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Buchrückentext

Eine junge Frau, Maria Dorner, erwacht im Krankenhaus aus einem 10-tägigen Koma Sie erkennt ihren Freund wieder. Sie erinnert sich an alles, aber irgendetwas ist anders. Ihrem Empfinden nach erlebte sie während dem Koma 10 Jahre und lernte in diesen 10 Jahren einen jungen Mann, namens Kim, kennen, der ihre Welt vollkommen auf den Kopf stellte.
Seine Ausstrahlung verzaubert alle, - ob jung, alt, Mann oder Frau. Als Rockstar wird er weltberühmt und konkurriert in allen Charts nur mehr mit sich selbst. Nur langsam bahnt sich eine ganz besondere Liebe zwischen Maria und dem einzigartigen Star Kim an, bis sie ein Paar werden. Erst dann lüftet sich das Geheimnis um Kim, worüber die ganze Welt rätselt. Ist Kim etwa ein Außerirdischer?
Und gleichzeitig stellt sich die Frage: Waren die 10 Jahre nur ein Komatraum, oder befand sie sich gleichzeitig im Krankenhaus, wie auch in einer anderen Welt?

2 Textausschnitte

Kim hatte Erfolg mit seiner LP. Er nannte sie "Love". Das Cover war dunkelblau. Mit großer, dicker Schrift stand rot "Love" in der Mitte, und darunter mit kleiner Schrift "Kim". Das "O" im Wort Love war ein Herz, welches in der Mitte von einem goldenen Pfeil gebrochen war. Auf der Rückseite war ein großes Foto der Band.
Es wurde eine Single ausgekoppelt, die in Deutschland sofort Nummer 1 in den Charts wurde. Presse, sowie Rundfunk und Fernsehen sprachen von einem neuen, aufgehenden Stern. Es dauerte nicht lange und Kim war über die Grenzen hinaus bekannt.
In einer Musikzeitschrift las ich eine gute Kritik über ihn, der ich sofort zustimmte.
"Eine neue Band lässt ganz Europa aufhorchen. Sie nennt sich KIM, - ich nehme an, nach dem hervorragenden Sänger der Band. Ich habe das Album eben angehört und musste unweigerlich auf die Stimme achten. Kräftig, klar, tief und dann wieder hoch und einschmeichelnd sanft wie die Stimme eines Farbigen. Für Hard-Rock-Fans ein muss und für solche, die es noch werden wollen, der beste Einstieg zu dieser Musik. Noch ein Tipp! Der Sänger ist zwar braungebrannt, und wie man auf dem Cover sehen kann, unheimlich gut aussehend und sehr, sehr sexy.“
Diese Kritik wurde von einem Mann geschrieben.
Kim sah wirklich unheimlich schön auf diesem Foto aus, aber seine Ausstrahlung, der man unweigerlich verfällt, überkommt einem erst, wenn man ihm gegenübersteht.


Kim schwamm weiter ins Meer hinaus und ich ging zu Manola zurück, die auf der Decke lag. Immer wieder tauchte Kim gekonnt unter den Wellen durch. Ich bekam etwas Angst, als er schon sehr weit draußen schwamm. Mein Herz begann immer schneller zu klopfen, weil Kim noch immer nicht umkehrte. Rufen wäre zwecklos gewesen, denn das Meer rauschte laut. Ich stand auf und winkte, aber Kim sah mich nicht. Verzweifelt setzte ich mich und weinte vor lauter Angst. Ich kam mir zwar töricht vor, aber ich konnte nichts gegen die Angst, Kim zu verlieren, tun. Ich legte meinen Kopf auf meine Knie und weinte hemmungslos. Ich wagte nicht mehr, aufs Meer hinaus zu schauen, denn ich befürchtete, Kim nicht mehr zu sehen.
Plötzlich fielen Wassertropfen auf mich. Ich sah auf und blickte in das geliebte Gesicht. Ich sprang auf und stürzte mich weinend in seine Arme.
"Was ist los? Warum weinst du? Manola ist doch okay, oder?", fragte er besorgt.
Ich nickte und löste mich sanft von ihm.
"Ich bin verrückt, Kim", stammelte ich.
"Das weiß ich doch, sonst würdest du mich nicht lieben", sagte Kim schmunzelnd.
"Als du so weit hinaus geschwommen bist, überkam mich plötzlich die fürchterliche Angst, du könntest ertrinken. Es sind schon viele Menschen im Meer ertrunken, weil sie sich zu weit hinaus gewagt haben und sich überschätzt haben. Darunter waren auch gute Schwimmer. Ich wollte dich rufen, habe gewinkt, aber du hast nichts bemerkt. Ich hatte solche Angst um dich, mein Liebling.
Mach das bitte nie wieder. Wenn du schon wie verrückt schwimmen willst, dann mach das bitte im Pool."
Manola unterbrach mich mit ihren glucksenden Lauten. Kim lächelte und legte unser Baby zwischen uns. Liebevoll legte er sich zu ihr und streichelte ihre nackten Beinchen.
"Ich glaube, sie hat Hunger", sagte er, als sich Manola mit ihrem Gesicht an seine Brust drückte.
Sie musste ihren Kopf nicht heben, da Kim seitlich zu ihr lag und seine Brustwarze genau in der Höhe ihres Mundes war.
"Sie will bei dir trinken", sagte ich lachend und sah dann erstaunt auf Kim, als er seine Brustwarze in Manolas Mund drückte.
"Sie trinkt", sagte Kim und sah mich an. "Sie trinkt wirklich. Ich kann es spüren."
"Sie trinkt die paar Tropfen Meerwasser auf deiner Brust und das wird ihr sicher nicht schmecken", sagte ich und lachte wieder.
Aber dann wurde ich ruhig, als ich sah, wie Manola mit geschlossenen Augen saugte, als ob die beste Muttermilch aus Kims Brust kommen würde.
"Trinkt sie wirklich?", fragte ich gebannt und Kim nickte stumm.
Nach einigen Minuten hatte Manola genug und ich nahm sie in meine Arme.
"Was hat sie getrunken, Kim? Was?", fragte ich verwirrt.
Kim drückte seine Brustwarze mit zwei Fingern zusammen, aus der Manola getrunken hatte. Es kamen einige Tropfen gelblicher Flüssigkeit heraus. Kim kostete.
"Mm!", machte er und benetzte seinen Zeigefinger abermals mit der Flüssigkeit, um mich kosten zu lassen.
Es schmeckte unheimlich gut, - fast so süß wie Honig und viel geschmackvoller als meine Lieblingsschokolade. Es war einfach eine Gaumenfreude sondergleichen.
"Gib mir mehr, Kim. Das schmeckt ja köstlich", sagte ich aufgeregt.
Kim lachte und benetzte seine Finger abermals.
"Wenn es dir zuwenig ist, kannst du auch trinken. Ich bin sicher, es ist genug da", sagte er noch immer lachend und klopfte sich auf seine muskulöse Brust.
Ich wusste nicht, warum ich es nicht tat. Ich hatte einfach Ehrfurcht. Ehrfurcht vor, - ich weiß es nicht. Ich sah Kim nur an. Seine schönen Augen, die mehr sagten, als ich jemals mit Worten ausdrücken könnte. Seine leicht zitternden Lippen, die etwas aussprechen wollten, aber nicht konnten, weil Kim meine Ehrfurcht spürte. Mein Blick wanderte über seinen vollkommenen, - unmenschlich vollkommenen Körper, der in diesem Moment wirklich wie eine Bronzestatue wirkte. Die Wassertropfen auf seiner samtweichen Haut glänzten golden in der Sonne. Sein Haar, das immer sehr schnell trocknete, legte sich lockig und mit unwahrscheinlicher Dichte über seine Schultern. Der sehr knappe Stringtanga deutete nur an, welche Pracht darunter steckte. Es ist sicher nicht gerade Schönheit, oder Ästhetik, was männliche Geschlechtsorgane ausdrücken, aber bei Kim war auch das anders. Es gab nichts an seinem Körper, was man nicht bewundernd ansehen musste. Er wirkte nicht echt, - niemals, und doch war er da. Wie eine Erscheinung lag er vor mir und stützte sich mit einem Arm seitlich ab. Seine langen, wohlgeformten Beine streckten sich im warmen Sand, da unsere Decke viel zu klein für seine Größe war. Vorsichtig streckte ich meine Hand nach ihm aus und berührte ihn leicht an seinen schmalen Hüften. Ja, er war da, - es gab ihn wirklich! Diese vollkommene Schönheit war wirklich auf unserer Erde.
"Du bist nicht von dieser Welt, Kim. Das kannst du nicht sein", sagte ich leise.
Kim senkte seinen Blick und spielte verlegen mit dem Sand, der auf unsere Decke geweht wurde. Ich stand auf und nickte ihm zu. Er verstand mich auch ohne Worte, - er konnte ja Gedanken lesen...

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Buchrückentext

Maria hat zu Kim zurück gefunden und somit auch in ein unbeschreibliches Abenteuer, in dem sich das Universum mit all seinen Energien offenbart, die es zu retten gilt. Kim und Maria reisen in andere Welten, auch in das Reich der Toten, aus dem Kim einen Freund aus seiner Jungend zurückholt.
Nach dem Ende seiner Karriere als Rockmusiker geben die Medien nicht auf und suchen abermals nach dem Geheimnis, das Kim umgibt. Nachdem er von einer Geheimorganisation festgenommen wird, stellt sich heraus: Kim ist tot…

2 Textausschnitte

Die Anspannung vom Zuhören fiel langsam von mir. Jeder einzelne Song wurde mir mehr und mehr bewusst, und ich spürte mit jeder Faser meines Körpers Kims Traurigkeit, die in dieser Zeit, als er diese Songs geschrieben hat, von ihm Besitz nahm. Diese Songs sollte ich eigentlich nicht mehr hören, höchstens in der anderen Dimension, von einer anderen Band, einer anderen Stimme, die mich sicher auch beeindruckt hätte, die aber nie diesen erotischen Unterton gehabt hätte.
"Ich konnte mich in dieser anderen Dimension nicht mehr so richtig an deine vielen Stimmen erinnern, Kim. Nur eine Stimme ist ganz besonders hängen geblieben. Das war die Stimme, als ich einen alten Song von dir in der anderen Welt hörte."
"Vielleicht deshalb, weil ich diese Songs ganz bewusst für dich geschrieben habe. Ich habe dich gesehen, - wusste, dass es dich gibt, und von diesem Augenblick an, konnte ich nur mehr Songs schreiben, wenn ich an dich dachte."
Ich nahm Kims Hand und lächelte ihn glücklich an.
Mike wurde ernst und sah mich an.
"Die letzte Zeit war sehr schwer, Maria. Wir hatten große Angst um Kim", sagte er leise. "So hast du ihn sicher noch nie gesehen. Es gab nur eines und das war, Kim mit seiner Musik abzulenken. Kim wollte seine Traurigkeit vor uns verstecken. Du kennst ihn ja, - er wollte nie, dass wir uns seinetwegen Sorgen machen."
"Nun mach mal halb lang, Mike!" sagte Kim lachend. "Du übertreibst!"
"Ich übertreibe? Oh, Maria! Dieser verrückte Typ liebt dich wie wahnsinnig. So etwas habe ich überhaupt noch nie erlebt. Ich habe schon einige Jungs mit Liebeskummer gesehen, aber so etwas noch nie.
Bei vereister Fahrbahn raste er mit seiner Harley dahin, als ob er sich umbringen wollte. Ich bin einmal hinter ihm hergefahren, und da klopfte mein Herz bis zum Hals. Ich hatte Mühe, mit ihm mitzuhalten und schwitzte Blut."
"Ist etwas passiert?" fragte Kim mit hochgezogenen Brauen.
"Zum Glück nicht!" sagte Mike ärgerlich. "Wenn es dich bei diesem Höllentempo erwischt hätte, dann hätten wir die einzelnen Teile von dir einsammeln können. Er wollte sterben, Maria. Er wollte wirklich sterben."
"Das glaube ich nicht, Mike", sagte ich. "Kim weiß doch, dass er unsterblich ist. Vielleicht wollte er einen Unfall haben, um seine seelischen Schmerzen nicht mehr so arg zu spüren, weil dann die körperlichen Schmerzen überwiegt hätten."
Mike nickte und sah mich nachdenklich an.
"Und wie ist das mit dir, Maria? Du bist wohl genauso vernarrt in diesen Verrückten. Du bist sogar für ihn gestorben. Ja, das bist du wirklich. Als Kim mir erzählte, dass du nur, wenn du in der anderen Welt stirbst, zu ihm zurückkommen kannst, drehte ich fast durch. Aber glaube mir, es war für ihn selbst ein Alptraum. Er sagte immer wieder, dass es aussichtslos ist. Erstens hättest du alles vergessen können, dann wärst du nie wieder zurückgekommen und zweitens, - sterben, - nun, welcher Mensch würde das wohl freiwillig tun? Kim wusste dass du in einem Krankenhaus aufwachen wirst und man dir sagen wird, dass du 10 Tage im Koma gelegen bist.
Ach, ihr beide ahnt gar nicht, wie glücklich ihr seid und wie sehr ihr euch liebt."
"Ich glaube schon", sagte Kim leise und lächelte. "Ich erkenne es in ihren Augen und in ihrem Herzen."
"Ihr beide seid mir schon ein Paar", sagte Mike kopfschüttelnd. "Jetzt seid ihr endlich wieder zusammen, und das ist das Wichtigste."
"Ja, Mike. Das ist wirklich das Wichtigste", sagte ich müde und lehnte meinen Kopf an Kims Schulter.
Er spürte meine Müdigkeit sofort.
"Jetzt gehst du aber sofort wieder ins Bett. Okay?", sagte er besorgt. "Und ich werde dir das Mittagessen ans Bett bringen."


Es war ein seltsames Gefühl, als ich mitten in der Nacht munter wurde. Es war kein normales Aufwachen, sondern eher das Gefühl, noch tiefer in einen Traum hinein gestoßen zu werden. Aber in einen Traum, der noch realer war, als die Realität. Um meinen Körper bildete sich ein leuchtender Schutzschild, der mich warm umhüllte. Ich richtete mich auf und blickte auf Kim. Er lag auf dem Rücken und starrte zur Zimmerdecke hoch.
"Es ist so weit", sagte er leise. "Die Wesen der Anderen Seite erwarten uns beide."
Ich spürte plötzlich mein Herz bis zum Halse klopfen und hatte Angst, wie noch nie in meinem Leben. Trotzdem zog es mich dort hin, - in eine Dimension, die bar jeder Vorstellung für mich war. Es war ein unüberwindbarer Drang, der mir für ein paar Sekunden die Angst nahm und mein Herz wieder normal, fast zu langsam, schlagen ließ. Ich spürte eine enorme Kraft in mir, die sich nach außen drängte und eine wilde Kampflust, die sich in meinen Augen widerspiegeln musste.
"Amazone", sagte Kim leise und nahm meine Hand. Wir standen auf und stellten uns in die Mitte des Schlafzimmers.
"Du hast die Kraft, diese Reise in eine andere Dimension zu überstehen, Maria. Aber du darfst dich niemals umsehen. Niemals zurück schauen, Maria. Wahrscheinlich wirst du auch keine Zeit dazu haben, denn die Kraft wird uns mit unwahrscheinlicher Geschwindigkeit in eine andere Dimension stoßen."
Es ging sekundenschnell. Ich wusste nicht, wie mir geschah, als ich urplötzlich von dunklem Licht umgeben war. Es mag seltsam klingen – aber es war eine Art Licht, das sich über helles Licht senkt und es dadurch verdunkelt. Dennoch war es keine Dunkelheit – im Gegenteil, alles erschien mir heller als durch Strahlen eines Halogenscheinwerfers. Eigentlich war die Dunkelheit nur ein Gefühl in mir, bis ich erkannte, dass alles nur ein Fühlen war. Ich sah nichts in dem Sinn, wie ich auf der Erde mit den Augen sehe. Meine Augen sahen nicht – sie fühlten.
Meine Bewegungen waren ebenso anders als auf der Erde – viel schneller, als würde mich das dunkle Licht beschleunigen. In der nächsten Sekunde – als würde auch die Zeit viel schneller vergehen – nahm ich Bewegung im Licht wahr und erkannte gleichzeitig unbeschreibliche Formen.
Ich nahm mir keine Zeit, sie näher zu betrachten und spreizte sofort meine Finger, um Blitze auf sie abzuschießen. Das Licht um mich herum veränderte sich. Es wurde heller! Von überall her drang lautes Klagen und Wimmern. Und mit einem Schlag war das Grauen vorbei.
Neben mir stand Kim in seiner höchsten Schönheit. Er leuchtete strahlend golden. Sein sonst schwarzes Haar wehte goldblond im Sturm nach hinten. Es war fast bodenlang geworden. Jeder Muskel seines glühenden Körpers war angespannt. Seine Finger waren weit gespreizt, bereit, aus seinen wie Metall aussehenden, langen Fingernägeln, die tödlichen Blitze auf die Wesen der Anderen Seite zu senden. Ich sah in seine Augen, die noch viel heller leuchteten als sein Körper und wie sie die Umgebung konzentriert absuchten. Es waren strahlend gelbe Augen, die trotzdem liebevoll und warm waren.
Als ich an meinem Körper herunter sah, erkannte ich, dass ich auch ein Leuchtendes Wesen war. So wie Kims Haar, war auch meines goldblond und länger geworden. Auch meine Fingernägel waren enorm gewachsen und sahen aus wie Metall. Aber mein Strahlen war nichts gegen Kims Strahlen. Er ist doch der König des Universums. Ja, er ist es wirklich.

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Buchrückentext

Maria hat ihre Aufzeichnungen auf der Erde beendet Als sie und Kim auf der Leuchtenden Welt sind schreibt sie jedoch weiter und erinnert sich an die letzten Jahre auf der Erde. Ihre Berichte handeln aber auch von Begebenheiten auf der Leuchtenden Welt, sowie Abenteuer auf anderen Planeten und in anderen Dimensionen, bis zum Moment der letzten, großen „Aufgabe“, das Universum ein für allemal ins Gleichgewicht zu bringen.

2 Textausschnitte

Die Farben des weichen Bodens reichen vom hellen Gelb bis zum dunklen Rotviolett. Aus diesem Boden ragen spitze, schroffe Felsen, von denen manche fast 1000 Meter hoch sind. Die kleinen Felsen, ungefähr ein bis zwei Meter hoch, senden bei Berührungen sanfte Klänge aus.
Der Boden ist leicht hügelig, wobei die Erhebungen ein sattes, grelles Gelb aufweisen. Der Horizont glänzt fast schwarz, aber der Himmel direkt über mir strahlt in einem leuchtenden Rot.
Die Wesen hier sind friedlich. Sehr oft höre ich ihr helles, kindliches Lachen in mir. Es sind Kinder, wie sie auf der Erde lebten, aber ohne Bosheit, denn sie kennen keine Gewalt. Manchmal vergleiche ich sie auch mit den Menschen, die man auf der Erde in gewissen Anstalten gesperrt hat - genannt Irrenhäuser - aber auch das ohne Feindseligkeiten und ohne Gewalt. Es sind gewissermaßen Engel, die man einfach lieben muss.
Wir alle sind eine große Familie, die immer zusammen hält. So groß dieser Planet auch ist, hier ist überall das Zuhause. Niemandem gehört ein bestimmter Platz. Dieser Planet ist für alle da. An jeder Stelle dieses weichen Bodens kann man sich niederlassen, sich ausruhen und in heiliger Stille in sich kehren. Leuchtende Wesen kehren sehr oft in sich und hocken stundenlang an einem Platz. Sie können dann so ruhig sein, dass man glauben möchte, es gibt kein Leben mehr in ihnen. Aber im nächsten Moment können sie sich in wahre Temperamentsausbrüche stürzen, und dann höre ich immer ihr ausgelassenes, glasklares Lachen tief in meinem Herzen. Sie tollen herum wie Kinder und machen Späße, denen sich niemand entziehen kann.
Es sind künstlerisch veranlagte Wesen, die mit ihren strahlenden, zarten Händen aus dem weichen Boden phantastische Skulpturen zaubern, Bilder in den Boden malen, wobei gelbe bis rotviolette Farbe aus ihren Fingern quillt. Oder sie bringen die kleinen Felsen durch feinfühlige Berührungen zum Singen und erzeugen eine Musik, wie ich sie noch nie gehört habe. Einige dieser besonders schönen Wesen schreiben mit ihren Fingern auf Blätter, die dem Papier auf unserer Erde sehr ähnlich sind. Sie schreiben Gedichte, phantasievolle Geschichten, wie sie kaum ein Poet auf unserer Erde hätte schreiben können.
Auf diesem Planeten herrscht Friede, der niemals darauf schließen lässt, dass sich irgendwo da draußen Planeten befinden, die in Krieg leben. Gefühle voller Liebe und Frieden herrschen auf der Leuchtenden Welt.
Sensibilität steht für diese Wesen, - Sensibilität nicht für sich selbst, was man ja leicht als menschlichen Egoismus auslegen könnte, sondern für andere Wesen, um sich in sie hinein zu versetzen und ihnen die Liebe geben zu können, die sie brauchen. Ihre Herzen sind zwar leicht verletzbar, aber sie kennen nur Liebe und würden sich niemals gegenseitig Leid zufügen, so dass sie ihre Verletzbarkeit nie kennen lernen werden.
Ich weiß, wovon ich spreche, denn meine Liebe gehört so einem Wesen. Mit diesen Worten habe ich ihn beschrieben - still, sanft, plötzlich kindlich temperamentvoll, musisch begabt, voller Liebe und Frieden. Das ist Kim, mit eigentlichen Namen - Arima, König des Universums.


Und ich muss sagen, auch mir stockte der Atem, als ich Kim sah. Zwar hatte ich ihm selbst den kessen Kurzhaarschnitt verpasst, aber viel mehr verblüffte mich die regelrechte Verwandlung durch den eleganten Anzug. Kim zog sich erst um, nachdem ich das Schlafzimmer verlassen hatte. Er wollte es besonders spannend machen, da ihn unsere Mädchen noch nie in einem Anzug gesehen haben. Nun ja, und dann überraschte er uns, - Manola und Cora, die bereits in ihren Brautkleidern im Wohnzimmer warteten, Kerstin, Eric, Luisa, den Kleinen und mich. Wir standen unten an der Treppe mit weit aufgerissenen Augen und Mündern. Kim war noch Kim, aber das war nicht das Ausschlaggebende. Er war kein Dressman, als wäre er aus einem Modejournal entsprungen. Es war einfach unbeschreiblich, wie er mit seinem unnachahmlichen Gang langsam über die Treppe herunter kam. Leicht lächelnd und mit einem ganz besonderen Glanz in seinen schocktürkisen Augen. Jetzt, in diesem Moment, waren nicht mehr unsere beiden Mädchen der Mittelpunkt, wie vor wenigen Minuten, als wir ihre Schönheit in diesen prunkvollen Kleidern bewunderten, - jetzt war es Kim.
Der dunkelblaue, sehr modische Anzug passte wie angegossen. Kein anderer hätte ihn so tragen können, wie er. Das zart in sich gemusterte, weiße Spitzenhemd, die blau in blau gestreifte Krawatte und die eleganten, dunkelblauen Herrenschuhe, - das alles schien nur für Kim geschaffen worden zu sein.
Wir kannten ihn ja nur mehr in geflickten, durchlöcherten Jeans, meistens barfuss, lange, wilde Mähne, kaugummiekauend und verwegen sinnlich. Die Eleganz, die er ausstrahlte, das war es, was wohl niemand in ihm vermutet hatte. Und er hatte sie doch, wie kaum ein anderer.
Wie er den Kontrast zu seiner früheren Kleidung einfach wegstecken konnte und jetzt vor uns stand, als hätte es nie eine andere Kleidung für ihn gegeben, als nur elegante, maßgeschneiderte Anzüge, - das war reinste Magie. Seine mächtige Ausstrahlung, seine überirdische Schönheit, sein freches, lausbubenhaftes und doch sehr, sehr männliches Lächeln, übermannte uns alle. Noch vor kurzem stürmte er barfuss in seinen geflickten Jeans und mit nacktem Oberkörper wie ein Lausejunge die Treppen hoch, und jetzt kam er verwandelt und doch noch immer er selbst als eleganter, junger Herzensbrecher die Treppen herunter.
"Jetzt kann ich verstehen, warum die ganze Welt nach ihm verrückt war", stieß Kerstin hervor. "Wahrscheinlich haben ihn viele Menschen so gesehen, wie er nun vor uns steht."
"Ja, - was für ein Mann", sagte ich leise und erinnerte mich an Tante Isabella, als sie Kim das erste Mal gegenüber gestanden ist und ihn sicher auch so gesehen hatte.
Cora hob ihr Brautkleid etwas hoch und ging Kim auf den letzten Stufen entgegen. Er reichte ihr seine Hände und lächelte sie an. Der Zauber übermannte uns abermals, als sich Vater und Tochter fast verliebt ansahen. Cora bekam feuchte Augen und musste sich beherrschen, um nicht zu weinen, da sonst ihr perfektes Make-up zerronnen wäre.
"Wenn ich dich jetzt so ansehe, Daddy, - muss ich mir noch einmal gut überlegen, ob ich wohl zu dem richtigen Mann ja sage. Deine Schönheit überstrahlt einfach alles. Ich liebe dich, Daddy. Ich werde dich immer lieben. Diese Liebe kann mir niemand nehmen. Niemals", sagte Cora und kam dann mit ihrem Vater stolz die Treppen herunter.
Auch Manola drückte sich mit feuchten Augen an Kim.
"Das gilt auch für mich, Daddy. Ich werde dich immer lieben", sagte sie leise und blickte zu ihrem Vater hoch, der unsere Mädchen glücklich anlächelte.

Kim ist seit meinem 13. Lebensjahr bei mir. Sein Leben (in der 6. Erddimension) verläuft parallel zu meinem. Erst viel später, ab 1982 begann ich über dieses (Paralell-)Leben zu schreiben, woraus diese 3 Bücher entstanden und ich sie, statt 20 - 30 Ordnern mit losen Blättern, - in Buchform in Händen halten kann.
Es entstanden zwischendurch auch "Gespräche mit Kim", wodurch sich die "Kim-Saga" ein wenig veränderte, aber Kim sich immer besser heraus kristallisierte, indem ich in Marias Namen über sein Leben schrieb.
Ich kann mir Kim - Arima nicht mehr wegdenken. Er ist Teil meines Lebens und wenn es noch so verrückt sein mag - er IST mein Leben.

Hab jetzt was zum Bilder raufladen entdeckt, dann kommt vielleicht die blöde Meldung nicht wieder, dass zu viele Bilder im Forum sind ... grrrr

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Textausschnitte aus den "Original-Schriften"
(nicht gekürzt wie in den veröffentlichten Büchern)

Kim 4.Buch
2 Textstellen

Schon am nächsten Abend waren wir in Slatina. Bis wir in das kleine, entlegene Dorf kamen, verging kostbare Zeit. Zweimal verfuhren wir uns, aber dann standen wir endlich vor dem Haus. Es war stockfinster und alles sah richtig gespenstisch aus.
Plötzlich wurde an einem Fenster Licht. Wir wollten gerade aussteigen, als sich die Eingangstür öffnete. Ich spürte mein Herz bis zum Hals klopfen. Das Gesicht einer Frau, mit schulterlangem, schwarzen Haar, kam zum Vorschein.
"Wartet im Auto", zischte sie und verschwand wieder im Haus.
Kim und ich sahen uns fragend an und taten, wie sie uns geheißen hatte. Ich setzte mich auf den Rücksitz, um ihr vorne neben Kim Platz zu machen.
Das Licht am Fenster wurde gelöscht. Kims Mutter huschte aus dem Haus. Sie trug einen kleinen Koffer bei sich und lief zum Wagen. Schnell stieg sie ein und schlug die Wagentür etwas fester zu.
"Weg hier! Schnell! Man darf uns nicht sehen!", sagte sie erregt und klopfte Kim aufmunternd auf die Schulter.
"Wohin denn?", fragte Kim konfus.
"Egal! Einfach weg von hier!", sagte Nina und rieb sich die Hände.
Schweigend fuhren wir einige Kilometer weiter, bis Kim an einem Parkplatz seinen Jaguar anhielt und seine Mutter fragend ansah.
"Was soll das? Willst du von zu Hause ausreißen?"
Nina nickte. Kim machte Licht im Auto. Der Schelm blitzte Nina aus den Augen. Jetzt konnte ich Kims Mutter endlich richtig ansehen. Sie sah unheimlich jung aus, hatte kaum Falten, war gertenschlank und wirkte sehr temperamentvoll. Zwischen Nina und Kim gab es keine äußerlichen Ähnlichkeiten, aber irgend etwas schien sie mehr zu verbinden als die Tatsache, daß sie Mutter und Sohn sind. Es war auch nicht nur diese fast schon erschreckende Jugend, die beide für immer gepachtet hatten. Wie sich beide nun ansahen, fühlte ich ganz deutlich den Zauber. Ich mußte diese Frau atemlos ansehen. Das war also Kims leibliche Mutter. Ihre Bewegungen, ihre Schnelligkeit waren die eines jungen Mädchens. Auch ihre Stimme klang jung und hell. Vor allem ihre fast schwarzen Augen strahlten so viel Jugend aus, wie ich sie noch nie bei Frauen ihres Alters gesehen hatte. Maggie wirkte auch jugendlich, aber das, was diese Frau an sich hatte, machte sie total alterslos.
"Kim, - mein Sohn", sagte sie leise und streckte ihre Arme aus.
Kim zitterte leicht, als er sich zu Nina neigte und in ihre Arme sank.
"Was wird nun? Was hast du vor?", fragte Kim, als er sich wieder auf seinem Sitz zurecht rückte.
Nina schien nach den richtigen Worten zu suchen.
"Ich möchte mit euch kommen", sagte sie und sah bittend zu mir auf den Rücksitz zurück. "Ich möchte für immer bei euch bleiben."
Zaghaft wanderte ihre Hand zu mir. Ich faßte sofort zu und nickte lächelnd.
"Um alles in der Welt!", fuhr Kim auf und rollte seine großen Augen. "Es ist ja schön, daß du das willst, aber wie stellst du dir das vor?"
"Habt ihr keinen Platz im Kofferraum?", fragte Nina und lächelte unbekümmert.
Kim atmete tief durch und faßte sich an die Stirn.
"Wenn wir an den Grenzen aufgehalten werden, kontrollieren sie zuerst den Kofferraum", sagte er fast verzweifelt.
Nina lachte hell auf und ließ meine Hand los.
"Das werden sie nicht! Dich kennt doch die ganze Welt, mein Sohn!"
Kim stieß die Luft hart aus.
"Sicher kennt mich die ganze Welt, aber das heißt noch lange nicht, daß es für mich keine Grenzen gibt. Außerdem könntest du da hinten ersticken."
Nina lachte wieder auf. Ihr Lachen war glockenhell und genauso ansteckend wie Kims Lachen.
"Hast du mir ein Weihnachtsgeschenk gemacht, mein Sohn?", fragte sie dann ernst. "Nein, hast du nicht!
Sag jetzt nichts, Kim. Mir liegt auch nichts daran. Aber trotzdem wünsche ich mir jetzt etwas von dir. Und zwar, daß du mich über die Grenzen bis zu dir nach Hause schmuggelst. Man wird mich ganz sicher in Deutschland aufnehmen. Immerhin bin ich deine Mutter, - die Mutter des berühmtesten Stars aller Zeiten."
Kim seufzte und sah Nina prüfend an. Ich dachte schon, Kim würde sagen: Es fällt dir ja reichlich spät ein, dass du meine Mutter bist.
"Weißt du auch, was du da tust? Weißt du es wirklich?", fragte er und versuchte sogar zu lächeln. "Was wird aus deinem Mann? Aus Roman, deinem Sohn? Du kannst nicht so einfach ein neues Leben beginnen."
Nina lachte wieder.
"So? Und warum nicht? Findest du mich zu alt dafür?
Glaube mir, mein Mann und mein Sohn können auch ohne mich auskommen. Ich war ihnen ja nur mehr lästig. Seit ich aus der Klinik entlassen wurde, behandelten sie mich wie eine Verrückte."
"Mit Recht!", warf Kim trocken ein.
Nina sah ihn fast böse an, aber sie sprach unbeirrt weiter.
"Sie ließen mich nichts mehr tun. Jede Arbeit nahmen sie mir ab. Ich fühlte mich total nutzlos. Du mußt dich ausruhen, Mutter! Das strengt dich zu sehr an, Mutter! Ich konnte es nicht mehr hören. Ich bin gesund und sehe alles völlig klar. Erst jetzt, mein Sohn. Und jetzt will ich die letzten Jahre meines Lebens mit euch beiden verbringen. Bitte!"
"Sei mir nicht böse, aber ich halte dich wirklich für verrückt", sagte Kim leise.
"Das tust du nicht, mein Sohn. Ich sehe es in deinen Augen. Du hast die selben Augen wie dein Vater und der konnte mich auch nie beschwindeln."
Kim zuckte zusammen, als er - Vater - hörte. Er hob seine Hände, als ob er bedroht werden würde und schüttelte seinen Kopf.
"Moment! Moment!", sagte er und seufzte tief. "Das geht mir aber alles viel zu schnell. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Was soll das Ganze? Du hast uns hergebeten, weil wir anscheinend in Gefahr sind. Sind wir jetzt nicht mehr in Gefahr?"
"Geduld, mein Sohn, - nur Geduld. Jetzt fahren wir erst einmal nach München", sagte Nina und lächelte geheimnisvoll.
"Jetzt hör mir mal zu!", sagte Kim etwas streng. "Ich bin jetzt genug Stunden gefahren, und jetzt soll ich wieder ohne Rast die selbe Strecke zurück fahren? Du verlangst Unmenschliches von mir."
"Du schaffst das, mein Sohn. Ich weiß, daß du übersinnliche Kräfte besitzt wie dein Vater. Du bist ja auch sein einziger Sohn, - sein Nachfolger."
"Nachfolger?", stieß Kim hervor.
"Fahr los, Kim! Bitte!", sagte Nina flehend.
Aufstöhnend ließ Kim den Motor an und wir fuhren los.




Unterwegs hielten wir einmal an.
Es war Mitternacht, - Silvester, - das Jahr 1989 hatte begonnen. In Kims Jaguar öffneten wir eine Flasche Champagner. Nina weinte ein bißchen und umarmte Kim und mich immer wieder.
"Und nun zum ersten Mal, mein Sohn, - alles Gute zum Geburtstag", sagte sie unter Tränen.
Kims Gesichtsausdruck blieb diesmal ungerührt. Ich spürte schon, daß sich in seinem Herzen ein schwerer Kampf abspielte, aber nach außen hin hatte er wieder eine Maske auf.
"Danke", sagte er leise und ließ sich abermals umarmen.
Nina spürte auch einen gewissen Widerstand. Es war ganz natürlich, daß sie das Vertrauen ihres Sohnes erst mal gewinnen mußte. Immerhin war sie es, die ihn als Baby freiwillig weggegeben hatte. Es war nicht leicht, - nicht leicht für beide. Und auch mir ging das alles viel zu schnell. Wenn Kim wirklich in Gefahr war, hätte Nina ihm alles schnell sagen können, - uns aber nicht auf diese Art überfallen müssen. Die ganze Zeit über ließ sie nichts von sich hören, aber jetzt, wo ihr Sohn angeblich von einer anderen Welt bedroht wird, wollte sie ihm ihre Liebe geben.
Kim seufzte und sah seine Mutter nachdenklich an.
"Was willst du mir beweisen?", fragte er kühl.
Nina verstand sofort. Sie senkte ihren Blick und wischte sich die Tränen ab.
"Ich weiß, daß du von meinen Gedanken an dich und meine Gebete für dich nichts gehabt hast, Kim", begann sie langsam zu sprechen. "Glaube es, oder nicht. Aber es hat mich mein ganzes Leben gequält, daß ich dich weggegeben habe. Damals sah ich aber keinen anderen Ausweg. Ich war alleine und meine Eltern hätten mich mit dem Baby aus dem Haus geworfen, oder sie hätten es mir weggenommen, oder was weiß ich.
Es gibt heute noch genug junge Mädchen, die völlig kopflos handeln, wenn sie plötzlich schwanger werden und alleine dastehen. Manche töten ihr Baby sogar."
Kim warf seinen Kopf in den Nacken und stieß die Luft hart aus.
"Oh, danke, - dann warst du ja mehr als gnädig", sagte er zynisch.
Nina nahm sofort seine Hand.
"So habe ich das nicht gemeint, mein Sohn", sagte sie schnell. "Ich möchte nur, daß du mich verstehst. Wovon hätten wir denn leben sollen? Ich mußte arbeiten gehen, um Geld zu verdienen. Hätte ich dich den ganzen Tag alleine lassen sollen? Kein Mensch wußte, daß ich schwanger war, bis auf die beiden jungen Männer, die mich in ihrer Wohnung aufgenommen haben."
"Du hast einen von diesen beiden jungen Männer geheiratet. Habt ihr das nicht vorher gewußt?", fragte Kim bitter.
"Moment, mein Sohn!", sagte Nina streng. "Wenn du mir jetzt alles vorhalten willst, wäre es wirklich besser, wenn wir sofort umkehren und du mich wieder zurück bringst. Was Drago, meinen Mann, betrifft, - er hat sich immer vorbildlich verhalten. Damals spürte er, daß ich Hilfe brauche und noch immer um deinen Vater trauere."
"Okay!", sagte Kim resigniert. "Ich halte dir nichts vor. Das will ich wirklich nicht. Es tut mir leid, wenn du jetzt das Gefühl hattest, daß ich dir etwas vorhalte. Es ist ja auch nicht wichtig, was ich in meinem ganzen Leben gefühlt habe...."
Kim stockte und drehte sein Gesicht zur Seite.
"Das ist es eben nicht, Kim. Genau daran habe ich mein ganzes Leben gedacht. Ich wollte doch nur, daß es dir einmal besser geht und du wohlhabende Eltern hast, die nie finanzielle Probleme haben. Deshalb bat ich diesen Freund, als er dich mit nach England nahm, daß er gute Menschen für dich auswählt. Und nach seinen Nachforschungen waren es gute Menschen, über die man nur das Beste hörte. Dieser Freund schrieb mir dann, daß du bestens untergebracht bist. Ich wollte die Adresse nicht wissen, da ich sonst schwach geworden wäre und dich zurück geholt hätte. Neben uns hättest du nie finanzielle Vorteile gehabt, Kim. Drago und ich mußten lange arbeiten, bis wir eine Familie gründen konnten. Du kennst die Verhältnisse in Rumänien nicht. Das ist ein armes Land, das nur von Politikern ausgebeutet wird. Das Volk hat nichts, Kim. Das Volk wird nur unterdrückt und das Wenige, was wir haben, wird uns immer wieder genommen. Drago und ich würden heute noch in dieser winzigen Wohnung leben, wenn ich das Haus meiner Eltern nicht bekommen hätte. Es war ein Glück, daß es so entlegen in den Bergen liegt und nur wenig wert ist, sonst hätte man es uns weggenommen. Drago sagte oft, wenn er gewußt hätte, daß wir heiraten, hättest du bei uns bleiben können. Aber damals wollte er sich nicht in mein Leben einmischen. Er wollte mir nur beistehen, mir helfen, - aber mir keine Vorschriften machen. Ich habe dich nie vergessen, Kim. Ich habe immer gehofft, daß es dir gut geht."
Kim zitterte. Wir verstanden ihn nur schwer, als er fast schluchzend und das Gesicht noch immer abgewandt, fragte: "Warum habt ihr mich nicht gesucht, als ihr geheiratet habt?"
"Hätten wir dich etwa aus reinem Egoismus aus einer reichen Familie reißen sollen? Du warst in einem freien Land bei reichen Menschen. Was hätten wir dir schon geben können?"
"Vielleicht - Liebe...", sagte Kim fast flüsternd.
"Ich habe nicht gewußt, daß dich diese Menschen quälen, Kim. Damals dachte ich, daß es dir gut geht. Willst du mich nun dafür verantwortlich machen, daß dich deine Zieheltern mißhandelt haben?", sagte Nina etwas unbeherrscht und war den Tränen nahe.
Kim weinte schon lange still vor sich hin, seit er sein Gesicht abgewandt hatte. Jetzt wischte er sich heimlich seine Tränen ab und sah Nina an. Sein Blick war nicht leicht zu definieren, - sehr traurig und doch noch immer bemüht, keine Regung zu zeigen, - aus Angst, noch mehr verletzt zu werden. Aber Nina wollte ihn nicht verletzen. Sie wollte ihm nur klar machen, daß es ihr aus ganzem Herzen leid tut, daß sie damals ihr kleines Baby so ungern und doch hoffnungsvoll auf eine schöne Zukunft, weggegeben hatte.
"Ich mache dich für nichts verantwortlich", sagte Kim leise mit heiserer Stimme.
So sprach er immer, wenn er seinen Schmerz unterdrücken wollte.
"Ich will dich wirklich für nichts verantwortlich machen. Ich möchte nur verstehen, wie es eine Mutter schafft, ihr Baby wegzugeben. Dabei geht es mir gar nicht so sehr um mich, sondern einfach um die Menschen, die für mich so unbegreifliche Dinge machen.
Mir ging es wirklich nie gut, aber ich hätte nie im Traum daran gedacht, mein Baby wegzugeben. Meine Baby wurde mir genommen, - zweimal genommen. - Ich hätte alles für meine Kinder getan. Auch wenn ich in meinem eigenen Blut gelegen wäre, hätte ich ihnen meine Liebe gegeben.
Warum denken die Menschen nur an materiellen Reichtum und niemals an Liebe? Ist Liebe für euch Menschen wirklich nur ein Wort?"
"Du sprichst wie dein Vater, Kim. Du bist wirklich sein Ebenbild und das nicht nur äußerlich", sagte Nina leise.
Kim zuckte zusammen, aber er faßte sich schnell und sprach weiter.
"Ich möchte jetzt nur eines klarstellen. Dein plötzliches Interesse für mich und diese plötzliche Hingabe, daß du deine Familie so einfach meinetwegen verläßt, - das ist zu viel für mich. Ich will das nicht. Hörst du? Vielleicht tut es dir bald leid, daß du deinen geliebten Mann und deinen geliebten Sohn über Nacht in Stich gelassen hast. Geht das nicht etwas zu schnell? Weißt du sicher, ob du das willst? Deine Familie liebt dich. Sonst wären sie nicht so besorgt gewesen und haben dir alle Arbeit abgenommen. Daß sie dich noch immer für verrückt halten ist nur eine billige Ausrede von dir, um dein angeknackstes Gewissen zu erleichtern. So sehe ich das. Wenn man einmal zu etwas ja gesagt hat, sollte man auch dazu stehen. Okay, man kann ja mal von seinem Standpunkt etwas abweichen, oder einen kleinen Unsinn machen, aber das was du nun vorhast, das ist in neuer Lebensabschnitt. Denke bitte noch einmal darüber nach. Möglicherweise tut es dir den Rest deines Lebens leid, daß du Drago und Roman verlassen hast. Du kennst mich doch kaum. Was heißt kaum? Du kennst mich überhaupt nicht. Ich bin ein Fremder für dich. Aber mit Drago und Roman hast du den Großteil deines Lebens verbracht. Denke bitte darüber nach, bevor wir die letzte Grenze überschreiten. Ich bringe dich wieder zurück, wenn du es willst, aber wenn wir in Deutschland sind, dann bleibst du. Also?
Und noch etwas! Falls du mir mit diesem Ausreißen deine Liebe beweisen willst, ist das der falsche Weg. Deswegen werde ich dir sicher nie dankbar sein. Also hoffe nicht darauf."
Kims Worte waren hart, aber ehrlich. Sie taten Nina weh, und obwohl ich große Sympathie für diese Frau empfand, konnte und wollte ich mich in dieses Gespräch nicht einmischen.
"Ja, so mußt du es wohl sehen, mein Sohn", sagte Nina leise. "Vielleicht hast du sogar recht. Aber nur von deiner Seite aus. Als ich Roman geboren habe, gab ich ihm meine ganze Liebe. Aber ich sah nicht Roman, sondern dich. Ich weiß nicht, wie oft ich ihn Kim nannte und ihn in Gedanken an dich an mich drückte. Es war nie Roman, denn ich so liebte, sondern dich.
Und Drago? Ja, er war ein guter Mann und ich kann wirklich nichts Schlechtes über ihn sagen. Er tat wirklich alles, um mich glücklich zu machen. Aber er war nicht dein Vater. Ich liebte deinen Vater wie keinen anderen Menschen. Ich liebe ihn noch immer, Kim. In Dragos Armen dachte ich an ihn. Mein ganzes Leben war nur eine Lüge. Mein Herz gehörte euch, - dir und deinem Vater. Ich hätte dich nie hergeben dürfen und ich hätte Drago nie heiraten dürfen.
Ich werde nichts bereuen, wenn ich jetzt mit euch die letzte Grenze überschreite. Ich habe Drago und Roman einen Abschiedsbrief hinterlassen, in dem ich fast die selben Worte schrieb, die ich jetzt sagte. Sie werden es verstehen, das weiß ich. Sicher wird es sie verletzen, aber sie hatten die Erfüllung ihres Lebens, - ich nicht. Und das werden sie mit der Zeit einsehen und glücklich für mich sein.
Du sagst, daß du ein Fremder für mich bist. Ja, so ist es wohl, aber auch nur von deiner Seite aus. Wenn ich in deine Augen sehe, fühle ich Verbundenheit, - mehr als für Drago, oder Roman. Nicht nur, weil ich deinen Vater in dir sehe. Diese Verbundenheit fühlte ich schon damals, als du mit Ian zu mir gekommen bist."
"Warum hast du mich damals wieder weggeschickt? Warum warst du damals so abweisend?", fragte Kim leise.
"Weil du mich verwirrt hast, Kim. Diese Ähnlichkeit mit deinem Vater, - diese gewaltige Ausstrahlung, wie sie nicht einmal dein Vater hatte. Das machte mich unsicher und fast verrückt. Damals konnte ich mit dir noch nicht unter einem Dach leben. Es hat weh getan, Kim. Alle Erinnerungen, die ich immer verdrängen wollte, wurden wieder wach, als ob alles vor einem Tag passiert wäre."
"Okay! Du mußt dich nicht rechtfertigen. Es war nur eine Frage. Warum haben sie dich dann in eine Klinik bringen müssen?"
Nina seufzte.
"Da waren zu viele Dinge, die ich nicht verstehen konnte. Zuerst deine gewaltige Ausstrahlung, dann die fürchterliche Wahrheit, die mir Roman übersetzte, als Ian alles über dich erzählte und dann die Erinnerung an deinen Vater. Ich war damals, als ich das Grab für deinen Vater machte, zum letzten Mal im Wald. Ich wollte nie wieder an diesen Ort. Ich wollte alles vergessen.
Als du weg warst, ging ich zum ersten Mal wieder in den Wald. Aber der Wald war mir plötzlich so fremd. Ich fand weder das Grab, noch die Höhle, in der dein Vater lebte. Aber es gab keinen anderen Wald in unserer Nähe. Ich konnte das nicht begreifen. Langsam kam mir vor, als hätte es deinen Vater nie gegeben. Alles war nur ein Traum. Auch dein Besuch, Ians Geschichte, - alles nur Träume und Lügen. Das war zu viel für mich. Glaube mir das."
Kim lächelte scheu und legte seine Hand auf Ninas Schulter.
"Das kann ich verstehen", sagte er mitfühlend.
"Das kannst du sicher nicht, mein Sohn. Du hast deinen Vater nicht gekannt und weißt nicht, was für ein Mensch er war. Was heißt Mensch? Er war eben kein Mensch! Und das war ja das Unbegreifliche daran.
Aber davon später, Kim. Ich werde dir alles erzählen, wenn wir ausgeruht sind.
Ich weiß auch, daß ich dir meine Liebe nicht zurück geben kann. In deinem Alter wirst du auch keine Mutter mehr in dem Sinn brauchen. Aber laß mich wenigstens eine gute Freundin von dir sein und auch deine Frau möchte ich bitten, daß sie mich als Freundin aufnimmt."
Nina sah uns beide abwechselnd an.
Kim nickte nur stumm und stieg aus dem Auto, um die leere Flasche zum Müllkorb zu tragen.
"Du mußt Kim auch verstehen", sagte ich leise zu Nina, während Kim draußen war. "Er ist der Liebe sein ganzes Leben lang nachgelaufen. Er hatte keine Kindheit oder Jugend. Er ist allen Menschen gegenüber mißtrauisch. Und das darf dich bei seiner Vergangenheit nicht wundern. Ich weiß, daß er dich liebt, aber du mußt trotzdem sehr viel Geduld mit ihm haben, bis er dir diese Liebe wirklich zeigen kann. Glaube mir, ich spreche aus Erfahrung."
Nina nickte und drückte meine Hand.
Kim setzte sich auf den Fahrersitz und startete seinen Jaguar.
"Also dann! Auf ein neues Leben, Mama", sagte er lächelnd und zwinkerte Nina zu.
Sie blühte sichtlich auf, als sie "Mama" hörte. Es war wohl das erste Zeichen von Kim, daß er sein Mißtrauen etwas besänftigt hatte.

Kim 5.Buch
2 Textstellen

Als ich nachts im Bett lag, dachte ich wie immer über Kim nach.
Leuchtende Wesen sind viel sensibler als Menschen. Sie empfinden alles viel stärker und sind um vieles verletzbarer. Mir wurde schon bei Kims Lebensgeschichte bewußt, wie sehr er gelitten haben muß, aber jetzt steigerte sich das Ganze abermals und ich zweifelte wieder, ob Kim auf unsere Erde zurück kommen kann, die ja nur schreckliche Erinnerungen für ihn hatte, - außer meine Liebe. Leuchtende Wesen sind anders als wir Menschen, - viel anders.
Ich erinnerte mich auch an ein Gespräch mit Kim. Es war, nachdem die LP "The kings of metal" fertig war. Ich hielt Kim die brutale Textstelle aus einem Song vor.
"Reiß ihr Fleisch, brenne ihre Herzen, steche ihre Augen aus, vergewaltige ihre Frauen, - bis kein Blut mehr zu vergießen ist."
Kim sah mich sehr lange an. Dann hielt er mir seine Hand entgegen.
"Schau dir diese Hand genau an, Maria. Diese Hand hat Tausende von Leuchtenden Wesen zerquetscht. Nur diese Hand. Was ist nun brutaler? Meine Hand, oder dieser Text?"
Kim war den Tränen nahe und konnte sich nur schwer beherrschen. Er, der sich nie wehrte und keinem Lebewesen jemals etwas zuleide tun konnte, mußte mit einer Hand vielen Leuchtenden Wesen das Leben nehmen. Das war für Kim furchtbarer, als die gesamten Qualen, die ihm Ake auferlegte.
Für mich lag das alles noch immer wie ein Traum zurück und noch heute kann ich die Grausamkeit dieses Kampfes nicht ermessen. Kim, der immer nur sanft und demütig war, wuchs in seiner Welt plötzlich, im wahrsten Sinne des Wortes, - über sich hinaus und füllte mit seinem Körper den ganzen Himmel und Horizont aus. Und mit einer Hand zermalmte er Akes Heer samt Frauen und Kinder.
"Was solls?", sagte Kim, nachdem er seine Tränen hinunter gewürgt hatte. "Du würdest die Mentalität der Leuchtenden Wesen ohnehin nie verstehen. Sie gleichen zwar den Menschen, aber ihr Herz ist anders. Als Ake sein Volk fragte, wen sie als Anführer anerkennen, wußte ich die Antwort sofort. Ich wußte, daß sie sich nur für Ake entscheiden können.
Für Menschen zählt ein Versprechen nichts, - auch nicht Liebe und Treue. Für Menschen sind das nur leere Worte. Aber für Leuchtende Wesen sind es Bestandteile ihrer selbst. Wenn sie sich einmal für einen Weg entschieden haben, bleiben sie dabei und halten treu dazu. Da sie sich von Anfang an für Ake entschieden haben, gab es nichts anderes mehr für sie. Bevor Leuchtende Wesen von ihrem Versprechen abweichen, sterben sie lieber. Menschen schlagen in ihrem Leben viele Wege ein, aber für Leuchtende Wesen gibt es nur einen Weg, - den Weg ihres Herzens.
Ich spürte, daß sie mir dankbar waren, daß ich sie vernichtet habe. Denn, wenn Ake gestorben wäre, hätten sie sich mir nicht anschließen können. Vielleicht hätten sie mich dann sogar um den Tod gebeten.
Ich bin gegen Gewalt und das sind Leuchtende Wesen auch, aber ich konnte nicht anders handeln, - so weh es auch tat.
Du findest diese Textstelle also brutal? Klar, du siehst es von der menschlichen Seite aus, obwohl Menschen noch viel brutaler sein können. Aber ich sehe es vom Standpunkt eines Leuchtenden Wesens aus und sehe es als Erlösung an. Nicht, um mein Gewissen zu beruhigen, sondern, weil es die Wahrheit ist."
"Ist es nicht engstirnig, wenn man nur einen Weg geht und am Schluß bemerkt, daß es der falsche Weg war? Und wenn man sich dann doch noch für den richtigen Weg entscheiden könnte, lieber den Tod wählt? Ich finde das eigentlich sehr dumm."
Kim sah mich lange an, bevor er sprach.
"Leuchtende Wesen leben von ihren Gefühlen, - von ihren Herzen. Enttäuschungen kennen sie nicht. Sie würden daran sterben, - ebenso am Bösen, und Ake war böse. Außerdem gibt es für Leuchtende Wesen nichts Falsches und nichts Richtiges. Es gibt nur den Weg ihres Herzens, - so schwer das für dich auch zu verstehen ist, Maria.
Leuchtende Wesen sind ein Volk, geboren aus Liebe und Sanftmut. Sie haben mit Krieg und Besitz überhaupt nichts im Sinn. Ake brachte Zerstörung und Verwirrung in ihr Leben und tötete damit schon lange vorher ihre Herzen. Ich habe auf der Leuchtenden Welt nur mehr leere Hüllen in meiner Faust gehalten. Das Böse hat ihre Herzen schon lange zuvor getötet. Und genau das habe ich erst begriffen, als ich meine Faust zusammen gedrückt habe. Ake hat diese wunderbaren Wesen zu Dämonen gemacht, - zu Zombies, die nicht mehr wußten, was sie tun. Klar, am Anfang lag die Entscheidung bei ihnen, aber da sie nie mißtrauisch waren und das Böse nie kannten, schlossen sie sich arglos Ake an, weil er ihnen versprach, für sie zu sorgen, wie es ein König tun muß.
Einige von ihnen waren trotzdem vorsichtig, - so wie meine Großmutter. Sie ließ sich ihr Herz nicht nehmen und wählte den schweren Weg, - für sich selbst zu sorgen und dem neuen König zu entsagen. Es war auch klar, denn sie wußte, wer ihren Sohn getötet hat. Sie konnte sich nicht anders entscheiden, denn ihr Herz war dort, wo es hingehörte.
Verstehst du das ein bißchen?"
Ich war beschämt. Eigentlich verstand ich überhaupt nichts, außer, daß Leuchtende Wesen sehr edel sind, denen man wirklich blind vertrauen kann. Und Kim ist einer von ihnen.
Schon damals hätte ich heraus hören müssen, wohin Kim gehört und wie sehr es ihn in diese Welt zurück zieht. Hatte Nina wirklich recht, daß Kim nur auf seiner Welt glücklich sein kann und sich auf unserer Erde gefangen fühlte wie ein wildes Tier im Käfig, das nur in Freiheit leben kann? Fühlte Kim wirklich so? Trotz meiner Liebe?
Ich dachte aber wieder an Kims Worte, daß, wenn sich ein Leuchtendes Wesen für einen Weg entscheidet, dem auch treu bleibt. Kim hat sich doch für mich, - für seine Familie entschieden. Wenn er also wirklich ein Leuchtendes Wesen ist, bleibt er auf diesem Weg und wird mit Bestimmtheit alles versuchen, um wieder zurück zu kommen. So schöpfte ich wieder Hoffnung.



Der Sommer war vorbei. Ende September waren die Nächte schon sehr kühl.
Es war fast Mitternacht. Ich lehnte am Balkon und starrte zum Sternenhimmel hoch. Meine Gedanken an Kim ließen mich nicht schlafen. Ich sah nur mehr sein bereits verschwommenes Bild in meinem Herz. Ich war müde und todtraurig. Langsam ging ich wieder zurück ins Schlafzimmer und zog die langen Vorhänge zu.
Plötzlich wurde es draußen für einen kurzen Moment hell. Es war ein seltsames Licht, - ähnlich einem Blitz, nur etwas länger und rötlich. Ich trat auf den Balkon hinaus. Mir war, als ob ich das schwere Atmen eines Menschen höre. Mein Herz klopfte schneller, und ich hatte Angst, daß Einbrecher hier sind.
"Ist da wer?", fragte ich zögernd.
Aber wieder hörte ich nur dieses keuchende Atmen und ein Rascheln unter dem Balkon. Ich nahm all meinen Mut zusammen und neigte mich über den Balkon, um genauer zu sehen. Meine Augen gewöhnten sich nur langsam an die Dunkelheit. Ich sah, wie sich die Blätter der dichten Büsche bewegten. Dann hörte ich ein lautes Stöhnen. Mein Herz zog sich zusammen. Es erinnerte mich an Kim....
Auf einmal war meine Angst vor Einbrecher weg. Es hätte auch niemand geschafft, auf unser Grundstück zu kommen. Überall waren Alarmanlagen, sogar wenn man nur die Mauer berührt, würde nachts der Alarm losgehen.

Ich eilte aus dem Schlafzimmer, die Treppen hinunter, durch die Vorhalle, sperrte mit zitternden Händen die Tür auf und lief zurück zum Balkon. In der Aufregung hatte ich die Taschenlampe vergessen und wühlte mich blind durch die dichten Äste. Zwischen den Büschen lag ein nackter Mensch. Soviel konnte ich gerade ich noch erkennen.
Von Panik erfaßt, lief ich ins Haus und holte die Taschenlampe. Der Gedanke, daß Kim zurück ist, wollte noch immer nicht in meinen Kopf. Viel mehr dachte ich nun an ein Verbrechen, das hier passiert war. Das Licht könnte ein Fluggerät gewesen sein, - vielleicht ein neu entwickelter Helikopter, der keinen Lärm macht und man hat einen verletzten Menschen herunter geworfen....
Meine Phantasien spielten verrückt.

Wieder zurück bei den Büschen, leuchtete ich den nackten Körper an. Er lag auf dem Bauch und zuckte, als ob er starke Krämpfe hätte. Er lebte noch! Die Arme hielt er über dem Kopf. Ich sah langes, schwarzes Haar, das fast bis zum Po reichte. Der Körper war wunderschön und sehr muskulös. Ich stand da wie gelähmt und leuchtete die Gestalt noch immer an. Wieder hörte ich ein Stöhnen, das mich so sehr an Kim erinnerte. Die Muskeln dehnten sich bei der kleinsten Bewegung richtig kraftvoll. Ich war fasziniert von diesem Muskelspiel und konnte an nichts mehr denken. Bald wurde dieser herrliche Körper ruhig. Langsam drehte er sich auf den Rücken. Die Hände legten sich auf das Gesicht. Ich sah wieder bewundernd auf das überaus lange, dichte, schwarze Haar, das sich weit über die muskulöse Brust legte. Auch am Bauch traten kräftige Muskeln hervor. Dieser Körper war ein Wahnsinn!
Ganz langsam glitten die Hände vom Gesicht und der Strahl der Taschenlampe leuchtete mitten hinein. Ich schrie laut auf und spürte, wie die Kraft aus meinen Beinen wich. Die Taschenlampe glitt aus meinen Händen und alles um mich herum wurde schwarz. Ich verlor das Bewußtsein.
Als ich aufwachte, sah ich das geliebte Gesicht vor mir.
Träume ich, oder ist das die Wirklichkeit?
"Kim?", fragte ich heiser und sah in die wunderschönen, grelltürkisfarbenen Augen.
Er nickte stumm und drückte mich an seine nackte Brust. Ich war zu schwach, um mehr sagen zu können. Seine Nähe, der berauschende Duft seiner nackten Haut und seine zärtlichen Hände, die mich festhielten, wollte ich nun in aller Stille genießen.
Nur nicht aufwachen, - sagte ich mir, da ich noch immer nicht glauben konnte, daß Kim zurück war.

Wir lagen eine gute halbe Stunde so zusammen, bis mich Kim sanft hoch hob und ins Haus trug. Langsam ging er mit mir in seinen starken Armen über die Treppe hoch ins Schlafzimmer und legte mich ins Bett.
Ich sah Kim noch immer an, als ob er ein Traumbild wäre.
"Ich bin wirklich zurück", sagte er leise, und ich lauschte verzückt den herrlichen Klang seiner tiefen, sanften Stimme. "Und ich werde für immer bei dir bleiben, mein Mädchen."
Mein Mädchen! Wie sehr habe ich mich nach diesen Worten gesehnt!
"Falls du mich noch willst", setzte er fast flüsternd hinzu.
Ich streckte meine Hände nach ihm aus. Zuerst streichelte ich über sein Gesicht, das noch schöner geworden ist, dann über den Hals, der trotz dieser gewaltigen Muskeln schlank geblieben ist, - über die breiten, kräftigen Schultern. Er war wirklich da. Er war echt. Kein Traum. Ich konnte Kim anfassen und seinen Körper spüren.
"Du bist wirklich da? Ist es keine Einbildung? Wirklich nicht?", stotterte ich und begann zu weinen.
Kim nahm mich sofort in seine Arme.
"Weine nicht, mein Mädchen. Bitte, nicht weinen", sagte er sanft und streichelte über mein Haar.
Wie sehr habe ich diese Berührungen vermißt!
"Laß mich nie mehr alleine, Kim. Nie mehr! Du warst viel zu lange weg, und ich bin vor Sehnsucht fast gestorben. Ich will nie mehr ohne dich sein."
Jetzt kam alles aus mir heraus, und ich weinte hemmungslos. Kim hielt mich schweigend fest.
Als ich mich endlich halbwegs beruhigt hatte, löste ich mich von ihm und sah ihn wieder an. Er war wirklich schöner geworden. Oder bildete ich mir das nur ein? Ich hatte Kim schon so lange nicht gesehen und seine Schönheit vergessen. Um seinen Hals trug er noch immer die Kette mit dem Kreuz von seiner Mutter und die Kette, die ich ihm einmal geschenkt hatte. An dieser Kette hing jetzt ein kleiner, rötlicher Stein, der seltsam flackerte. Ich zeigte mit dem Finger auf den Stein.
"Ist das der Stein der Könige?", fragte ich bebend.
Kim nickte stumm und suchte mein Gesicht mit seinen Augen ab, als ob er es damit streicheln würde.
Langsam legte er sich ins Bett und zog die Decke über uns. Ich hielt Kim fest. Müde blinzelte er mich an.
"Sei bitte nicht böse, wenn ich jetzt schlafe, aber ich bin totmüde. Morgen werde ich dir alles erzählen."
"Bist du morgen noch da?", fragte ich bange.
Kim lächelte. Oh, wie sehr habe ich dieses Lächeln vermißt!
"Ich bin morgen noch da, und wenn du willst, - für immer", sagte Kim leise.
In der nächsten Minute schlief er in meinen Armen wie ein Baby.

Kim 6.Buch
2 Textstellen

Am Nachmittag des dritten Tages wagte ich mich wieder aus dem Bett.
Kim, Manola und ich machten einen kleinen Spaziergang. Die frische Luft tat mir gut. Es war herrlich mit Kim Hand in Hand durch die grüne Landschaft, rund um unser Haus, zu gehen. Manola sprang vergnügt vor uns her.
"Sag mal, Kim? Warum sieht man das nicht, daß es unsere Erde sechs mal gibt?", fragte ich.
"Weil es Dimensionen sind", sagte Kim.
"Was meinst du mit Dimensionen? Bedeutet das vielleicht, daß ich in dieser Dimension hier weiter entwickelt war, als in der anderen Dimension, in der ich gestorben bin?"
"Nein", sagte Kim lächelnd. "Es besteht kaum ein Unterschied zwischen den sechs Dimensionen. Sie sind alle relativ gleich, bis auf das, daß es gewisse Menschen vielleicht nur in zwei, drei, vier, oder fünf Dimensionen gibt. Und wie ich schon sagte, gibt es berühmte Persönlichkeiten in allen Dimensionen."
"Warum war in der Dimension, in der ich lebte, das Jahr 1981 und hier, als ich mich auflöste, das Jahr 1991?"
"Das hat eigentlich auch keine besondere Bedeutung. Das Datum spielt keine Rolle, denn die Entwicklung ist in allen Dimensionen gleich, egal, ob das Jahr 1981, 1971, - oder gar das Jahr 2000 ist. Immerhin werden die Jahreszahlen von den Menschen bestimmt und nicht von der Natur.
Für dich war eben um so mehr verwirrender, - weil du dachtest, du hättest diese 10 Jahre in 10 Tagen Koma erlebt."
"Ja, das war mehr als verwirrend", sagte ich nachdenklich.
"Weißt du was, Kim?", sagte ich nach einer Weile, als ich Manola gerade bei ihren Luftsprüngen beobachtete. "Was hältst du davon, wenn wir noch ein Baby bekommen?"
Kim blieb stehen und sah mich lange an. Sein Blick wurde traurig, als er sprach.
"Daran habe ich auch schon gedacht, Maria. Aber es ist nicht mehr möglich. Du kannst keine Kinder mehr bekommen. Du bist zwar noch ein Mensch, - hast alle Funktionen wie ein Mensch, aber du bist bereits ein Leuchtendes Wesen. Du bist als Mensch gestorben und hast auf das Leben als Mensch verzichtet, - also kannst du keinem anderen Menschen mehr das Leben schenken. In dir kann kein menschliches Leben mehr wachsen."
"Du meinst, weil ich als Mensch gewissermaßen schon tot bin?", fragte ich, und Kim nickte.
"Und als Leuchtendes Wesen? Kann ich wenigstens als Leuchtendes Wesen auf der Leuchtenden Welt ein Baby bekommen?"
"Das wäre möglich, aber darauf mußt du noch lange warten und zwar so lange, bis die Zeit hier für uns beide um ist."
"Und du, Kim? Kannst du auch keine Babys mehr zeugen?", fragte ich leise.
"Mich gibt es nur einmal. Ich mußte in keiner anderen Dimension sterben. Ich kann Babys zeugen."
"Dann tu es, Kim."
"Was ?!", fuhr er auf. "Ich würde sterben, wenn ich eine andere Frau berühren müßte. Das kannst du von mir nicht verlangen, Maria. Das wäre die ärgste Folter für mich."
Ich mußte laut lachen, als er sich so aufregte und vor lauter Aufregung ganz rote Wangen bekam und seine Augen immer größer wurden.
"Sag mal, hast du noch nichts von Retortenbabys gehört? Du spendest deinen Samen, und der wird in eine Frau eingepflanzt, die das Baby austrägt. Und das wird dann unser Baby sein. Du mußt diese Frau nicht einmal sehen, wenn du nicht willst, Kim."
Kim schluckte und beruhigte sich wieder.
"Von mir aus kann jeder Mensch tun und lassen, was er will, Maria. Aber ganz ehrlich, - mir ist das nicht geheuer. Ich könnte das nicht. Wenn es schon unser Baby ist, dann soll es von uns beiden sein, oder von ganz fremden Eltern, die ihr Baby nicht wollen."
"Du meinst, adoptieren?", fragte ich.
Kim nickte und rief Manola zu sich.
"Hey, mein kleines Mädchen, - wie wäre es, wenn du noch eine Schwester, oder einen Bruder bekommen würdest?", sagte er und hockte sich nieder, um mit Manola gleichen Augenkontakt zu haben.
Manola sah ihn zuerst groß an, dann nickte sie.
"Ja, dann könnte ich mit meiner neuen Schwester spielen."
Kim hob unsere Kleine hoch und trug sie ein Stück.
"Also, du willst eine Schwester. Okay! Aber vergiß nicht, daß du dann alles teilen mußt. Sie wird zwar ein eigenes Zimmer und auch eigenes Spielzeug haben, aber wenn ihr zusammen spielt, müßt ihr alles teilen", sagte er und zwinkerte mir lächelnd zu.
"Das ist schon okay!", sagte Manola in Kims lässigem Tonfall. "Habt ihr mich dann genauso lieb wie jetzt?"
"Sicher, - aber deine Schwester werden wir dann auch so lieb haben wie dich."
Manola sah Kim fragend an.
"Spielst du dann nicht mehr so oft mit mir?"
"Sicher, - aber dann spiele ich mit euch beiden", sagte Kim.
Manola überlegte wieder.
"Wann kommt meine Schwester?", fragte sie dann.
"So schnell geht das nicht, Manola. Deine Mama und ich können keine Babys mehr bekommen. Wir müssen in ein Waisenhaus gehen und von dort ein Mädchen holen, das ungefähr so alt ist wie du, daß du mit ihm spielen kannst."
"Aber dann ist es doch nicht meine Schwester", sagte Manola altklug.
"Doch, - es wird deine Schwester sein. Wir werden sie als unsere Tochter aufnehmen. Wir sind dann alle ihre Familie."
"Warum hat sie keine Familie?", fragte Manola.
"Alle Kinder, die im Waisenhaus leben, haben keine Eltern mehr. Deshalb müssen sich die Menschen im Waisenhaus um diese Kinder kümmern. Und manche Kinder warten darauf, daß Eltern kommen, die ein Kind haben möchten und sie mitnehmen."
"Warum nehmen wir dann nicht gleich alle Kinder mit?"
"Dafür ist unser Haus etwas zu klein, Manola. Außerdem gibt es noch andere Eltern, die auch ein Kind haben möchten."
"Dann ist es okay, Daddy!", sagte Manola. "Dann nehmen wir eine Schwester, mit der ich alles teilen werde."
Kim lachte und stellte Manola auf den Boden, die sofort wieder davon hüpfte.
Ich schmiegte mich an Kim und gab ihm einen Kuß auf die Wange.
"Ihr beide versteht euch wirklich gut. Manola ist für ihr Alter auch sehr klug und vernünftig", sagte ich.
"Manchmal denke ich, daß es gar nicht so gut ist, wenn sie immer mit Erwachsenen zusammen ist. Manola ist schon richtig altklug und redet fast wie eine Große", sagte Kim nachdenklich.
"Neben dir spürt sie das nicht, Kim. Du bist ja auch noch wie ein Kind. Wenn man bedenkt, daß Leuchtende Wesen fast 300 Jahre alt werden und du erst 40 bist, dann bist du ja ein echter Teenager."
Kim lachte auf.
"Du darfst die Leuchtenden Wesen nicht mit den Menschen vergleichen. Leuchtende Wesen werden viel schneller reif, da sie nicht so lange auf die Liebe warten wollen. Sie sind viel schneller zeugungs- und gebärfähig. Nach unserer Zeitrechnung stehen sie mit 7 Jahren schon in ihrer vollsten Blüte."
"Mit 7 Jahren? Nun, dann bist du eigentlich schon sehr alt, Kim", sagte ich lachend und drückte mich an ihn.
Nachdem wir einige Schritte gegangen sind, fragte er: "Wann werden wir ins Waisenhaus gehen?"
"Warum nicht morgen? Wir werden uns die Mädchen ansehen, die in Manolas Alter sind und uns dann entscheiden."
Ich spürte, daß Kim nicht ganz wohl dabei war.
"Du meinst, wir werden dort stehen und uns die Mädchen ansehen, als ob sie zu kaufen wären?
Maria, mir war damals schon schlecht, als ich Rambo aus dem Tierheim holte. Wir werden dort stehen und die Kinder wie ein Stück Fleisch ansehen, - wie in einem Kaufhaus", stieß er angewidert hervor.
"So wird es sicher nicht sein, Kim. Ich glaube, die Mädchen werden uns gar nicht richtig wahrnehmen. So viel Achtung werden diese Menschen sicher haben, daß sie die Mädchen nicht vor uns in Reih und Glied aufstellen werden."
"Hoffentlich!" meinte Kim seufzend und rief Manola zu sich, da wir uns wieder auf den Heimweg machten.




Am nächsten Morgen wachte Kim mit einem Schnupfen auf. Es war die übliche Verkühlung, die ihn jedesmal vor der warmen Zeit und im Herbst befiel. Ich dachte, diese Zeit wäre nun vorbei, und Kim könnte sich mit seiner unheimlichen Kraft dagegen wehren.
"Diesmal bekommst du deinen Schnupfen aber sehr spät", lachte ich, als er zum x -ten Mal nieste, während wir frühstückten.
"Wenigstens ist es nur ein Schnupfen und nicht wie früher eine Lungenentzündung", sagte Kim gequält und putzte sich die Nase.
"Liegt das jetzt an deiner Kraft, daß du nur eine leichte Verkühlung hast, oder gab dir Ake diese schweren Krankheiten?", fragte ich.
"Ich denke nicht, daß es Ake war. Wahrscheinlich bin ich sehr anfällig für Krankheiten und nehme alle Viren gerne auf, daß sie sich richtig in mir ausbreiten können", sagte Kim schmunzelnd.
"Und wie steht es mit deinen Kräften als König des Universums? Kannst du dich nicht selbst heilen?", fragte Maggie und schenkte Kim heißen Tee in seine Tasse.
Er sah Maggie finster an.
"Ich bin kein König, Maggie!", sagte er ärgerlich. "Ich bin höchstens ein Sklave des Universums und halte meinen Kopf für andere hin. Die Kräfte, von denen du sprichst, Maggie, dienen nur den anderen. Ich muß sparsam damit umgehen, um das riesige Reich des Bösen vernichten zu können. Ich habe die Kraft nicht für mich. Auch wenn ich es könnte, darf ich es nicht tun. Es steht zu viel auf dem Spiel."
Kim senkte traurig seinen Blick und rührte in der Tasse.
Erst jetzt spürte ich, daß ihm der Schock und die Angst der letzten Nacht noch immer im Nacken saßen. Und ich hatte Angst um Kim, daß ich ihn für immer verlieren könnte. Durch diese Angst spürte ich nicht, wie sehr auch Kim darunter litt. Sogar Maggie bekam Tränen in den Augen, als sie Kim ansah, wie verloren er mit gesenktem Blick da saß und in seine Tasse heißen Tee blickte. Ich stand auf und umarmte Maggie.
"Kim wird diesen Schnupfen schon überstehen, Maggie. Deshalb mußt du jetzt nicht weinen", sagte ich leise.
"Oh, Maria! Diese Schmerzen, die er heute Nacht hatte! (*)", stammelte Maggie. "Warum muß er denn noch immer so viel leiden? Und jetzt auch noch diese Verkühlung. Ich weiß, wie lästig so ein Schnupfen ist."
Ich warf Kim einen Blick zu. Er trank unbeirrt seinen Tee und schien so versunken in sich selbst zu sein, daß er uns gar nicht mehr wahr nahm.
"Du hast ihn ja nicht gesehen, als er alleine war, Maria", schluchzte Maggie. "Wie verloren und traurig er war und so ohne Lebenslust. In seinen Augen waren immer Tränen. Und dann starb auch noch seine Mutter. Dann war es ganz um Kim geschehen. Ich habe ihn leiden gesehen, Maria. Und seine Stimme, - wie er gesungen hat, wie ein einsamer Wolf, der nach Liebe fleht. Das war keine Traurigkeit mehr, - das war Verzweiflung, Maria. Sein gutmütiges, sanftes Herz wurde wieder gebrochen, - so wie viele male zuvor in seiner Vergangenheit."
Plötzlich ging ein heftiges Zittern durch Kims Körper. Dann sah er uns überrascht an. Er war wieder bei uns.
Schnell stand er auf und nahm Maggie in seine Arme.
"Es ist alles okay, Maggie", sagte er zärtlich und streichelte über ihr Haar. "Es ist alles vorbei."
Maggie riß sich los und sah Kim erbost an. Durch das Zurückstoßen erschrak er, - dieses übersensible, so leicht verletzbare Wesen. Ich sah es in seinen Augen...
"Nichts ist okay!", schrie Maggie verzweifelt auf. "Immer heißt es, daß alles vorbei ist! Immer wieder!
Warum, Kim? Du hast Kräfte, die wir Menschen niemals verstehen würden und besitzt alle Macht, um das Universum vor dem Bösen zu retten. Nur für dich gibt es nie eine Rettung. Warum nicht, Kim?"
Kim stand richtig hilflos vor Maggie. Er ließ seine Arme kraftlos herunter hängen und sah trauriger aus als je zuvor.
Maggie schluchzte auf und warf sich Kim an den Hals. Langsam legten sich seine Hände auf Maggies Rücken und drückten sie fest an sich.
Ich mußte mich abwenden, denn auch mir kamen die Tränen. In meiner Brust stach es schmerzhaft, und ich spürte plötzlich alles Leid und all die Schmerzen, die Kim erleiden mußte.
"Verzeih, mein Junge", schluchzte Maggie in seinen Armen. "Ich habe dich furchtbar erschreckt. Aber das wollte ich nicht, mein kleiner Liebling. Das wollte ich wirklich nicht."
Mein kleiner Liebling, - sagte Maggie, obwohl sie Kim, an Körpergröße, kaum bis an die Brust reichte.
Aber wie ich schon einmal schrieb, - wenn man Kim wirklich kennt, sieht man diesen Hünen nicht mehr, - denn dann fühlt man viel mehr sein inneres Wesen, und das ist zart und zerbrechlich wie ein Engel, - wie ein kleines, unschuldiges Kind, das in eine Welt gestoßen wurde, die es nie und nimmer verstehen kann, weil es einfach zu gut für diese Welt ist.
"Ich bin stark genug, um das alles zu ertragen, Maggie", hörte ich Kim leise sagen. "Diese Schmerzen sind nicht so arg für mich. Jetzt weiß ich ja, wohin ich gehöre. Ich habe eine Familie, Maria, zwei ganz liebe Mädchen und dich, Maggie. Was will ich noch mehr? Ich habe endlich die Liebe, die ich schon immer wollte. Das alles hatte ich früher nie. Und früher wußte ich nicht, warum ich leiden muß. Glaube mir, Maggie, - ich schaffe das schon. Jetzt bin ich nicht mehr alleine. Maria ist wieder bei mir und das macht mich stark. Und jetzt weine nicht mehr, Maggie. Bitte!"
Kims Worte stärkten nicht nur Maggie, sondern auch mich. Meine Traurigkeit löste sich sofort auf, und ich konnte mich Kim lächelnd zuwenden, als er sich sanft von Maggie löste.
In diesem Moment stürmten die Kinder über die Treppen herunter in die Küche.
"Hunger! Hunger!", riefen sie aufgeregt.
"Das heißt zuerst einmal: Guten Morgen!", sagte Kim streng und breitete dann lachend seine Arme aus, um die beiden Gören zu umarmen.
"Guten Morgen!", ertönten ihre glockenhellen Stimmen, als sie sich auf Kim stürzten.
Mit einer Hand hob er Manola und mit der anderen Hand, Cora hoch. Kraftvoll hielt er die beiden Mädchen in seinen Armen und stand breitbeinig da.
Ich bewunderte wieder seinen herrlichen, athletischen Körper. Sein langes Haar hing ihm wild in die Stirn, was seine Schönheit noch interessanter machte. Maggie und ich schienen in diesem Moment die selben Gedanken zu haben: Wie schön dieser traumhafte Mann ist!
Ja, es war seltsam, wie sich Kim von einem Extrem ins andere vor uns entpuppte. Aber so war er nun mal, - einfach unbeschreiblich. Vor wenigen Minuten noch sahen wir den Engel, - das Kind in ihm, das wohl mehr eine phantastische weibliche Schönheit ausstrahlte, und nun war er plötzlich der männlichste und schönste Mann für uns.
"Was ist denn los?", riß uns Kims Stimme aus unseren Träumen. "Meine Kinder sind hungrig, und ihr beide steht da, als ob es nichts zu tun gäbe!"
Maggie und ich lachten auf und machten uns schnell ans Frühstück für Manola und Cora.

(*) Kim wurde im "Reich des Bösen" von einem Dämon schwer verletzt und es dauerte einige Stunden, bis die Wunden heilten.

In den veröffentlichten Büchern gibt es "Gut gegen Böse" nicht mehr, sondern zwei sich bedingenden und doch unterschiedliche Energien, wobei Kim sich für die verändernde Energie einsetzt, da die stagnierende Energie dem ständigen Kreislauf ein Ende setzen will.

Kim 7.Buch
2 Textstellen

Es hatte uns wieder einmal auf unsere Sonneninsel Fuerteventura verschlagen. Diesmal waren Mike und Louanne mit ihrer kleinen Tochter Kim dabei. Sie hatten sich bereits einen schönen, großen Bungalow gekauft, der nicht weiter als 20 Gehminuten von unserem entfernt war.
Mike, Eric und Kim hatten sich für die Insel eigene Motorräder gekauft.
In den nächsten Tagen hatten wir uns vorgenommen, eine kleine Inseltour zu machen.
Wir saßen auch viel zusammen vor unserem Bungalow und führten interessante Gespräche mit unseren Freunden, wie zum Beispiel dieses.
"Kim, du könntest uns eigentlich einiges erzählen. Wie ist das mit dem Universum? Wie viele Planeten gibt es? Wie viele sind bewohnt? Und - ist das Universum wirklich unendlich?", fragte Mike.
"Wozu willst du das wissen?", fragte Kim lächelnd.
"Weil diese Fragen die Menschheit schon immer beschäftigt haben und du allen Menschen voraus bist. Du könntest uns dein Wissen weiter geben."
"Es ist doch unwichtig, Mike. Die Menschen sollten sich lieber um ihre Erde kümmern, um die Umweltverschmutzung, um die hungrigen Menschen, um Gerechtigkeit, - daß jeder Mensch glücklich ist.
Meinst du nicht, daß das mehr zählt, als das Erforschen des Weltraums?
Für jeden bewohnten Planeten im Universum zählt nur das Überleben und der Fortbestand des Lebens. Jedes Lebewesen sollte seine Heimat lieben und achten wie sein eigenes Leben."
"Das wissen wir doch....", sagte Mike.
"So? Das wißt ihr?", unterbrach ihn Kim forsch. "Warum nimmt dann das Ozonloch noch immer zu? Warum gibt es noch immer so viele hungernde Menschen? Warum gibt es noch immer Kriege?
Weißt du eigentlich, wie viele Millionen von Jahren es die Erde schon gibt? Und weißt du, daß die Menschen die letzte Schöpfung waren, - daß sie sozusagen noch gar nicht so lange auf dieser Erde leben? Denke einmal darüber nach, wie lange die Erde sich ohne den Menschen wohl gefühlt hat. Und denke einmal darüber nach, wie lange die Menschen gebraucht haben, um die Erde so weit zu bringen, wie sie heute ist."
"Das ist der Lauf der Zeit, Kim. Nichts ist ewig."
"Was die Ewigkeit betrifft, kannst du nicht von dir ausgehen, Mike. Aber dir wurde immer eingehämmert, daß die Menschen der Mittelpunkt der Schöpfung sind und daß alles von ihnen ausgeht. Die Menschen waren die letzten, Mike. Zuerst gab es Minerale, dann Pflanzen und dann Tiere. Sie waren zuerst da, Mike. Sie sind die eigentlichen Besitzer der Erde, - wenn man das so sagen kann.
Aber was haben die Menschen getan? Langsam aber sicher rotten sie alles um sich aus und betonieren die Erde zu, bis sie nicht mehr atmen kann. Sie rotten die Ewigkeit aus, die bis zu dem Zeitpunkt bestanden hat, als der Mensch gekommen ist.
Kennst du nicht den ewigen Kreislauf? Im Winter ist alles tot, und im Frühling erwacht neues Leben. Das ist der ewige Kreislauf. Wenn ein Mensch stirbt, wird ein neuer geboren."
"Aber für mich ist es aus, wenn ich sterbe, Kim. Was habe ich von der Ewigkeit, von der du sprichst, Kim?", fragte Louanne.
"Weißt du denn, was dir der Tod bringt?", fragte Kim.
"Wir wissen es nicht, aber du weißt es. Warum sagst du es uns nicht, Kim? Du warst doch im Reich der Toten", sagte Mike.
"Der Tod hat für jedes einzelne Wesen ein anderes Gesicht", sagte Kim leise.
"Eric, warum erzählst du uns nichts? Du warst doch tot", fragte Mike.
Eric sah Mike verblüfft an.
"Weil ich nichts weiß. Ich weiß zwar, daß ich gestorben bin und im Reich der Toten war, und daß ich dann plötzlich Kims Stimme gehört habe und dann plötzlich wieder auf der Erde lebte.
Aber die Erinnerung an den Tod, falls es eine gibt, - ist ausgelöscht. Ich kann mich an mein früheres Leben erinnern. Da habe ich keinen Tag vergessen, aber vom Tod, der in der Zeit näher liegt, weiß ich absolut nichts."
"Schade!", sagte Mike seufzend und wandte sich wieder an Kim. "Was ist mit Gott, mit den vielen Religionen? Welche Religion ist richtig?"
"Oh, Mike! Jetzt erinnerst du mich an Maggie", stöhnte Kim. "Ich kann dir nur sagen, daß Gott ebenso viele Gesichter hat wie der Tod. Allah ist er für die Menschen, die ein hartes Leben führen müssen und sich durch diese Religion noch härter machen. Und es gibt es Naturreligionen, wo Menschen nur ein kleines Gebiet für sich haben, das sie nur selten verlassen. Deshalb machen sie sich diese kleine Welt interessanter und größer und sehen in jedem Baum, oder Strauch einen Gott.
Gott gibt sich so, wie ihn die Menschen brauchen."
"Aber wie ist Gott wirklich?", fragte Louanne.
"So wie ihn jeder einzelne sieht", sagte Kim.
"Das ist keine Antwort, Kim", sagte Mike enttäuscht. "Was hast du mit Gott gemeinsam? Du bist doch das höchste Wesen im Universum, außer ihm."
Kim schüttelte energisch seinen Kopf.
"Ich bin nicht mehr als irgendein Wesen, in dem Leben steckt. Was höher, oder niedriger ist, bestimmt doch nur ihr Menschen. Was ist denn hoch und was niedrig, Mike?"
"Ich denke, wir messen das an Intelligenz, oder an der Macht, an Reichtum, oder gar an übersinnlichen Kräften, wie du sie besitzt. Aber im Grunde genommen ist für mich jeder Mensch gleich, - ob er nun Präsident von Amerika, oder Urwaldindianer ist", sagte Mike.
"Wenn du es so siehst, ist es ja gut", sagte Kim lächelnd. "Im Universum sind auch alle Wesen gleich. Es gibt keinen Unterschied, weil alles relativ ist. Wir alle haben Leben in uns, das uns verbindet und uns alle auf die selbe Stufe stellt."
"Was ist mit dem Christentum, Kim?", fragte Louanne. "Gibt es Jesus wirklich? Ist er der Sohn Gottes, der auf die Erde gekommen ist, um unsere Sünden auf sich zu nehmen und uns nach dem Tod ewiges Leben zu geben?"
"Glaubst du daran?", stellte Kim die Gegenfrage.
"Ich weiß nicht so recht. Es ist so unwahrscheinlich, daß er solche Wunder vollbringen konnte, wie Blinde sehend machen und Tote erwecken."
"Unwahrscheinlich? Dann glaubst du wohl auch nicht, daß ich Eric aus dem Reich der Toten geholt habe?". fragte Kim leise.
Louanne erstarrte und hielt sich die Hand vor den Mund.
"Oh, Gott!", stammelte sie dann und sah Kim groß an. "Dann sollte ich wohl an Jesus glauben."
"Wenn du es für richtig hältst, dann tu es. Vielleicht macht er dir den Tod wirklich leichter und führt dich an einen Platz, wo du für immer glücklich sein kannst. Jesus ist sicher für viele Menschen das rettende Licht, wenn sie am Ende ihres Lebens angekommen sind."
"Was ist mit den Leuchtenden Wesen?", fragte Mike. "Es gibt die Geister der Könige. Warum sind sie nicht im Reich der Toten? Für mich sind sie dann ja gar nicht tot, wenn sie noch immer auf der Leuchtenden Welt sind, sich sogar lieben können und dabei etwas empfinden."
"Was verstehst du unter dem Reich der Toten, Mike? Etwa ein abgesperrtes Gebiet, oder einen Planeten wie unsere Erde? Das Reich der Toten kann überall sein, Mike. Es ist eine Art Dimension. Es ist kein festes Land in dem Sinn wie wir es kennen. Es ist eine Dimension, wie es viele gibt, die kein menschlicher Verstand ermessen kann. Ebenso verhält es sich mit dem Reich des Bösen. Es ist auch überall und nirgendwo.
Es gibt sicher auf vielen Planeten tote Wesen, die man nicht sehen kann, aber doch sind sie da, weil sie nur dort glücklich sein können. Der Tod ist gnädiger als du denkst, Mike. Er verbannt dich nicht."



Es war Abend. Ich war gerade mit meinen letzten Aufzeichnungen von Kim fertig. Eben, als ich das Foto von ihm, das mir Frank während der Tournee gegeben hatte, einheften wollte, kam er zu mir ins Schlafzimmer.
Ich schrieb meistens im Schlafzimmer, da mich hier niemand störte.
Ich sah noch immer verzückt das hinreißende Foto an, als Kim vor mir stand.
"Schau mich an und nicht dieses Stück Papier", sagte er lächelnd.
"Das bist du, Kim", sagte ich und küßte das Foto.
"Das bin nicht ich. Hier, - das vor dir, - das bin ich", sagte Kim und klopfte sich auf die Brust.
"Und was ist das?", fragte ich und hielt ihm das Foto entgegen.
"Das ist nur ein Stück Papier."
"Willst du damit sagen, daß du auf diesem Foto deine Schönheit nicht siehst?"
"Schönheit kommt von innen, Maria. Das hier ist nur ein Stück Papier, wo man die Umrisse eines Menschen sieht und nicht sein Herz. Das sind Äußerlichkeiten, sonst nichts."
"Sieh es dir doch genauer an, Kim. Frank ist so stolz auf dieses Foto. Willst du seine Kunst schmälern?"
"Das will ich sicher nicht, Maria. Frank ist ein besonders guter Fotograf und hat ein gutes Auge. Aber trotzdem bleibt es nur ein Foto, - also, ein Stück Papier."
"Es ist ein wunderschönes Foto. Auch Mike gefiel es sehr gut. Er sagte, daß du besser eine Frau hättest werden sollen, weil du als Mann viel zu schön bist."
"Na und? Ob Mann, oder Frau, - was ist da für ein Unterschied?"
"Was?!", stieß ich hervor.
"Ja, meinst du denn, daß sich am Menschen selbst etwas ändert, wenn er plötzlich ein anderes Geschlecht hat? Das Herz zählt, Maria, und das kann bei Mann und Frau genauso gut sein. Ich sehe da wirklich keinen Unterschied."
"Würdest du mich genauso lieben, wenn ich ein Mann wäre?"
"Ja, sicher!", sagte Kim spontan. "Warum nicht? Wir beide gehören zusammen. Unsere Herzen haben sich gefunden. Wir sind füreinander die rechten Partner. Das Geschlecht spielt da wirklich keine Rolle. Frau und Mann können eben Kinder zeugen, aber die Liebe selbst macht deswegen kein Wesen zur lebenden Geburtsmaschine. Wenn die Liebe einschlägt, spielt es keine Rolle, ob zwischen Männern, Frauen, oder Mann und Frau."
"Gibt es auf der Leuchtenden Welt wirklich so viele Paare gleichen Geschlechts?", fragte ich.
"Ich weiß nicht, wie viele Paare es gibt, aber ich weiß, daß es welche gibt, und ich finde das vollkommen natürlich. Es ist nun mal so, daß es zwei Geschlechter gibt. Damit müssen wir leben. Wir können nicht alleine ein neues Leben zeugen, wie es bei anderen Wesen der Fall ist, die sich selbst befruchten."
"Es gibt Wesen, die von Natur aus Zwitter sind und sich selbst befruchten?", fragte ich.
"Natürlich! Es gibt sie auch auf unserer Erde."
"Du meinst Tiere?"
"Menschen nennen sie Tiere. Ich nenne sie lieber Lebewesen. Tiere klingt ein bißchen abwertend, so wie man früher zu den schwarzhäutigen Menschen Nigger gesagt hat.
Aber egal, ich mache mir sowieso nichts aus Worte, denn sie ändern die Dinge nicht. Dinge sind nun mal so wie sie sind, egal wie man sie nennt."
"Stellst du Tiere wirklich auf die selbe Stufe wie Menschen?", fragte ich scheu.
"Sicher, denn sie haben genauso Leben in sich wie wir."
"Deiner Einstellung nach könntest du doch genauso Menschenfleisch essen", sagte ich erschütternd.
"Warum nicht? Hast du noch nie etwas von Kanibalen gehört? Tiere fressen sich doch auch gegenseitig auf. Das ist ganz natürlich. Nur die Menschen übertreiben und schlachten zu viel ab. Früher, als es die Jagd noch gab, war es ehrlicher, aber heute, in diesen großen Schlachtfabriken haben diese Lebewesen nur mehr einen Zweck: Es sind lebende Nahrungsmittel. Und das verabscheue ich!"
"Schickst du uns deshalb immer zu diesem Bauern hinüber, wenn wir Fleisch kaufen müssen?", fragte ich lächelnd.
"Genau aus diesem Grund, weil die Tiere dort artgerecht leben und sich auf der Weide frei bewegen können.
Das, was du in den Supermärkten zu kaufen bekommst, kommt aus Fabriken, wo kein wahres Leben in den Tieren steckt und deshalb auch keine Kraft. Du kannst von diesem Fleisch eher krank werden, als stark."
"Wie ist das nun mit den Geschlechtern, Kim? Du sagst, du könntest mich als Mann genauso lieben.
Ich erinnere mich noch an ein Gespräch. Das war ganz am Anfang, als wir uns kennen gelernt haben. Ich hatte Angst, daß ich alt, grau und fett werde, und du hast dann gesagt, daß du nur mein Herz siehst, und da wäre ich immer jung für dich. Ist es dir wirklich egal, wie ich aussehe? Mike sagte einmal, daß selbst du gewisse Reize bei einer Frau brauchst, weil du ja auch ein Mann bist. Wie ist das nun, Kim?"
Kim lachte auf und drückte mich an sich.
"Eigentlich stimmt beides ein bißchen, Maria. Aber das alles ist in dir vereint, - in deinem Herzen, das nach außen sickert und somit auch an deinem Körper sichtbar ist. Du lebst viel mehr nach deinem Herzen, als andere Menschen, - da du ja schon viel mehr ein Leuchtendes Wesen bist. Außerdem ich weiß, daß du niemals alt, grau und fett wirst. Viel mehr kann ich dir nicht sagen."
"Was wäre, wenn ich mich operieren lassen und plötzlich ganz anders aussehe? Wenn ich blond wäre, blaue Augen hätte, winzige Brüste und so weiter. Würdest du mich dann genauso lieben?", fragte ich zaghaft.
"Ich sagte schon, daß ich dein Herz kenne, und da du nach deinem Herzen lebst, wird es immer nach außen sickern. Du hattest doch schon einmal blondes Haar, mein Mädchen. Und ich kam zu dir und liebte dich."
"Dann spielt es keine Rolle für dich, wie ich mich kleide, schminke und verändere?"
"Du mußt dich wohl fühlen, mein Mädchen. Wenn du mit dir zufrieden bist, bin ich es auch. Ich liebe dich, Maria. Weißt du noch immer nicht, was meine Liebe zu dir wirklich bedeutet?", fragte Kim sanft.
Ich sah Kim lange an und fühlte plötzlich ein heftiges Glücksgefühl in mir aufsteigen.
"Du bist anders, Kim, - wahrscheinlich sogar ganz anders als Leuchtende Wesen. Du bist einmalig. Du machst den glücklichsten Menschen aus mir.
Ja, du liebst mich und zwar so wie ich bin. Du brauchst mich nicht zum Herzeigen, wie andere Männer, die von ihren Frauen verlangen, daß sie sich so herrichten, wie es ihrem Geschmack entspricht, - die nicht daran denken, wie sich ihre Fraune wohl fühlen.
Ich könnte mich tätowieren lassen, mir Ringe durch Nasen und Wangen stecken lassen, ohne Angst haben zu müssen, dir nicht mehr zu gefallen, weil du mich viel mehr fühlst und dabei fühlst, daß ich glücklich bin, wenn ich mich so herrichte.
Du liebst mich. Es ist ganz einfach, - ja, du liebst mich."
"Weißt du das erst jetzt?", fragte Kim und lachte auf.
"Nein, Kim. Ich glaube, ich wußte es schon immer, - vom ersten Moment an, als ich dich sah."
"Das ist gut, mein Mädchen. Und jetzt gib bitte das Foto weg und zwar augenblicklich", sagte er etwas lauter mit ganz tiefer Stimme.

Kim 8.Buch
2 Textstellen

Die Welt hatte sich wieder beruhigt. Die mittelalterlichen Geschichten verschwanden ganz aus den Medien, und Kim wurde wieder als der größte Rockstar aller Zeiten in den Himmel gehoben.
In diesem letzten Monat hatte sich alles verändert. Wir brauchten keine Alarmanlagen mehr und keine Angst vor den Fans zu haben, die Kim die Kleider vom Leib reißen wollen. Das Tor zu unserem Garten war offen!
Es ist schwer zu beschreiben, als ich zum ersten Mal wildfremde Menschen in unseren Garten ließ, die nur mit Kim REDEN wollten. Es war wie in den sechziger Jahren, als sich Menschen in die Wiesen setzten und Friedenslieder sangen. Oder, um die Szenerie in unserem Garten noch besser zu beschreiben, - als Jesus auf unserer Erde lebte und Liebe und Frieden predigte, während sich die Menschen um ihn scharten.
Sie kamen von überall her, - aus der näheren Umgebung, aus dem Ausland und sogar aus Übersee. Sie alle pilgerten nach München, in unseren Garten, um Kim zu sehen und nur mit ihm zu reden. Niemand kam ihm zu nahe, oder bestürmte ihn. Es war immer eine stille Begrüßung, die sogar Respekt bezeugte.
Maggie und ich trugen Erfrischungen in den Garten und stellten ein großes, kaltes Buffett auf. Die Leute brachten auch ihre Kinder mit, die sich mit Manola und Cora vergnügten.
Nun hatte Eric sicher seine erste interessante Story für sein Magazin.
Genau an dieser Stelle hockte Kim im Türkensitz auf dem Rasen, wo man ihn vor kurzer Zeit mißbraucht hatte.
Aber jetzt war er von friedlichen Menschen umgeben, von denen wahrscheinlich einige die selben waren, die ihm weh getan hatten. Diesmal fragte sie nicht nach dem Teufel in Kim, sondern stellten ihm Fragen über seine Musik, Dinge des Alltags und sprachen mit ihm auch über private Probleme. Kim war geduldig, hörte zu und gab seine sanften Ratschläge. Er lachte und scherzte auch mit den Leuten wie ein Kind. Ich fühlte eine echte, stille Liebe, die von diesen Menschen ausging.

Gabriel und Armin kamen mit ihren Frauen aus Los Angeles und gesellten sich zu den Menschen im Garten. Mike und Louanne kamen auch nach München zurück. Sie trauten ihren Augen nicht, als sie diese Menschenmenge in unserem Garten zum ersten Mal sahen.
"Jetzt sind sie wohl endgültig verrückt geworden", sagte Mike, als ich mit ihm ins Haus ging, wo wir uns in Ruhe unterhalten konnten.
"Es ist wie ein Wunder, Mike. Niemand fragt mehr, warum Kim noch immer so jung aussieht, und niemand läßt sich von seiner Ausstrahlung verrückt machen. Es ist wie im Paradies."
"Laßt ihr die Leute auch ins Haus?", fragte Mike.
"Nein. Immerhin brauchen wir eine Privatsphäre, und das verstehen die Menschen auch."
"Wie lange soll das weitergehen, daß ihr Tag der offenen Tür habt?"
"Das hängt ganz von Kim ab. Noch ist der Zustrom sehr groß. Du kannst ja die lange Warteschlange bis zu unserem Haus sehen. Aber ich glaube, das wird sich bald legen. Immerhin hat Kim wieder neue Ideen, und da ihr alle wieder da seid, steht einer neuen LP nichts mehr im Wege."
"Muß er sich wieder seine Qualen von der Seele schreiben?"
"Ich weiß es nicht, Mike. Ich habe keine Ahnung von seinen neuen Songs. Ich weiß nur, daß es nicht einfach für Kim war, diese Nacht zu bewältigen."
"Das kann ich mir vorstellen, Maria. Haben sie ihn, - haben sie ihn...."
"Vergewaltigt?", half ich Mike, und er nickte leicht. "Ja, Mike, - das haben sie. Frauen und Männer. Es waren viele, - zu viele."
"Frauen? Oh, mein Gott! Und hatte er einen, - hm, - hatte er.... Ich meine, ist es ihm ge- gekommen?", fragte Mike stotternd.
So ernst dieses Thema auch war, aber ich mußte insgeheim über Mike lächeln.
"Nein, Mike, das schaffte Kim wirklich nicht. Es war schon ein Wunder, daß er ihm ge- ..., nun du weißt schon, Mike", sagte ich und hatte nun selbst Redehemmungen.
"Gestanden, - meinst du", sagte Mike leise und senkte seinen Blick. "Ich weiß, - ja, Kim kann auch von Frauen vergewaltigt werden. Das war schon immer so. Er hat sich wirklich nicht verändert, Maria. Und wie damals hat er auch jetzt alles wehrlos über sich ergehen lassen, obwohl er jetzt diese Kraft in sich hat."
"Kim hatte schon immer sehr viel Kraft in sich, Mike. Er hätte euch zu Kleinholz schlagen können, - euch alle vier.", sagte ich.
Mike sah mich wieder an.
"Ja, er war schon immer sehr stark, - das stimmt wirklich. Ja, es war damals schon schwer, dieses seltsame Wesen zu verstehen. Genauso schwer wie heute. Nein, er hat sich wirklich nicht verändert. Kim ist das selbe Rätsel geblieben, das er schon immer war.
Was ist nun? Werden die Menschen da draußen gehen, wenn Kim wieder seine Ruhe haben will?"
"Wenn es Kim ihnen sagt, gehen sie", sagte ich.

Wir gingen hinaus auf die Veranda und sahen die Menschenmenge, die um Kim versammelt war.
Als Kim uns sah, stand er auf und kam zu uns.
"Daß sie dich so einfach gehen lassen!", staunte Mike und umarmte Kim innig.
"Worüber redest du mit ihnen?", fragte Mike nach der Umarmung.
"Über alles", sagte Kim lächelnd.
"Über alles? Auch über Sex?"
Kim lachte auf und klopfte Mike auf die Schulter.
"Ja, manchmal auch über Sex", sagte er dann lächelnd. "Aber meistens sind es Fragen über Musik, über meine Texte und über das Leben."
"Wissen sie alles über dich? Ich meine, kennen sie das Geheimnis?", fragte Mike.
"Nein! Wo denkst du hin?", stieß Kim hervor. "Ich bin für sie ein ganz normaler Mensch, - hoffe ich zumindest.
Wenn sie mich auch anhimmeln und meine Ratschläge anscheinend wie Befehle befolgen, -aber du siehst ja selbst, - sie fassen mich nicht einmal an. Okay, sie geben mir ihre Hände und manche umarmen mich auch, wenn sie gehen, aber die meisten spüren dabei sicher nur Geborgenheit, und das macht sie vertraut mit mir. Sie sollen auch spüren, daß ich sie liebe und ihr Vertrauen will.
Bei den Konzerten sehen sie mich nur flüchtig, und da gibt es auch eine gewisse Distanz zwischen uns. Hier kann ich das ausgleichen und meine Fans zu Freunde machen.
Hab aber keine Angst, Mike. Das wird nicht mehr lange dauern. Ich habe die Leute schon darauf vorbereitet, daß ich bald meine Ruhe haben will. Das verstehen sie auch. Diejenigen, die schon mit mir geredet haben, können das ja weiter erzählen, - in die ganze Welt hinaus, da auch viele Ausländer hier sind. Amerikaner, Chinesen, Japaner und sogar Australier. Auch Afrikaner sind hier.
Siehst du dieses Paar am Buffett stehen? Sie sind schon eine ganze Woche hier und kommen täglich. Ich kenne schon ihre ganze Lebensgeschichte.
Wenn ich dann aufstehe und sage, daß ich ins Haus gehe, dann gehen sie und schließen sogar das Tor, wenn der Letzte draußen ist.
Weißt du, Mike, - am ersten Tag hatte ich wirklich Angst, als ich die vielen Menschen vor dem Tor stehen sah, und dann dachte ich wieder an diese Nacht zurück. Maggie und Maria wollten mich zurück halten, aber ich bin hinaus gegangen und habe das Tor geöffnet. Ich fragte nicht, was sie von mir wollen. Ich ließ sie einfach herein und setzte mich in den Rasen. Und dann ging alles wie von selbst. Sie setzten sich zu mir, baten mich mehrmals um Verzeihung und dann redeten wir, bis es dunkel wurde. Am nächsten Tag kamen sie wieder. Diesmal waren es schon mehr. Wir setzten uns wieder in den Rasen und redeten abermals. Natürlich schnappten das die Medien auf, und das Fernsehen war sofort da und filmte unseren Garten. So kamen auch Leute aus dem Ausland her und besuchten mich.
Maria und ich wagten es unlängst, in die Stadt zu fahren und gingen in den Straßen spazieren. Ohne Leibwächter! Und was geschah? Nichts! Manche kamen zwar auf uns zu und gaben uns ihre Hände und baten mich natürlich um ein Autogramm, aber sie hielten sich zurück und bestürmten mich nicht hysterisch. Wir konnten uns wirklich frei, und ohne Angst haben zu müssen, bewegen. Ich hoffe nur, daß das so bleibt.
Ich will mich auch endlich frei bewegen können. Wenn ich einmal mit der Musik aufhöre, werden die Leute das verstehen und mich ganz in Ruhe lassen. Ich bespreche das täglich mit ihnen, und sie sagen selbst, daß jeder Mensch sein Privatleben braucht, auch wenn er der berühmteste Star der Welt ist."
Mike sah Kim nur verblüfft an.
Dann kamen auch Gabriel und Armin zu uns, die sich ebenfalls mit den Menschen unterhalten hatten.
"Nun, ihr Jünger?", lachte Mike.
Er sah sich in der Menge um und entdeckte Andy und Dietmar unter den Menschen.
"Dietmar kommt auch wieder zu euch?", fragte er überrascht.
"Ja, er war der erste, - außer Andy und Kerstin, - der uns besuchen kam, nachdem die Zeitungen alle Meldungen über den Teufel in Kim dementiert hatten", sagte ich.



Am 22. September war Kims großer Tag, - das Monsters of Rock Festival in Dortmund!
Eigentlich war das eine lange Tournee, die mehrere Metal-Bands durch die Länder ziehen ließ und wo immer eine Band als Headliner auftrat.
In Dortmund, der einzigen Station, wo Kim mit seiner Band dabei war, überließen die Headliner Kim den letzten Auftritt.
Dieses Festival fand bereits seit drei Jahren statt, - um die selbe Zeit und meistens an den selben Orten, wo der krönende Abschluß eigentlich in Donington in England statt findet.
Es waren also nur eingefleischte Heavy-Metal-Fans anwesend, die sich nur von dieser Musik begeistern ließen.
Kim wich diesem Angebot immer aus, da seine Anhängerschaft zu unterschiedlich war und sich in seinen Setlists nicht nur Metal-Songs befinden. Es war also auch ein Experiment, wie sich diese wilde Schar Rockfans Kim gegenüber verhalten werden, wo jedes Jahr wilde Schlägereien statt fanden, - sogar mit einem sehr traurigen Erfolg, wie im letzten Jahr mit zwei Toten.
Da Kims Auftritt der Schlußpunkt war, stand es den Leuten frei, zu bleiben, oder zu gehen.
Ich wollte zuerst selbst über dieses Konzert schreiben, aber nach einigen Tagen, als wir wieder zu Hause waren, fand ich in einer Musikzeitschrift einen Artikel, dessen Schreiber den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.

"Laß es uns gleich heraus bringen, oder ich bin zu erregt, um noch durch den Rest dieses Reviews zu kommen.
Wenn ihr schon vor dieser schon fast religiösen Offenbarung gegangen seid, wünsche ich euch, daß ihr euch seitdem ununterbrochen selbst in den Arsch tretet. Alles Bluff! Niemand ist gegangen! Oder?
Lassen wir mal die haltlosen Argumente beiseite, wer wem hier die Show gestohlen hat, - diese hier war Kims Tag und alles, was vorher gewesen ist, war nur ein sonnendurchflutetes Vorspiel für das hauptsächliche Ereignis. Der muntere, dreckige Rappelsound von .....(Bandname ausgelassen), - der zu perfekte, softige Rock von ..... und die heiteren, pflegeleichten Anstrengungen von ..... waren bloß Punkte am Horizont, verkümmert zu einer fast schon lächerlichen Perspektive im Vergleich zur massiven opening Nummer. Es gibt nur verdammt wenig Songs, die ihren Job so gut machen wie dieses entschieden beeindruckende Ding, das sein eigenes Programm mit sich herum schleppt. Es liest sich als This is Kims Territory now! Kim war eine Sensation!
Innerhalb von Sekunden, nachdem Kim in einen Wirbel von hüftlangen, wallenden, schwarzen Haar die Bühne gestürmt hatte, kippten kreischende Girls in Ohnmacht und wurden gleich über die Sicherheitsbarriere in wartende Ambulanz abtransportiert. Wenn Heavy-Fans solch eine Erregung herauf beschwören, dann ist das ein gutes Zeichen für die ganze Szene, daher bitte keine Eifersüchteleien bei den Übrigen.
Ich war sehr erstaunt, Fans zu sehen, die jeden Text Wort für Wort mitsangen, dabei von Kim mit einer rasenden Energie beliefert. Sein Outfit war der Szene angemessen. Ganz in schwarz, - Fransenlederjacke, Lederhose, kniehohe Lederstiefel mit langen Fransen und ein Trägerleibchen, das man erst in der Mitte dieser Wahnsinnsshow zu sehen bekam, nachdem sich Kim seiner Jacke entledigt hatte. Er aß das Mikrofon praktisch auf, als er seine Begrüßung und ein paar freche Sprüche heraus brüllte, die die Menge freudig bejubelte. Unterdessen rockte die Band mit stürmischer Energie ab. Kims Musiker sind wahre Perfektionisten, die das aber nie ganz durch leuchten lassen.
Kim zeigte nach jedem Song ein strahlendes Lächeln und bezauberte jeden mit seinem unwahrscheinlichen Temperament. Und Kim ist auch kein gieriger Performer. Er verließ die Bühne, um Mike dessen Soli zu gestatten und ging oft raus, wenn die Band jammen wollte. So konnte auch Mike seine eigenen Fans gewinnen, als er sich am Rand der Bühne hinaus wagte. Gabriel erwies sich als der perfekte Metal-Drummer und Armin zerhackte zur rechten Zeit seine nur wenig gebrauchten Keyboards. Nur Andy hielt sich immer bescheiden im Hintergrund, wobei der seine Baßgitarre zu Höchstleistungen zwang.
Egal, Kims sprühende Aura, seine große Persönlichkeit verdonnerte seine Band einfach zu Statistenrollen. Gerade dann, wenn er selbst zur Gitarre griff und die schwierigsten Riffs, die manch anderen perfekten Gitarristen den Schweiß in den Nacken treibt, mit spielender Leichtigkeit über die Köpfe der Zuschauer hinweg donnern ließ, dann - ja, dann sah man nur mehr IHN!
Die Setlist bestand aus 11 Songs - wo Kims Stimme nicht unterschiedlicher hätte sein können, als würde er mit 11 verschiedenen Stimme singen, wobei mir persönlich diejenige, mit der er fast das hohe C trifft, am besten gefällt. Aber immer ist da dieser erotische Unterton erkennbar, und nicht nur das - Kims Erotik ist auch sichtbar. Und wie!
Ein blendendes, betäubendes Feuerwerk loderte durch die Nacht über Dortmund und markierte den Höhepunkt einer der erfolgreichsten Festivals seit Jahren. Als Kims letzte Töne durch die Nacht hallten, jubelten und schrien tausende Fans.
The boys come back - in Dortmund, wie mir Kim persönlich versicherte. Okay, auch wenn das keine große Bedeutung haben sollte, wie Kim sagte, - aber noch ein paar Gigs wie dieser und die Idee von Dortmund als ein kochendes, heißen Rock n´ Roll Bett sieht nicht mehr so bescheuert aus."

Auch die Konzertfotos, die wie immer Frank machte, waren in dieser Zeitschrift abgebildet. Zwar nur zwei, aber die waren Spitze!
Kim war nicht ganz zufrieden mit diesem Artikel. Ihm störte der Satz, daß dieser Reporter seine Jungs zu Statisten verdonnert hatte. Kim ist eine Band und kein Ein-Mann-Orchester, - meinte er bitterböse.
Aber auf der anderen Seite war er zufrieden, denn diesmal hatte er die Fans, die er schon immer wollte, - Heavy-Metal-Fans. Es war diese Musikrichtung, bei der er und Gabriel voll aufgingen.

Kim 9.Buch


In Cadiz hatten wir einen Day-off und nutzten diesen Tag für einen Besuch bei Tante Isabella. Ein Hotelzimmer war für uns unnötig, da uns Tante Isabella sofort ein Zimmer in ihrem Haus anbot.
Sie und ihr Hausmädchen Mariella kamen am Vorabend auch zum Konzert.
Nachher war Kim natürlich müde, daß wir sofort zu Bett gingen.

Aber der nächste Tag gehörte Tante Isabella, die uns schon am Morgen, im großen Speisesaal der Villa, mit einem ausgiebigen Frühstück erwartete.
Mariella kam etwas unbeholfen mit einem Tablett, auf dem Kaffee und Tee standen, aus der Küche, als wir uns setzten. Es war mehr die Aufregung, weil sie Kim sah. Mit zitternden Händen schenkte sie uns Kaffee ein, - für Tante Isabella gab es Tee. Und gerade bei ihr verließen Mariella die Kräfte, und sie schüttete etwas Tee daneben.
"Du tollpatischiges Mädchen! Kannst du nicht aufpassen?", schimpfte Isabella.
"Sie wird immer ungeschickter", sagte sie dann zu uns und schüttelte ihren Kopf.
Kim lächelte sanft, als Mariella mit gesenktem, roten Kopf in die Küche zurück ging.
"Sei nicht so hart zu Mariella. Sie ist doch deine Perle, Tante Isabella", sagte ich und nahm ein frisches Brötchen.
Auch Kim langte kräftig zu und aß wieder einmal für drei!
"Ja, das ist sie schon, aber manchmal verdient sie eine Standpauke, sonst wird sie übermütig."
"Laß sie doch übermütig sein. Das tut jedem Menschen gut", sagte Kim, und Isabella rang ihre Hände.
"Oh, mein Junge, ich könnte dir stundenlang zuhören, wenn du spanisch sprichst", schwärmte sie.
Kim grinste und zwinkerte mir zu.
"Meinst du, deine Tante hat auch verstanden, was ich gesagt habe?", fragte er mich, - auch auf spanisch.
"Ich habe dich schon verstanden, du hübscher Kerl. Frech ist er auch noch! Ach, ich liebe diesen Mann!", schwärmte Tante Isabella weiter und vergaß ganz aufs Essen, da sie ihre Augen nicht mehr von Kim wenden konnte.

Nach dem Frühstück gingen wir im Park der Villa spazieren. Das Wetter war herrlich. Ich kam richtig in Frühlingsstimmung.
Wir genossen die frische Luft und setzten uns dann auf die Veranda, wo uns Mariella frisch gepreßte Fruchtsäfte servierte.
"Warum setzt sich Mariella nicht zu uns?", fragte Kim.
Tante Isabella seufzte bevor sie sprach.
"Ich habe sie vor vielen Jahren aus einem Waisenhaus geholt und wie mein eigenes Kind aufgezogen. Damals war Mariella 15 Jahre alt. Niemand wollte sie haben, weil sie so dumm ist. Sie ist einfach ganz anders als andere Menschen. Mariella wird niemals heiraten können, weil sie kein Mann will. Sie ist wirklich dumm, Kim. Jetzt ist sie schon 30 Jahre alt und benimmt sich noch immer wie ein 12jähriges Mädchen."
"Das ist wahr", pflichtete ich meiner Tante bei. "Mariella war früher schon bei verschiedenen Pflegeeltern. Jedesmal wurde sie wieder ins Heim zurück gebracht, weil niemand etwas mit mir anfangen konnte. Sie redete nicht einmal mit ihren Pflegeeltern. Erst Tante Isabella hat sie so weit gebracht, daß sie etwas selbständiger wurde. Mariella ist nicht gerade schwachsinnig, aber sie ist, - ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, - eben anders."
Kim sah Tante Isabella und mich mit großen, ungläubigen Augen an.
"Davon habe ich wirklich nichts bemerkt", sagte er fast atemlos. "Aber kannst du sie trotzdem bitten, daß sie sich zu uns setzt. Bitte, Isabella."
Meine Tante lächelte und nahm Kims Hand.
"Nur weil du es bist und weil du mich so lieb darum bittest und mir diesen, ach, so schmachtenden Blick schenkst. Aber du wirst sehen, Mariella wird nichts mit uns sprechen und sehr nervös sein, - vor allem, weil du hier bist, Kim."
Dann stand sie auf und holte Mariella aus dem Haus.
Mariella kicherte nervös, als sie sich neben Kim setzte und mit zitternder Hand das Glas mit dem Fruchtsaft nahm, das er ihr eingeschenkt hatte. Mit beiden Händen hielt sie das Glas verkrampft fest und sah Kim unentwegt an.
"Was kochst du heute?", fragte Kim lächelnd, und Mariella kicherte wieder.
"Nun stell dich nicht dümmer als du bist. Kim beißt dich nicht, wenn du mit ihm sprichst", sagte Isabella ungeduldig.
Mariella schluckte und sah zu Boden. Dann riß sie sich sichtlich zusammen und blickte Kim ganz offen in die Augen.
"Es gibt Steaks mit Gemüse und Kartoffeln", sagte sie lächelnd, daß ihre großen, weißen Zähne zum Vorschein kamen.
"Kochst du lieber alleine, oder darf ich dir helfen? Ich koche nämlich irrsinnig gerne und habe während der Tournee leider keine Gelegenheit dazu. Du würdest mir eine große Freude machen, wenn wir zusammen kochen, Mariella", sagte Kim.
Mariellas schwarze Augen begannen zu leuchten.
"Gerne, wenn es Donna Isabella erlaubt", sagte sie leise und warf meiner Tante einen fragenden Blick zu.
"Donna Isabella erlaubt es!", gab Tante Isabella trocken zurück und lachte.
"Wie hat dir das Konzert gestern abend gefallen?", fragte Kim, um Mariella aus der Reserve zu locken.
"Es war toll. Es war der schönste Abend meines Lebens."
"Magst du diese Musik?", fragte Kim leise.
"Oh, ja! Sehr! Donna Isabella und ich haben alle Platten von dir. Wenn ich alleine in meinem Zimmer bin, höre ich sie mir an."
"Was hörst du am liebsten?"
Mariella zuckte mit den Achseln und stellte das Glas auf den Tisch.
"Magst du lieber die harten Songs, oder mehr die sanften Songs?", bohrte Kim weiter und neigte sich näher zu Mariella, indem er seinen Arm auf ihrer Sessellehne abstützte.
Mariella rückte nicht zur Seite. Jetzt war ihr Kim sehr nahe, und sie schien es zu genießen.
"Ich mag alle Songs", sagte sie mit sanfter Stimme und sah Kim verklärt an.
"Wenn du mich fragst, ich mag auch alle Songs", sagte Tante Isabella.
"Ach, ja?", meinte Kim mit einem verschmitzten Lächeln und nahm seinen Arm wieder von Mariellas Sessellehne, die deshalb enttäuscht zu Boden blickte.
"Ich mag deine Texte sehr gerne", sagte Mariella plötzlich.
Kim machte es seinen Fans leicht, die Texte zu verstehen, da er sie immer in mehreren Sprachen, darunter auch spanisch, im Cover drucken ließ.
Kim neigte sich vor und sah Mariella prüfend an.
"Was sagen dir denn meine Texte?", fragte er leise und begann an seinem Daumennagel zu kauen.
"Daß du die Menschen liebst und ihnen helfen willst, sich besser zu verstehen. Du willst jedem seine Eigenheiten lassen und niemanden über den anderen stellen. Du magst keine Gewalt, keinen Krieg, weil das böse ist", sagte Mariella langsam und etwas schwerfällig.
Kim lehnte sich zurück und verschränkte seine Arme vor der Brust.
"Nein, sie ist nicht dumm. Ganz und gar nicht dumm. Sie versteht meine Texte viel besser, als manch andere, so genannte normale Menschen", flüsterte er auf deutsch, - mehr zu sich selbst.
"Was hast du gesagt?", fragte Isabella neugierig.
"Nichts, nichts!", sagte Kim lächelnd und neigte sich wieder zu Mariella.
"Wann gehen wir kochen?", fragte er leise.
Mariella blickte etwas länger auf ihre Armbanduhr.
"Wenn es dir recht ist, - in einer halben Stunde", sagte sie dann und wirkte bereits sehr unruhig.
"Dann geh mal und richte alles zusammen. Kim wird in einer halben Stunde nachkommen", befahl Tante Isabella, und Mariella ging folgsam.
"Wenn sie nur nicht so häßlich wäre", seufzte Isabella. "Ihr Hirn arbeitet ja schon etwas besser, aber ihr Aussehen! Oh, Gott!"
"Häßlich? Ich finde Mariella überhaupt nicht häßlich", sagte Kim schnell. "Aus ihren großen, dunklen Augen kommt Wärme und Güte, und ihre Stimme ist wunderschön. Augen sind Fenster zur Seele, - zum Herzen, - und Mariellas Augen sind rein und halten meinen Blick stand, was nicht jeder kann. Sie ist ehrlich und schön."
Isabella sah Kim groß an. Zuerst verschlug es ihr die Sprache, was bei meiner lieben Tante fast unmöglich schien, aber dann faßte sie sich allmählich.
Mit niedergeschlagenen Augen sagte sie leise: "Es tut mir leid, daß ich das vorhin gesagt habe. Manchmal schäme ich mich eben wegen Mariella vor anderen Leuten. Sie lachen alle über sie."
"Dann sind diese Leute dumm und nicht Mariella", meinte Kim.
"Ja, so möchte ich das auch gerne sehen, aber es gibt so wenig Menschen, die so denken wie du, Kim. Mariella ist dick und langsam im Denken und in ihren Bewegungen. Und deshalb lachen die Leute über sie. Es ist nun mal so, daß die Mehrheit den Maßstab bestimmt."
"Meinst du mit Maßstab das Recht jedes Einzelnen?", fragte Kim.
"Ja, auch, aber vor allem, was die Leute Schönheit nennen."
"Schönheit kommt von innen, Isabella. Außerdem ist Schönheit ein sehr weiter Begriff, weil die Geschmäcker verschieden sind. Wenn du nach der heutigen Mode gehst, sind nur schlanke, große Frauen gefragt. Früher waren es eher mollige Modelle, wie sie alte Künstler gemalt haben. Das ist doch alles relativ, wenn man es genau betrachtet. Es kommt aufs Herz an, Isabella. Mariella zeigt ihr Herz, und das macht sie schön. Zumindest für mich. Wenn sie auch langsam denkt, aber sie denkt und das richtig. Sie läßt sich auch nicht leicht beeinflussen, ob man das oder jenes tun darf. Sie geht ihren eigenen Weg und zwar den ihres Herzens."
Isabella riß ihre Augen wieder auf.
"Du scheinst meine Mariella besser zu kennen als ich, Kim. Ich kenne das Mädchen schon über 10 Jahre, und du hast das erste Mal mit ihr gesprochen und hast ihren Charakter sofort erkannt. Ja, Mariella ist wirklich herzensgut. Sie würde ihr Letztes geben, um anderen Menschen helfen zu können. Sie würde eher sich selbst weh tun, bevor sie anderen weh tut."
"Warum hast du dann vorhin so abschätzend über sie gesprochen?", fragte Kim mit hochgezogenen Brauen.
"Weil ich mich in letzter Zeit zu sehr nach dem Maßstab der anderen Menschen gerichtet habe", sagte Isabella und senkte ihren Blick vor Kims stechenden Augen. "Ich lebte früher sehr zurück gezogen und habe nie jemanden eingeladen. Aber in letzter Zeit wollte ich Menschen um mich haben und lud einige Nachbarn zu mir ein. Ich habe Mariella vor ihnen versteckt, weil diese Menschen immer über sie lachten. Jetzt weiß ich aber, daß das keine echten Freunde waren. Ich habe Mariella verraten und ihr sehr weh getan. Das tut mir jetzt leid. Eigentlich war immer nur sie meine echte Freundin."
Kim lächelte.
"Es muß dir nichts leid tun, Isabella. Immerhin hast du jetzt die Wahrheit erkannt. Weißt du, das Liebenswerte an den Menschen sind ihre Schwächen, solange sie voll Güte und nicht voll Gewalt sind. Perfektion paßt nicht zu den Menschen, - es würde sie zu leeren Hüllen machen."
Meine Tante kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
"Du bist ein Philosoph, Kim. So schön habe ich noch nie einen Menschen reden gehört, - abgesehen jetzt von deinem süßen Akzent."
"Ich bin sicher kein Philosoph, denn diese Sätze haben schon viele vor mir gesagt.
Bist du jetzt wirklich davon überzeugt, daß Mariella nicht dumm ist, wie du uns vorher weis machen wolltest?"
"Ich war eigentlich immer davon überzeugt, daß meine Mariella nicht dumm ist. Sie hat manchmal einiges gesagt, das mich wirklich nachdenklich machte, und das war etwas sehr Kluges.
Von nun an werde ich zu ihr stehen, so lange ich lebe. Immerhin habe ich sie auch aus dem Waisenhaus geholt. Damals war es mir auch egal, was die Leiterin sagte. Mariella saß im Waisenhaus immer nur in ihrem Zimmer und sprach mit niemandem. Zuerst dachte man sogar, daß sie stumm ist. Erst bei mir wurde sie zu einem Menschen, weil sie fühlte, daß ich sie mag. Ich hatte nie das Glück, Kinder zu haben, aber in Mariella fand ich eine Tochter, und bekanntlich macht Liebe doch alles schön."
"Du bist hier der Philosoph, Isabella!", lachte Kim und ging ins Haus.
Tante Isabella sah mich lange an, bevor sie sprach.
"Weißt du, was du da für einen Mann hast? Weißt du das wirklich, meine kleine Maria?", fragte sie gerührt unter Tränen.
Ich nahm ihre Hand und drückte sie sanft.
"Ja, Tante Isabella, ich weiß es. Kim ist ein Engel auf Erden."
Sie nickte und wischte sich die Tränen ab.
"Ja, er muß ein Engel sein", sagte sie leise. "Er hat ein großes, gutes Herz, das nicht zerstört wurde, obwohl er so schlecht behandelt wurde. Wenn ich ihn so vor mir sehe, - seine sanften Blicke, und wenn ich seine Stimme höre, wie er spricht, - kann ich nicht verstehen, wie man diesen Jungen nur so weh tun konnte. Und obwohl er immer nur Böses erfahren hatte, blieb er so sanft und gut. Wie hat er das nur geschafft?"
Ich schluckte.
"Er hat es geschafft, Tante Isabella. Kim hat zwar sehr lange gebraucht, um an meine Liebe zu glauben und vor allem, mir zu vertrauen, aber er selbst hat die Hoffnung eigentlich nie aufgegeben. Er hat allen Menschen verziehen, - sogar seiner Ziehmutter und auch Ian Anders. Kim kennt keinen Haß, und er ist niemals nachtragend. Er ist der Gott der Liebe und das im wahrsten Sinne der Worte."
Isabella suchte nach ihrem Taschentuch, um sich erneut die Tränen abzuwischen.
"Tu ihm nie weh, Maria. Du mußt diesen sanften Mann immer lieben und ganz vorsichtig mit ihm umgehen. Große, gütige Herzen bricht man zu leicht, und ich weiß nicht, ob Kim eine weitere Enttäuschung verkraften wird. Es wäre schade um diesen großartigen Menschen, wenn er zerbrechen würde. Er liebt dich sehr, Maria. Das sehe und spüre ich. Es sieht fast so aus, als ob sein Leben von deiner Liebe abhängen würde. Du hast einen ganz großen Schatz, den du hüten und pflegen mußt, wie dein eigenes Leben, Maria."
"Ich weiß, Tante Isabella. Ich könnte Kim niemals weh tun."

Kim 9. Buch

An einem Abend fiel mir auch bei Kim besonders auf, daß er bereits mit allerletzten Kräften auf der Bühne stand. Seine Temperamentsausbrüche, für die er berühmt war, blieben diesmal ganz aus. Wenn er sich nicht gerade ans Mikrofonstativ klammerte, hielt er seine Gitarre krampfhaft in den Händen, als ob er daran Halt suchen würde. Auch seine Stimme klang nicht mehr so kräftig, sondern eher zaghaft. Natürlich wurde seine Show nicht zu sehr davon beeinflußt, aber Kim wirkte sehr müde, und ich machte mir Sorgen um ihn.
Die Fans trugen ihm überhaupt nichts nach. Im Gegenteil, - sie jubelten ihm noch mehr zu, um ihm dadurch mehr Kraft zu geben. Es wußten ohnehin alle, wie mörderisch diese langen Tourneen sein können.
Ich hoffte nur, daß Kim an diesem Abend nicht zu viele Zugaben geben muß. Gegen Ende der Show schwankte er sogar einmal, daß er sich gerade noch am Stativ festhalten konnte. In diesem Moment wußte er nicht, wohin er nun singen soll, da er beim Gitarrespielen meistens ein Mikrofon am Ohr angebracht hatte.
Die Fans hatten Mitleid und verlangten nicht mehr als drei Zugaben. Dann ließen sie die total erschöpfte Band, ohne zu raunen, von der Bühne.
Als Kim zum Bühnenausgang kam, fiel er mir direkt in die Arme. Seine Beine gaben einfach nach. Ein Roadie half mir, ihn zu stützen, und gemeinsam brachten wir ihn in die Garderobe.
Kims Körper war schweißnaß und glühend heiß.
"Was ist denn los mit ihm? So haben wir Kim überhaupt noch nie gesehen", sagte Mike.
"Er hat sich total verausgabt", sagte ich, nachdem der Roadie gegangen war. "Bevor wir auf Tournee gingen, mußten wir zweimal ins Reich des Bösen. Das hat Kim viel Kraft gekostet. Und jetzt die Tournee, wo er sich bei jedem Konzert die Seele aus dem Leib schreit und dazu einige Kilometer auf der Bühne zurück legt, nebenbei Gitarre spielt und zwar die schwierigen Riffs aus der neuen Doppel-LP, - das ist sogar für den König des Universums zu viel. Und wie ihr wißt, gebraucht er seine Kräfte niemals für sich selbst. Also liegt es klar auf der Hand, daß er während dieser Tournee einmal zusammen brechen muß."
Kim stöhnte und richtete sich schwerfällig auf.
"Ich will ins Bett. Ich will nur mehr schlafen, - schlafen....", hauchte er und wischte sich mit beiden Händen über das total verschwitzte Gesicht.
Ich legte ihm seine Jeansjacke über die Schultern.
Gemeinsam brachten wir ihn hinaus, wo schon ein Wagen auf uns wartete, um uns ins Hotel zu fahren.

Mike und Andy stützten Kim bis zu unserem Zimmer. Ich schloß schnell auf. Die beiden legten ihn aufs Bett.
Mike war besorgt, weil Kim ziemlich heiß war, als ob er 40 Fieber hätte und meinte, ich sollte sofort einen Arzt holen. Aber ich hoffte, daß er sich am Morgen besser fühlen wird.
Nachdem die Jungs aus dem Zimmer waren, zog ich Kim aus. Seine Arme und Beine waren schwer wie Blei. Ich hatte wirklich große Mühe, die hautengen, verschwitzten Jeans herunter zu bekommen. Von Kim konnte ich keine Mithilfe mehr erwarten. Er lag da wie tot.

Am Morgen war Kim noch immer heiß. Auf seiner Stirn standen Schweißtropfen. Ich wischte mit einem feuchten Tuch sein Gesicht ab.
"Guten Morgen", sagte ich leise, als er mich anblinzelte.
"Das selbe...", murmelte Kim in seinem typischen Humor, den er trotz der Erschöpfung nicht verloren hatte.
Ich faßte noch mal an seine Stirn und seinen Nacken. Kim glühte wirklich, als ob er 40 Fieber hätte.
"Dein Schnupfen ist diesmal im Frühjahr und im Herbst ausgeblieben. Du wirst das doch jetzt nicht alles zusammen gesammelt haben und eine Lungenentzündung haben? Ich finde, es sieht gar nicht gut mit dir aus. Es ist auch kein Wunder. Draußen ist es nicht extra warm und du gehst nach jedem Konzert erhitzt, nur mit einem knappen Leibchen hinaus zum Wagen. Da wundert es keinen, wenn du krank wirst."
Kim stöhnte nur und drehte sich müde zur Seite.
"Kim, tu doch etwas, daß du wieder gesund wirst. Du hast doch genug Kraft dazu", sagte ich eindringlich. "Deine Fans warten, - du kannst sie nicht enttäuschen und Konzerte absagen, weil du krank bist."
Er schüttelte seinen Kopf und stöhnte auf.
"Nein, das tu ich nicht. Das ist gegen meine Prinzipien."
"Dann muß ich einen Arzt holen", sagte ich und griff entschlossen zum Telefon, wo sich sofort die Rezeption meldete und ich einen Arzt bestellte.
Die Rezeptionistin war so freundlich, daß sie sogar einen deutschen Arzt verständigte, der in einer viertel Stunde bei uns war.
Mike, der sich am meisten um Kim sorgte, hatte den Arzt kommen sehen und mußte sofort bei uns nachfragen.
"Was ist mit Kim? Ist es wirklich so schlimm?", fragte er.
"Ich sage dir nachher Bescheid", meinte ich und schob Mike zur Tür hinaus, der deswegen etwas beleidigt wirkte.
Der Doktor untersuchte Kim genau.
"Es sieht ganz nach einer schweren Grippe aus. Eigentlich wäre absolute Bettruhe angeordnet", sagte er.
"Das geht nicht. Ich muß noch heute abend auf die Bühne. Wir müssen dieses Konzert geben. Morgen geht es schon weiter in die nächste Stadt", sagte Kim und wischte sich leidend über die heiße Stirn.
Der Arzt überlegte.
"Nun, - du bist konditionell eigentlich so gut wie ein Spitzensportler, daß ich es verantworten kann, dir eine Injektion zu verpassen, die Tote zum Leben erwecken würde. Das Fieber wäre damit geschlagen. Aber ich stelle auch Erschöpfung bei dir fest, und dein Rücken ist sehr verspannt. Ich würde dir eine kräftige Massage empfehlen."
Kim lächelte gequält.
"Dann her mit der dicken Nadel. Ich muß heute abend wirklich auf die Bühne. Einen Masseur haben wir ohnehin mit. Der wird meine Rückenverspannung schon lösen."
Ich mußte mich abwenden, als der Arzt die Nadel an Kims Arm ansetzte. Als ich Kims tiefen Seufzer hörte, schmerzte es mich wohl mehr als ihn.

Dann begleitete ich den netten Doktor hinaus und wollte ihn bezahlen.
"Nein, nein!", wehrte der Mann ab. "Kim zu verarzten, - das wünscht sich doch jeder. Es ist eine Ehre für mich, und es wäre angebrachter, wenn ich bezahlen würde. Falls es noch etwas gibt, rufen sie mich sofort an. Ich komme jederzeit."
Mike, der im Hotelflur nervös auf und ab gegangen war, kam sofort auf mich zu.
"Es ist alles in Ordnung, Mike. Kim hat eine Injektion bekommen und wird heute Abend garantiert auf der Bühne stehen."

Dann ging ich wieder zu Kim zurück.
"Fühlst du dich schon besser?", fragte ich.
"Meinst du, daß das so schnell geht? Ich bin noch immer verdammt müde, und alles ist schwer wie Blei", stöhnte er und sah mich leidend an.
"Dann schlaf jetzt. Ich bringe dir etwas später etwas zu essen und sorge dafür, daß nachmittags der Masseur zu dir kommt."
"Ja, tu das, bitte", sagte Kim leise und drehte sich zur Seite.

Als ich das Zimmer verließ, standen die Jungs vor der Tür.
"Es ist alles in Ordnung, Jungs. Kim will jetzt schlafen, daß er bis zum Konzert fit ist", sagte ich.
Dann gingen wir zusammen frühstücken.

Nach dem Frühstück sah ich nach Kim. Er schlief wie ein Murmeltier.

Nach drei Stunden holte ich aus der Hotelküche Essen für ihn. Er war bereits munter, als ich wieder zurück kam und sah auch schon viel besser aus. Auch das Essen schmeckte ihm, denn er ließ keinen Bissen über.
Etwas später kam der Masseur, der ja auch bei den Jungs sehr viel Arbeit hatte, denn auch sie litten in letzter Zeit sehr an Muskelverspannungen.

Bis zum Abend war Kim wirklich wieder fit, und die Show lief perfekt, auch wenn Kim nicht mehr so wild war wie immer, aber er hielt sich besser als gestern und seine sexy Moves blieben auch nicht aus.
Bevor wir ins Hotel zurück fuhren, zog er sich nach dem Duschen brav um und sogar eine dicke Jacke über. Körperlich war er wieder fit, aber innerlich schien ihn diese Verausgabung doch sehr mitzunehmen.

Als wir im Bett lagen, liebten wir uns wie immer. Es stärkte uns beide.
Und doch fühlte ich, als Kim nachher müde in meinen Armen lag, eine gewisse Traurigkeit von ihm ausgehen.
Es lag einfach an allem, - an der Tournee, die seine letzten Kräfte brauchte, und vor allem das Reich des Bösen, das nur langsam ausgelöscht werden kann. Wenn es nach Kim ginge, würde er sich diese Kräfte holen, mit denen er weit über sich hinaus wachsen und mit einem einzigen Schlag das Böse für immer verschlingen kann. Er würde sich sofort selbst opfern. Und er wußte, daß ich glücklich sein könnte. An sich dachte er ja nie. Nicht einmal ein bißchen Kraft gab er für sich her.
"Wenn du das Reich des Bösen mit einem Schlag zerstören könntest, würde ich mit dir gehen, Kim. Mit dir würde ich auch im Nichts glücklich sein. Ich könnte mir vorstellen, daß unsere Liebe auch das Nichts beleben würde", sagte ich leise und drückte mich an ihn.
"Wie kommst du jetzt auf dieses Thema?", fragte Kim und blinzelte auf.
"Ich kann auch Gedanken lesen und vor allem spüre ich deine Gefühle auf mich übergehen.
Diese Injektion hat doch nur deinen Körper gestärkt, Kim. Dein Herz ist noch immer müde und erschöpft. Du bist einfach fertig. Es war zu viel für dich. Und dann kommt immer alles in dir hoch. Deine Vergangenheit, deine Angst, daß du deine Aufgabe nicht schaffen wirst, - das alles lastet wie angewachsener Beton auf deinen Schultern. Das stimmt doch?"
"Ja, es stimmt, aber ich habe jetzt keine Lust darüber zu diskutieren", flüsterte Kim müde.
"Ich weiß, mein Engel. Ich wollte dir nur sagen, daß ich immer mit dir fühle und immer zu dir halte. Du bist nicht alleine. Und ich weiß, daß du stark genug bist, um alles zu schaffen.
Du bist nicht mehr der invisible boy, der nur vom Spiegel gesehen wird. Das ist Vergangenheit, Kim. Und ich halte zu dir, was auch immer geschieht."
"Ich weiß, mein Mädchen", hauchte Kim. "Ich weiß, du würdest mir überall hin folgen. Vielleicht hast du recht damit, daß unsere Liebe auch das Nichts beleben würde...."
Sein Herz war wirklich müde. Ich konzentrierte mich auf ihn und setzte alles daran, um aus meinem Herzen Kraft in ihn zu senden. Kim wollte sich natürlich sofort dagegen wehren.
"Halte still, mein Liebling", sagte ich leise. "Laß mich auch einmal etwas für dich tun. Du brauchst diese Kraft, sonst hältst du das bis Weihnachten nicht durch. Ich möchte, daß diese Traurigkeit von dir geht und dich wieder glücklich machen. Mach deine müden Augen zu und schlafe. Ich werde dich die ganze Nacht halten. Du wirst sehen, morgen bist du wieder ganz gesund, - äußerlich wie innerlich."
Kim kam nicht mehr dazu, etwas zu sagen. Morpheus hatte ihn, wie ich, in seine Arme genommen.

Ich hielt Kim wirklich die ganze Nacht fest und versorgte ihn mit meiner Kraft. Ich war nicht müde und konnte nebenbei viel über ihn nachdenken.
Er ist wirklich kein Gott, der über allem steht. Kim ist vielleicht eine Art Übermensch, - mehr als ein Leuchtendes Wesen, mit unheimlichen Kräften, - ein König des Universums, der den Stein der Könige in seinem Herzen trägt, - aber all das macht ihn nicht allmächtig. Kims Kräfte können vergehen, wenn er sie zu sehr in Anspruch nimmt, und dann ist er nur mehr ein kraftloser Mensch, der sich nur langsam erholen kann. In diesen Momenten ist er sehr anfällig für Krankheiten, was man ja auch in seiner Vergangenheit gesehen hat. Und jetzt, als König des Universums, hat es ihn wieder getroffen. Aber irgend etwas bleibt von seiner Kraft immer zurück, daß er schneller gesund werden kann, als ein normaler Mensch. Diesmal, übrigens das erste Mal, seit sich Kim seiner Herkunft bewußt wurde, überschritt er seine eigenen Grenzen um vieles und verlor seine ganze Kraft. Das warf ihn wieder um viele Jahre zurück. So wie er nun in meinen Armen lag, kraftlos und ausgepumpt, war er wirklich nur mehr ein Mensch, der sogar sterblich wirkte. Ich hatte in dieser Nacht großes Mitleid mit Kim und spürte richtig, wie groß und schwer seine Aufgabe ist und wie sehr sie ihn mitnimmt.
Er zweifelte noch immer an sich selbst, und seine Übersensibilität machte es ihm schwer, das alles hinzunehmen und immer mit Zuversicht gegen das Böse zu kämpfen. Kim ist keine Maschine mit Wahnsinnskräften. Nein, er ist ein lebendes, sehr empfindsames Wesen, das nur den Weg seines Herzens geht und Trauer empfindet, wenn er das Leid aller Menschen und Wesen sieht, die er nicht mit einem Schlag vor dem Bösen retten kann. Jetzt, wo er so kraftlos und erfüllt von tiefer Traurigkeit war, hilflos, etwas dagegen unternehmen zu können, quälte es sein Herz auf grausamste Art. Nur warten, geduldig warten, bis seine Kräfte wieder zurück kommen.
Ich weinte in dieser Nacht um Kim.
Wie schwer ist sein Leben wirklich? Von Geburt an spürte er nur Ablehnung, Haß, Demütigungen, Schmerzen und Angst, und dann kommt plötzlich so eine große Aufgabe auf ihn zu, daß er kaum Atem schöpfen konnte, um sich von seiner qualvollen Vergangenheit zu erholen. Sich wieder opfern, wieder Schmerzen auf sich nehmen...
Jetzt fühlte ich wirklich, was Kim da auf sich genommen hat. Anstatt sich endlich auszuruhen, glücklich zu sein, endlich die erfüllte Liebe seines Lebens gefunden zu haben, muß er nun das gesamte Universum vor dem Bösen retten.
Ich hatte Angst und war mir nicht mehr sicher, ob es dieses empfindsame Wesen jemals schaffen wird. Ich zweifelte nicht an seinem Herzen, das ja gar nicht anders handeln konnte, sondern eher an der Quelle der Kraft, die ihn dazu auserwählt und dabei überschätzt hatte.

Gegen Morgen wurde mein Griff um Kims Körper etwas lockerer. Ich schlief ein. Aber noch im letzten Moment wußte ich, daß ich Kim die nötigen Kräfte gegeben habe.

Kim 10. Buch
2 Textstellen

Ich dachte in diesen Tagen oft über Kims einmalige Karriere nach. Er hatte mir ja auf Fuerteventura seine Lebensgeschichte erzählt und dabei auch den Einstieg ins Musikgeschäft gut beschrieben. Anfangs war er enttäuscht, weil er sich nicht so geben durfte, wie er wollte. Aber jetzt, nach dieser langen Zeit, blickte er ja doch glücklich zurück, als er bei den ersten Tourneen den herzlichen Kontakt mit seinen Fans noch hatte, der sich nach der außergewöhnlichen Hitsingle sofort änderte und er Angst vor seinen stürmischen Fans haben mußte.
Nun wußte man bereits Bescheid, daß es die Band KIM nicht mehr lange geben wird und die Nachfrage nach alten LPs wurde größer. Auch Videos waren gefragt und so arbeitete man im Studio an einer Videokassette mit Kims erfolgreichsten Singles.
Es war eine 5 Stunden Videokassette, die ein Abschiedsgeschenk an die Fans sein sollte, da sie auch stark verbilligt war und der Firma mehr Geld kostete, als sie einspielte, obwohl sie überall auf der Welt in Massen gekauft wurde. Kim konnte mir die Zahl der verkauften Kassetten gar nicht nennen....
Nachproduktionen waren bei der Band KIM ja keine Seltenheit mehr, da noch jedes Album vergriffen war und nun auch diese Videokassette.
Von den vielen Preisen, die Kim und seine Jungs im Laufe ihrer Karriere bekommen hatten, brauche ich ja nicht mehr zu schreiben. Jede LP wurde ausgezeichnet und natürlich auch jede Single und jedes Video. Nicht zu vergessen, der einzige Film, in dem Kim mitwirkte, - The last coup, der noch immer alle Kinos füllte und von dem die Videokassette mehrmals vergriffen war. Auch für diesen Film bekam er Auszeichnungen und Preise.
Auf meine Frage, ob sich Kim nun dem Filmgeschäft widmen wird, meinte er fast ärgerlich:
"Ich bereute es heute noch, jemals bei einem Film mitgemacht zu haben. Also laß mich bitte in Ruhe damit."
Er ist wirklich ein Temperamentsbündel sondergleichen und nie an ehrlichen, spontanen Antworten verlegen, was ja die Reporter an ihn liebten und gleichzeitig fürchteten.
Es ist ein Abschied von einem Star, wie es ihn nie wieder geben wird und der schon zu Lebzeiten zur Legende geworden war...



Nach einer ausgiebigen Reise in unsere Liebeswelt, lagen wir nebeneinander und hielten uns an den Händen fest.
"Sag mal, Kim, - hast du schon immer alles so perfekt beherrscht wie heute? Ich meine, daß du alle Sprachen kannst, daß du so gut surfen und auch Tennisspielen kannst und so weiter?", fragte ich.
"Ich konnte es schon immer, - wahrscheinlich von Geburt an, aber bewußt war ich mir dessen nicht.
Ich wußte auch damals nicht, daß ich surfen kann und auch nicht, daß ich Schifahren kann. Aber, als ich mir die Schi anschnallte, hatte ich sofort das Gefühl, daß es nicht so schwer sein kann.
Es liegt eben in der Natur eines Leuchtenden Wesens. Leuchtende Wesen haben in den Augen der Menschen übersinnliche Kräfte und die hatte ich eben schon immer.
Es dauerte aber sehr lange, bis ich einige meiner Fähigkeiten bewußt begriff, wie ich dir ja in meiner Lebensgeschichte erzählt habe. Damals wollte ich nicht anders sein und so verdrängte ich diese Fähigkeiten eben und arbeitete nicht an ihnen weiter, wie es Leuchtende Wesen normal tun.
Heute weiß ich, daß ich damals sogar einen Profifußballer überspielen hätte können, - daß ich überall ein Weltmeister hätte werden können. Du hast es ja auch beim Tennisspielen gesehen. Es war wirklich das erste Mal, daß ich ein Racket in meiner Hand hielt."
"Du meinst, als du in Los Angeles mit den Jungs Tennis gespielt hast, war es das erste Mal?", fragte ich verblüfft.
"Ja, es war das erste Mal. Ich konnte gar nicht anders spielen. Du hast doch bemerkt, wie ich mich geschämt habe, weil ich das so provozierend gezeigt habe. Meine Aufschläge, die niemand zurück brachte und so...
Ich hätte gar nicht anders spielen können und mußte mich kraftmäßig richtig beherrschen, daß Armin auch mal einige Punkte machen konnte. Ihr habt ja dann alle gepfiffen, daß ich weiter spielen mußte. Aber es war mir wirklich peinlich, Maria."
"Warum denn? Du müßtest stolz darauf sein, Kim."
"Nein, Maria. Stolz kann man nur auf etwas sein, was man sich mit Mühe erkämpft und erarbeitet hat. Und diese Kraft habe ich mir sicher nicht erarbeitet. Ich bin nun mal so und dafür kann ich nichts. Darauf kann ich wirklich nicht stolz sein."
"Was hat der Stein der Könige in deinem Herzen eigentlich bewirkt, wenn du doch diese Kraft schon immer in dir hattest?"
"Der Stein der Könige öffnete mein Herz für das gesamte Universum und gab mir Kampfkraft. Du weißt doch, daß ich richtig um diese Kampfkraft kämpfen mußte, weil ich das vorher nicht konnte. Mein Herz kennt nur Sanftmut und Demut. Leuchtende Wesen kämpfen nicht und kennen keine Gewalt und können keine Gewalt anwenden. Und der Stein der Könige mußte in meinem Herzen bewirken, daß ich gegen die Dämonen Gewalt anwenden kann."
"Er gab dir also Kampfkraft und das Wissen über das gesamte Universum?"
"Richtig!"
"Dann müßtest du Gott doch kennen, Kim."
"Kennen ist nicht das richtige Wort. Ich fühle ihn, - genauso wie ich das Böse fühle, das ich ja auch nicht kennen kann. Weißt du, da draußen in diesen vielen, verschiedenen Dimensionen sieht alles anders aus, als man denkt und man sich als Mensch kaum vorstellen kann. Ich nehme die Dinge da draußen mit meinem Herzen auf, - mit meinem eigenen Selbst.
Es gibt eigentlich keine absolute Wahrheit, denn die absolute Wahrheit kann alles und nichts sein. Ich kann wirklich niemals sagen: Das ist so und so. Ich kann nur sagen: Ich fühle das so.
Jeder Mensch, jedes Wesen bildet sich seinen eigenen Horizont und hat seine eigenen Vorstellungen und Träume. Deshalb sage ich auch immer, daß ich kein Gott und kein Übermensch bin. Ich habe eine Kraft, die sicher einzigartig ist, sich aber von anderen Kräften keineswegs unterscheidet. Ich habe sie eben in Überfluß und bei meiner Aufgabe brauche ich sie auch im Überfluß."
"Willst du damit sagen, daß du uns niemals beschreiben kannst, wie das Universum ist und was Gott ist?"
"Klar kann ich das, aber für euch würde das keinen Sinn haben, weil es nur von meinem Herzen aus so ist. Und das muß noch lange nicht heißen, daß es auch für dich und unsere Freunde so ist."
"Ich verstehe das noch immer nicht, Kim", sagte ich leise, und Kim lächelte.
"Das kann man auch nicht verstehen, Maria. Man kann es nur fühlen.
Laß es mich so erklären: Jeder Mensch hat seine eigene Meinung und seinen eigenen Horizont. Menschen nennen sich dumm, oder klug. Für mich ist ein Mensch dumm, wenn er die Möglichkeit zum Lernen hat, sie aber aus Faulheit nicht nützt. Aber es gibt auch Menschen, die manche Dinge nicht erlernen können, weil ihnen der Horizont dazu fehlt. Deswegen würde ich ihn nicht dumm nennen. Er ist dann eben so, - er ist dann eben anders, als der Mensch, der diese Dinge durch seinen weiteren Horizont begreift. Anders sein, - das ist eben die Individualität jedes einzelnen Menschen und Wesen. Wichtig ist nur, daß jedes Wesen auf sein Herz hört, denn dann sieht es die eigene Wahrheit, - nicht DIE Wahrheit, sondern die EIGENE Wahrheit. Und diese Wahrheit öffnet ihm das Tod zu seinem Universum und zu seinem Gott. Logischerweise sieht diese Wahrheit für jedes Wesen dann anders aus. Der eine wird Gott als Lichtquelle erkennen, der andere vielleicht als alten Mann mit einem langen, weißen Bart, der andere wird ihn als Kraftquelle fühlen und so weiter. Für jeden öffnet sich Gott als das, was ihm sein Herz sagt. Und ebenso ist es mit dem Universum und all seinen Wundern.
Es gibt Dimensionen, die so verschieden sind, daß man sie wirklich mit nichts vergleichen kann und sie auch nicht beschreiben kann, weil einfach die Worte dafür fehlen. Es gibt so viele Arten von Leben, die wirklich nur empfunden werden können, wenn der eigene Horizont ausreicht. Wir können nur fühlen, - das ist wirklich alles, was wir tun können.
Niemand kann dir sagen, das ist so und so. Nur du selbst kannst es, wenn du den Weg deines Herzens gefunden hast."
Ich mußte meine Augen reiben.
"Aber wer von den Menschen hat schon den Weg seines Herzens gefunden?", fragte ich.
"Das ist wieder ein anderes Problem", sagte Kim lächelnd. "Das Böse hat die Wege der Herzen in einen sehr gefährlichen Urwald verwandelt, - in ein finsteres Labyrinth, aus dem man nur schwer heraus findet.
Glaube mir, ich selbst kämpfe auch noch immer um meine Perfektion. Ich kenne den Weg meines Herzens, aber so ganz habe ich ihn noch immer nicht gefunden. Es ist wirklich ein sehr harter Weg. Das habe ich nie bestritten."
"Wenn du schon so schwer kämpfst, wie sollen dann ganz normale Menschen diesen Weg finden?"
"Indem sie ihre Kraft wachsen lassen."
"Oh, Kim, - das ist für Menschen eine unlösbare Aufgabe, wenn man es ihnen nicht sagt."
"Ich sagte schon, daß du niemandem sagen kannst, was er tun soll. Man muß es selbst fühlen und auch bereit dazu sein. Unsere Freunde waren bereit. Sie waren innerlich bereits offen, und ich sagte ihnen nur, daß sie auf dem richtigen Weg sind, um sich zu stärken. Du warst bei den Gesprächen immer dabei, und ich dachte, du hast verstanden.
Alles kommt von Innen, wenn man Friede und Liebe gefunden hat und dann auch die Kraft hat, das Böse von sich zu stoßen. Von sich stoßen, - nicht befreien, denn befreien ist unmöglich für die Menschen. Befreien können sie sich erst, wenn sie genug Kraft haben und den absoluten Weg zu ihren Herzen gefunden haben. Und das ist, wie du selbst sagtest, eine unlösbare Aufgabe. Sozusagen auch unnötig, darüber zu reden....
Was ich aber sagen wollte, ist, daß ich trotz allem niemandem sagen kann, wie das Universum aussieht und wie Gott ist, denn diese Antwort hat jeder selbst in seinem Herzen, so er es findet.
Hast du das jetzt verstanden?"
Ich kniff meine Augen zusammen.
"Für mich klingt das alles wie ein Irrgarten, Kim. Im Grunde genommen ist doch alles Illusion, - das ganze Leben ist Illusion. Nichts ist wie es ist, - nicht für dich, nicht für mich und nicht für andere Menschen und andere Wesen, weil es ja für jeden anders ist.
Oh, Gott! Das verwirrt mich wirklich nur."
"Es ist keine Illusion, Maria. Es ist nur die Wahrheit eines jeden einzelnen Wesens. Es ist der Zauber, der das Universum erst ausmacht. Das ist das Geheimnis des Universums. Es bildet sich aus den Phantasien und Träumen der Menschen und Wesen. Es ist die eigentliche Kraft des Lebens. Man kann diese Kraft fühlen und könnte sie zu irrsinnigen Taten nützen.
Um auf Gott zurück zu kommen! Es gibt unzählige Religionen im gesamten Universum. Also, wie soll sich Gott zeigen? Er hat doch das Leben erschaffen, - oder auch nicht. Dieses - oder auch nicht - verblüfft dich jetzt wieder, nicht wahr? Aber es stimmt. Gott kann auch ein Nichts sein. Er kann alles und nichts sein, Maria. Er zeigt sich bunt, wechselhaft und verständlich für jedermann.
Es ist also total uninteressant, wenn ich euch sage, was Gott für mich ist, oder wie das Universum aussieht, weil es nur nach meinem Herzen so ist und doch ist es die Wahrheit, - nämlich meine Wahrheit. Und demnach keine Illusion meinerseits. In dem Sinn kannst du auch sagen, daß jeder recht hat. Jeder für sich hat recht, der behauptet, daß es einen Gott gibt, und auch der hat recht, der sagt, daß es keinen Gott gibt.
Ich sehe doch auch mit meinen Augen und du mit deinen und jeder mit anderen Augen. Jeder hat sogesehen einen anderen Horizont, wenn es auch manchmal so scheint, daß für jeden die Welt gleich aussieht. Aber so ist es nicht. Schon ein ganz kleiner Farbunterschied, wie das Grün eines Grashalms, kann für manchen das Tor zum Universum öffnen."
"Du meinst, wenn er sich bewußt ist, daß er das Grün anders sieht, als sein Freund?"
"Genau das meine ich. Aber er muß auch das Grün seines Freundes akzeptieren, sonst ist das Tor nur eine Einbahn und kein offener Weg. Nur offene Wege führen zum Herzen."

Kim 10. Buch
2 Textstellen

Und dann war es so weit! Am 12. Feber 1997 war das allerletzte Konzert in München. Alle Fernseh- und Radiostationen aus aller Welt hatten sich zusammen geschlossen, um Kim ein letztes Mal live zu übertragen.
Wie ich später durch die Zeitungen erfahren habe, war es die höchste Einschaltquote, die je erreicht wurde und das in aller Welt. Selbst die unmenschlichsten Zeiten hinderten die Menschen nicht, vor dem TV-Gerät zu sitzen und Kim live auf der Bühne zu sehen. Es war unvorstellbar, wie groß diesmal das Publikum war, - alle Welt!
Kims Konzerte gingen ja schon früher in die Geschichte ein, aber das jetzt übertraf alles, was bisher dagewesen war. Ich war mir sicher, daß man Kim niemals vergessen wird und noch viele Generationen danach über diese Legende sprechen und seine Musik hören werden. Diese Stimme, so verschieden sie auch ist, die so unter die Haut geht, daß man sich ihr nicht entziehen kann. Es war wahrscheinlich nicht nur der erotische Unterton, der so unverkennbar ist, sondern die Kraft und Zuversicht, die diese Stimmen ebenso ausdrücken, wie Friede und Liebe.
Wir Frauen wollten uns diesmal unters Publikum mischen, aber alles drängte sich schon zwei Stunden vorher wie in einer Sardellendose, daß es unmöglich war und wir wieder einmal am Bühneneingang stehen bleiben mußten.
Unzählige Kameras waren aufgebaut und unzählige Leute vom Fernsehen liefen herum, um Kim von allen Seiten aufnehmen zu können. Bereits nachmittags wurde geprobt, da die Kameraeinstellung zu 100% klappen mußte und nichts schief gehen durfte. Die ganze Welt sah zu, und die deutsche Perfektion sollte sich sehen lassen können....
Ich spürte, daß Kim vor allem an seine Freunde aus der Vergangenheit dachte, an die "Kinder der Nacht" aus London, die ihre Heroinsucht überlebt haben, oder auch nicht, - und unzählige Menschen, die Kim vielleicht nur eine Stunde, oder nur ein paar Minuten nahe waren und ihn nie wieder vergessen konnten.
Jetzt sah alles auf ihn, - die ganze Welt!

Punkt 20 Uhr ging es los!
Kims Kleidung war bei diesem letzten Konzert nicht so gewöhnlich wie bei der Tournee, wo er nur mit Jeans und ganz selten mit Oberbekleidung aufgetreten war. Diesmal wollte er seinen Fans das geben, zu dem sie ihn schon immer gemacht haben, - zum Sexsymbol! Sein Outfit war atemberaubend. Nicht einmal die wenigen Stoffstreifen der "Woman in black - Tournee" konnten da mithalten. Ein Stringtanga (!) aus schwarzem, weichen Leder, an dem seitlich an schmalen Bändern schwarze, hautenge Lederhosenbeine mit Nieten angebracht waren. Kims Innenschenkel und sein Po waren nackt. Dazu kniehohe, schwarze Nietenlederstiefel mit langen Fransen. Das Oberteil war ein schwarzes, glänzendes Etwas. Es fehlte nur mehr die Peitsche und Kim wäre die perfekte "weibliche" Domina gewesen...

*

Am nächsten Tag blieb Kim im Bett. Er hatte sich so verausgabt, daß er bis zum Nachmittag schlief und nur kurz zum Essen aufstand, um sich dann sofort wieder ins Bett zu legen.
Tracy mußte an diesem Tag einen Arzt holen, da Gabriel vor Erschöpfung zusammen gebrochen ist, als er zum Mittagessen an den Tisch gehen wollte.
Auch den anderen Jungs ging es nicht viel besser. Es war einfach wieder einmal zu viel. Zuerst die gewaltige Tournee und dann zum Abschluß ein Konzert, das über sieben (!) Stunden dauerte, - über sieben Stunden Spieldauer. Die Pausen sind nicht miteingeschlossen.
Jetzt konnten sich auch manche Musikerkollegen erklären, wie es diese Band schaffte, in so kurzer Zeit gleich mehrere LPs auf einmal aufzunehmen, wenn sie auch die Kraft hatten, über sieben Stunden in vollster Konzentration auf der Bühne zu stehen, wo ein Song den anderen jagte.

Erst am übernächsten Tag flogen Gabriel, Tracy, Armin und Norma zurück nach Los Angeles und Mike und Louanne zurück auf Fuerteventura.
Das war also das Ende der legendären Band KIM.




Ein paar Tage später bekamen wir das erste Exemplar dieser Zeitschrift zugeschickt.
Und so schrieb dieser junge Reporter:
"Meine Aufgabe, Interviews zu machen, wurde mir bis jetzt immer leicht gemacht. Ich sah es als normale Arbeit an, Berichte und Fotos zu machen, die diese beliebte Zeitschrift an die Frau, - beziehungsweise auch an den Mann, - bringt. Diesmal ist es mehr als eine Aufgabe...
Ich fahre aus München hinaus, zu einer sehr ruhigen Gegend, wo einsam und verstreut einige Luxusvillen stehen, in denen bekannte und auch weniger bekannte Menschen leben. Ich steuere meinen Wagen die einsame Straße entlang, die zu dem wohl berühmtesten aller Stars führt, - zu Kim!
Es ist ein schöner Frühlingstag, - sonnig und warm. Überall blühen Bäume und Blumen auf den grünen Wiesen. Die Natur ist wieder erwacht und zeigt ihre zarten Knospen. Natur, Erwachen, neues Leben, Liebe, Erotik, Sinnlichkeit, - man muß bei diesen Dingen zwangsläufig an Kim denken.
Es ist mehr als Herzklopfen, als ich mein Auto vor dem riesigen Schmiedeeisentor parke. Mit zitternden Fingern drücke ich auf den Klingelknopf, der seitlich an der hohen, fast unüberwindbaren Mauer angebracht ist. Nur durch das Tor hat man einen kleinen Einblick auf den riesigen Park vor dem Haus.
Dann kommt ER aus dem Haus, - gerade auf das Tor zu, - auf mich! Langes, schwarzes, wallendes Haar, ein sanftes Lächeln auf den sinnlichen Lippen und strahlend, schocktürkise Augen, vor denen die Sonne erblaßt.
Sein Gang ist erotisch, - langsam, lässig, fast wie im Zeitraffer schiebt sich sein schmales Becken vor. Die langen, endlos scheinenden Beine stecken in Jeans, an deren Oberschenkel und Knien Löcher sind, wo man die weiche, bronzefarbene Haut durchscheinen sieht. Ein weites, weißes Seidenhemd, bis zum Bauchnabel offen, legt sich weich auf seinen muskulösen Oberkörper. Und natürlich Tennisschuhe!
Und dann steht er vor mir, öffnet das Tor und sagt: Hallo.
Es ist nicht so, als wenn ein ganz gewöhnlicher Mensch zur mir Hallo gesagt hätte. Ich höre Kims Stimme zwar in meinen Ohren, aber sie geht doch tiefer, - viel tiefer, - bis in meine Seele. Noch als mir Kim seine Hand entgegenstreckt, spüre ich dieses tiefe, fast gehauchte Hallo noch immer in meinem Unterbauch.
Sein Händedruck ist fest und ehrlich, und damit zieht er mich in den Park und schließt wieder das Tor.
Ebenso ist es mit der Berührung. Ich habe schon vielen schönen Menschen meine Hand gegeben, - Frauen (!), aber bei Kim haftet der Druck seiner Hand noch lange nach, - als wir schon im Haus waren...
Ich will mich jetzt nicht mit der Einrichtung aufhalten, sondern mich nur auf Kim konzentrieren, was mir überhaupt nicht schwer fällt, denn er nimmt einen gefangen, bevor man ihn gesehen hat. Er ist Erotik pur.
Wir setzen uns ins Wohnzimmer auf eine sandfarbene (glaube ich!) Ledergarnitur. Kim nimmt auf der Couch Platz, und ich darf ihm gegenüber auf einem Fauteuil sitzen.
Was willst du trinken?, - fragt mich Kim in einen Ton, als ob ich schon jahrelang zu seinen besten Freunden gehören würde.
Whisky, Bier, Wodka, Martini, Kaffee, Milch, - beginnt Kim aufzuzählen, und dann lasse ich erstmals meine Stimme erklingen, als wir zusammen los lachen.
Ich war aufgeregt, das sagte ich schon, aber als mich Kim anlächelt und diese Frage stellt, fällt alles von mir ab, und ich fühle mich wie zu Hause, - mehr noch als das!
Wir einigen uns auf Bier. Kim geht mit schlaksigen Schritten aus dem Raum. Sein Gang ist wirklich unnachahmlich. Ich sehe ihm nach, wie ein Mann eigentlich nur schönen Frauen nachsieht, und in mir kommt ein sehr eigenartiges Gefühl hoch. Es ist schwer zu erklären, was dieser Mann in einem weckt, wenn er vor einem steht. Er erdrückt dich mit seiner üppigen Sinnlichkeit...
Kim kommt mit zwei Dosen Bier und diesem unwiderstehlichen Lächeln zurück.
- Brauchst du ein Glas? Weißt du, ich trinke eigentlich lieber aus der Dose. Da schmeckt es viel besser. -
Seine Stimme! Wieder erfüllt sie den ganzen Raum und meinen Körper. Ich brauche einige Sekunden, um antworten zu können.
Auch aus der Dose! Gut, dann können wir mit dem Interview beginnen!
Mein Tonband habe ich längst eingeschaltet. Kim ist damit einverstanden.
Meine erste Frage, die ihm in letzter Zeit sicher oft gestellt wurde, ist, ob er nun wirklich ganz mit der Musik aufhören will.
- Ja, das ist endgültig. Wir haben Schluß gemacht, und dabei bleibt es auch. Es ist ja nicht so, daß ich jetzt nichts mehr zu tun habe. Überall in der Welt sind meine Plattenfirmen und Studios verstreut. Ab und zu muß ich dort nach dem Rechten sehen. Es gibt so viele Nachwuchsbands, denen ich weiter helfen möchte. Ich bin zwar nicht so geschäftstüchtig, daß ich nun von einem Studio zum anderen hetze, denn zur Zeit bin ich erst mal zu Hause. Inzwischen machen das andere Leute, die das wahrscheinlich auch besser können, als ich. Ich gebe dann höchstens mein Jawort, wenn sie mir Demos von Bands schicken. -
Langsam kann ich mich an diesen zauberhaften Klang seiner unheimlich sanften, fast gehauchten Stimme gewöhnen.
Es gibt ja nicht nur Kims Records, sondern auch Kims News. Wie ist diese Musikzeitschrift entstanden? Immerhin hat sie die größte Auflage aller Musikzeitschriften.
Kim lacht. Sein Lachen ist ansteckend, und ich muß wie ein Narr mitlachen.
- Kims News, - das ist das Geschäft meines Adoptivsohns Eric. Ich habe damit überhaupt nichts zu tun. Eric hatte die Idee, eine Zeitschrift zu machen, womit die Fans genau informiert werden, was ich zur Zeit mache. Nun, meine Karriere ist zu Ende, aber Erics Zeitschrift wird sich deshalb nicht auflösen. Ich sagte schon, daß ich junge Bands fördern möchte, und somit wird von nun an über diese Bands berichtet, die Kims Records unter Vertrag nehmen werden. Eric wird also nicht arbeitslos werden. -
Aber das ist nicht alles, Kim. Ich will jetzt keine Werbung machen, was eigentlich unmöglich ist, da schon fast alles Kim heißt. Kim-Jeans, - Kim-Drinks und so weiter. Gehören diese Firmen alle dir?
- Nicht ganz! An diesen Firmen sind mehrere Menschen beteiligt. Ich bin eben nur einer von ihnen. Mein Geldfachmann, der sich immer um meine Finanzen gekümmert hat und es jetzt auch noch tut, sagte, daß Geld arbeiten muß. Also kaufte er sich in diese Firmen ein. Nun, meine Berühmtheit und mein Name zog, und so nennen sich diese Firmen eben nach meinen Namen, was mir noch mehr Rechte gibt. -
Dann bist du also ein eiskalter Geschäftsmann?
Kim lacht wieder.
- Nein, ganz und gar nicht. Ich lasse mich dort nur sehr selten blicken, und wenn es mal Konferenzen gibt, kann ich meine Meinung auch durchs Telefon sagen. Das Einzige, woran mir wirklich etwas liegt, das sind Kims Records. Wenn ich jungen Bands helfen kann, nach oben zu kommen, befriedigt mich das voll und ganz. -
Kim lacht wieder, daß die Sonne aufgeht. Ich werde mir erst bewußt, daß ich vor einem Mann sitzt, der im Jänner dieses Jahres 45 Jahre alt geworden ist und demnach mein Vater sein könnte. Aber vor mir sitzt ein strahlender Jüngling, den ich höchstens auf 25 schätzen würde.
- Das ist etwas, worüber ich gar nicht gerne rede. Was soll ich denn machen? Ich werde eben nicht älter. Vielleicht liebt mich die Jugend so sehr und will dem Alter keinen Platz machen. Nein, im Ernst! Darauf kann ich dir wirklich keine Antwort geben, - genauso wenig darauf, woher meine seltsame Ausstrahlung kommt. Mach es wie meine Fans. Sie akzeptieren mich wie ich bin und fragen nicht mehr nach dem Warum. -
Ich liebe ihn, - ja, ich habe mich in diesen Mann richtig verliebt. Mehr noch, als bei den unzähligen Konzerten, wo ich Kim nie so nahe gekommen bin. Seine Natürlichkeit ist mitreißend, und das Geradeheraus beschämt mich fast.
Mit errötenden Wangen frage ich Kim, ob wir jetzt Fotos machen können. Kim nickt und lächelt scheu.
Ich schlucke und erzitterte unter seinem sinnlichen Augenaufschlag. Er lacht und steht auf. Kim ist unheimlich groß und ein Bär von einem Mann.
- Ja, ich bin so an die 2 Meter groß und habe ungefähr 80 Kilo, - vielleicht auch mehr. Das weiß ich nicht so genau, weil ich viel zu gerne esse, - am liebsten Spaghetti. -
Es ist doch kein Gramm an deinem Körper. Trainierst du viel?
- Überhaupt nicht! Wir haben zwar einen Fitnessraum, aber mir liegt nichts daran, meine Muskeln noch mehr zu züchten. Ich bin eben so, und auch das solltest du genauso akzeptieren wie meine Jugend, meine Ausstrahlung und meine vielen Stimmen. -
Ja, so bist du eben, - unwiderstehlich und wunderschön.

Ich kam Kim während der Fotosession nicht zu nahe, so gerne ich es gewollt hätte. Kim ist ein Mann, dessen Männlichkeit nicht nur Frauen betört, sondern auch den härtesten Macho.
Der Abschied tut weh. Ich finde, daß die Zeit viel zu schnell vergangen ist. Ich konnte sie nicht bewußt genießen.
Wenn ich nach Hause komme, werde ich meine junge Frau schuldbewußt ansehen. Es ist nichts passiert zwischen Kim und mir, - werde ich sagen, - aber meine Gedanken....
Sie wird es verstehen, denn im Grunde genommen ist sie genauso verrückt nach Kim, wie es die ganze Welt ist.
Ich möchte dein Freund sein, Kim. Ich möchte dich wieder sehen, denn jetzt habe ich das Gefühl, ohne dich nicht mehr so glücklich zu sein, wie in dieser letzten Stunde. Ich kann nicht mehr ohne dich leben. Ohne dein bezauberndes Lächeln wäre jeder Tag ein Tag ohne Sonnenschein.
Kim lächelt wieder bei meiner schamlosen Liebeserklärung, die ich nicht einmal meiner Frau in den romantischsten Stunden gemacht habe.
- Du bist immer willkommen, Peter. -
Obwohl ich um vieles jünger bin als Kim, komme ich mir nun um 20 Jahre älter vor.
Leb wohl, du immer junges Temperamentsbündel, - du Prinz aus dem Märchenland! Ich hoffe, ich kann dein Angebot annehmen.
- Klar! Was ich sage, meine ich auch so. Ciau! -

Müde und angeschlagen setze ich mich in mein Auto. Wovon müde? Wovon angeschlagen? Von Kim natürlich! Mann! Der schafft dich! Der schafft alle! Sein Temperament, wenn er spricht und lacht! Seine Jugend, seine Schönheit, seine sprühende Erotik, - das ist wie ein Vulkan, der vor dir übergeht und dich schmerzlos mit Lava verbrennt! Ja, das ist Kim!"