Es ist nun mal schräg täglich für nichts und wieder nichts zu schreiben. Es ist, als würde ich mich mit diesem Satz bei mir selbst entschuldigen. Tu ich vielleicht auch. Unterbewusst bewusst. Ja, das gibt es, dieses unterbewusste Bewusste. Man will es nicht tun und dann tut man es doch und weiß nicht mehr warum man es dann doch getan hat. Irre eigentlich. Und menschlich. Menschliche Irre oder menschliches Irresein. Passt beides. Vor allem zusammen. Wenn man an „Mensch“ denkt, denkt man unweigerlich an „irre“. Oder eben umgekehrt.

Lohnt es sich denn über die eigene Spezies so zu schimpfen? Sich derart auszulassen, als würde es was bringen? Ja, mir ist dann leichter. Warum weiß ich auch nicht. Aber dann wieder denke ich: „Ach, so schlecht sind sie auch wieder nicht!“ Man kann ja nicht reinschauen in die Menschenherzen, weil da so viele unnötige Schichten drüber gepackt sind. Und die lassen nichts durch. Nicht mal Röntgenblicke. So gesehen wäre selbst Superman aufgeschmissen.

Aber es ist doch wirklich so, dass jeder sein Pinkerl zu tragen hat. Und das eigene Pinkerl ist immer das schwerste. Kann ja niemand wirklich abschätzen, wie schwer das des Nachbarn oder das von der grantig schauenden Frau ist, die ich manchmal beim Einkaufen sehe. Vielleicht ist sie gar nicht grantig, sondern schaut immer so.

Physiognomie nennt man das. Glaube ich zumindest. Die charakteristischen Gesichtszüge. Als könnte man so den Charakter eines Menschen erkennen. Und wenn er grantig schaut, dann ist er auch grantig. Das wäre ja doch zu einfach. Nicht nur für die Kriminalisten, sondern für alle. Man wüsste sofort, woran man ist. Leider ist es nicht so in dieser Welt. In dieser Welt regiert das Verborgene, das man erst enträtseln muss. Die Strafkolonie. Oder so was ähnliches.

Ja, daran denke ich auch manchmal. Es könnte doch sein, dass wir im letzten Leben etwas angestellt haben und nun hat jeder bei der Geburt ein Pinkerl aufgebunden bekommen, das er so lange tragen muss, bis das, was er angestellt hat, gesühnt ist. So gesehen stehen wir alle auf ein und der selben Stufe, denn wer kann schon ermessen, welches Pinkerl leichter oder schwerer ist, wenn doch eh immer das eigene am schwersten ist? Und eventuell auch am schrägsten!

Es gibt Elben. Zum Beispiel Elbin Lotte, die gleichzeitig lebt und tot ist. Sie vergleicht sich gerne mit den Wellen-Teilchen-Phänomen. Außerdem hat sie einen Zugang zum Jenseits. Vielleicht sieht sie sich dort selbst, weshalb sie meint, gleichzeitig lebendig und tot zu sein.
Man sieht vielleicht das wahre Selbst dort, das uns multidimensional in alle Welten raus schleudert, um dort die so genannten Lebensspiele zu spielen.
Lotte Ingrisch mit weltlichem Namen und angeblich hat sie am 20. Juli 1930 unsere Menschenwelt mit ihrem Erscheinen beglückt. Ja, beglückt, denn sie schreibt wahnsinnig tolle Bücher. Ohne sie wäre diese Welt um einige Bücher ärmer. Wirklich ärmer.
Was sind denn Elben? Man kennt sie von Tolkiens „Herr der Ringe“, angeblich fiktive menschliche Wesen in Mittelerde. Sozusagen auf der Erde in der Mitte, denn auch die Erde, die ja ein Lebewesen ist, ist, laut Elbin Lotte, multidimensional.
Elbin Lotte ist nicht fiktiv und sie hat mit diesem doch eher kriegerischen Volk, das Pfeil und Bogen meisterhaft beherrscht, kaum etwas zu tun. Elfe wäre angebrachter, aber das erscheint mir zu normal – besser gesagt zu – ja was? - vielleicht zu wenig. Ja, Elfe wäre zu wenig. Aber wie auch immer, ich bewundere diese Frau, die schon viele Jahre lang so gerne ins Jenseits gehen würde, aber diese Welt hält sie anscheinend gefangen. Und ich liebe ihre Bücher, von denen ich einige hüte wie einen Schatz. Fast so wie Gollum Smeagol den Ring hütet.

Es gibt Freunde. Zum Beispiel Freund Carlos, dessen Bücher ich ebenso hüte. Freund Carlos, mit vollem Namen Carlos Arancha Castaneda, geboren am 25. Dezember 1925 und gestorben am 27. April 1998, nenne ich deshalb Freund, weil er mir einige Male die Augen geöffnet hat. Freunde öffnen einem nun mal die Augen. Und darum bin ich ihm dankbar. Dankbar, dass es seine Bücher gibt. Und ich wünsche ihm, dass er den Flug in die Unendlichkeit geschafft hat.

Es gibt Herren. Den Herrn Karl, Karl Renz, dessen Geburtsdatum sich nicht genau eruieren lässt. 1953 steht irgendwo geschrieben, wurde er als Bauernsohn im Weserbergland geboren. Er hat eine Ausbildung zum Bauer und später als Künstler, lebte als Maler und Musiker abwechselnd auf den Kanaren und in Berlin. Ende der 70iger hatte er eine Todeserfahrung und die Realisation der Unsterblichkeit. In Indien wurde er sogar mit einem Titel versehen, den nur ganz besondere Gurus und Weise erhalten, was ihn selbst überraschte, der sich selbst nicht wirklich ernst nimmt. Auch seine Bücher erfreuen mein Bücherregal und ich hüte und liebe sie ebenso wie jene von Elbin Lotte und Freund Carlos.

Es gibt Bücher, wo man fast sagen kann, dass sie das Leben ein wenig verändern. Das Leben selbst vielleicht nicht, aber auf jeden Fall das Bewusstsein und die Wahrnehmung. Die Welt wird ein wenig geheimnisvoller und man selbst schrumpft. Man nimmt sich nicht mehr so wichtig. Man verteidigt sich nicht mehr so oft und bald gar nicht mehr. Ja, man schrumpft, weil es da etwas anderes, etwas viel größeres gibt, das Macht über einen hat. Vielleicht eine Energiequelle. Vielleicht das wahre Selbst. Oder etwas, wie Elbin in einem ihrer Bücher schreibt: „Nach mir kommt einer, der stärker ist als ich. Er muss wachsen, aber ich muss abnehmen.“
Natürlich können Bücher nicht wirklich dauerhaft was verändern. Sollen sie vielleicht auch gar nicht. Sie sollen Vergnügen bereiten, wie das Leben ebenso Vergnügen bereiten soll.
Meine Lieblingsbücher sind ziemlich unterschiedlich, ermahnt Freund Carlos doch zur Rekapitulation, sozusagen, an sich zu arbeiten, während Herr Karl das berühmt berüchtigte „Es gibt nichts zu tun“ des Advaita Verdanta vertritt. Und Elbin Lotte ist für den Genuss des Lebens, wie auch für den Genuss des Todes. Vielleicht liebe ich diese Bücher genau deshalb! Mal so und mal so. Und ja, das Leben IST ein Spiel! Ja, und nochmals ja! Und schräg ist es sowieso.

Mal so und mal so. Geht das? Warum nicht? Meinungen sind doch so unbedeutend. Wer hat sie nicht schon geändert? Sogar gegensätzlich. Gestern noch das „Ja“ und heute das „Nein“. Man kann sich also nicht mal sich selbst trauen. Oder doch? Klar doch, vor allem wenn man sich selbst nicht so ernst nimmt. Dann nimmt man auch die anderen nicht mehr so ernst und ist nicht so schnell beleidigt, wenn es wieder mal an negativen Kritiken hagelt.

Das sind die kleinen Tyrannen, von denen Freund Carlos köstliche Geschichten schrieb. Heute lese ich oft, man soll sich von negativen Menschen, so genannten Energievampiren, fern halten. Gerade sie können, laut Don Juan, unser Ego schrumpfen lassen und uns lehren, uns selbst nicht so wichtig zu nehmen. Angeblich stärkt das sogar unsere Energie, anstatt sie zu schwächen.

Das ist mein Recht! Dazu stehe ich ein! Phrasen, nichts als Phrasen. Was haben wir denn für Rechte, außer zu leben und zu sterben? Wie wir leben hängt außerdem von vielen Faktoren ab. Arme Familie, reiche Familie, friedliches Land, kriegerisches Land, usw. Klar hätte jeder und jede das selbe Recht wie alle anderen, hinge es von Göttin Justitia ab. Hätte gibt’s aber nicht. Es ist wie es ist und manche können sich glücklich schätzen, andere nicht.

Was hat das alles mit „sich-nicht-wichtig-nehmen“ zu tun? Jede Menge, wenn man genauer darüber nachdenkt. Aber nachdenken bringt auch nichts. Einfach fließen lassen. Alles auf sich zukommen lassen, so wie der alte Mönch, der beschuldigt wurde, eine junge Frau geschwängert zu haben und er ohne sich zu verteidigen das Baby bei sich aufnimmt, es so lange hegt und pflegt, bis die junge Frau Reue empfindet, die Wahrheit sagt und das Baby zu sich nimmt, während der Mönch wieder nicht klagt. Immer wieder fasziniert mich diese Geschichte, obwohl sie sicher nicht jedermanns Zustimmung erntet.

Ich lass mir doch nicht auf den Schädel scheißen! Glauben die, sie können alles mit mir machen? Das sind so die üblichen Klagen, wenn wir meinen, dass uns Unrecht widerfahren ist. Hilft's? Manchmal ja. Manchmal bekommt man sein Recht. Ist man dann glücklicher? Manchmal ja und manchmal nein.

Man kann es ja abwägen, wie man sich selbst besser fühlt. Ich meinerseits fühle mich besser, wenn ich ruhig bin. Die biestige Seite in mir, die immer recht haben will, die sich immer rechtfertigen muss, mag ich nicht. Wenn sie hochkommt fühle ich mich mies. Aber manchmal kommt sie hoch. Auch gut. Man soll sie nicht aufhalten, die biestigen Seiten, solange sie da sind. Die schlechten Zeiten ebenso wenig. Es kommt wie es kommt und wie es kommt, so ist es nun mal. Im Grunde genommen weder gut noch schlecht.

Weisheiten? Braucht man auch nicht. Sich selbst „anpirschen“ genügt, wie Freund Carlos es nennt. Der „Pirscher“ übernimmt die volle Verantwortung für sein Tun, oder anders gesagt: sich selbst anpirschen ist ein Weg mit Herz.

Grad noch die Kurve gekriegt. Gekratzt. Im letzten Moment und das in absoluter Schräglage. Man muss ja irgendwie ans Ziel kommen, auch wenn der Weg das Ziel ist. Mitunter sind jede Menge Schlaglöcher und Gesteinsbrocken auf dem Weg und man wünscht sich Glückauf, um das Gold oder andere Edelsteine in diesen Gesteinsbrocken zu finden. Aber nicht alles was glänzt ist Gold.

Besitzen kann man ja auch nichts. Zumindest nicht wirklich, da auch der Bettler seinen Bettelstab abgeben muss. Außerdem ist es besser, so sagen die Weisen, dass man den Besitzer aufgibt. Den gibt es nämlich nicht und wenn es den nicht gibt, gibt es auch keinen Besitz. Da haben sie uns ganz schön an der Nase herumgeführt, Dinge gelehrt, mit denen wir gar nichts wirklich anfangen können, weil sie nicht der Wirklichkeit entsprechen.

Wirklichkeit? Gibt's die denn? Auf keinen Fall hier. Erst wenn der physische (sonnenklar!), der subtile, der kausale und der große kausale (ganz schwer zu beschreiben) Körper überwunden ist, offenbart sich die Wirklichkeit. Nicht nur diese Welt, auch die Astralwelten sind ein großer Schwindel. Und man hat uns nichts gesagt. Nur ein paar Weise scheinen erkannt zu haben, was Sache ist, setzten sich hin und sagten: „Es gibt nichts zu tun.“ Einer meinte sogar: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ und hat damit vielleicht eines der größten Geheimnisse der Menschheit offenbart.

Was ist das Schrägste, was ich je gehört habe? Oder zumindest eine der schrägsten Äußerungen, die ich gehört habe. Es ist: „Ich bin Gott“ oder „Ich bin eine Göttin“. Ich bin ein armes Würstchen und mir armen Würstchen steht das gesamte unendlich große Universum als Feind gegenüber. So sieht's aus! Genauso! Ich plappere alles nach, was ich je gehört und gelesen habe und sonst gar nichts. Ja, vielleicht phantasiere ich ein wenig was dazu oder erweitere sogar den Gedanken. Aber da kommt nicht wirklich was Neues. Ich bin ein von Geburt an manipuliertes Menschenkind. Alles, was ich zu wissen glaube, wurde mir suggeriert. Und ich glaubte es.

Es mag Genies geben, allen voran Leonardo da Vinci, um nur eines von vielen zu nennen. Leonardo war sehr aufmerksam und sah „Dinge“ in der Natur, die viele übersahen und noch immer übersehen. So gesehen auch nicht viel Neues. Die Natur weist den Weg in vielen Bereichen, wenn nicht in allen. Und wir sind nahe dran, sie zu zerstören. Sind wir das wirklich oder ist es nicht eher so, dass wir uns dadurch selbst zu verstören und sich die Natur „ins Fäustchen lacht“, wenn der letzte Mensch seinen Geist aufgegeben hat? Natürlich lacht sie nicht, denn boshaft ist ja erfahrungsgemäß nur der Mensch.

Der physische Körper. Nicht mehr und nicht weniger. Mehr bin ich nicht. Denn solange ich „ich“ sage, bin ich vom so genannten Göttlichen meilenweit entfernt. Kratze nicht mal an der Oberfläche. Natürlich bin ich auch der subtile Körper, die Denkende und Fühlende. All das geht vom Körper aus, mit dem ich handle, denke, und wahrnehme. Ich! Ich, das arme Würstchen, das wie eine Marionette an Schnüren einer größeren Macht hängt. Mal ehrlich, wir reagieren doch nur. Da gab es vielleicht mal einen kleinen Anstoß, so was wie den Urknall und von da an gab es nur mehr Reaktionen. Nichts Neues mehr unter den Sonnen des Universums.

Was, wenn nun das Ich wegfällt? Diese wunderbare Selbstvergessenheit ohne zu denken. Das „Ins Narrenkastl schaun“. Einfach nur sein und wenn es bloß für Sekunden ist, bevor ich wieder ins arme Würstchen zurück falle. Was, wenn ich den kausalen Körper (so wird er im Advaita-Vedanta genannt) für länger halten könnte? Ich wäre dem Göttlichen bereits um einiges näher. Kann ich aber nicht. Und ich weiß auch nicht, ob ich dann dem Göttlichen tatsächlich näher wäre. Ich weiß aber, dass es ein tolles Gefühl ist, auch wenn es nur kurz ist, bevor das „normale“ Bewusstsein wieder einsetzt.

Wie die Schichten einer Zwiebel ins tiefe Innere vordringen. Zu dem Kern. Des Pudels Kern? Vielleicht. Vielleicht will niemand, dass er erreicht und deshalb schlecht gemacht wird. Aber man kann's ja mal ausprobieren. Es wurde uns ohnehin alles suggeriert. Oh ja, dessen bin ich mir sicher. Ganz sicher sogar. Aber ich will nicht glauben, dass ich nur dieses arme Würstchen, dieser so leicht verletzbare und sterbliche Körper bin. Da ist noch mehr. Da muss doch noch mehr sein. Und schon wieder jammert und klagt das Ich. Aber solange es klagt und jammert und sich selber leid tut, kann nicht mal die Oberfläche einer Schicht geknackt werden.

Über den vierten Körper, den großen kausalen Körper (auch „Turiya“ genannt), kann man eigentlich nichts sagen, was mich sehr an das „Nagual“ erinnert, wie Don Juan es beschrieben hat. Man kann nicht darüber sprechen, man kann es nur leben. Ich würde „Turiya“ den bewussten Tiefschlaf nennen. Oder noch besser, da Bewusstsein verwirrend sein könnte, sich des Tiefschlafs gewahr zu sein.

Der dritte, der kausale Körper war die Schicht des Vergessens, wo alles weg ist. Wahrscheinlich „erleben“ Sterbende diese Schicht, die das Hamsterrad der Illusionen noch nicht verlassen wollen oder können. Sie vergessen alles und werden wiedergeboren. Aber das Selbst vergisst nicht und hat, was noch zu erledigen ist, für die nächsten Leben einiges vorbereitet.

Im Gegensatz dazu ist „Turiya“ reines Gewahrsein. Lege ich mich zu weit aus dem Fenster (schon wieder so ein dämlicher Spruch), wenn ich es mit der Akasha-Chronik vergleiche? Aber irgendwo kommen alle weisen (heiligen) Schriften an einem gewissen Punkt zusammen, egal für welchen Weg (wenn überhaupt) man sich entscheidet.
Dennoch ist, wenn auch diese Schicht geknackt ist, die Reise noch nicht zu Ende. Auch der vierte Körper muss überwunden werden. Erst der ganz reine Tropfen kann ins ganz reine Meer zurückkehren.

Mich faszinieren die alten indischen Schriften, allen voran Advaita-Vedanta, wo es so schön heißt: „Es gibt nichts zu tun“, um mich abermals zu wiederholen. Muss ich! Um mir gewahr zu sein, dass man nichts erzwingen kann, dass man sich nicht wirklich ändern kann. Man bräuchte eine andere Seele, um anders zu sein. Man ist wie man ist. Und selbst ein Arschloch kommt mal ans Ziel, wenn es denn ein Ziel gibt. Oder vielleicht sind gar die Arschlöcher besser dran. Da denke ich eben an den Spruch „wie unten so oben“ oder umgekehrt. Unten ein Arschloch ist auch oben ein Arschloch.

Genug der haltlosen Wörter! Was kann man aus all dem lernen oder viel mehr leben? Sich nicht so wichtig nehmen, weil eh alles nur Theater ist? Shivas Tanz, der immer wieder von vorne beginnt, wie Herr Karl das ausdrückt. Kein Entkommen! Einmal drinnen - immer drinnen im Hamsterrad der Illusionen. Wenn man es „richtig erkennt“ dürfte es ja ganz lustig sein, zuzusehen, wie sich manche aufregen, sich gegenseitig die Schädel einschlagen und ständig auf ihre so eigene Meinung und auf das so eigene Denken pochen. Da ist nichts Eigenes, sagen die alten Veden. Da ist nur ein Spiel von vielen Spielen.

Dennoch denke ich dabei immer an Menschen die leiden müssen, die ein ganz mieses Schicksal haben und für die die oberen Sätze glatter Hohn sind. Wäre ihnen leichter, wenn sie wüssten, dass alles nur ein Spiel ist?

Geht's den Leuten besser, wenn ich mitleide, bzw. mich mit ihnen im Selbstmitleid (ob mitleiden oder mitfühlen ist meines Erachtens beides dasselbe und auf einen gemeinsamen Nenner gebracht ist es, wenn man genauer darüber nachdenkt, nichts anderes als Selbstmitleid) suhle? Mitnichten! Außer ich kann helfen. Irgendwie. Der so genannte Tropfen auf dem heißen Stein, denn wenn es Reicht gibt, gibt es auch Arme, Glückliche, wie auch Unglückliche, Gesunde, wie auch Kranke, usw. Wir befinden uns nun mal hier in einer Welt der Dualität. Nichts zu machen. Ist (scheinbar) nun mal so.

Ob den Menschen leichter wäre, wenn sie wüssten, dass alles nur ein Spiel ist, weiß ich nicht. Ich „weiß“ nicht einmal selbst , dass alles nur ein Spiel ist. Aber manchmal glaube ich es. Manchmal kommt mir das, was alle die Realität nennen, echt nicht realistisch vor. Eher wie ein sehr realistisch wirkender Traum. Wirkend. Verwirklicht. Aber nicht wirklich. Vorübergehend wäre ein sehr treffendes Wort dafür.

Die Zeit heilt zwar nicht alle Wunden, aber sie macht den Schmerz leichter zu ertragen. Den so genannten seelischen Schmerz. Vielleicht auch den körperlichen Schmerz. Zumindest wird man härter. Abgehärtet. Und vielleicht entzieht man sich schließlich ganz, wenn man endlich kapiert hat, dass alles wirklich nur vorübergehend ist. Lässt die „Welt“ gehen und bleibt mit einem seligen Grinsen zurück.

Nichts ist passiert. Es gibt nichts zu tun. Es ist so einfach. Sich von einem Moment auf den anderen von der Massenhypnose (der Welt) lösen. Loslösen – sich selbst von allem loslösen. Nicht das, was wahrgenommen wird, sondern sich selbst von allem Wahrgenommenen. Das wäre die Lösung. Zwar in der Welt sein, aber diesen Schwachsinn nicht mehr mitmachen.

Auch das ist nur ein Traum, denn der innere Schweinehund schläft nie. Er passt schon auf, selbst wenn er bereits an der Kette hängt. Bis hierher und nicht weiter, sagt er. Das Spiel wird zu Ende gespielt, auch wenn es kein Ende gibt.

Gibt es ein Meer ohne Wellen? Immer wieder schwappen sie auf, manchmal sanft, dann wieder in wilder Gischt. Vergleiche hinken, aber der mit den Wellen gefällt mir. Es ist nur die Form der Wellen, die sich ständig verändert. Das Wasser bleibt immer das selbe.

Verstanden? Alles? Wenn nicht, macht es nichts, denn verstehen, wie schon Don Juan sagte, ach, verstehen ist so was von unwichtig. Denn der Verstand ist ja dieser keifende innere Schweinehund, der bei vielen nicht mal an der Kette hängt. Wenn der Verstand erst mal schweigt, das Denken aufhört, dann...

Aber das Denken hört nicht auf. Eine Freundin schrieb: „Denken ist die Hölle – Sein ist das Paradies“ und sie hatte wohl recht. Wenn das Denken aufhört, verschwindet die Welt. Ich bleibe. Im Nichts. Im Nirgendwo. Im Nirgendwann. Vorstellbar? Mitnichten!

Hat es schon jemand erlebt? Dieses reine, wahre Sein? Parabraham (höchstes Absolutes)? Man kommt durch das Denken hin, obwohl es kein „Hin“ gibt (da man bereits “dort“ ist), aber man muss früher oder später das Denken verlieren. Und mit dem Denken verliert man alles. Alles weg. Nichts mehr da. Dennoch ist es das wahre Sein. Die einzige Wirklichkeit.

Auch wenn es schon jemand erlebt hat, er oder sie könnte nicht darüber sprechen. So wie man auch über das „Nagual“ nicht sprechen kann. Es ist auch nicht Gott, denn über Gott kann man sprechen. Man muss selbst über Gott hinaus gehen. Also ist die Aussage: „Ich bin Gott“ oder „Ich bin eine Göttin“ eh für nichts. Selbst dann nicht, wenn Gott/Göttin keine Person ist.

Leere, die Fülle ist? Auch nicht. Die beste Beschreibung wäre: „neti neti“ – nicht dies, nicht das. Das höchste Absolute ist weder nichts noch alles. „Neti – neti“ – das Zauberwort. Es ist auch nicht die berühmt berüchtigte Medaille mit den zwei Seiten, obwohl man sagen könnte, dass es das ominöse Dritte sein könnte. Aber dieses ominöse Dritte ist jenseits von dem, was wir kennen

Ich liebe es, über etwas zu schreiben, was man nicht beschreiben kann. Das Paradoxe, das Jenseitige, das Unbekannte und vielleicht sogar das Unerkennbare. Klar ist es unsinnig und ich entschuldige mich schon wieder bei mir selbst. Ich glaube, erst wenn ich nicht mehr schreibe, habe ich vielleicht eine der Vorstufen von Parabraham erreicht.

Will ich? Will ich die von Menschen so geliebte Individualität verlieren? Es wird gesagt, dass es die absolute Glückseligkeit sei, dass erst dann eine wirkliche Individualität erreicht wird, eine andere, unvorstellbare Individualität.

Ja, ich kann mir schon vorstellen, dass einem dadurch eine gewaltige Last abgenommen wird. Aber das ist schon alles, was ich mir darunter vorstellen kann. Vielleicht noch diese herrliche Selbstvergessenheit, selbst wenn es da noch Gedanken gibt, wie vielleicht das meditative, heilige „Om“ oder eines der vielen anderen Mantras.

Will ich? Die meisten wollen nur flüchten, weil sie das Leben hier beschissen finden, sich nicht zurecht finden. Aber Flucht – sagte schon Arima so oft – bringt dich nirgendwohin. Das Leben ist beschwerlich, keine Frage. Es ist mal beschissen und mal weniger beschissen, aber so restlos zufrieden war ich auch nur selten. Und wenn, lohnen sich derartige winzige Momente? Ja, denn vielleicht sind sie eine Annäherung an diese so gepriesene Glückseligkeit des höchsten Absoluten, das wir ohne derartige „Übungen“ (Spiele?) gar nicht ertragen könnten. Selbst dann, wenn ich in Wirklichkeit schon immer "dort" bin, "dort" gewesen bin und sein werde ...

„Dichter und Philosophen sind gescheiterte Zauberer“, meinte einst, laut Freund Carlos, Don Juan. Sie manövrieren sich bloß gedanklich in andere Welten, wodurch sich ihr Montagepunkt zwar bewegt, aber nicht an andere Energiebänder „andockt“. Gewöhnliche Menschen sehen die Energiebänder nicht, die das Universum ausmachen. Gewöhnliche Menschen sehen keine Energie, sondern Dinge. Nur Zauberer, Seher, Wissende oder wie immer man sie nennen mag, „sehen“ wie Energie fließt.

Der Unterschied zwischen sehen und „sehen“ ist, dass gewöhnliche Menschen bloß eine Beschreibung der Welt sehen und Zauberer „sehen“ wie die Welt wirklich ist. Natürlich gibt es auch Zauberinnen, Seherinnen, die in Freund Carlos' Büchern meist die „Hexen“ genannt werden. Eine davon ist Florinda Donner-Grau, die wie Freund Carlos, auch Bücher schrieb. Ihr Buch „Traumwache“ ist wahrhaftig ein Traum und gehört zu meinen Lieblingsbüchern.

Was Freund Carlos' und Florindas Büchern anhaftet, ist Einsamkeit. So wie die Hexe Zuleica in „Traumwache“ zu Florinda sagt: „Der Preis der Freiheit ist sehr hoch, Freiheit kann nur durch das Träumen ohne Hoffnung erreicht werden, nur wenn du willens bist, alles zu verlieren, selbst den Traum. Für manche von uns ist das Träumen ohne Hoffnung, der Kampf ohne Ziel der einzige Weg, mit dem Vogel der Freiheit Schritt zu halten.“

In einem der Bücher schreibt Freund Carlos über das Ego der Menschen, das er nicht mehr ertragen kann. Selbst in Filmen, wo er sich mal Auszeit von Don Juans „Lehren“ nahm und öfter ins Kino ging, stellte er fest, dass es immer nur ums Ego geht. Klar, worum sonst? Er sehnte sich wieder nach Don Juan und seinen Mitzauberern und nach ihren Weg mit Herz.
Menschen (auch die gescheiterten Zauberer) sind nun mal Egos, da sie meinen, alles geht von ihnen selbst aus. Sie erkennen die Konzepte nicht, die ihr Leben prägt. Auch wenn Don Juan sagte, dass wir nichts als Wahrnehmung sind, ist auch Wahrnehmung ein Konzept.

Und schon bin ich vom Nagualismus (wie Freund Carlos die Lehre der Kraft nennt) bei Advaita. Alles Konzepte, nur Parabrahman (ähnlich dem „Nagual“, über das man nicht sprechen kann) ist Wirklichkeit. Und auch hier will sich der „Vogel der Freiheit“ erheben und in die absolute Freiheit fliegen, wo ihn nichts, aber auch gar nichts, daran hindern darf.

Religiös, spirituell oder was auch immer – alles ein- und dasselbe. Alles leere Klammerei. Wie Klammeraffen. Menschenaffen. Mein tägliches morgendliches Ritual – alles für nix. Alles leere menschliche Konzepte. Alles nicht wahr. Sogar Parabrahman ist ein leeres Konzept, denn die wahre Wirklichkeit hat keinen Namen. Unbekannt und unbenannt. Und vor allem weder dies noch das, wobei auch das ebenso ein Konzept ist. Für nix und wieder nix.

So gesehen offenbart sich die Sinnlosigkeit. Muss aber nicht sein. Vor allem dann, wenn ich mir nichts erwarte. Wenn alles fließt – vorübergehend fließt. Die ziehenden Wolken, die auf und ab schwappenden Wellen. Das Fallen der Blätter und das Kommen der neuen Blätter. Auf und ab. Die Wirklichkeit verwirklicht sich. Mal wirklich und mal verwirklicht. Mehr ist da nicht und doch reißt man sich den Arsch auf, um irgendwas zu erreichen, was eh für nix ist, weil alles immer wieder verschwindet.

Es gibt aber etwas, das diese Sinnlosigkeit aufheben könnte. Weniger Ernsthaftigkeit vielleicht und ein bisschen weniger Ego. Und egal, was ich tu, glaube oder was auch immer, mich selbst, mein Tun und Denken nicht so ernst nehmen, und mir vor allem nichts davon zu erwarten. Und vor allem den Weg mit Herz nicht vergessen, die Liebe nicht zu vergessen, die alles immer ein wenig leichter macht. Ich sag's mal besser mit Freund Carlos' Worten, als er die „menschliche Form“ (hat nix zur Sache, was das ist, aber der Text ist so was von schön) sah:

„Die Form des Menschen hatte keine Macht, mich zu beschützen oder zu verschonen, und doch liebte ich sie mit einer Leidenschaft, die kein Ende kannte. Jetzt glaubte ich auch zu verstehen, was Don Juan mir immer wieder gesagt hatte, nämlich, dass wahre Liebe keine Investition sein kann. Mit Freuden hatte ich mich dem Dienst an der Form des Menschen gewidmet, nicht um dessenthalben, was sie mir geben konnte, denn sie hatte nichts zu geben, sondern um der reinen Liebe wegen, die ich für sie empfand. Ich sah keinen Grund mich zu rechtfertigen. Meine Liebe zur Form des Menschen war frei, ohne Gedanken an einen Lohn. Es machte mir nichts aus, dass mein Gelübde wertlos sein sollte.“

Es passiert und es passiert nicht. Passieren in Form von „vorübergehen“. Passagiere passieren. Irgendwo die Straße entlang bei Sonnenschein und Meeresrauschen. Manche lieben die Berge und streben dem Gipfel zu, als gäbe es kein anderes Ziel. Passagiere der Erde. Der blaue Planet. Ebenso Passagier. Dreht sich um sich selbst wie eine Ballerina und gleichzeitig um die Sonne, die sich angeblich nicht bewegt. Aber sie scheint. Bescheint alles, was ihren Strahlen begegnet. Ausnahmslos. Auch die Sonne ist ein Passagier.

Alle Galaxien sind Passagiere und schließlich auch alle Universen, falls es mehrere gleichzeitig gibt. Multiversum. Die „Was-wäre-wenns“ und „Hätte ich“. Es passiert immer und doch passiert es nie, weil es ja schon vorbei ist. Irgendwie schräg, aber wenn man genau überlegt, dass Erinnerungen nichts anderes als Gedanken sind, müsste es klar sein.

Ich wache am Morgen auf und erinnere mich an mein Leben. Es scheint, als würde ich jeden Morgen aufwachen und mich an mein Leben erinnern. Erinnerungen. „Jetzt“ (Gegenwart) gibt es auch nicht, denn „jetzt“ ist in dem Moment vorbei, in dem ich es sage. Über die so genannte Zukunft brauchen wir wohl nicht reden, denn die kommt erst oder gar nicht. Oder ist sie schon lange vorbei? Nicht nur schräg, sondern auch paradox. Alles nur Erinnerungen.

Erinnerungen sind nichts anderes als Gedanken. Sind sie passiert oder sind sie nicht passiert? Was ist wahr und was unwahr? Man soll sich nicht von seinen eigenen Gedanken verrückt machen lassen. Eigen? Wo ist was eigen? Kein Eigentum. Alles nur vorübergehend wie meine Gedanken über mein Leben, das nie wirklich passiert ist und ich mich doch immer wieder daran erinnere. Schräg. Oder?

Ein Flügelschlag eines Schmetterlings kann einen Tornado auslösen. Dazu fällt mir jetzt ein, als Zhuangzi träumte ein Schmetterling zu sein und als er aufwachte, überlegte er, ob es nicht sein kann, dass ein Schmetterling nun träumt, Zhuangzi zu sein. Beides ist es wert, sich darüber Gedanken zu machen, darüber zu meditieren. Vielleicht träumen wir auch bloß, Menschen zu sein in einer Welt, in der der Flügelschlag eines Schmetterlings einen Tornado auslösen kann?

Was wird ausgelöst, wenn jemand für oder gegen etwas ist? Entweder oder. Keines von beiden geht doch nicht, weil man dann ja keine Meinung hat und als Narr dasteht. Wobei – wer interessiert sich denn wirklich für die Meinung eines anderen? Zählt ja eh nur das, was ich meine, was ich denke. Menschliches Ego pur. Man hat ja selbst immer recht. Alles andere ist Gegner. Gegen. Ja nicht für, denn „für“ ist nur das eigene Gedankengut. Da steh ich doch lieber als Narr da.

Man könnte also zusammenfassen: Ein Flügelschlag eines Schmetterlings kann einen Tornado auslösen. Wenn sich ein Mensch für oder gegen etwas entscheidet, kann er dadurch einen Krieg auslösen. Schräg übertrieben? Möglich, aber wäre vielleicht auch wert, tiefer darauf einzugehen. Oder besser träumen, ein Schmetterling zu sein...