl er noch immer denselben Namen hat.

Ist bei uns auch so. Lieschen wird immer Lieschen heißen, aber sie ist nie ein und dieselbe. Humbug? Nicht, wenn es um Körperlichkeiten geht. Geistig gibt es ja auch viele Persönlichkeiten in ihr. Schizophrenie nennt man das. Vielleicht auch ein wenig bipolar. Himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt.

Letztens habe ich gelesen, dass denkende Menschen meistens traurige Menschen sind. Kein Wunder! Wenn man über diese Welt nachdenkt und was die Menschen alles anrichten, muss man doch traurig sein. Aber es ist eine andere Traurigkeit. Sie tendiert mehr zum Persönlichen als zum Sozialen oder wie man das nennen mag, wenn man Mitleid mit der Welt hat. Weltschmerz! Es ist nicht unbedingt Selbstmitleid, aber so was in der Art. Man tut sich selber leid, weil man in dieser beschissenen Welt leben muss und nicht einfach so sterben kann.

Das sind aber nicht die Erinnerungen, in denen ich während meiner Spaziergänge schwelge. Die sind nämlich von noch persönlicherer Art. Sie betreffen mein Leben, als ich noch zu zweit war, - als die Spaziergänge voll mit Unterhaltungen waren. Manchmal gab es auch Schweigen und dann plötzlich ein Satz. Du, daran habe ich auch eben gedacht. Das passierte immer öfter, je länger wir zusammen waren. Telepathie in einer innigen Partnerschaft ist keine Seltenheit.

Dann ist die Welt gar nicht mehr so beschissen. Ist sie es überhaupt? Noch tiefere Frage: Ist sie überhaupt? Und wenn, ist sie nur eine Erscheinung, die sich stetig verändert. Nie ist sie ein und die selbe. Was bleibt? Die Erinnerungen? Der Geist? Der Geist, der sich nie verändert, weil in ihm ja schon alles enthalten ist, was ist, was war und jemals sein wird. Alles schon geschehen und demnach ist nichts je wirklich passiert.

Klare Worte. Und vielleicht stimmen sie auch. Irgendwie. Aber noch immer hänge ich zwischen drin in diesen körperlichen Veränderungen, die mitunter auch meinen Geist angreifen. Na, servas!

Schneegestöber. Knirschen unter den gestiefelten Füßen. Gar nicht so kalt. Und Schneeflocken wehen ins Gesicht. Keinen Schirm. Bei diesem Wetter gibt’s nur Kapuze auf und los marschieren. Und nachdenken. Oder erinnern, was mal war.

Es ist der zweite Schnee in diesem Jahr. Weiße Weihnachten wird es wohl nicht geben. Meist kommt der Schnee einige Tage zu früh. Auch egal. Weihnachten ist mir sowieso egal. Ein Tag wie jeder andere und auf keinen Fall der Tag der Geburt dessen, den sie den Messias nennen. Auch wenn es angeblich einige Vorzeichen gab. Aber die gab es bei Brian auch. Das Leben des Brian – ein phantastischer Film, den man sich ruhig zwei- und auch dreimal ansehen kann.

Wer weiß denn, wie es wirklich war? Und ob es überhaupt war? Wer war dieser kleine Mann aus Nazareth? Angeblich der Sohn (oder eher Stiefsohn?) eines Tischlers Hat es damals in diesen Gebieten überhaupt Tischler gegeben? Holz, von dem man leben konnte? Irgendwie ist alles, was so in den Evangelien steht, ein wenig fragwürdig.

Aber wie auch immer, manches, was da drinnen steht, ist gar nicht so schlecht, vor allem das mit den Lilien auf dem Feld und die Vögel, die nicht sammeln und doch ernährt werden. Aber wir Menschen sind seit damals noch eitler und geschäftiger geworden! Und Joshua? Oder Josua oder Jesus, oder wie auch immer der kleine Mann geheißen haben soll? Würde er damit einverstanden sein, was über ihn geschrieben wurde? Würde er damit einverstanden sein, dass aus ihm eine der Hauptreligionen der Menschheit entstanden ist? Wohl nicht immer, vor allem dann nicht, wenn es um Mord und Totschlag geht und um Zwang.

Ich mochte ihn, diesen Jesus-Christ-Superstar. Er war damals, als ich so um die 15 war, für mich ein echter Hippie und auch ein Revolutionär. Er mischte ein bisschen auf. Zumindest steht es so geschrieben. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er so ähnlich wie Buddha war. Wie der hübsche Prinz Siddhartha. War er hübsch? Ich stell ihn mir nun mal so vor. Und Joshua als kleinen Israeli. Klein, bärtig, langhaarig und ein wenig verwahrlost wie ein Landstreicher. Aber wunderschöne Augen hatte er! Die blickten durch und durch. Und Buddha – wie schon erwähnt – sieht für mich wie Keanu Reeves aus. Gibt ja auch den Film mit ihm und das ist so passend!
Und das alles mitten im Schneegestöber!


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Lass die Toten ziehen und halte sie nicht auf. Als hätte einer von uns Winzlinge die Macht, dies zu tun! Und doch haben wir Macht, wenn wir uns der richtigen Seite zuwenden – dem Selbst. So sagen es die weisen Schriften. Wir sind mehr als wir glauben. Das ist die eine Seite. Und die andere Seite ist jene, die aus uns Winzlinge macht.

„Elbin“ Lotte sagt, wir sind gleichzeitig tot und lebendig. Welle und Teilchen. Alles und nichts. Woher weiß sie es? Woher wissen die Weisen all das, was sie nieder schreiben? Selbst erlebt? Niemand kann das wissen, außer die Weisen selbst.

Ich kann nicht erleben, dass ich tot bin. Und ich fühle mich auch nicht mächtig. Ganz im Gegenteil, denn ich fühle mich wie ein Blatt im Wind. Es fällt und fällt und auch wenn es versucht, sich zu wehren, hilft es nichts, denn es fällt unweigerlich zu Boden, wo es schließlich vermodert und dem Baum, von dem es fiel, als Dünger dient und sich demnach mit den Wurzeln des Baums vereinigt. Welch schöner Kreislauf!

Wir müssen also fallen, um uns irgendwann zu entscheiden. Habe ich nicht schon mal geschrieben, dass „dienen“ ein Weg zum wahren Selbst ist? Noch bin ich Blatt und kämpfe gegen den Wind, aber irgendwann werde ich des Kampfes müde...

Das mit dem Baum und den Blättern ist ein schöner Vergleich. Der Baum (samt Wurzel) wäre das wahre Selbst und all seine Blätter die vielen kleinen Egos, bzw. Leben. Na ja, eben nur ein Vergleich, der, wie alle Vergleiche irgendwie hinkt. Wir haben halt nicht die nötige Frequenz, um die wirkliche Wirklichkeit zu erkennen.

Apropos Frequenz! Oder Schwingungen. Oder Fließen. Alles fließt. Alles schwingt. Man muss sich nur richtig einstimmen. Und dann? Schon wieder das berühmt berüchtigte „Und dann?“. Man muss gar nichts. Man muss nichts tun. Nicht einmal glücklich sein muss man. Bringt nichts. Denn nach dem Glücklichsein kommt das Traurigsein. Und dann wieder das Glücklichsein und...

Nichts Neues unter der Sonne und noch immer schwebt das Blatt langsam zu Boden und kann nichts dagegen tun. Ist nun mal so. Es ist ein Blatt und nicht der Baum selbst, auch wenn es von ihm stammt, aus ihm gewachsen ist. Und genau hier hinkt dieser Vergleich, der im ersten Moment so wunderschön erscheint.

Laut Rumi sind wir nicht ein Tropfen im Ozean, sondern ein Ozean in einem Tropfen. Immer wieder versuchen die Weisen uns weis zu machen, wie Erleuchtung oder viel mehr Befreiung geht. Befreiung vom Ich. Ich bin ist nicht dasselbe wie ich bin. So wie die Blume eine Blume ist und eine Blume ist. Die letzte Blume unterscheidet sich von der ersten insofern, weil sie frei von allen Werten und Benennungen ist.

Na ja, meinte auch schon Freund Carlos, das Gedankenchaos zwingt uns zur Wahrnehmung dieser Welt. Und für Ramana ist der denkende Verstand das Ich. Das Denken ausschalten und schon sind wir, was wir wirklich sind. Und wenn wir es sind und wieder zurück fallen in den alten Trott, haben wir abermals vergessen, was wir wirklich sind.

Freund Carlos erklärt das andere Bewusstsein (oder eines von vielen Wahrnehmungen) als etwas, was man wieder erinnern muss. Jedes mal wenn Don Juan ihm einen Schlag zwischen beiden Schulterblättern versetzte, wurde er in ein anderes Bewusstsein katapultiert und erlebte Dinge, die im normalen Bewusstsein nicht möglich waren. Er vergaß, was er „dort“ erlebte und als Don Juan mit seinem Trupp diese Welt verließ, war Freund Carlos gezwungen, sich zu erinnern oder als gewöhnlicher Mensch zu sterben.

So viele Weise. So viele Weisen. Was also tun? Nichts, da ich von Natur aus faul bin. Und da kommen mir Ramana und Herr Karl gerade recht mit ihrem: „Du musst nichts tun, denn du bist schon dort, wo du hin willst.“ Will ich? Wäre ich dazu bereit, wäre ich wahrscheinlich schon „dort“. Also schwebe ich noch immer langsam zu Boden und genieße den Flug. Mehr gibt es nicht zu tun. Vielleicht noch Tee trinken. Ja, das wäre gut!