Der Fluch ständig schreiben zu müssen, egal, worüber, Hauptsache schreiben. Natürlich kommt immer wieder dasselbe Thema auf, das einem beschäftigt oder das man einfach so sehr liebt, dass man ständig darüber schreiben will. Schreiben ist Kreativität. Man tut es mit Liebe, auch wenn Zwang dahinter steckt. Zwang, den man sich selbst auferlegt. Es darf kein Tag vergehen, an dem man nicht schreibt. Jeder Tag, an dem nicht geschrieben wird, ist ein verlorener Tag.
Aufstehen, Körperpflege, einkaufen gehen, schreiben. Es geht am besten, wenn man ungestört und alleine ist. Gewisse Geräusche stören zwar nicht, aber sie hemmen den Schreibfluss. So hat halt jeder und jede seinen/ihren Tick.
Man muss immer die zwei Geschlechter erwähnen. Das ist jetzt so Sitte, fast auch ein Zwang. Bald wird man auch das dritte, unbestimmte Geschlecht erwähnen müssen, sonst wird einem irgendeine Feindlichkeit nachgesagt. Ausländerfeindlichkeit. Schwulenfeindlichkeit. Es gibt viele dieser Feindlichkeiten. Menschenfeindlichkeit trifft es am besten. Da fließt der Schreibfluss. Es ist zwar nicht mein Lieblingsthema, aber es wird fast immer in meinen Schriften erwähnt. Vor allem über die weiße Menschenrasse, die sehr viel Unglück in diese Welt gebracht hat.
Am liebsten schreibe ich über Welten, die es nicht gibt. Oh, es gibt sie – in mir, in meinem Kopf. Und vielleicht sind es Welten, die man nach dem Tod (auch ein immer wiederkehrendes Thema) betreten kann und darf. Ich sage doch immer, dass der Mensch nichts erfinden kann. Es ist immer etwas Bekanntes, das in der so genannten Phantasie eingebaut wird.
Wie sieht meine Traumwelt aus? Die Temperatur muss stimmen. Es darf nicht zu kalt und nicht zu heiß sein. Das ist mal Voraussetzung, denn man möchte im Freien übernachten. Tag und Nacht wären nicht schlecht, da ich für mein Leben gerne schlafe. Schlafen gehört auch zu einer meiner Lieblingsbeschäftigungen. Vor allem, wenn ich intensiv träume und von meinen Träumen inspiriert werde. Leider gibt es da eine Katze in unserem Haushalt, der liebend gerne um fünf Uhr (manchmal noch früher!) morgens nach Fressen miaut und im Bett herum steigt, bis man endlich aufsteht und ihr etwas zu fressen gibt. Wenn man so aus dem Schlaf, noch dazu aus einem guten Traum geweckt wird, fühlt man sich nicht so gut.
Das Leben ist scheiße. Ja, ist es. Das wiederhole ich auch immer wieder und zwar sofort nach gewissen gehobenen Sprüchen, die sehr nach religiöser Philosophie klingen. Ich bete um Gelassenheit und denke, das kann ich schaffen. Gelassenheit und Zuversicht. Es wird alles gut und es ist nichts passiert. Das Leben ist scheiße. Ich kann nicht anders. Da stecken keine zwei Seelen in mir. Die wahre Seele sagt: Das Leben ist scheiße. Sie möchte zwar sagen: Das berührt mich alles nicht, weil ich gelassen bin und weil in hundert Jahren eh alles vorbei ist, obwohl es schon in der nächsten Sekunde vorbei sein kann. Ein Atomkrieg wäre super. Das Virus, das zurzeit die Welt in Atem (wortwörtlich) hält, bringt es nicht wirklich. Ein Virus, das alle in Zombies verwandelt wäre cool. Wenn es mich trifft – im Moment hätte ich nichts dagegen.
Es gibt aber auch andere Momente. Etwa diesen: Ich gehe ins Kloster. Am besten in ein buddhistisches Kloster. Das sind jene Momente, wo ich mir sogar vorstellen kann, mich zu ändern, nicht wütend werden, wenn die arme, hungrige Katze mich weckt, was ja noch das kleinste Problem sein soll. Ganz tief in mir drinnen, weiß ich, dass es unmöglich ist. Ich bin wie ich bin. Ein Mensch. Weiblich. Eine Weiße. Ein Arschloch. Aber ich kann auch lieb sein. Nett. Zuvorkommend. Großzügig. Hilfsbereit. Lächelnd. Man sieht mir nicht an, dass ich die Menschen nicht wirklich mag. Dass ich Tiere bevorzuge. Blumen auch. Und Bäume. Diese alten, stummen Riesen, die so viel zu sagen haben. So viel mehr als ich mit meinem zwanghaften Schreiben.

Wer, glaubst du, bist du? Wer gibt dir das Recht? Wofür hältst du dich, um das zu sagen?
Sehr berechtigte Fragen zu unüberlegten Worten. Aber es ist ja so lustig zu spotten und Hohn zu verbreiten, die Gebrechen und Makel anderer hervor zu heben oder gar sie zu vergrößern. Aus Mücken Elefanten zu machen. Es betrifft uns alle. Hin und wieder spotten wir über Aussehen, Namen, oder was auch immer. Und kommen uns dann auch noch gut dabei vor, wenn wir dafür dummes Gelächter und Beifall ernten, während unser Opfer am liebsten im Erdboden versinken und laut weinen möchte. Worte können töten. Das wissen wir, wenn es uns selbst betrifft. Aber da ist der Mensch nun mal nicht zimperlich.
Ich hasse die Menschen nicht wirklich und schon gar nicht die Ausländer oder Schwulen. Gerade die nicht, denn schon immer zog es mich zu den so genannten Minderheiten hin. Ich erinnere mich an die Volksschule. In der Klasse hatten wir zwei Dicke. Eine davon war meine Freundin. Ich hatte nie viele Freunde, bzw. Freundinnen, da wir noch getrennt unterrichtet wurden und nicht gemischt, Mädels und Buben. Die Dicken wurden immer gehänselt. Und die Langen. Immer nur die, von denen es nur wenige gab/gibt.
Ich hasse die Menschen, die Schwächen ausnutzen und davon gibt es viele. Noch mehr hasse ich Menschen, die Hohn und Spott hinter den Rücken ihrer Opfer verbreiten und wenn diese dann vor ihnen stehen, kriechen sie ihnen in den Arsch, weil sie etwas von ihnen wollen oder brauchen. Diese elenden Nutznießer.
Aber ich hasse die Menschen nicht wirklich. Keinen von ihnen. Wer weiß schon, was sie dazu bringt, so zu sein, wie sie sind? Vielleicht haben sie ihre Gründe. Können nicht anders. Eben weil sie so sind, wie sie sind. Jeder von ihnen hat ein Kreuz zu tragen, wie man so sagt, - manche Kreuze sind groß und schwer, andere nur klein und leicht. Aber Kreuz ist Kreuz und niemand von uns kann wirklich beurteilen, wie groß, schwer oder wie klein, leicht das Kreuz wirklich ist. Vielleicht trägt jeder und jede genau das, wozu er/sie in der Lage ist. Viel schwerer und er/sie würde zusammenbrechen. Was viele auch tun. Und dann nie wieder aufstehen.
Wir wissen nichts über unser Gegenüber, auch wenn wir das glauben. Es war der Turmbau zu Babel, der uns auseinander gebracht hat. Es lag nicht an den Sprachen, die uns verwirrten, - es lag und liegt an uns selbst.
Worte können töten. Vielleicht sogar grausamer als Messer und Gewehrkugel. Mörder sind wir sowieso alle. Wir töten, indem wir essen. Egal was. Das ist mein Standpunkt und dabei bleibe ich. Stur. Da kann ein noch so großer Weiser sagen, dass Gemüse, Obst, Gräser und alles, was auf und im Erdboden wächst, das Haar der Erde ist und es ihr nicht weh tut, wenn wir es abschneiden. Ich glaube es nicht. Alles lebt. Alles, auch der einzelne Apfel, der fröhlich am Baum hängt, bevor wir ihn von seinem Mutterstamm trennen. Sicher fällt er einmal zu Boden. Wenn er will. Und nicht durch Zwang, durch unsere gierigen Hände.
Wieso soll ein Apfel weniger wert sein, als ein kleines Kalb, das schreiend von seiner Mutterkuh getrennt wird, um in den Schlachthof gebracht zu werden? Weil es uns Menschen ähnlicher ist? Weil in seiner Angst schreit wie wir? Weil es Augen hat wie wir?Weil es vielleicht bewusst ist wie wir? Es gibt mehrere dieser „Weils“, aber keine der Antworten stellt mich zufrieden. Alles, was wächst, lebt. Deshalb sind wir alle Mörder.
Tiere gehören alle ausnahmslos in die freie Wildbahn und nicht in einen Stall, wo sie, wie auch immer, bloß benutzt werden, weshalb sie auch „Nutztiere“ genannt werden. Es soll und darf keine Nutztiere geben. Auch keine Nutzpflanzen. Sie gehören auf die Wiese, in die große Erde und nicht eingepfercht in einen engen Topf oder im Glashaus. Soll sich jeder selbst seine Nahrung jagen und sammeln. Wie damals. Als wir noch genügsam waren. In den Höhlen.
Wer, glaubst du, bist du? Wer gibt dir das Recht? Wofür hältst du dich, um dich über alle anderen Lebewesen zu stellen?

Die Temperatur muss passen und Tag und Nacht muss es auch geben. Wegen des Schlafes. Wäre das Leben in meiner Traumwelt jedoch wie ein Traum, müsste ich auch nicht mehr schlafen. Dann wäre alles immer wie im Traum. Ich habe meiner Traumwelt sogar einen Namen gegeben: „Sampanna“. Sampanna ist ein Adjektiv auf Sanskrit und heißt „erfolgreich“, „glücklich“, heißt, du hast etwas abgeschlossen, etwas vollendet. Und weil du etwas abgeschlossenen und vollendet hast, bist du Sampanna – glücklich. Sozusagen ist Sampanna eine innere Emotion, die kommt, wenn du etwas erreicht hast. Sampanna ist auch ein Beiname Shivas und bedeutet ebenso Reichtum und Wohlstand. Sampanna ist demnach Perfektion. Es ist der Himmel, Nirwana, und Paradies in einem.
Die Landschaft muss wohlgestaltet sein. Von allem ein bisschen, was es an Natur gibt. Aber das ist nicht das Ausschlaggebende. Wie fühle ich mich dort? Was mache ich dort? Und vor allem – muss ich dort etwas fühlen und tun? Nein. Ich muss gar nichts mehr. Nur genießen. Nur sein. Eine Traumwelt eben, in der jeder Augenblick unendlich ist.
Im Moment jedoch beschäftigt mich die Spezies Mensch. Wie sind wir? Was macht es aus, ein Mensch zu sein? Zu aller erst geht es dem Menschen um sich selbst. Müsste auch klar sein. Der Mensch selbst nimmt wahr. Sich selbst und seine Umgebung und bildet sich dann eine Meinung darüber. Über sich selbst und über seine Umgebung. Er analysiert. Er forscht. Er urteilt und verurteilt. Und er ist sich meistens selbst der Nächste. Müsste auch klar sein, denn jeder klammert sich an sein eigenes Leben, wenn es hart auf hart kommt und nicht an das Leben eines Anderen.
Ich habe schon mal geschrieben, dass viele die Natur verherrlichen. Aber die Natur ist nicht immer herrlich. Ja, sie ist herrlich anzusehen. Sie ist gewaltig und vielfältig und durchaus ein Wunder. Aber vor allem ist sie grausam. Mit Alten und Schwachen und Kranken hat sie kein Mitleid. Und auch kein Mitgefühl. Wer sich nicht durchsetzen kann, geht drauf und da kann er noch ein so weiches Fell und süße Glupschaugen haben. Ausnahmen gibt es nicht. Schönheit zählt nicht. Und das Süße schon gar nicht. Fressen und gefressen werden. Nur darum geht es.
Ist der Mensch wirklich anders? Ein bisschen vielleicht, denn manche Menschen haben Mitleid und Mitgefühl. Sie helfen den Alten und Schwachen und Kranken, wenn es möglich ist. Meist kommt das wahre Gesicht der Menschen in ganz schlechten Zeiten hervor. Zumindest bei den meisten. Dann stellt sich auch heraus, dass es welche gibt, wenn auch nur ganz wenige, die ihr eigenes Leben für andere riskieren.
Kann so etwas auch in der Natur vorkommen? Ja! Vor allem wenn Muttertiere ihre Jungen verteidigen. Sie beschützen sie mit ihrem eigenen Leben, wenn es sein muss. Man nennt dies Instinkt (so sagen die Wissenschaftler), denn die eigene Spezies muss weiter existieren. Das hat die Natur (so sagen die Wissenschaftler) so eingerichtet. Tiere paaren sich auch nicht zum Spaß (so sagen die Wissenschaftler) wie Menschen. Sie tun es, um die eigene Spezies zu erhalten.
Angeblich paaren sich Delphine zum Spaß. Delphine, die einst an Land waren und denen ihre Voraussicht sagte, es würde nichts bringen, an Land zu bleiben, aufrecht zu gehen und Häuser und Städte bauen und die Welt zu betonieren und Krieg führen, weil man das eigene Hab und Gut verteidigen muss. Das sagten sie sich und gingen schnell wieder zurück ins Meer. Deshalb gibt es jetzt Menschen. Sie haben sich statt der Delphine erbarmt und sind an Land geblieben. Aber woher kamen sie? Von den Bäumen herab? Welche Tiere sind tatsächlich ihre Vorfahren? Vielleicht sind ja doch einige Delphine an Land geblieben und haben sich zum Menschen entwickelt oder gar sofort, nach dem ersten „Schritt“ an Land, ihre Delphinhaut abgestreift und die Menschenhaut drüber gezogen? Wo drüber?
Vielleicht kam alles aus Sampanna, weil es dort zu langweilig wurde. Nur den Delphinen nicht, die sich noch immer im Meer vergnügen, falls dies die Plastikflut zulässt.

Der Tod. Es wird in unserer Breiten nicht viel über ihn gesprochen. Am liebsten wird er verdrängt, obwohl er uns tagtäglich vor Augen ist. Jeden Augenblick stirbt etwas. Um uns und in uns. Wir selbst sterben täglich ein bisschen mehr, bis am Ende nichts mehr von uns übrig bleibt. Wir leben nicht. Wir sterben. Sobald ich den Kopf aus dem Leib meiner Mutter steckte, war ich bereits dem Tod geweiht. Ich wollte sowieso nicht raus. Ich weigerte mich. Meine Mutter kam zusammen mit einer Frau in den Kreißsaal, die wie sie bereits starke Wehen hatte. Das Baby der Frau kam um acht Uhr zur Welt und ich weigerte mich bis viertel vor zwölf. Gerade zum Mittagessen.
Was wissen wir über den Tod, den wir so gerne verdrängen? Im Grunde genommen nichts. Er ist, auch wenn er ständig gegenwärtig ist, der große Unbekannte. Mir gefallen die Begräbnisse in New Orleans oder die Feiern in Mexiko, wenn sie zu den Gräbern ziehen und dort ein Picknick veranstalten. Ich weiß nicht, ob diese Menschen eine bessere Beziehung um Tod haben – auf jeden Fall wagen sie einen kurzen Blick in seine hohlen Augenhöhlen, falls man sich den Tod körperlich als Skelett, mit schwarzem Umhang und Sense vorstellt.
Ich stelle ihn mir schön vor, der wahre Liebende, der Befreier, der mich zum Erwachen bringt. Er kann uns bereits im Leben (was wir Leben nennen...) eine große Hilfe sein. Schon Don Juan sagte in meinen Lieblingsbüchern von Carlos Castaneda: „Der Tod ist ein großer Ratgeber.“
Wir können ihm jederzeit die Frage stellen, ob es okay ist, was wir eben tun im Angesichts dessen, was uns schließlich alle mal erwartet. Bringt es etwas, mit dem Nachbarn wegen Kleinigkeiten einen Streit anzufangen? Bringt es etwas, wenn ich mich selbst mit unnötigem (ist es immer!) Ärger fertig mache? Bringt es etwas, die Erde in Schutt und Asche zu hinterlassen? Und – und – und. Er zeigt uns die Sinnlosigkeit unserer ständigen Mühen auf, wo doch das Leben Freude und Freiheit und Glückseligkeit sein soll. Der Tod wird stets lächeln und seinen schönen, lockigen Kopf über unsere Dummheiten schütteln. Der Tod, ein Schutzengel, der uns davor bewahrt, unendlich in der Endlichkeit zu sein.
Was passiert nach dem Tod? Das Licht am Ende des Tunnels? Oder werden wir so schnell wieder geboren, dass uns keine Zeit zum Erinnern bleibt. Die große Schwärze kommt über uns und nach langer Zeit (?) wird es nach und nach heller. Eine seltsame Helligkeit. Rötlich und doch dunkel. Man kommt nach und nach zu sich und stellt sich vor, irgendwo zu sein. In einer schönen Landschaft, die sich aber bald wieder auflöst. Schließlich erinnert man sich, was man war. Ein Mensch. Und rekonstruiert sich. Von innen nach außen. Nach Fertigstellung ist man müde und schläft ein. Die Arbeit ist getan. Der neue Fötus ist bereit, um auf die Welt zu kommen. Wir haben uns selbst erfunden. Und und den Tod. Und das, was wir Leben nennen. Vielleicht.
Vielleicht werde ich nach langer Dunkelheit auf meiner kleinen Trauminsel Sampanna erwachen. Oder in meiner kleinen Trauminsel. Geistig, denn meinen Körper streife ich ab. Schwebend und fühlend, wobei auch das Schweben und Fühlen nachlässt und ich in einem mir vollkommen neuen Bewusstseinszustand eintauche, selbst zu dem mir vollkommen neuen Bewusstseinszustand werde, zu dem, was ich eigentlich bin – reiner Geist. Vielleicht.
Vielleicht ist es auch das Ende von allem. Der ewige Tiefschlaf. Erholung pur.
Aber doch die Frage: „Tod, wo ist dein Stachel?“ Er bohrt sich wohl viel mehr in die Herzen der Hinterbliebenen und lässt die blutige Wunde der Erinnerung zurück. Und die Hoffnung, die bekanntlich zuletzt stirbt.

Ein Haus am See. Knapp dahinter der Wald, in dem frische Kräuter und Pilze wachsen und im Haus ein Kühlschrank, der sich immer füllt, sobald etwas ausgeht. Der Herd kocht natürlich von selbst und waschen muss ich auch nicht, da die Kleidung (falls ich eine brauche) sich immer wieder selbst reinigt. Jede Menge Bücher müssen im Haus sein und immer wieder neue Bücher. Genug Material zum Schreiben und auch zum Malen sollten auch vorhanden sein. Eine Hängematte wäre toll. Genau zwischen den beiden Marillenbäumen vor dem Wohnzimmer, die, versteht sich, absolut keine Pflege brauchen und ständig saftige Marillen tragen. Auch im Winter, obwohl es keinen Winter gibt, sondern immer die konstante Temperatur (eh schon wissen) von 25°.
Derartige Gedanke sind impertinent gegenüber Menschen, die auf der Straße leben müssen und die auf der Straße verhungern. Gegenüber Menschen, die in einem Kriegsland leben. Gegenüber Menschen, die alles für ihre Wiedergenesung geben würden. Vielleicht sogar gegenüber allen Menschen, denn mir fehlt nichts. Ich habe alles, was ich zum Leben brauche. Zwar keinen Luxus, aber doch nahe dran, wenn man es sich genau überlegt.
Es gibt sogar mehr, was ich nicht wirklich brauche. Sehr viel mehr. Das ist das ganze Übel. Es gibt Gegenden, in denen Menschen im Überfluss leben und Gegenden, in denen die Ärmsten der Armen zu Hause sind. Die Umverteilung ist falsch. Aber die Menschen, die im Überfluss leben, geben nichts her. Zumindest nicht genug, um ein Gleichgewicht zwischen den beiden Gegenden herzustellen.
Wer einmal das „süße Leben“ gekostet hat, will es nicht mehr verlieren. Auch verständlich. Und wer kann schon für alle sprechen, wo doch alle so verschieden sind. Wirklich? Oder ist die Menschheit eher doch eine Herde der Gewohnheitstiere?
Ein paar Wochen noch und uns wären die Masken gegen (oder für?) Corona ans Gesicht gewachsen, so sehr haben wir uns daran gewöhnt. Auch an den Abstand, der mitunter bei gewissen Menschen gar nicht so schlecht ist. Man muss bei der Wahrheit bleiben! Ich will allen und allem mit Liebe begegnen, aber immer haut das halt nicht hin.
Wir leben nicht artgerecht. Das ist alles. Deshalb sperren wir auch Tiere und Pflanzen ein. Wenn wir schon nicht artgerecht leben können, dann sollen es die anderen Lebewesen auch nicht können.
Was wäre artgerecht? Vielleicht das tun, was man tun will. Das tun, was man vor allem gerne tut oder das Nicht-tun. Viele wissen gar nicht, was sie gerne tun, weil sie gar keine Zeit dazu haben. Arbeit, Haushalt, Kinder. Drei Probleme, die nicht sein müssten. Aber das wäre Utopie und kaum durchführbar, da zu viele Menschen aufschreien würden, dass sie doch arbeiten müssen, um Geld zu verdienen. Wer braucht denn Geld? Man kann es nicht essen. Um sich was zu kaufen, was in Hülle und Fülle im Wald und auf den Feldern und Wiesen wächst. Geht raus und erntet! Nicht möglich, weil das Land irgendjemandem gehört und nicht mehr sich selbst, wie es vor langer, langer Zeit mal war.
Irre, was ich zusammen schreibe. Aber wirklich irre ist die Menschenwelt und das sage (schreibe) ich nicht zum ersten Mal. Es sollte sich wirklich jeder mal Gedanken darüber machen, was er aus seinem Leben macht und ob er (der Mensch – egal ob weiblich oder männlich, falls Feministinnen hier aufschreien) das macht, was er gerne macht. Es könnte sich etwas ändern. Wir müssen nicht alle das Gleiche machen. Wäre ja auch nicht sinnvoll, denn die Vielfalt macht das Leben aus.
Gerade jetzt wäre Zeit dazu ein bisschen umzudenken. Es muss ja nicht radikal eine neue Welt erschaffen werden, aber doch eine mit weniger Stress, mit weniger Was-geht-das-mich-an und mit mehr Ehrlichkeit und Empathie.
Aber den Traum vom Haus am See habe ich noch immer...

Ich bin. Bewusstsein. Sinnfrage.
Ich bin. Eine Momentaufnahme. Das, was trennt, denn ein „Ich bin“ setzt ein „Du bist“ voraus. Oder hintennach. Vielleicht nicht immer zwingend. Dual, auch wenn es sich im ersten Moment sehr einsam anhört. Ich bin. Was sonst noch? Wir haben nur uns selbst und das bloß auf unbestimmte Zeit. Jenseits der Zeit mögen andere Ebenen sein, - in einer vielleicht die Einheit mit Allem-was-ist. Aber ich habe schon mit den Grundsteinen dieser Ebene hier zu kämpfen, wobei der Kampf in mir selbst ausgetragen wird und manchmal mehr Krampf denn Kampf ist.
Ich bin. Bewusstsein? Ist das menschliche Gehirn Schöpfer des Bewusstseins oder Vermittler dessen? Zapfen wir den Strom des Bewusstseins an, um so etwas wie Wahrnehmung zu erfahren? Vielleicht ist es ein bisschen von beiden, wie so vieles in dieser Menschenwelt. Wir zapfen Bewusstsein an, was uns gerade möglich ist und gleichzeitig pinkeln wir in den Fluss des ewigen Geistes und hinterlassen so für immer uns selbst oder das was einst von uns übrig bleibt.
Hin und her gebeutelt zwischen Freude und Leid. Auch hier ist die Umverteilung oft ungerecht. Shivas Tanz kümmert sich nun mal nicht um menschliche Kleinigkeiten. Unvoreingenommenheit sollte es sein, was das Leben hier lehrt. Ungerührt von Freude und Leid. Will ich das? Kann ich das? Aber was soll an Siechtum sinnvoll sein? Welche Lehre kann ich daraus ziehen, wo ich doch noch immer mitleide, wenn ich Mitgefühl empfinde?
Die Sinnfrage kann nicht so einfach geklärt werden. Sie muss gelebt werden. Individuell. Ein Schritt nach dem anderen und ja nichts auslassen, sonst besteht die Gefahr zu stolpern und dann beginn das ganze Dilemma von vorne. Aufstehen, Krone richten und weitergehen, wie es so schön oder übel heißt. Immer die zwei Seiten. Und manchmal mehrere. Wenn es auf die Sichtweise ankommt, hätte ich gerne den Rundumblick. Aber der dürfte erst in anderen (höheren?) Ebenen möglich sein, die für eine, die noch mit den Grundsteinen dieser Ebene zu kämpfen (krampfen) hat, noch lange nicht erreichbar sind.

Das ist keine Pfeife, - schrieb René Magritte auf die Leinwand unter der aufgemalten Form, die von uns Menschen „Pfeife“ genannt wird. Absolut richtig, denn wenn es eine Pfeife wäre, könnte man damit rauchen. In Wirklichkeit (?) ist es eine Leinwand mit Farbe drauf, die eine bestimmte Form darstellt.
Unsere Sprache und das, was wir damit ausdrücken, müsste viel genauer, bewusster, sein. Zuerst nachdenken, dann reden. Damit wäre aber vieles zerstört, denn spontan sollte man ja auch sein, da dies Ehrlichkeit ausdrückt. Wer zu viel nachdenkt, bevor er spricht, lügt. Sucht sich eine Ausrede. Blödsinn! Wir sind falsch erzogen worden. Das ist es. Uns wurde die Aufmerksamkeit und das Hinterfragen entzogen.
Wenn wir also vor einem Bild stehen, es betrachten und sagen: „Da grast ein Pferd auf einer Blumenwiese“ ist das falsch. Da steht sicher kein Pferd auf einer Blumenwiese. Wir stehen vor einer (wahrscheinlich) gerahmten Leinwand, auf der Farben drauf sind, die ein Pferd und eine Blumenwiese darstellen.
Penibel? Mitnichten! Unlängst las ich in einem Buch, dass eine Kuh nicht weiß, dass sie eine Kuh ist. Es ging um Bewusstsein, dass wir Menschen uns bewusst sind, Menschen zu sein. Eine Kuh ist sich also nicht bewusst, eine Kuh zu sein. Ich musste laut auflachen. Spricht eine Kuh unsere Sprache? Kennt sie Benennungen? Nein! Also wird sie niemals wissen, wie sie benannt wird. „Muh“ ist alles, was sie dazu sagt und das genügt vollkommen. Wir leben in einer eigenen Welt. In einer konstruierten Welt. Aber das wollte der Autor damit sicher nicht sagen, denn er lobte vielmehr das ach, so große menschliche Bewusstsein.
Aber darum geht es mir gar nicht, sondern viel mehr, ob es einen Unterschied macht, vor einem Bild oder vor einer wirklichen (?) Blumenwiese, in der ein Pferd grast, zu stehen? Sehen wir wirklich das, was wir sehen? Oder ist es viel mehr die Beschreibung dessen, was wir sehen?
Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Da kann ich nur das Buch mit diesem Titel von Paul Watzlawick empfehlen. Oder etwas über Phänomenologie. Oder sich selbst auf den Weg machen und mal alles genauer betrachten. Alles wie neu, wie zum ersten Mal, wobei das gar nicht so daneben wäre, in einer Welt, die sich ständig verändert und schon deshalb immer wieder neu ist.
Andererseits, wer macht sich schon die Mühe, alles so genau zu nehmen? Man hat ja anderes zu tun und gar nicht die Muße, sich mit so einem Schwachsinn auseinander zu setzen.

Was mich immer wieder beschäftigt, seit ich ihn (großteils) gelesen habe, ist der Kurs. „Ein Kurs in Wundern“. Einerseits sehr faszinierend und genauso schwer verständlich. Geschrieben von Dr. Helen Schucman und Dr. William Thetford. Jesus (ja, der aus dem Neuen Testament) gab Helen die Worte durch und William setzte sie zu einem Buch zusammen, das über eintausend Seiten hat und aus drei Teilen besteht: Erstens aus dem Textbuch, zweitens aus dem Übungsbuch und drittens aus dem Handbuch für Lehrer.
Störend ist für mich der christliche, biblische Einfluss. Warum ausgerechnet Jesus? Und warum Vater und Sohn? Kenneth Wapnick, ein guter Freund von Helen und William und einer, der wie kaum jemand, den Kurs versteht und der einige Bücher darüber geschrieben hat, um den Kurs verständlich zu erklären, schreibt, dass es nicht wichtig ist, wer den Kurs übermittelt und dass ihn jeder Mensch, egal, welcher Religion er angehört, ihn machen kann. Machen? Davon bin ich weit entfernt, da mir das Übungsbuch wie eine Gehirnwäsche erscheint. Andererseits – die haben wir eh von klein auf bekommen, also wäre es demnach egal, von wem die Gehirnwäsche kommt.
Die Kernaussage ist folgende:
Nichts Wirkliches kann bedroht werden.
Nichts Unwirkliches existiert.
Hierin liegt der Frieden Gottes.
Alle weiteren Aussagen sind – nun, wie soll ich sagen? - gut durchdacht, komplex und vor allem abstrakt. Diese Welt hier gibt es nicht. Das Universum gibt es nicht. Das wäre zu einfach und ist auch nicht die Aussage des Kurses, obwohl es sie ist. Ach ja, paradox ist er auch, der Kurs.
Vater und Sohn kommunizieren miteinander. Das ist die einzige und wirkliche Ebene. Geist. Erkenntnis. Nichts anderes existiert wirklich. Und doch gab (gibt) es im Sohn einen klitzekleinen Gedanken: „Was wäre, wenn ich kurz raus zum Spielen gehe?“ Aber zugleich hat der Vater die Antwort parat: „Bleib hier bei mir in der einzig wahren Wirklichkeit.“ Es könnte sogar sein, dass die Antwort des Vaters schon vor der Frage des Sohnes da war, denn Zeit ist in dieser Ebene ganz etwas anderes als in unserer. Zeit ist in der Ebene Vater-Sohn wahrscheinlich gar nicht vorhanden. Man könnte es nicht einmal Ewigkeit nennen, da auch das ein Zeitbegriff ist.
Obwohl also der Vater dem Sohn eine Antwort gab, spalteten sich die Ebenen weiter. Der klitzekleine Gedanke entwickelte sich zu einem Riesen. Aber noch immer war (ist) alles geistig. Materie ist noch keine vorhanden, obwohl es bereits knapp vor dem so genannten Urknall ist. Was also ist dieser Riese, der sich von der Einheit „Vater-Sohn“ getrennt hat?
Zuerst noch ist das, was Vater-Sohn genannt ist, im Kurs Gott und Christus. Also nicht Gott und Jesus, wie uns in der Bibel weisgemacht wird, der da sitzet zur rechten Hand Gottes. Jesus ist ein Mensch wie du und ich. Christus hingegen ist die wahre geistige (!) Schöpfung Gottes.
Was also ist dieser Riese (im Kurs wird er, so weit ich mich erinnere „Ego“ genannt), wo er doch ein Teil der Schöpfung Gottes ist? Ein Abtrünniger? Luzifer, wie er in der Bibel genannt wird. Fakt ist, dass der Kurs mit der Bibel absolut nichts am Hut hat, wie man so sagt. Der Gott in der Bibel ist ein rachsüchtiger und eifersüchtiger Gott, der nichts anderes neben sich gelten lässt. Der Gott in der Bibel ist eine Erschaffung dieses Riesen, der sich abgespalten hat vom Christus und von Gott. Aber irgendetwas regt sich in diesem Riesen, etwas, das wir als Angst kennen. Angst vor Gott, der uns strafen wird, weil wir uns von ihm abgewandt haben. Und genau diese Angst ist es, laut Kurs, die uns daran hindert, zu Gott zurück zu kehren. Wir fürchten seine Strafe, weil wir (Aspekte des Riesen) davon gelaufen sind und gedacht haben, eine bessere Welt erschaffen zu können. Natürlich nicht wir, sondern der „Riese“, aber so was vererbt sich wahrscheinlich bis in das kleinste Teilchen, wie einst die Erbsünde, die es, laut Kurs, auch nicht gibt, denn „Gott“ ist ein stets Liebender. Sozusagen die Liebe selbst.
Es gibt ständig weitere Spaltungen, Ebenen, bis zu uns herab, wie etwa das falsche Ich in uns entstanden ist, was im Kurs sehr genau beschrieben wird. Aber all das ist nicht wirklich. Nie wirklich passiert. Und doch sind wir da und fragen uns, was dieses Leben für einen Sinn hat. Die Antwort wird vom Kurs klar dargelegt, - keinen Sinn, weil es nicht wahr ist, weil wir uns in Wahrheit immer in Christus, in der wahren Schöpfung, befinden. Wir träumen nicht einmal. Wir sind gar nicht hier. Dieses Universums, diese Welt, gibt es nicht.
Und doch sind wir hier. Das ist, für mich, das Paradoxe am Kurs. Wir träumen nicht einmal und doch sollten wir aufwachen, um ins wahre Leben zurück zu kehren.
Wie schaffte es Jesus, Kontakt zu Helen herzustellen? Warum zu dieser Zeit (in den Siebzigern)? Warum erzählte er nicht damals vom Kurs, als er predigte und seine Jünger um sich scharte? Weil niemand etwas davon verstanden hätte? Oder hat er und die Evangelien besagen etwas ganz anderes, was Jesus selbst nie gesagt hat. Und warum ausgerechnet Jesus? Helen war sich, laut Kenneth Wapnick, der ihre Biografie schrieb, selbst nicht ganz sicher, ob es tatsächlich Jesus ist, der ihr den Kurs durchgab. Aber sie liebte ihn und war tief religiös.
Wie auch immer, ich werde es nie erfahren. Oder doch? Wenn ich aufwache? Wenn ich ein winziger Aspekt des Christus bin, der ständig mit Gott kommuniziert?

Der Kurs hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der alten indischen Religionsphilosophie Advaita-Vedanta (die mich ebenso fasziniert wie der Kurs), aber er sagt nicht, dass wir alle Gott sind. Wir sind Gottes Schöpfung. Wir sind Christus, die wahre Schöpfung Gottes. Und nichts anderes. Reine Erkenntnis.
Der Unterschied zwischen Vater-Sohn und dieser Welt besteht in der Wahrnehmung. Wir nehmen war, aber in der Einheit Gott-Christus gibt es nur Erkenntnis. Keine Wahrnehmung, keine Zeit – nur immerwährende glückselige Erkenntnis.
Warum, frage ich mich, kann ich so etwas gegen ein mühseliges Leben eintauschen? Hatte ich denn eine Wahl? Angeblich habe ich diese Wahl noch immer, indem ich den Kurs mache und mir somit einige Leben erspare. Es dauert also noch bis zur Erlösung. Warum? Wir sind ja nicht sündig, sagt der Kurs. Trotzdem muss ich hier mein Leben fristen und vielleicht noch mehrere Leben dazu. Weil ich nicht glauben kann?
Man denkt oft in Beispiele. Vielleicht ist es so, wie wenn ich einen spannenden Film sehe und darin versinke, mit lebe und mit zittere mit den Hauptdarstellern und dabei vergesse, dass ich bequem zu Hause auf der Couch sitze. Der Film ist das Leben hier, aber ich, das wahre Ich befindet sich zu Hause bei Gott.
Eine ähnliche Aussage hat auch Advaita-Vedanta. Die Leinwand, auf die der Film gestrahlt wird, verbrennt nicht, wenn es im Film brennt und sie wird nicht nass, wenn es im Film regnet. Die Leinwand bleibt von all dem unberührt. Wir sollten das auch sein.
Es gibt nur Gott. Gott ist das Wahre, alles andere ist Maya, Illusion. Aber halt! Ganz so ist es nicht, denn Brahman ist alles. Brahman ist auch Maya, Illusion, denn es kann nichts entstehen, was nicht Gott wäre. Und hier unterscheidet sich der Kurs von der guten, alten, indischen Religionsphilosophie. Im Kurs gibt es nur Gott und Christus. Alles andere ist nur ein Augenblick, der nicht einmal wirklich passiert ist. Es gibt keine Seelen, die immer wieder geboren werden, auch wenn im Kurs die Möglichkeit einer Wiedergeburt eingeräumt wird, die aber genauso unwirklich ist wie die Welt, wie das Universum.
Das Unwirkliche hat im Advaita-Vedanta wieder eine andere Bedeutung. Es ist das, was sich ständig verändert und was sich ständig verändert, kann nicht wirklich sein. Aber es ist da. Es zeigt sich uns als Brahman. Es ist der tanzende Shiva, der gleichzeitig aufbaut und zerstört. Aufbaut und zerstört. Um uns zu zeigen, dass das Wahre, das Wirkliche niemals zerstört werden kann. Und das ist die Seele. Das Selbst. Atman. Die Seele wandert durch zig Filme, bis sie erkennt, dass sie davon nicht berührt werden kann. Bis sie erkennt, was sie ist. Das Selbst. Das einzige Selbst, das es gibt – Gott.

Materie und Geist. Was war zuerst? Das Ei oder das Huhn? Und gibt es einen Unterschied zwischen Geist und Bewusstsein? Im Kurs wird Bewusstsein vom Gehirn erschaffen, denn nur Geist ist das wahre. Gott-Christus ist reiner Geist. Zeit- und formlos.
In manchen Religionsphilosophien wird gesagt, dass Bewusstsein alles ist. Der Geist ist sich seines Selbst bewusst. Natürlich nicht so, wie wir Menschen uns bewusst sind, denn der Geist ist sehr viel mehr. Aber fast alle Religionsphilosophien sind Vorbereitungen auf das, was wir den Tod nennen. Alle, außer Zen – eine Abwandlung des Buddhismus. Zen ist hier und jetzt. Unmittelbar. Den Moment bewusst erleben. Aufmerksamkeit ist alles. Noch etwas ist wichtig im Zen – die Überwindung des Dualismus. Die zwei Seiten sind bloß eine Medaille. Yin und Yang – die einander bedingen. Die eine kann ohne die andere nicht sein. Die eine ist ohne die andere nichts. An den Tod wird nicht gedacht, denn er ist nichts anderes als das Leben. Leben und Tod – eine Medaille.
Es gibt noch etwas, was mich sehr fasziniert – die Bücher von Freund Carlos. Carlos Castaneda, der Unheimliche, der mit den Geistern lebt. Der Dunkle, von dem niemand weiß, ob es ihn wirklich so gab, wie er über sich und seine Ausflüge mit Don Juan, seinem indianischen Nagual, in die Sonorawüste, schrieb.
Nagual! Ein Ausdruck mit zwei Bedeutungen. Zum ersten ist ein Nagual ein Führer, aber einer, der nicht bestimmt, was Sache ist, denn das tut immer nur die Kraft, sondern einer mit mehr Energie. Zum zweiten ist das Nagual etwas, worüber man nicht sprechen kann. Man kann es nur erleben. Das andere wird Tonal genannt. Wir Menschen sind eigentlich beides – Nagual und Tonal, aber durch unsere Erziehung und durch die Erklärung der Welt durch unsere Eltern und anderen Lehrer, sind wir, wenn wir Teil dieser Welt geworden sind, nur mehr Tonal. Die Lehre des Don Juans ist nun, Tonal und Nagual wieder zu vereinen, um schließlich im Moment des Todes, am „Adler“ vorbei zu gehen. Der Adler ist kein Adler, er wird nur benannt, weil er dem Sterbenden so erscheint – hoch aufragende Flügel und ein Schnabel, der Bewusstsein gibt und wieder nimmt. Der Adler ist sozusagen der Wächter des Bewusstseins.
Wir haben, laut Don Juan, noch eine Möglichkeit, am Adler vorbeizukommen, indem wir unser Leben von vorne bis hinten rekapitulieren. Wir stellen eine Liste auf, mit allen Menschen, mir denen wir je interagierten und versetzen uns in die Situationen, die wir mit ihnen erlebt haben. Während wir das tun, atmen wir die Energie, die wir damals verloren haben, ein und jene Energie, die wir damals genommen haben, aus. Man nennt dies den Fegeatem, da mit einer schnellen Kopfbewegung während des Ausatmens, der Kontakt zu all diesen Menschen beendet ist. Sie belangen uns nach richtig durchgeführter Rekapitulation nicht mehr, indem sie uns mit ihren Gedanken Energie stehlen. Eine schier unmögliche Aufgabe! Und doch bleibt uns Durchschnittsmenschen, laut Don Juan, nichts anderes übrig, wenn wir unser Bewusstsein behalten wollen, da die Rekapitulation eine Kopie unseres Bewusstseins ist, die wir dem Adler stattdessen anbieten. Nimmt er es an, dürfen wir an ihm vorbei in die Unendlichkeit, wo uns der nächste Schock erwartet, nämlich etwas vollkommen Unpersönliches.Deshalb brauchen wir Kraft, Energie und ein Leben lang Übung, um sie zu erreichen. Weswegen wir (Durchschnittsmenschen) unnötig Energie verbrauchen, statt sie zu speichern, wie Zauberer (man nennt jene Menschen, die von einem Nagual angeworben werden, auch Wissende oder Krieger, wobei dieser Krieger gegen sein Ego und nicht gegen andere Menschen Krieg führt)) es tun, ist, weil wir uns zu viel mit uns selbst beschäftigen. Unser Eigendünkel ist zu groß. Unser Ego zu herrschsüchtig. Und immerzu müssen wir uns verteidigen, um vor den anderen gut da zu stehen.
In ihrem Buch „Traumwache“ beschreibt Florinda Donner-Grau allgemein einen Nagual, aber auch die Mitglieder seines „Kriegertrupp“. Es ist eine wunderschöne Textstelle, die Sehnsucht in mir erweckt – immer wieder, wenn ich sie lese, wie auch jetzt:

Lange Zeit habe ich nicht verstanden, wie Naguale imstande waren, durch ihre bloße Gegenwart einen derartigen Unterschied zu machen. Nach sorgfältiger Betrachtung und dem Vergleich meiner Ansichten mit denen anderer und nach scheinbar endloser Selbstbetrachtung bin ich schließlich zu der Überzeugung gelangt, dass ihr Einfluss ein Resultat ihrer Absage weltlicher Belange ist. In unserer Alltagswelt gibt es auch Beispiele von Menschen, die weltliche Belange hinter sich gelassen haben.Wir nennen sie Mystiker und Heilige.
Doch Naguale sind weder Mystiker noch Heilige und ganz gewiss keine religiösen Menschen. Naguale sind Menschen dieser Welt, die nicht das geringste Interesse an weltlichen Belangen haben. Dieser Widerspruch ist es, der unterschwellig für einen immensen Effekt auf die Menschen in der Gegenwart eines Naguals sorgt. Wer sich in Anwesenheit eines Naguals befindet, versteht nicht, was ihm widerfährt. Und doch spürt er die Wirkung in seinem Körper in Form einer seltsamen inneren Unruhe, spürt den Drang, sich freizukämpfen oder ein Gefühl der Ungenügsamkeit, so als würde an derer Stelle etwas Transzendentales stattfinden und es ihm nicht möglich sein, dorthin zu gelangen.
Doch die Fähigkeit der Naguale, andere zu beeinflussen, resultiert nicht allein aus ihrem mangelnden Interesse an weltlichem Belangen, oder aus der Stärke ihrer Persönlichkeit, sondern aus einer Kraft, die aus ihrem makellosen Verhalten rührte. Naguale sind in ihren Taten und ihren Gefühlen makellos, unberührt von allen hinterhältigen Attacken weltlicher oder jenseitiger Natur, die ihnen auf ihrem endlosen Weg begegnen. Dabei folgen Naguale keinem vorgeschriebenem Muster von Regeln und Gesetzen, um sich tadellos zu benehmen - denn ein solches existiert nicht. Vielmehr verwenden sie ihre Imagination, um zu erfinden oder zu benutzen, was sie benötigen und damit den Fluss ihrer Handlungen aufrechtzuerhalten.
Anders als gewöhnliche Menschen suchen Naguale für ihre Taten keinen Beifall, Respekt oder Lob oder andere Formen der Belohnung von anderen, auch nicht von ihren Mitzauberern. Sie streben einzig nach der Erfüllung ihrer eigenen Maßstäbe und Makellosigkeit, Unschuld und Integrität.
Diese Tatsache macht süchtig nach Gesellschaft eines Naguals. Man wird abhängig von seiner Freiheit wie von einer Droge. Für einen Nagual ist die Welt immer brandneu. In seiner Gesellschaft sieht man die Welt, wie sie vorher nie war.
"Deshalb haben Naguale den Spiegel der Selbstbetrachtung zerbrochen", sagte Zuleica, als sei sie meinem Gedankengang gefolgt.

Den Spiegel der Selbstbetrachtung zerschlagen – darum geht es. Ständig fragen wir uns, wie wir wohl bei anderen ankommen und was wir in ihnen auslösen. Gefalle ich? Stehe ich gut vor dem oder der da? Und für alles wollen wir Belohnungen.
Es gibt noch eine Lehre – meine eigene, in der Kim einiges zu sagen. Kim, einst einer meiner unsichtbaren Spielkameraden, als ich klein war. Er ist mir als einziger geblieben, obwohl er nicht immer „Kim“ hieß. Er hatte viele Namen, aber ich weiß – es war immer ein und derselbe. Mein Phantasiewesen, mein Partner, wenn ich Selbstgespräche führe. Mein höheres Selbst, mein Geist oder wie auch immer. Vielleicht auch mein Jesus, mein Shiva, mein Zen-Meister und mein Nagual.
„Wenn du dich der Kraft ergibst, führt sie dich wie einst das aufgebauschte Ich, nur mit dem Unterschied, dass du dich nicht mehr fragst, was für dich dabei herausspringt“ - einer der besten Sprüche Kims. Keine Belohnungen. Kein Sich-wichtig-machen. Einfach nur sein und niemals gegen den Strom (gegen die Kraft) schwimmen, sondern mit ihr, um schließlich erkennen zu können, dass wir selbst der Strom sind. Freund Carlos schrieb fast dasselbe: Durchschnittsmenschen kämpfen gegen den Fluss an, aber ein Zauberer weiß, dass er selbst der Fluss ist.
Wir sind Kraft, Emanationen der Quelle der Kraft, die sich als Menschen wahrnehmen. Wahrnehmung als Illusion. Erkenntnis als Wirklichkeit. Aber um zu erkennen, muss die Blase der Wahrnehmung durchbrochen werden. Man muss bereit sein, denn Zwang bringt dich nirgendwohin, wie einer der Sprüche Kims auch heißt.
Es hängt also von der Reife ab, welches Niveau erreicht wurde, welche Sprosse der Leiter nach oben, um die Leiter, wenn wir oben sind, wegzuwerfen. Das macht die Ganzheit des Selbst, die uns jetzt noch als eine der unzähligen Emanationen der Quelle der Kraft erscheint. Die Quelle – der Quell der Unpersönlichkeit, die sich um nichts kümmert, die nichts berührt – und doch! Und doch steckt auch in ihr all das, was ihre Emanationen (man kann sich die Quelle wie eine Sonne und ihre Strahlen als Emanationen vorstellen) wahrnehmen und fühlen.
Aber was ist nun die Lehre? Im Grunde genommen gibt es keine. Leben und leben lassen. Sein wie man ist. Sein Sein ausleben. Authentisch sein. Sich nicht verstellen, dann gibt es auch keine Missverständnisse und keine Ausreden. Was aber nicht bedeutet rücksichtslos zu sein. Vielleicht manchmal zu sich selbst, denn ganz ohne Disziplin sich selbst gegenüber geht es nie. Aber niemals zu anderen, denn niemand weiß, wie es im Anderen aussieht. Die Disziplin besteht daraus, zu schweigen, wo einst gelästert wurde, ge- und verurteilt. Etwas weniger reden tut jedem gut. Und vielleicht auch weniger Denken.
Das Ziel der Lehre? Gibt es im Grunde genommen auch keines, selbst wenn ich vom Durchbrechen der Wahrnehmungsblase geschrieben habe. Man kann sie auch Bewusstseinsblase nennen – das, was die Emanationen umhüllt und jeden ihrer Aspekte zu einer bestimmten Wahrnehmung zwingt. Wie ich oben in Klammer schrieb, kann man sich die Quelle als Sonne und die Emanationen als ihre Strahlen vorstellen. Die nächste Vorstellung wäre, dass diese Strahlen von unzähligen Blasen umhüllt sind und in jeder einzelnen dieser Blase entsteht das, was wir als Leben kennen. Eine der Blasen lässt uns die Menschenwelt erkennen und den Aspekt der Emanation als Mensch wahrnehmen. Das heißt, um es nochmals zu betonen – wir sind keine Menschen, wir nehmen uns nur als Menschen wahr. Weitere Aspekte, die von Blasen umhüllt sind, nehmen sich als Hunde, Katze oder andere Lebewesen wahr. Sozusagen nimmt sich jeder der unzähligen Sonnenstrahlen als unzählige verschiedene Lebewesen wahr, obwohl er aus nichts anderem besteht als aus derselben Energie wie die Quelle der Kraft, aus der er entstanden ist.
Aber all das sind bloß Vorstellungen – Bilder, wie es sein könnte. Und vor allem Bilder, die an etwas erinnern, was es ohnehin zu Genüge gibt – unzählige Religionsphilosophien. Dies hier wäre nur eine davon, aber eine für mich glaubhafte, auch wenn ich mich frage, woher denn die Blasen kommen, die uns umhüllen. Schickt uns die Quelle raus zum Lernen, um ihr ebenbürtig zu sein? Um uns in sich aufzunehmen und weitere Strahlen auszusenden, die, wie wir, die Blasen „erleben“ müssen, um ebenso gnädig aufgenommen zu werden? Ein ewiger Kreislauf von immer wieder neuen Strahlen? Könnte sein.
Vielleicht nehmen wir Menschen uns auch zu wichtig, um so etwas wie eine jenseitige Ewigkeit zu brauchen, in der wir nicht verloren gehen können. Wenn, dann müsste das für alle Lebewesen zutreffen, selbst für Einzeller, wie Amöben es sind. Denken die denn? Haben die irgendwelche Vorstellungen von höheren Wesen, die sie erschaffen haben könnten? Wir wissen nichts darüber. Sie haben nichts, womit sie denken könnten. Aber sie leben. Alles lebt. Die Erde, alle Gräser, alle Blumen, alle Bäume, alle Tiere im Wasser, auf der Erde und in der Luft. Sie alle sind Emanationen der Quelle. Alleine dieses Bild müsste in uns Menschen Respekt für alles Leben hervorrufen. Atman! Gott ist in allen Lebewesen. Wir sind nicht die Herren der Schöpfung. Wir sind nur ein kleiner Teil davon. Wir dürfen uns die Erde nicht untertan machen. Wir müssen sie hegen und pflegen.
Die Blase durchbrechen bedeutet, alles gleich zu erkennen. Ausnahmslos. Wir sind nicht mehr und nicht weniger als eine winzige Amöbe. Kann das jeder von uns? Erst wenn alle Blasen – alle! - durchbrochen sind, schließt sich die Quelle (zieht ihre Strahlen ein). Das Universum verschwindet, wie es gekommen ist. Aus dem Nichts in das Nichts. Und wenn die Quelle der Kraft wieder Strahlen aussendet, entsteht ein neues Universum. Neues Lernen. Und vielleicht auch neue Blase – ganz neue.

„Castanedas Ansicht ist, dass Leben und Bewusstsein ewig und miteinander verbunden, bereits vorhanden und spezifisch sind. Auf seiner grundlegendsten Ebene und seit Ewigkeiten besteht das Universum aus Strängen leuchtender Energie, die lebendig sind und Bewusstsein haben. Bewusstes Leben entwickelt sich nicht aus dem Nichts. Es existiert überall und manifestiert sich immer wieder in einer Vielzahl von verschiedenen Formen.
Es ist fast unmöglich, diese Stränge bewusster Energie zu beschreiben, weil wir aus ihnen gemacht sind“, schreibt Peter Luce in seinem Buch „Castaneda verstehen“.
Zauberer, Wissende, Seher oder wie auch immer Don Juans und später Carlos' Truppe nennen, die angeblich eine 8000 Jahre alte Kultur gelebt haben, „sehen“ Energie. Sie „sehen“ Geist – das, was uns (mir!) Durchschnittsmenschen verborgen bleibt. Man kann Geist nicht sehen! Er ist form- und farblos. Sozusagen unsichtbar. Stimmt! Aber Freund Carlos beschreibt das „Sehen“ ganz anders. Es ist keines mit den Augen, sondern mit dem, was wir als Körper wahrnehmen. Es ist vielmehr ein Fühlen von Energie zu Energie.
Meine „Lehre“ scheint ein Plagiat von vielen Lehren zu sein. Eine Art Zusammenfassung von einigen, die mich faszinieren. Das ist wahrscheinlich deshalb so, weil ich selbst kaum Erfahrungen mit dem Geist, mit dem Göttlichen, oder wie immer man es nennen mag, hatte und habe. Ein gebliebener unsichtbarer Spielfreund hat damit gar nichts zu tun. Immerhin erzählte er mir in den „Gesprächen“ nichts Neues, nichts, das ich nicht bereits gelesen oder gehört hätte. Und gewisse andere „Dinge“, die vielleicht ein Hinweis auf so genanntes „Übersinnliches“ gewesen wären, kann ich mir auch anders erklären – sozusagen verstandesmäßig.
Gestern, als ich bereits im Bett lag, bewegte ich mich auf die andere Seite, um bequemer zu liegen. Plötzlich fragte ich mich, wohin die Bewegung gegangen ist. Wo ist sie hin? Wie kann eine Bewegung verschwinden. Dazu muss ich erwähnen, ich bekam schlecht Luft durch die Nase. Das löst bei mir immer ein wenig (manchmal auch mehr) Panik aus. Durch den Mund atmen ist mir ein Gräuel. Kein Wunder, dass sich bei dem Wetter ein leichter Schnupfen einschleicht. In diesen Momenten (der Panik) steigen bei mir immer seltsame Gedanken hoch. Die Bewegungen, die ich an diesem Tag (gestern) machte, sind alle verschwunden, - dachte ich weiter und atmete wieder tief durch. Dann der nächste Gedanke: Wer atmet? Ich? Es ist der Körper, der atmet. Wer ist Ich? Und ich erinnerte mich an Ramana, an den Heiligen vom Berg, der das Ich, das Selbst für ewig hält. Das Ich ist nicht der Körper. Es hat einen Körper, den es irgendwann mal ablegt. Ich suchte nach dem Ich und fand es nicht, da ich einschlief. Oder fand ich es im Schlaf? Im Tiefschlaf, das dem wahren Ich am nächsten ist, wie Ramana sagte.
Aber meine Gedanken, wohin all die Bewegungen gehen, blieben bis jetzt. All das, was ich einst gewesen bin, - es ist nicht mehr da. Es verschwindet, genauso wie ich einmal für immer von der Erdoberfläche verschwinden wird. Das kleine Mädchen auf dem Foto, mit dem schönen weißen Kleid, mit den roten Streifen und dem roten Mascherl im Haar, das zu einem Pferdeschwanz gebunden ist. Verschwunden! Was sah dieses Mädchen? Wie nahm es die Welt wahr? Verschwunden! Oder kann ich sagen: Es ist alles in mir? Das, was war bin ich das hier und jetzt? Und all die Veränderungen? Habe ich mich verändert?
Freund Carlos schreibt, dass es am meisten Energie kostet, wenn man sich um sich selbst sorgt. Zu vieles Nachdenken über sich selbst ermüdet. Auch das zu viele Nachdenken über die Welt ermüdet, da ich sowieso auf keinen grünen Zweig komme und schon einmal geschrieben habe, dass es doch viel aufregender ist, sich überraschen zu lassen, was kommt oder nicht kommt.
Pause vom Ich. Pause von allem. Vielleicht öffnen sich dann die Geheimnisse des Universums von selbst. Und wenn nicht, auch gut. Es ist immer alles gut. Ja, alles ist gut. Alles gut. Gut.

Spirituelle Entwicklung hat so ihre Tücken und Fallen. Ich will Erleuchtung! Ich will Glückseligkeit! Klar, wir wollen alle glücklich sein. Und nicht nur das! Reich und schön könnte nämlich auch nicht schaden. Und das Wichtigste – Gesundheit, denn wir wollen ewig leben, auch wenn wir wissen, dass wir alle mal sterben.
Aber bleiben wir bei der Glückseligkeit. Um sie zu erreichen, sollten wir uns von dem lösen, was uns daran hindert glückselig zu sein. Es geht vor allem um materielle Wünsche, von denen wir nicht genug bekommen können, da die Wirtschaft immer wieder Neues auf den Markt bringt, das wir unbedingt haben müssen.
Niemand denkt dabei an das Geistige. Geistige Wünsche darf man haben? Klar, denn ohne geht es nicht. Zumindest brauchen wir ein Ziel und das ist nun mal die Glückseligkeit. Erreichen wir sie, klammern wir uns mit aller Kraft daran, bis sie uns durch das Klammern wieder entwischt. Das wäre mal die erste Falle.
Die zweite ist der Stolz, den bereits Freund Carlos als Falle angeführt hat. Stolz und die Macht über andere. Der Stolz, weil ich mich von anderen abgehoben habe. Weil ich mein Ziel erreicht habe und nun Teil der Weisen bin.
Wir sind gar nichts. Weniger als nichts. Und schon gar nicht sind wir durch spirituelle Praktiken besser geworden. Sie sind nur weitere Spiele in den Spielen des Lebens. Das darf nie vergessen werden. Aber doch bessere Spiele als uns mit allen möglichen materiellen Müll zuzudecken, der die Umwelt belastet.
Das Ziel sollte unpersönlich sein. Es soll uns nicht um uns selbst gehen, auch wenn wir Glückseligkeit ersehnen. Die Kraft, wie Freund Carlos schrieb, verabscheut Freiwillige. Wie also? Vielleicht ist es Vorbestimmung oder wir kommen bereits erleuchtet zur Welt wie all die Avatare oder Gurus.
Viel mehr denke ich, die meisten wahren Erleuchteten oder jene, die Glückseligkeit erreicht haben, leben im Verborgenen. Sie sind wie Lotosblätter. An ihnen bleibt nichts haften – weder Freude noch Leid, auch wenn sie mitten in all diesem irren Trubel der Menschenwelt leben. Es sind keine Mönche oder Eremiten, die in Höhlen leben. Es sind Menschen, die, wie man so sagt, mitten im Leben stehen. Familie und Job. Und sie wissen gar nicht, dass sie erleuchtet und glückselig sind.
Wie kann ich glückselig sein, wenn ich mich weder von Freude und Leid überraschen lasse? Gehören Freude und Glück denn nicht zusammen? Es sind nur Worte. Ewige Glückseligkeit – würde ich sagen – lässt sich in dieser Menschenwelt nicht erreichen. Aber Gleichmut oder Gelassenheit. Und das Wissen, dass Freude und Leid kommt und geht. Kommt und geht. Wir lassen uns nicht mehr von diesen Schwankungen manipulieren. Wir stehen dem gelassen gegenüber.
Wo sind hier die Fallen? Man könnte gefühlskalt werden. Oder denken, wenn ich das schaffe, schaffen das andere auch. Aber so viele andere schaffen es nicht und gehen an dieser Welt zugrunde. Gelassenheit und Gleichmut ohne Mitgefühl ist eine Falle. Gelassenheit und Gleichmut mit urteilen und verurteilen ist ebenso eine Falle.
Es gibt vielleicht noch viele Fallen. Dabei denke ich Don Juan, der einst gesagt haben sollte: „Eines Tages fand ich heraus, dass ich keine Persönlichkeit brauche und warf sie einfach weg.“ Dann gibt es vielleicht keine Fallen mehr, denn dann haben wir uns in der Kraft versenkt und sind eins mit ihr. Zumindest so sehr „eins“ wie es in der Menschenwelt möglich ist. Oder aber, in dem Moment der Versenkung haben wir die menschliche Bewusstseinsblase durchbrochen und sind frei.
Freiheit wäre vielleicht das noch größere Ziel als Glückseligkeit – Freiheit von Körper und Geist. Das reine Sein. Das absolute Sein. Und das ganz ohne Tücken und Fallen.

Heute Morgen hatte ich den Gedanken, dass das Selbst, wie es im Advaita heißt, immer unberührt bleibt, während das Ego über alles urteilt und wertet.
Da gibt es doch diese Geschichte von dem Mönch, der beschuldigt wird, eine junge Frau geschwängert zu haben. Das Baby wird ihm gebracht und er zieht es auf. Wenige Jahre später tut es der jungen Frau leid, dass sie gelogen hat und will das Kind wieder haben, das ihr der Mönch ohne weiteres überlässt. Er verteidigt sich nie und er verurteilt die junge Frau und ihre Familie auch nicht wegen der Lüge. „Es sei wie du sagst“, sind stets seine Worte. Unberührt von dem Geschehen in der Welt, wie das Selbst.
Das heißt also nicht, dass unser Leben nichtig ist, weil auch wir Menschen nichtig sind und uns viel zu wichtig nehmen. Es stimmt, dass wir nichtig sind und uns viel zu wichtig nehmen, aber auf eine ganz andere Art, die es zu erkennen gilt. Wir echauffieren uns zu oft bei Dingen, die nicht zu ändern sind. Wir lassen uns gehen, wo wir hinweg schauen sollten. „Herr, schenk mir Gelassenheit!“ soll das tägliche Mantra sein. Die Gedanken zähmen, die alles meist schlimmer und manches aber auch besser machen, als es in Wirklichkeit ist. Und wie es ist, sei einerlei, denn das Selbst urteilt und wertet nicht. So wie der Mönch, der das Kind an sich nahm, es liebevoll aufzog, es aber auch wieder liebevoll der Mutter überließ. Der Mönch lehrt uns hierbei zweierlei, erstens, alles im Leben annehmen, wie es kommt und zweitens loslassen. Immerhin hat er das Kind aufgezogen und es geliebt und doch trennt er sich ohne Klagen von ihm und überlässt es der Mutter.
Herr, schenk mir Gelassenheit! Amen (so sei es)!

„Die einzige eines höheren Menschen würdige Einstellung ist das beharrliche Festhalten an einer Tätigkeit, die er als nutzlos erkennt, das Unterwerfen unter eine Disziplin, von der er weiß, dass sie fruchtlos ist, und das rigorose Anwenden philosophischer und metaphysischer Denknormen, deren Bedeutungslosigkeit er erkannt hat.“ (Fernando Pessoa)
Eine bemerkenswerte Einstellung, die der portugiesische Poet und Philosoph mit diesen Worten beschrieben hat. Könnte ich mir dieser Einstellung bewusst sein, bzw. werden, denn ich halte noch immer sehr viel von meinen Tätigkeiten und bin viel zu oft stolz auf meine Schreibereien, wie auch Malereien?
Sich nicht wichtig nehmen! Das oberste Gebot des guten, alten Don Juans. Sich nicht und auch das nicht, was man tut, sagt und denkt. Ganz anders, als Kim einst in den Gesprächen verlauten ließ, indem er sagte, dass tun, sagen und denken immer und überall im Einklang sein sollten. Wenn ich mir zum Beispiel denke, dass meiner Bekannten die neue Frisur gar nicht steht, sollte ich es ihr auch sagen. Nimmt sie sich wichtig, wird sie beleidigt sein. Nehme ich mich wichtig, ist mir auch mein Urteil wichtig.
Nicht werten und nicht urteilen! Das nächste Gebot.
Aber scheiß drauf auf all diese Gebote! Die sind genauso unwichtig wie alles in diesem Leben. Alles lachhaft. Kindisch. Unreif. Und dazu sei noch gesagt, was soll das mit einem „höheren Menschen“? Irgendwie gefällt mir diese Benennung nicht. Wenn ich mich als „höheren Menschen“ betrachte, nehme ich mich unweigerlich wichtig. Vielleicht kann ich mich, laut Pessoa, wichtig nehmen, aber nicht das, was ich tu, denke und sage? Leider lebt der gute Mann nicht mehr. Hat sich zu Tode gesoffen in dieser herzlosen Welt. Sonst hätte ich ihn fragen können, wie er das meint.
Pessoa hat einiges über die Seele geschrieben, über das Selbst. Vielleicht meint er das mit „höher“? Aber dann hätte er den Menschen weglassen müssen.
Aber mir gefallen die Zeilen des Portugiesen. Und ich gebe ihm auch recht, obwohl ich nicht weiß, ob es auch so ist. Man soll ja auch sein Licht nicht unter einem Scheffel stellen. Oder durch schlechte Eigenkritik nach Lob heischen. Deshalb meine ich von mir auch, dass ich in diesen Zeilen noch lange nicht meine eigene Einstellung erkennen kann.
Ich habe auch schon selbst darüber nachgedacht, was, wenn mich niemand liebt, wenn sich niemand für mich interessiert und ich allen egal bin, kein Mensch mir eine Träne nachweint. Alle tun nur so, als würden sie sich aus mir etwas machen. Dieses Spiel spielte ich auch schon mal mit Kim in den Gesprächen. Kim, mein Seelengeist, meinte, dass mein Mann mich gar nicht liebt, sondern nur das, was ich tue und vielleicht mein Aussehen, bis auch das verwelkt. Und ich soll mir vorstellen, was mein Mann tun würde, wenn ich den ganzen Tag nur faul im Bett liegen würde. Er würde sich sofort von mir trennen, was, laut Kim, besagt, dass er mich gar nicht liebt, sondern nur das, was ich tue.
Niemand liebt mich. Niemand schert sich wirklich um mich. Jeder ist sich selbst der Nächste. Sich dessen bewusst zu sein ist harter Tobak. Sag immer die Wahrheit und du hast keine Freunde mehr. Stimmt sogar und oft zum Großteil. Nur wenige bleiben, wenn du immer das bist, was du im Augenblick fühlst. Authentisch sein hat nichts mit Freundlichkeit oder Höflichkeit zu tun.
Der Mensch nimmt sich zu wichtig. Deshalb hat er Religionen und die vielen Himmel erschaffen. Um unsterblich zu sein. Und um zu herrschen, was natürlich zu 70% der Grund aller Religionen war und vielleicht auch noch ist. Gott ist tot, - sagte Nietzsche; - es lebe der Übermensch! Und der scheißt sich überhaupt nichts. Der tut, denkt und sagt, was er will.