Die Seelen der Toten sind unter uns. Weiß ich das? Nein, aber ich kann es fühlen. Gleichzeitig sind da natürlich Zweifel, die nun mal in unsere Zeit und Menschenwelt gehören. Kann ja nicht sein, dass Seelen von einem zum anderen wandern - Seelenwanderung.
Don Juan erzählte Freund Carlos, wie er den Tod seines Sohnes gesehen hat. Es war eine Explosion, als der Kokon mit einem Knall auseinanderbrach und sich die Energie in alle Richtungen verbreitete. Der Himmel leuchtete in allen Farben. So war der Tod etwas Schönes und nicht nur eine verstümmelte Leiche die in ihrem Blut lag.
Die Seele, zuerst gefangen in einem Körper, aber durch den Tod bahnt sie sich explosiv Wege nach draußen in die Freiheit. Die Seele teilt sich auf – in Menschen, vielleicht auch in Tiere und sogar an Orten, die sie liebt. Vielleicht bedeutet genau das das Sterben.
Bin ich mir sicher, dass es so ist? Natürlich nicht. Aber irgendwie ist das auch gut so, weil es nur so geheimnisvoll, mystisch ist und man nicht wirklich einen Durchblick haben kann. Hätten wir Gewissheit, wäre es etwas ganz Normales und das ist der Tod und vieles andere, was wir nicht festlegen können, ganz sicher nicht. So aber finden wir Magie im Unerklärbaren, was, wenn wir aufmerksam sind, gar nicht so selten vorkommt.

Sonnentage
Sonntage
Siebenmeilenstiefel lassen sich an diesen Tagen wunderbar tragen
Durch Wiesen und Wälder
Durch Phantasien und Wolkenschlösser
Es wird viel zu wenig geträumt

Wie kann man lachen, wenn irgendwo getrauert und gelitten wird? Es kann doch keiner glücklich sein, wenn es wo Unglückliche gibt. Unvorstellbar. Oder kann sich jemand vorstellen, zu lachen, wenn vor ihm ein anderer vor Schmerzen schreit? Wohl kaum. Aber hunderte von Kilometern entfernt ist es egal. Wir wissen doch, wie es in der Menschenwelt zugeht. Irgendwo ist immer Krieg. Irgendwo leiden immer Menschen. Im selben Moment, in dem wir lachen, stirbt ein Mensch und seine Mitmenschen trauern, während wir lachen. Irgendwo verhungert gerade ein Kind auf der Straße, während wir glückselig unser fettes Schnitzel in uns hinein fressen.
Demnach müssten alle Menschen heulend durchs Leben gehen. Duale, relative Menschenwelt, in der man nie auf einen grünen Zweig kommt. Und Gott, der Allmächtige, schaut grinsend zu. Dabei ist er gar nicht allmächtig. Allmächtig gibt es nur in der kleinen Menschenwelt, in der menschlichen Bewusstseinsblase. Allmächtig – nicht allmächtig. Und Gott? Der ist einfach. Der ist immer, während seine Aspekte irgendwo herum dümpeln und eigentlich Spaß haben sollten. Hat er Ahnung davon? Niemals! Gott weiß nichts, obwohl er alles wissen könnte. Will er aber nicht. Wozu auch? Sein Dasein kann niemals gestört werden, weil es nichts Zweites neben ihm gibt. Gott ist – wie es schon im „Kurs in Wundern“ heißt – und damit ist alles gesagt. Aber da ist auch etwas, das sich kennenlernen will. Und schon ist etwas Zweites da. Vielleicht das Ego? Noch geistig. Erst lange danach, wenn man es zeitlich erklären will, kam so was wie Materie. Eine kleine materielle Ebene. Wir sind irgendwo in der Millionstel Ebene oder noch tiefer. Man kann auch höher sagen, was aber keinen Unterschied macht. Die Millionstel Ebene ist das, was mehr als Millionen mal geteilt wurde. Ich denke, dann sind wir in der Milliardsten Ebene oder noch mehr. Zahlen sind nicht so meins, auf jeden Fall sieht es auf der Erde so aus, als wären wir Menschen die Krönung der Schöpfung, obwohl wir, laut Evolutionsgeschichte, zu den letzten gehören. Zu den Allerletzten (schimpfwörtlich gemeint wie: Du bist das Allerletzte), die das Wort „allmächtig“ in ihrem Sprachschatz haben und es nicht mal verstehen. Wir verstehen vieles nicht. Eigentlich gar nichts. Und doch plustern wir uns auf, als hätten wir alle was zu sagen, obwohl immer nur Schwachsinn dabei heraus kommt. Ja! Das hier auch! Und doch muss es gesagt – geschrieben werden. Ja!

Ich lese wieder mal ein Buch von Karl Renz. Laut Herrn Karl gibt es weder Anfang noch Ende. Also kein Aussteigen aus dem buddhistischen Rad, um ins Nirwana zu entschlüpfen. Es geht immer weiter. 48 Tage nach dem Tod beginnt der Bardo. Zuerst der Bardo der Leere, wo uns bewusst wird, dass alles nur in unserem Kopf und in Wirklichkeit gar nichts passiert und schließlich der Bardo des Werdens, wo wir uns wieder tapfer ins so genannte Leben stürzen. Welches Leben das wird, kann man nicht sagen, denn es ist einerlei, ob als Einzeller, Floh, Gänseblümchen, Hase, Pferd oder wieder als Mensch. Wir spielen uns eh nur selbst, egal als was. Wir, das ist in Wirklichkeit „Gott“ - das Eine ohne ein Zweites. Dieser sogenannte „Gott“ ist nicht allmächtig, denn er kann seine Lust zum Spielen nicht beenden. Kein Himmel, kein Nirwana, nichts – nur der ewige und immerwährende Kreislauf und genau das könnte die Ewigkeit sein, von der stets die Rede ist.
Irgendwie kann ich mir das vorstellen. Auf jeden Fall besser als einen Himmel, in den man nur kommt, wenn man „brav“ war, oder ins Nirwana, das nur Heilige und Gurus vorbehalten ist.

Ich stresse mich selbst und ich nerve mich selbst. Ich könnte ruhig bleiben und den kleinen Teufel in mir unten halten. Die Dämonen sind nicht außerhalb. Sie sind in mir. Alle. Je nachdem welcher an der Oberfläche ist, der schlägt erbarmungslos zu. In mir.
Der Dämon des Zorns.
Der Dämon des Hasses.
Wer kennt sie nicht, wenn sie unterschwellig rumoren und plötzlich sind sie da.
Einfach da und lösen Hasstiraden aus. Streit vom Zaun brechen, wo dann alle Zaunlatten der Reihe nach umfallen, wie beim Dominospiel und ein Kriegsfeld freilegen, wo Millionen bereits gestorben sind.
Der Dämon des Krieges.
Lass ihm nicht die Oberhand.
Bekämpfe ihn.
In dir.
In mir.
Jetzt ist wieder mal meine Poetenmuse mit mir durchgegangen. Ja, die Musen sind auch in mir – in uns allen. Wir können sie fördern. Nach oben schweben lassen, während die Dämonen nach unten sacken, bis wir sie wortwörtlich heraus scheißen. Genau das!

Arktische Kälte oder tropische Hitze
Atomzeitalter oder frühes Mittelalter
Wir können wählen
Aber nicht wünschen
Denn Wünsche ergeben sich von selbst
Sie bilden den Kreislauf
Das Hamsterrad dreht sich und das Murmeltier grüßt nicht nur täglich
Aussteigen geht nicht
Der Abgrund ist zu tief
Freier Fall oder fliegen lernen
Im nächsten Leben werde ich ein Vogel
Der einsame Vogel von Juan de la Cruz

Wir haben keinen Bezug zum Nichts, was immer das auch ist. Nichts, Geist, Seele – das ist mit unseren körperlichen Sinnen nicht wahrnehmbar. Wir können darüber spekulieren und damit unsere Energie verschwenden. Aber lieber auf diese Art verschwenden als mit anderem. Mit was anderem? Herr Karl sagt, es spielt keine Rolle, womit man sich beschäftigt oder z.B. was man liest. Schundromane sind gleich gut oder gleich schlecht wie Goethes Faust oder die Gespräche von Ramana.
So genannte Erleuchtete sagen oft: „Sei urteilsfrei“ und lachen dann doch abfällig über Menschen, die Schlager, Liebesromane und Kitsch (was immer das auch ist) lieben und sich nicht nur auf Hochgeistiges stürzen. Es spielt also keine Rolle, denn so was wie Erleuchtung gibt es wahrscheinlich gar nicht und unsterblich macht es uns auch nicht. Es gibt Momente, in denen man sich wohl fühlt – verhältnismäßig wohl – und das war's dann auch schon. Es gibt auch die Momente des Absturzes, in denen man sich nicht wohl fühlt. Aber auch das geht vorbei, genauso wie das Wohlfühlen. Was bleibt? Nichts! Und da haben wir das Nichts, über das nichts gesagt oder geschrieben werden kann.