30.6.2022
So viel schon geschrieben. Sich immer wieder wiederholende Gedanken. Auf keinen grünen Zweig kommen, aber die Lust am Schreiben ist noch da. Morgenmeditation nenne ich es. Meine Morgenmeditation. Das Schreiben. Selbst wenn ich gestern ein bestimmtes Thema bereits abgehakt habe, wird es abermals durchgekaut. Ausgespuckt? Mitnichten. Noch immer kreisen sie, die Gedanken. Ein passender Titel. Ständige Wiederholungen hätte als Titel auch gepasst. Klingt aber nicht so schön. Klingt irgendwie kühl. Es sind ja meine Gedanken, die in meinem Kopf kreisen. Sie kreisen, wollen vielleicht raus und können nicht, weil das Loch da oben zugewachsen ist. Bei Babys ist das Loch noch da. Haben Babys Gedanken? Sie kennen doch noch keine Worte. Also keine Gedanken, die durch das Loch abhauen wollen. Fontanelle nennt man es. Es gibt mehrere dieser Löcher, die man Fontanellen nennt. Die letzte schließt sich mit etwa eineinhalb Jahren. Hab ich eben im Internet nachgelesen. Das Internet weiß alles. Vor allem Wikipedia. Da schreiben ganz kluge Menschen zu bestimmten Themen. Wissenschaftliches oder über Kunst. Gar nicht so schlecht.
Mal sehen, was bei meinen weiteren Morgenmeditationen herauskommt. Für heute ist es genug. Es zählt ja nicht die Zeit, sondern die Intensität. Die war da. Vor allem der intensive Wille zum Schreiben.

1.7.2022
Mit mir allein sein. All-ein. Eines. Eins. Mich selbst ertragen können. Ohne ein Zweites. Das Thema hatte ich noch nicht, da ich mich immer mit phantastischen Themen herumschlug und herumschlage, die mehr im esoterischen oder religiösen Bereich lagen und liegen. Erst wenn man mit sich alleine ist, lernt man sich kennen. Stimmt das? Ich denke, erst durch Interaktion mit anderen Menschen kommt der Typus Mensch so richtig heraus. Und da ertappe ich mich immer wieder, viel zu viel zu labern. „Labern“ - dieses Worte benutze ich sonst nicht. Beim Schreiben entdecke ich immer neue Ausdrücke, die einfach so passen, während sie mir beim reden nicht geläufig sind. Hab ich schon mal „labern“ gesagt? Möglich. Ich glaube aber nicht.
Sich mit sich selbst zu beschäftigen, ist ermüdend. So schrieb es mein Freund Carlos (Castaneda), auch so einer, der sich in phantastischen Gefilden aufhielt, als er seine berühmten Bücher über den Yaqui-Indianer Don Juan schrieb. Carlos war dafür, sein Ich loszuwerden. Na ja, das klingt etwas übertrieben. Ich denke, er meinte viel mehr, sich nicht mehr so wichtig zu nehmen, als würde man stets im Mittelpunkt stehen.
Heute morgen dachte ich an meine Mutter, als ich zu ihrem letzten Geburtstag am frühen Morgen zum Bäcker ging, frisches Gebäck kaufte und mit ihr zusammen frühstückte. Ich kam mir so gönnerhaft vor, als hätte ich eine ganz besondere Heldentat vollbracht. Klar freute sie sich und meinte, das sei das schönste Geburtstagsgeschenk, das ich ihr machen konnte, aber ich sah viel mehr mich im Mittelpunkt, mich, die ihr diese Freude ermöglicht hat. Ich war stolz auf mich. Immerhin stand ich zu einer Zeit auf, zu der ich üblich noch schlafe. Ich traumwandelte die Hauptstraße hoch, zum Bäcker, ins Hauptstraßenhaus zu Mama und fühlte mich wie eine Lebensretterin, die sich ihren Lorbeerkranz abholt.
Genau das ist es, was Carlos meinte. Denke ich mal, denn so genau kann ich es nicht wissen. Ich hab mich wichtig genommen. Und warum ich ausgerechnet heute morgen, kurz nach dem Aufwachen dachte, weiß ich auch nicht.
Es ist Juli – Mamas Geburtsmonat. 17. 7. - sie hatte es mit der Zahl Sieben. Genau wie mein Schatz, der am 7. Jänner geboren wurde, am 27. Oktober 2020 „ging“ und unter einer Trauerweide, die die Nummer 7 im Sektor 7 hat, begraben wurde.. Und vielleicht ist meine Katze „Wuli“, die sich, wie ich vermute, in der Nacht vom 19ten auf den 20sten Juni, zum für immer einschlafen an einem geheimen Platz niedergelegt hat, auch so eine Siebenerin, deren Geburtsjahr 2007 ist.
Wenn man viel mit sich alleine ist, tauchen Tiefen auf, die man an sich kaum vermutet, obwohl ich natürlich weiß, dass ich ein biestiges Arschloch sein kann und es auch bin.

2.7.2022
Ein zwideres, altes Hexenweib bin ich geworden. Zwider. Zuwider. Wenn ich dazu die Synonyme lese, kann ich nur zustimmen: abscheulich, entsetzlich, fürchterlich, grässlich, schauderhaft, scheußlich.
Mit „zwider“, Mundart, ist eigentlich grantig gemeint. Regt sich über jeden kleinen Scheiß auf. Mag dies nicht. Mag das nicht. Biestiges Arschloch, wie ich schon gestern schrieb und das meinte, meine ich vollkommen ernst.
Sehr oft mag ich mich nicht. Dabei soll man sich selbst lieben, weil man sonst mit den anderen nicht auskommt. Oder so. Sagt man. Ich glaube nicht, dass das stimmt. Man muss sich nicht lieben, nicht mögen. Man muss gar nichts, außer das, was der Körper verlangt, wie etwa essen, trinken und die üblichen Ausscheidungen. Man muss auch nicht lieb sein. Zu nichts und niemandem. Freundliches Heucheln. Das kann ich besonders gut. Oder die Ungeduld! Heute morgen lag keine Zeitung vor der Tür am Fußabstreifer und schon verdächtigte ich meine Nachbarn, weil der Sohn einmal meine Zeitung hatte, weil sie vor deren Tür lag. Ich beschuldigte den Zeitungsausträger der Unfähigkeit, die Zahl an der Wohnungstür lesen zu können. Ausländer. Eh klar. Dann wollte ich schon die Nachbarn über mir fragen, ob sie heute eine Zeitung bekommen haben, weil sie wie ich ein Abo haben. Machte ich zum Glück nicht, denn die Zeitung steckte im Postfach. Warum auch immer. Ich weiß es nicht. Neuer Zeitungsausträger vielleicht? Egal. Beschissen war einfach meine Unruhe, meine Unrast, weil mal etwas nicht so wie immer war.
Letztens erwähnte ich Freund Carlos. Ich nenne ihn so, weil mir seine Bücher sehr viel gegeben haben. Sie brachten mich in ein Zauberland, das ich noch immer gerne betrete. Seine Wanderungen mit dem Yaqui-Indianer Juan Matus, den er respektvoll Don Juan nannte, sind voller Magie, die ich miterlebe, wenn ich darüber lese. Ich möchte gerne glauben, dass Carlos das alles wirklich erlebt hat. Wirklich. Ist Phantasie nicht auch etwas Wirkliches?
Ich möchte auch den Herrn Karl erwähnen. Auch seine Bücher geben mir sehr viel. Er erklärt Advaita-Vedanta auf eine ganz spezielle Art und Weise, die einen aufmuntert, obwohl er selbst das Leben als Mensch beschissen findet. Die Verwirklichung als Mensch ist das Letzte. Wie wahr! Was sich da verwirklicht ist Gott. Oder Energie. Oder Seele. Oder das Eine. Auf jeden Fall ist „ES“ etwas, worüber nichts gesagt werden kann. Neti neti. Nicht dies. Nicht das. Und genau das ist DAS, was ich bin. DAS, was alles ist. Man kann DAS vielleicht wahrnehmen – als Schatten seiner selbst. Oder so. Jedes Wort ist ein Wort zu viel. Was ich sagen will, ist, dass sich DAS (Herr Karl nennt Gott, Energie oder Seele so), nicht nur lieb und nett verwirklicht, sondern auch abscheulich, entsetzlich, fürchterlich, grässlich, schauderhaft, scheußlich. Im Grunde genommen kann ich gar nichts dafür, dass ich so bin wie ich bin. Und man muss DAS nicht lieben. Man muss gar nichts, außer der Körper verlangt es. Und schon bin ich schon wieder am Arsch, ich Mensch. Ich armer, armer Mensch.

7.7.2022
Der Todestag meiner Mutter. 7.7.2012. Zehn Tage vor ihrem Geburtstag, an dem sie 85 Jahre alt geworden wäre. 2012 – Weltuntergang. Für meine Mutter und höchstwahrscheinlich für viele andere Menschen und Lebewesen.
Es war echt ein Scheißjahr. Im Jänner die OP meines Mannes, dem ein Tumor und ein viertel der Lunge herausgeschnitten wurde und zwei Monate später die Diagnose Lungenfibrose kam. Sauerstoff und Cortison bis ans Lebensende.
Obwohl, begonnen hat die ganze Scheiße im Jahr 2000. Mutter Blasenkrebs. Mein Mann konnte sich im Dezember 1999 kaum mehr bewegen. 2000 kam dann die Diagnose Rheumatoide Arthritis, wobei ich noch immer glaube, dass die Medikamente das Ausschlaggebende für die Zerstörung der Lunge war. Diese Art von Arthritis schlägt sich übrigens auch auf die inneren Organe. Wie auch immer, was geschehen ist, ist geschehen.
Wenn ich es nur genauso hinnehmen könnte, denn seit diesen Zeiten befinde ich mich mal mehr und mal weniger mitten in einem Alptraum, der sich mitunter als Horrorfilm entpuppt. Aufwachen! Geht nicht. Und selbst Hand anlegen, dazu bin ich zu feige. Außerdem, wer sagt, dass es dann besser ist? Andererseits, viel schlechter kann es nicht werden.
So was nennt man Undankbarkeit und das so verdammte Suhlen im Selbstmitleid. Für mein Alter bin ich relativ gesund und ebenso gut versorgt. Hab ein Dach übern Kopf und täglich Nahrung, ohne mir Sorgen zu machen, woher ich am nächsten Tag Essen und wo ich einen Schlafplatz bekomme. Es gibt auch bei uns im gelobten Land Menschen, die der artige Sorgen haben, oder die schwerkrank sind und alles für ihre wieder erlangte Gesundheit tun würden.
Aber zum Teufel, ich bin ich und ich leide und ich bin so undankbar und suhle mich im Selbstmitleid, weil ich mich manchmal so allein fühle, obwohl ich so gerne alleine bin. Zwideres, altes Hexenweib! Du hast doch das Schlimmste, den Tod deines Mannes, überstanden. Ja, davor hatte ich all die Jahre seiner Krankheit Angst.
Und nun ging auch noch unsere Katze fort und ist hoffentlich an ihrem ausgewählten Platz friedlich und fast schmerzlos eingeschlafen. Fast schmerzlos, denn einen Todeskampf gibt es wohl immer. Oder haben Katzen das Privileg, einfach so einschlafen und anstandslos über die Regenbrücke zu stolzieren? Wäre schön. Wenigstens eine, die erhobenen Hauptes und ohne Selbstmitleid diese Welt verlassen hat.
Ich wollte frei sein. Schon in den letzten zwei Jahren, als mein Schatz noch bei mir war und ich ihm bei seinem langsamen Sterben zusehen musste, ohne etwas dagegen tun zu können. Ich wünschte mich zurück in meine Jugend, wünschte mir einen tollen Beruf, in dem ich unabhängig sein kann und nie heiraten werde. Manchmal wünschte ich mir zu dieser Zeit auch in ein Kloster zu gehen, wenn möglich in ein buddhistisches Kloster – abgeschieden von der Welt und ihren Schmerzen.
Das Virus, das angeblich fast die Menschenwelt lahm legte, berührte mich gar nicht so sehr und auch jetzt der Krieg in der Ukraine nicht. Was könnte ich auch dagegen tun? Gegen Kriege, die eh ständig irgendwo geführt werden und seien es Kleinkriege in den Familien. Klimakrise – für Rettung ist es wohl ein bisschen zu spät und solange die Profitgier unter den Mächtigen weilt, ist eh nichts zu machen. Die Menschheit wird bald zugrunde gehen und ich, obwohl Mensch, weine ihr (mir) keine Träne nach.

8.7.2022
Das morgendliche Prozedere hat sich seit mehr als zwei Wochen verändert. Kommenden Montag wären es drei Wochen. Ich kann schlafen, so lange ich will. Ich muss mir keine Sorgen machen, ob ich Wuli ihre Medizin rein bekomme und sie die Tablette nicht immer wieder ausspuckt. Meine (unsere) Katze war ein kluges Lebewesen. Man konnte sie vielleicht einmal überlisten, aber kein zweites Mal. „Probier doch, die Tablette in Schinken einzurollen, den sie so gerne frisst“, riet man mir. Machte ich. Einmal. Am nächsten Tag schnupperte sie ihren geliebten Schinken nicht mal an, weil sie genau zu wissen schien, dass da die Tablette drinnen steckt. Meine kluge Katze!
Gestern, als ich spazieren ging, dachte ich, dass ich nicht „meine“ Katze sagen kann. Katzen gehören niemanden. Ich gehörte der Katze. Ich war ihr Eigentum und nicht sie meines. Das ist der Unterschied zwischen Hunden und Katzen. Ein Hund gehört einem, weil man eigentlich der Herdenführer ist. Hunde sind, wie ihre Vorfahren, die Wölfe, Herdentiere. Familienclan eigentlich. Katzen sind Einzelgänger. Man sieht es am Tiger, am Leopard, an all diesen herrlichen Großkatzen. Außer den Löwen. Sie leben in Rudeln zusammen und jagen im Rudel, um das Vorrecht der Beute dem Pascha, dem Herrn Löwen, zu überlassen. Dumme Löwen.
Oft nannte ich Wuli meine Tigerin. Hab sie auch als Tigerin gemalt. Nicht jetzt erst zur Erinnerung, sondern bereits letztes Jahr. Wollte ich eigentlich gar nicht, aber es ist Wulis Gesicht. Eindeutig. Sagte sogar mein Sohn, als er das Bild sah. „Das ist kein brüllender Tiger. Das ist deine keifende Katze“, oder so ähnlich drückte er es aus. „Ist ja nur eine Katze“, meinte er, als ich sagte, dass ich mir jetzt sicher bin, dass Wuli nicht wieder kommt und sie für immer irgendwo einschlafen ist, wo ich sie nicht finden kann, weil sie sich nicht finden lassen will und ich darüber todtraurig bin. Nur eine Katze! Wie kann er!? Mein Sohn! Ich glaube, so denken die meisten Menschen. Vor allem jene, die nie ein Haustier hatten oder sich zumindest nie auf die Persönlichkeit ihres Haustieres eingelassen haben. Viele schaffen sich Haustiere nur zum Schutz an oder zum Mäuse fangen, wie das bei den Bauern üblich ist. Das Vieh (!) muss ja für was gut sein. Da stellen sich bei mir die Haare auf. Aber es ist nun mal so in der Menschenwelt. Tiere werden gezüchtet, um gefressen zu werden. Ich kaufte so ein Fleisch. Für Wuli, weil sie täglich zweimal eine kleine Portion vom guten Schnitzel bekam. Ich kann doch fleischfressende Tiere nicht zu Vegetarier machen! Also schön selbst an der Nase nehmen und nicht immer gegen andere hetzen!
Das morgendliche Prozedere. Schreiben bleibt. Aber das Hochziehen der Rollos und wie Wuli brav jeden Morgen durch den in der Nacht stets offen gelassenen Spalt herein hopste, ins Schlafzimmer lief, auf mein Bett sprang und dort auf ihr Frühstück wartete, bleibt aus. Ja, wir, bzw. Wuli, frühstückte im Bett. Meistens machte ich die Dose mit ihrem Lieblingsfutter auf. Erst dann gab es die verhasste Medizin – die Tablette gegen Bluthochdruck und die Tropfen für die Schilddrüse. Und ich war jedes Mal froh, wenn ich das hinter mir hatte. Dann war der Tag gerettet.
Als ich die letzten Tage, seit diesem Montag, an dem sie das erste Mal nicht kam, die Rollo hochziehe, sieht draußen alles so leer aus – die Bäume, die Wiese mit den Gänseblümchen und dem Löwenzahn und dem Klee, die Sandkiste, die Holzbank unterm wilden Wein. Keine Wuli. Alles leer.
Wie lange wird es dauern, bis ich nicht mehr daran denke, wie sie freudig herbei rannte, den Katzensteig hoch, auf den Balkon und durch den Türspalt herein sprang? Wie lange wird es dauern, bis ich vergesse, was ihr Lieblingsfutter war? Ließ doch auch der Schmerz nach, als wir unseren Punktie einschläfern lassen mussten. Selbst der Schmerz nach dem Tod meines Mannes hat bereits ein wenig nachgelassen. Ich weine nicht mehr so oft um ihn. Jetzt weine ich mehr um Wuli.
Verrückte Menschenwelt! Herr Karl (mit vollem Namen „Sri“ Karl Renz) hat recht. Es ist ein Graus Mensch zu sein. Es ist ein Graus, sich bewusst zu sein, dass alles keine Sinn macht, dass alles irgendwann mal den Bach runter geht. Und er sagte auch, es ist ein Segen, wenn einen die Sinnlosigkeit übermannt. Nur im Erkennen der Sinnlosigkeit dieses Daseins ist das Loslassen, wie auch das Loslösen möglich. Na, dann!

9.7.2022
Langsam entwickeln sich die kreisenden Gedanken zu einem Tagebuch. Ich sollte es Morgenbuch umbenennen, da ich stets nur am Morgen meinen Gedanken freien Lauf lasse. Nein, falsch. Meine Gedanken kreisen den ganzen Tag. Der Unterschied ist, ich schreibe sie nur am Morgen auf. Es ist wirklich selten, dass ich mittags oder nachmittags oder gar nachts schreibe. Morgenmeditation eben.
Die Gewohnheiten haben sich geändert. Schrieb ich ja schon gestern über das morgendliche Prozedere. Frei. Ich bin frei. Niemand da, für den ich da sein müsste. Niemand da, der mir sagt, was ich zu tun habe oder nicht zu tun habe. Ich kann mir den Tag und auch die Nacht einteilen, wie ich will. Kann Nachtspaziergänge unternehmen, was ich schon immer wollte. Nachts im Wald. Taschenlampe nicht vergessen!
Freund Carlos schrieb, man soll seine Gewohnheiten ändern, sonst wird man schnell zur Beute. Zur Beute von wem? Von anderen Menschen, die durch meine Gewohnheiten genau wissen, wo ich wann bin und was ich mache. Sei unerreichbar.
Mein Handy ist bei meinen Spaziergängen nie dabei. Das sei aber wichtig, sagte mein Schwager letztens, mit dem ich ab und zu durch die Wiesen und Wälder wandere, denn wenn du umknickst, kannst du per Handy um Hilfe rufen. Was taten wir früher? Früher zählt nicht. Jetzt haben wir Handys. Der ist auch so ein Realist. Ähnlich meinem Sohn. Religion, Glaube, Spiritualität – brauch ich nicht, sagt er, mein Schwager. Was ich brauche, ist Nahrung und ein warmes Zuhause. Klimawandel? Er hat kein Auto, kauft nur das Wichtigste ein, macht keinen Mist auf der Straße, während wir wandern. Tatsächlich! Nicht mal Zigarettenstummeln schmeißt er weg, denn er hat immer eine kleine Dose dabei, in der sie während des Spaziergangs gesammelt werden. Einmal fragte ich, warum er das tut und zeigte auf leere Flaschen und Plastikverpackungen am Waldrand. Was andere machen, dagegen kann er nichts tun, aber er selbst wird sich in dieser Beziehung stets treu bleiben.
Recht hat er, denn es hilft eh nichts. Würde man etwas sagen, wenn man so einen Deppen beobachtet, der seinen Mist im Wald entleert, würde so einer nur lachen. Andererseits hat eh alles keinen Sinn, weil alles mal den Bach runter geht. Die Frage ist halt nur wann. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, die Natur so lange zu schützen, so lange es möglich ist. Mir gefällt die Haltung meines Schwagers. Man muss bei sich selbst anfangen. Sich selbst treu bleiben.
Wie bin ich selbst und wie kann ich mir selbst treu bleiben? Mist mach ich unterwegs keinen und zu Hause nur wenig. Und er wird getrennt. Und unterwegs rauche ich nicht. Ich rauche meine täglichen drei (manchmal sind es auch vier) Zigaretten auf dem Balkon und das auch erst am späteren Nachmittag. Vielleicht sollte ich es ganz aufgeben, aber dann denke ich, dass es ja Genusszigaretten sind und darauf möchte ich nicht verzichten. Manche Gewohnheiten müssen einfach bleiben und es liegt irgendwie in meiner Natur, ein geregeltes Alltagsleben zu haben. Irgendwie autistisch. Deshalb bin ich gerne alleine, auch wenn ich mich ab und zu nach Gesellschaft sehne. Aber das dauert nie lange. Viel lieber bin ich alleine. Einsiedlerin. Eigenbrötlerin. Ich kann aber nie wirklich sagen: So bin ich eben. Denn ich bin viel. Eigentlich alles, da jeder Mensch alle menschlichen Eigenschaften in sich hat. Bis zu einem gewissen Grad kann jeder gut und böse sein. Man kann nicht sagen, der oder die ist nur so und nicht anders, auch wenn ich mich oft und gerne als zwideres, altes Hexenweib bezeichne.
Jetzt kreisen meine Gedanken aber ins Absurde. Vielleicht sollte ich wieder mal in einem der Bücher von Herrn Karl lesen. Dann kreisen sie über das Absurde hinaus und das ist gut. Und vielleicht auch schlecht. Neti – neti. Weder dies – noch das.

10.7.2022
Wieso absurd? Vor allem die Gedanken, anderen zu sagen, was sie zu tun haben, was richtig und was falsch ist! Es ist gar nicht so lange her, da habe ich das mit Vorliebe getan. Nur meine Einstellung, meine Meinung, meine Philosophie ist richtig! Ich dachte nicht einmal daran, dass es auch andere Einstellungen, Meinungen, Philosophien, etc. gibt. Ich dachte auch nicht daran, dass jeder für sich und anders wahrnimmt. Was mir gefällt und zwar genauso wie es mir gefällt, muss anderen ebenso und genauso gefallen. Oder auch nicht. Einheitswahrnehmung! Für alle!
Absurd? Ganz und gar nicht. Und vielleicht war (bin?) ich dumm. Zu blöd, um auch anderen etwas zuzugestehen. Hochmütig, weil ich mich für klüger hielt. Nur die Dummen halten sich für klug. Die Klugen zweifeln ständig. Ja, ich zweifelte und zweifel auch, aber das war und ist was anderes.
Manchmal denke ich noch immer: „Dieses Buch musst du anpreisen. Das ist so gut geschrieben“ und meine, dass alle anderen es genauso empfinden wie ich. Geschmäcker sind verschieden. „Wie schmeckt dieser Käse? Ist er gut?“ Fragen wie diese gehören auf den Misthaufen. Klar ist der Käse gut und er schmeckt würzig. Ein anderer oder eine andere sagt, er schmeckt ranzig und ist nicht gut. Was nun? Woran soll ich mich halten? Na? Große Frage! Selbst testen! Und sich ja nicht einmischen, wenn zwei sich streiten, was besser oder was schlechter ist. Die kommen auch noch drauf, selbst dann, wenn es schon zu spät ist.
Herr Karl sagt, Gott zeigt sich mal so und mal so. Er ist nicht immer gut, er ist auch schlecht. „Genauso viel Wahrheit wie Unwahrheit. Genauso viel Dunkelheit wie Licht. Es ist immer vollkommene Harmonie in dieser polar erscheinenden Verwirklichung Gottes“, schreibt er im Buch „Tao de Karl“. Humor hat er! Den braucht man auch in dieser Welt, in dieser Verwirklichung Gottes. Und immer wieder frage ich mich: „Warum macht er das?“ Herr Karl würde mir vielleicht antworten: „Weil das seine Natur ist.“ Das erkennt man eventuell auch an den unterschiedlichen Spezies. Ein Skorpion wird immer zustechen, weil das seine Art ist, wie es in einer wunderschönen Tierfabel heißt. So haben alle Arten von Lebewesen ihre eigene Natur und Gott hat eben alle. Der Begriff „Gott“ ist natürlich wieder etwas, worüber man nicht wirklich etwas sagen kann, denn er ist, wie vielleicht alles, was wir Menschen benennen, weder dies – noch das.
Also, wozu labern? Wozu schreiben? Weil das nun mal MEINE ART ist!

11.7.2022
"Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. Du sollst dir kein Gottesbild machen, das irgend etwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde darstellt. Du sollst dich nicht vor so etwas niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihm zu dienen. Denn ich, Jahwe, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott."
So steht es in der Bibel, falls nicht wieder Übersetzungsfehler begangen wurden. Aber ja, „unser“ Gott ist eifersüchtig und noch dazu Sadist, denn wie konnte er nur den armen Abraham dazu anstiften, seinen Sohn Isaak ihm zu opfern. Okay, er nahm das Opfer nicht an und schickte im letzten Moment, als der Vater das Messer ansetzte, einen Engel, der Einhalt gebot und meinte, Gott wollte nur prüfen. Und dann geht es auch noch Auge um Auge und Zahn um Zahn. Sozusagen um Rache.
Falls nicht wieder ein Übersetzungsfehler begangen wurde. Das kommt oft vor, da manche Sprache nur schwer in andere Sprachen zu übersetzen sind. Wie etwa Jesus zu seiner Mutter „Weib, was hab ich mit dir zu schaffen“ sagte und dieser Satz, da er anscheinend wörtlich übersetzt wurde, im Aramäischen eine ganz andere Bedeutung hat, wie etwa: „Lass nur, ich mach das schon.“ Zumindest wurde mir das von einem sehr glaubwürdigen Herrn gesagt, unserem ehemaligen Herrn Stadtpfarrer Dr. Schwarz, der ein immens gläubiger Jesuit war. Ich beneidete ihn um seinen Glauben.
Dennoch, Gott Jahwe ist mir nicht geheuer. Zu dogmatisch. Wenn du dies oder jenes nicht tust, mag ich dich nicht mehr und verstoße dich in die Hölle oder ins Fegefeuer, obwohl die Worte Hölle oder Fegefeuer in der Bibel gar nicht vorkommen, sondern eher auf so was wie ein Reinigungszeremonie nach dem Tod hingewiesen wird . Gott verstoßt. Und das ist schon schlimm genug. Hat ja schon im Paradies angefangen. Nur weil diese Schlampe Eva eine Frucht vom verbotenen Baum gepflückt hat.
Andererseits, Gott Krishna ist auch nicht viel besser. Was man da alles liest! Er köpft seine Widersacher, wie und wann immer es ihm Spaß macht. Und nur, weil sie ihm nicht dienen. Und dann hat er auch noch einen Harem.
Die ganze Sache Religion stinkt. Stinkt zum Himmel. Man soll sie halt nicht wörtlich nehmen. Ja, wie denn dann? Zwischen den Zeilen lesen? Das ist auch so ein dämlicher Spruch. Zwischen den Zeilen ist Leere. Also nichts lesen. Wäre manchmal eh besser. Es verwirrt nur, weil die einen dies und die anderen das sagen. Nur Herr Karl sagt: „Weder dies – noch das.“

12.7.2022
„Es geschieht nichts außer dem, was geschehen soll – die vermeintlichen Individuen sind lediglich Charaktere in diesem Geschehen – in jedem Geschehen.
Es gibt niemandem, dem man es zuschreiben könnte und niemanden, der stolz darauf sein könnte – genauso gibt es keine Frage der Schuldzuweisungen oder irgendeines Fehlverhaltens.“
(aus „Wen kümmert's von Ramesh S. Balsekar)
Dann können wir morden und stehlen und alles Böse tun, was wir tun wollen, denn niemand hat Schuld. Könnte man so denken. Aber der Weise denkt nicht so. Der Weise hat die Sinnlosigkeit erkannt und legt die Hände in den Schoß und tut gar nichts. Er sitzt und lässt den lieben Gott einen lieben Gott sein, denn den gibt es im Advaita eh nicht. Da gibt es nur Bewusstsein, den Geist, das Eine ohne ein Zweites.
Ich hab mir das Buch, aus dem ich eben zitiert habe, gestern bestellt. Einfach so, weil mir danach war. Es wurde mir über Amazon angeboten, denn es könnte mich ja interessieren. „Das könnte sie interessieren“, stand in großen Buchstaben auf meinem großen Bildschirm. Hat es! Voll ins Schwarze getroffen, Herr und Frau Amazonen.
Die wissen genau, wie sie einen ködern können. Nicht nur die von Amazon, sondern alle. Die gesamte Welt da draußen ködert in einem fort. Sobald du – nein, sobald ich einen Fuß vor die Haustür setze, werde ich schon geködert. Der Anblick der kleinen Blumenbeete, den bei uns neuerdings Hobbygärtner ermöglichen, ist bereits ein Köder. Sieh an, wie schön die Welt sein kann. Und schon bin ich mitten drin im Schlamassel. Aufmerksamkeit! Immer schön aufpassen!
Klingt jetzt paranoid, aber so ist es nun mal. Man – nein, weder man noch du, sondern ich tappe täglich tausendmal am Tag in die Falle dieser Welt und ihren Lebewesen. Alles Lug und Trug. Und doch entkomme ich dem nicht. Niemals. Das ist die ganze Tragödie. Aufmerksamkeit? Scheiß drauf! Sollen mich doch alle verarschen. Mir doch egal. Wen kümmert's? Mich nicht! Nicht mehr!
Na ja, zumindest hab ich mir mal das Buch bestellt, weil es mich einfach anlachte. Allein der Titel, denn schon Herr Karl sagt immer: „Wen kümmert's?“ Steht auch so in seinen Büchern, die mich ebenfalls anlachten – aus den Amazon Angeboten. „Das könnte sie interessieren!“ Aber das war eine gute Anschaffung. Ich liebe seine Bücher. Sie machen gute Laune. Und die brauche ich im Moment, selbst wenn sie künstlich herbei geführt wird. Durch Bücher.
Was wird eigentlich nicht künstlich herbei geführt? Und warum künstlich? Manchmal hab ich Gedanken! Kreisende eben. Die, die nicht raus können, weil die Fontanellen zugewachsen sind. Die gehen nicht mehr auf. Die bleiben zu und die Gedanken bleiben drinnen. Vielleicht werden sie mal alle freigesetzt, wenn das Hirn seinen Geist aufgibt – sich dem Geist ergibt und alles ins All-Ein-Bewusstsein strömt. Na, danke, da sammelt sich dann gewaltiger Mist an. Oder ist es da auch: Weder Mist – noch … was ist das Gegenteil von Mist? - Nichtmist?

13.7.2022
Sie fehlt mir. Die Katze, der ich gehörte. Jetzt gehöre ich niemandem mehr. In Wahrheit gehörte ich eh niemandem. Nicht einmal mir selbst.
Meine Gedanken schweifen ab, denn ich wollte über Wuli schreiben und dass sie, wie alles in der Erscheinungswelt bloß eine Illusion war. In dem Buch „Die Illusion des Universums“ schreibt Gary Renard, dass sich plötzlich zwei Menschen, aus dem Nichts kommend, in seinem Wohnzimmer materialisierten, sich als aufgestiegene Meister vorstellten und ihn in den Kurs in Wundern einweihten. Was hat das jetzt mit Wuli zu tun? Gary hatte einen Hund, der für ihn wie ein Kind war – wie es halt üblich ist, wenn man sich wirklich auf ein Haustier einlässt, denn wenn man das tut, sind sie tatsächlich wie leibliche Kinder und nicht NUR eine Katze (böser Blick Richtung Stadt, wo Sohn wohnt!) oder nur ein Hund oder nur ein Kaninchen oder nur … Es sind Kinder, gleichgestellte Mitbewohner und manchmal sogar, wie es meist bei Katzen ist, Wohnungs- oder Hauseigentümer.
Also, Gary hatte einen Hund. Als er nach und nach in den Kurs eingeweiht wurde, hieß es, dass auch sein geliebter Hund nicht wirklich ist. Alles nur ein winzig kurzer Gedanke, der gar nie geschehen ist, weil das einfach nicht geschehen kann und darf. Na ja, der Kurs ist nicht so leicht zu verstehen. Eigentlich ist er überhaupt nicht zu verstehen. Genauso wenig wie Advaita, aber ich ziehe Advaita vor, da es erstens älter ist und nicht zu Jesus-und-Gottvater-lastig wie der Kurs, obwohl ich ab und zu gerne darin schmökere, was ganz sicher zu wenig ist, um einige Wiedergeburten zu vermeiden.
Ist es ein Trost, dass Wuli, wie alles andere, wie auch ich, nichts als Nichts war? Dass sie nie da war, dass nie was da war? Ist es ein Trost, dass sie, wie alles, immer im All-Ein-Bewusstsein ist und nichts und niemand je getrennt war und ist, wie es im Advaita heißt?

16.7.2022
Trotz all der klugen Bücher, Schriften und Philosophien, nehme ich mich als Körper wahr, der unter anderen Körpern in einer Welt voller Formen lebt. In etwa so, denn man könnte es wohl etwas besser formulieren. Scheiß drauf. Ich schreibe, wie es mir gerade einfällt. Und ich schreibe, was mir gerade einfällt. Klingt fast so, als ob ich mich bei mir selbst entschuldigen würde. Oder als würde ich denken, jemand könnte mitlesen. Ich habe nichts zu verbergen. Meine Daten können alle haben. Datenschutz! Als ob es das wirklich geben würde. Sobald man ins Internet einsteigt, saugen sie sich schon an der IP-Nummer fest und man ist geliefert. Schon wissen sie, was für Vorlieben du hast, indem du ganz bestimmte Seiten anklickst. Big brother is watching you! Ist mir wurscht!
Dennoch bin ich ein wenig vorsichtig, da ich mich nicht unbedingt vor allen Leuten bloßstellen möchte. Muss ja nicht jeder wissen, was für ein Vollkoffer ich bin. Vollkoffer steht übrigens für Idiot, Trottel, usw. Also nichts Gutes. Zwideres Hexenweib halt.
Wie vorhin geschrieben, nehme ich mich trotz allem als Mensch in einer Menschenwelt wahr. Klingt doch schon etwas besser. Denn die Welt ist etwas anderes als die Menschenwelt. Wir wissen nur wenig über die Welt, die uns und unsere Menschenwelt umgibt. Das sag ich so und dessen bin ich mir fast sicher. Die Tierwelt und die, unterteilt unter unzähligen Arten, ist schon eine ganz andere Welt als die der Menschen. Und dann erst die Pflanzenwelt! Ich weiß nicht wirklich viel über diese anderen Welten, wenn überhaupt. Leider erkennen ich sie nur als Nahrung wirklich, indem ich weiß, wie was schmeckt.
Na ja, darüber will ich gar nicht schreiben, sondern über mich selbst – über das, als was ich mich wahrnehme. In meiner Geschichte „Pins“ habe ich zum Schluss über „unseren“ Pin geschrieben, dass er sich in einen Menschen hinein träumt – in ein kleines Mädchen, das gerade Urlaub bei seinen Großeltern macht. Das kleine Mädchen bin ich. Und es war die allerschönste Zeit im Leben des kleinen Mädchens, als es bei seinen Großeltern, vorwiegend beim Großvater, war. Es war Sommer und die Marillenbäume warteten darauf, von den saftigen, großen Wachauer Marillen befreit zu werden. Es gibt für mich keine so wohlschmeckenden Marillen mehr wie damals. Marillenknödeln mit Brandteig – ein original Wachauer Rezept. Ich aß nicht viel als Kind und ich war, laut Mama, zu mager. Aber in der Wachau aß ich viel. Ich erinnere mich auch an die Jause mit Opa, als wir am Marillengarten vorbei und zu einer Aussicht kamen, wo man auf die Donau runter sieht und weiter unten in den Gefängnishof Krems-Stein hinein, wo immer zur selben Zeit die Häftlinge ihre Runden drehten und Opa und ich inzwischen Brot mit Streichkäse aßen. Wie hab ich diese Zeit geliebt. Und es war immer Sommer. Wenn wir von Zuhause mit dem Zug wegfuhren, hatte ich meist etwas langes an, aber sobald wir in der Wachau bei Opa waren, war das erste, dass ich mich umzog und in kurze Hosen und Sandalen schlüpfte. Ja, in der Wachau ist immer Sommer.
Ich weiß nicht, warum ich so gerne daran zurück denke. Vielleicht, weil das mein kleines Paradies auf Erden war und in Gedanken noch immer ist? Oder weil ich gerade zu dieser Zeit wirklich unbeschwert und ich ich selbst konnte? Es kam dann ja die Schulzeit und ich war nicht das in der Schule, was meine Mama von mir erwartet hat. Schulzeit war Angstzeit. Schlechte Noten waren Strafe und Schläge. Angst vor den Menschen, die mich lieben und beschützen.
Man soll Kinder nie schlagen und nie etwas von ihnen fordern, was sie nicht bringen können. Ich war nicht dumm. Sagten zumindest immer die Lehrer. Vielleicht schon zu intelligent, da mal eine Volksschullehrerin meinen ersten Aufsatz behielt und meiner Mutter sagte, dies sei einmalig für ein Kind meines Alters. Na ja, so genau weiß ich nicht mehr, was sie meiner Mutter sagte. Zumindest war sie beeindruckt von meinem Geschreibe. Wie gesagt, ich war nie dumm, aber mich interessierte kaum etwas. Ich schrieb schon immer gerne Geschichten. Sobald ich lesen und schreiben konnte, las und schrieb ich. Meistens von Tieren. Eine Geschichte über einen Hund, der ein Zuhause sucht oder eine Geschichte über ein Wildpferd, das sich nie einfangen ließ. Und ich zeichnete und malte auch gerne. Aber alles andere brauchte ich nicht. Brauchte und mochte ich nicht.
Vielleicht wäre aus mir eine Astro-Physikerin geworden oder eine Tierpflegerin, wenn … Ja, wenn – das gibt es nicht. Es ist geschehen, was geschehen ist. Und aus. Basta! Das denke ich heute, weil mich das heute interessiert. Die Reise zu den Sternen, um den nächsten Planeten in Angriff zu nehmen und zu zerstören. Darauf läuft es doch hinaus. Oder? Dann doch lieber Tierpflegerin. Tierärztin eher nicht, denn mit schneiden und stechen hab ich es nicht so. Ja, wenn …
Ich kann es aber nicht auf meine Eltern, vorwiegend auf meine Mutter schieben, denn andere Kinder bekamen zu Hause auch Schläge. Das war damals nun mal so. Das nannte man „Erziehung“. Ich kannte nur wenig Kinder, die bereits antiautoritäre Eltern hatten. Das war damals meine beste Freundin und später mein Mann. Meine Tante war auch antiautoritär. Mein Cousin bekam nicht mal eine Ohrfeige von ihr, dafür war mein Onkel, der Bruder meiner Mutter, ganz anders, denn er ließ meinen Cousin mit nackten Beinen auf einem Holzscheit knien. Ich will nicht unbedingt erwähnen, muss es aber, dass damals noch die Kriegswehen unter einem gewissen Adolf H. nachwirkten. Viele waren dafür und mussten dafür sein, sonst hätten sie kaum überlebt. Das soll keine Entschuldigung für das sein, was man heute Kindesmisshandlung nennt, aber damals hieß es nun mal: „Wenn Erwachsene reden, kuschen die Kinder.“ Respekt vor den Eltern, Lehrern, Ärzten, Polizisten. Hab ich welche vergessen? Aber genau das wurde einem eingedrillt. Ich musste zwar nie auf einem Holzscheit knien, aber da ich nun mal ein übersensibles Kind war, genügte schon die „gsunde Watschn“ und laute Stimmen und Drohungen, wie etwa: „Wenn du so weitermachst, wirst du als Putzfrau oder Straßenkehrerin enden.“ Als ob das was Schlechtes wäre! Ohne Putzfrauen und Straßenkehrer würde es bei uns nicht gut aussehen. Diese Menschen machen gute Arbeit bei schlechter Bezahlung.
Übersensibel – das stellte auch mal ein Arzt fest. Spürt alles intensiver. Kann sich leicht in etwas hineinfühlen. Empathie sagt man heute. Oder sagte man das damals auch schon? Egal, aber es stimmt, ich kann manchmal sogar etwas voraus fühlen. Das geschah unter anderem auch, als meine Katze Wuli verschwand. Ich „wusste“ genau, dass sie nie wieder kommen wird. Woher? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall tut es noch immer weh …

17.7.2022
Trübsal im Paradies. Mein Opa starb, als ich 8 Jahre alt war. Zum Begräbnis waren wir zum letzten Mal in der Wachau. Oma war nur die Stiefoma und auf Mama nicht so gut zu sprechen, wie es auch umgekehrt der Fall war, weshalb ich von nun an auf mein Paradies verzichten musste.
Ich war ein hässliches Kind – ein unansehnliches Mädchen. Nicht so schön, mit langen, blonden Locken, blauen Augen, Stupsnase und Kussmund wie meine Wachauer Cousine zweiten Grades, die um ein Jahr älter war als ich, die mit der Igelfrisur (weil Haare, wenn man sie in der Kindheit kurz schneidet, voller werden – laut Mama), den fast schwarzen Augen (hast deine Augen heute nicht gewaschen?), der Charakternase und den vorstehenden Zähnen. Faul und hässlich.
Ich erinnere mich, als Beate, meine Wachauer Cousine zweiten Grades und ich im Garten vor dem Haus spielten und ein Nachbarjunge über die Hecke zu uns rüber schaute. Nein, nicht zu uns – zu Beate, denn sie war ja die Hübsche. Ich war hässlich.
Und das blieb ich bis ich 13 Jahre alt war und knapp vorher einen weiteren Dämpfer abbekam, als mein Schwarm mir mit einer Grimasse zeigte, wie hässlich ich wirklich bin. Als ich ihn in der Pause am Schulgang schmachtend beobachtete, machte er auf Hasenzähne. Es war ein Stich ins Herz und ich wäre am liebsten im Boden versunken und nie wieder aufgetaucht.
Die Zahnregulierung war meine Rettung. Schien es zumindest. Aber ja, ich wurde ein hübsches, junges und sogar begehrenswertes Mädchen. Und später leider auch ein leicht zu habendes Mädchen. Warum? Vielleicht, weil ich endlich geliebt wurde? War das denn Liebe? Das war Täuschung! Männer und Jungs gehen mit allem ins Bett, was die Beine breit macht. Ob dünn, dick, hässlich oder hübsch – egal, Hauptsache, man kann es rammeln. Hab wohl keine hohe Meinung von der Männlichkeit. Aber großteils ist es so. Und ich fiel darauf ein, weil ich als Kind zu wenig (Liebe?) Beachtung bekam und stets das hässliche und faule Entlein war, aus dem dann ja doch ein Schwan wurde.
Und jetzt? Was ist jetzt aus dem Schwan geworden. Er entwickelt sich wieder zurück, aber nicht zum hässlichen Entlein, sondern zum zwideren Hexenweib. Na ja, für mein Alter schau ich schon noch gut aus, aber das Alter ist nun mal nicht aufzuhalten und das ist Scheiße. All die Weiber über 60 oder 70 oder noch älter, die mit ihren falschen Zähnen und unzähligen Schönheitsoperationen selig in die Kamera lachen und sagen, es sei schön, alt zu werden, lügen. Ja, sie lügen ganz bestimmt, denn es ist nicht schön, mitansehen zu müssen, wie die Haut schlaffer und schlaffer wird, die Haare grau werden und die Zähne nicht mehr das jugendliche Weiß und die Ebenheit wie einst haben. Und das ist irgendwann auch mit Operationen nicht mehr aufzuhalten.
Aussehen ist doch nicht wichtig! Was zählt, sind die inneren Werte. Man sieht nur mit dem Herzen gut. Ja, ja, solang es nicht so weit ist, kann man leicht reden. Und auch leicht schreiben. Ich denk ja auch so, dass Aussehen nicht wichtig ist. Immerhin – jetzt muss ich niemandem mehr gefallen. Nach meinem Mann kommt nichts mehr. Niemand mehr. Tiere kommen mir auch nicht mehr ins Haus. Mein Mann war die Liebe meines Lebens und Wuli war meine letzte Liebe. Aus und vorbei. Unter Menschen geh ich eh nicht, außer einkaufen. Was soll ich auch in einem Café? Kaffee trinken! Kann ich daheim auch.
Dieses Jahr wären wir 40m Jahre am 3. Juli verheiratet gewesen. Es war ein Sonntag und ich dachte, zur Feier des Tages, gehst du Eis essen. Einen richtig schönen großen Eisbecher mit viel, viel Schlagobers. Aber dann dachte ich, was mach ich denn dort allein? Blöd sitzen und blöd Eis mit Schlag reinschlingen. Allein. Das kann ich daheim auch haben. Am Montag kaufte ich mir Eis und Schlagobers und genoss es in aller Ruhe und Stille auf der Couch beim Fernsehen. War gut! Und keine gaffenden Leute, die sich denke: „Was macht denn die Alte da allein?“ Na ja, niemand würde gegafft haben und es würde sich auch niemand was denken, denn im Alter wird man meist übersehen.
Warum rege ich mich dann übers Altwerden auf?
Das Leben ist Scheiße. Vor allem das Leben als Mensch. Und das haben wir uns selbst eingebrockt mit unserer Neugierde. Ja, Neugierde, denn ohne sie hätten wir nie geforscht oder hätten uns nie auf die Suche nach neuem Land und nun nach neuen Planeten aufgemacht. Wir würden noch in den Höhlen leben und das bei guter Luft, wilder Natur und wilden Tieren, wo das Leben noch ein Abenteuer ist. Ich weiß nicht, ob wir glücklicher wären, denn jetzt sind wir es nicht. Sonst würden nicht so viele Menschen Alkohol und andere Drogen konsumieren, mit denen sie sich zudröhnen, um das Leben zu ertragen, wobei es aber nur noch schlimmer wird.
Endzeit? Ja, vielleicht ist es wieder mal so weit, denn Endzeiten hatte die Menschheit schon viele und irgendwie kratzen wir dann ja doch wieder die Kurve, auch wenn es nie besser, sondern immer wieder nur schlechter wurde und wird.

18.7.2022
Was das Altern noch betrifft, meist kommen so schrittweise, aber doch urplötzlich, die kleinen Wehwehchen dazu, die sich auch als schwere Krankheiten entpuppen können. Glücklicherweise sind es bei mir bis jetzt nur Wehwehchen. Ich sag immer „Phantomschmerzen“, weil sie so schnell kommen und auch so schnell wieder weg sind.
Allein oder einsam? Ich finde beide Wörter sehr spirituell. All-Ein – das All-Ein-Bewusstsein. Alles eins. Einsam – ein Same, aus dem alles entspringt. Und beide haben ein Ein – eine Eins - voran. Zurückgelassen, finde ich, trifft es am besten. Zurückgelassen, weil das Sterben nun mal zum Leben gehört und die Gestorbenen uns zurücklassen. Wie hab ich das immer formuliert? Nicht das Leben ist das Gegenstück zum Sterben, sondern die Geburt. Leben ist ja angeblich immer. Oder ist es nicht vielmehr das ewige Sein?
Mein Mann und ich waren uns selbst genug. Von Anfang an. So was wie Freunde, mit denen wir uns ständig trafen, hatten wir nie. Es gibt ja auch nicht so viele Menschen, mit denen man gerne was unternimmt. Aber wir hatten dennoch unsere Abwechslung. Tennis zum Beispiel. Da braucht man Partner und die hatten wir. Mit einem ganz lieben Paar fuhren wir für eine Woche in ein Tenniscamp am Meer. Aber es wurde nie so etwas wie ein ständiges Wiedersehen. Etwa, dass der Mittwoch oder der Freitag der Freundestag ist. Männerabend. Frauenabend. Hätte ich auch nie gewollt.
Wenn ich aber jetzt so um mich schaue, haben alle so was wie „feste“ Freunde, mit denen sie sich regelmäßig treffen. Oder eine große Familie. Hab ich alles nicht. Die Familie besteht aus meinem Sohn und der ist in Graz. Cousin lebt in Berlin und die Stieftochter mit ihrer Familie ist zwar in der Nähe, in der nächsten Ortschaft, wohin ich manchmal hin spaziere, aber sie hat auch so genug zu tun.
Alles gut. Ist mir nur recht. Ich will ja auch meine Ruhe haben. Nur manchmal – ja, so für eine Stunde – würde ich schon gerne mit jemandem quatschen. Schon wieder dieses Wort! Quatschen! Ja, dass mir jemand zuhört. Aber dann denke ich, wenn ich schon reden will, kann ich das auch alleine. Obwohl ich selbst auch gut zuhören kann. Natürlich kommt es darauf an, was. Smalltalk oder Stänkereien über andere mag ich nicht. Aber das sind nun mal die Themen der meisten Leute.
Ganz schlimm war es am Hochzeitstag. Ich dachte, so zurückgelassen wie an diesem Tag, fühlte ich mich noch nie. Nicht mal Eis essen gehen hätte mich aufgemuntert. Selbstmitleid hoch 100 oder so. Stimmt ja, ich tu mir nur selbst leid. Den Vorangegangenen geht es jetzt höchstwahrscheinlich um eines besser als den Zurückgelassenen. Ob sie das auch wissen, sei mal in Frage gestellt, denn es ist noch keiner wieder auferstanden, bis auf Jesus und das ist nicht ganz sicher. Klar, bei Religionen ist Zweifel immer angesagt, zumindest höchstgradig bei mir. So sehr ich es auch möchte – ich kann nicht glauben und beneide Gläubige umso mehr. Wirklich! Aber es geht nicht. Sogar an das Leben nach dem Tod zweifle ich, obwohl es da Dinge gibt, die meine Zweifel eigentlich aufheben müssten. Kann aber auch alles Zufall sein. Aber das möchte ich hier nicht ausbreiten. Das steht auf anderen Seiten, die ich wirklich nur für mich und meinen Mann schreibe. Schriftliche Kommunikation ins Jenseits. Aber ich nenne es „Tagebuch mit Memoiren“ und das ist wirklich nur für uns beide bestimmt. Wir sind uns ja selbst genug. Ja, das sind wir. Noch immer. Denn reden kann ich auch mit mir selbst, ich altes einsiedlerisches, zwideres Hexenweib.

20.7.2022
Der Tod ist ein Gefühl. Ich fühlte ihn, als ich an jenem Morgen die Rollo hochzog, an dem meine Katze nie wieder nach Hause kommen würde. Oder ist sie viel mehr nach Hause gegangen? Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, das von der Körpermitte ausgeht und sich wie Sonnenstrahlen in alle Richtungen ausbreitet. Mulmig irgendwie, dennoch mit nichts vergleichbar.
Manchmal riecht man den Tod auch. Das war damals, als unser Kater eine Maus ins Schlafzimmer brachte, ohne, dass wir es bemerkten. Nach einer Weile sagte ich zu meinem Mann: „Es riecht nach Tod.“ Wir mussten das Bett vorschieben, denn zwischen Bett und Mauer war die tote Maus eingeklemmt. Sie roch nach Tod, war aber noch nicht im Verwesungsstadium. Man spürt ihn und man riecht ihn. Alles rein körperlich. Wahrnehmung. Körperwahrnehmung, die nicht wirklich zählt.
Ja, ich hab das bestellte Buch gestern bekommen und bereits darin geschmökert. Wenn man etwas über Advaita wissen möchte, „Wen kümmert's?“ von Ramesh S. Balsekar lesen. Da steht alles, was es über Advaita zu sagen gibt. Brühwarm. Es läuft einem heiß und kalt gleichzeitig über den ganzen Körper, der meint, etwas zu tun oder zu sagen zu haben. Mitnichten! Wir sind Marionetten, wie ich es schon immer gefühlt habe. Ja, auch das fühle ich. Nicht nur den Tod. Klar gibt es auch so was wie den freien Willen, der dann so ähnlich aussieht, wenn man einem Hund an der Leine ein wenig Freiraum lässt. Ein bisschen können wir laufen, als wäre da keine Leine und plötzlich werden wir wieder zurück gezogen und daran erinnert, dass es doch nicht nach unserem Dickschädel geht, dass da noch etwas ist – etwas viel Größeres, Erhabeneres. Advaita sagt, dass das wir sind. Das wahre Ich.
Aber das sollte uns nicht kümmern, so lange uns das andere Ich regiert, das so langsam nach und nach nach der Geburt von unseren Weltbeschreibern geformt wird. Es geht ja darum, dieses Ich wieder auszumerzen, also vergiss Advaita und warte auf die Gnade, wie es auch Her Karl ausdrückt, denn freiwillig wird sich das Ich nicht verabschieden.
Glaube ich das? Kann ich es glauben? Auf jeden Fall eher, als an einen Gott, der lobt und straft, denn DAS (Bewusstsein, Geist, Quelle, All-Ein-Bewusstsein oder wie auch immer) ist unpersönlich. Kein Individuum mehr zu sein, tut vielleicht weh und ist ein bisschen so, als würde sich ein unbeschreibliches Gefühl von der Körpermitte wie Sonnenstrahlen in allen Richtungen ausbreiten. Mulmig irgendwie, dennoch mit nichts vergleichbar …

21.7.2022
Will ich das? Will ich mein Ego, MICH los werden? MICH? Es ist verwirrend, wenn man genauer darüber nachdenkt. Verwirrende, kreisende Gedanken. Zuerst meine ich, dass das Ich nach und nach nach der Geburt sozusagen aktiviert wird. Von wem? Tatsächlich von den Menschen, die uns „erziehen“ - „aufziehen“? Sofort denke ich an Kasper Hauser. Ein junger Mann, der als Baby und Kind von allen Menschen ferngehalten wurde. Man gab ihm bloß zu essen, sprach aber kein Wort mit ihm. Keine Worte, keine Gedanken, kein Ich? Auch wenn es bloß eine Legende sein sollte, Menschen haben sicher schon einige derartige Versuche gemacht. Was kam dabei heraus?
Ramesh sagt, man soll das Ego akzeptieren, denn es kommt, wie alles andere auch, aus der Quelle. Es gibt nichts, was nicht aus der Quelle kommt. Genauso, wie ich „meinen“ Joshua sagen ließ: „Sobald du etwas benennst, benennst du Gott.“ Aber das, was benannt wird, ist nicht Gott. Es ist bloß eine Reflexion Gottes, eine subtile Spiegelung der Quelle. Ramesh benutzt auch den Vergleich mit dem Gold. Die Schmuckstücke sind aus Gold, aber das Gold ist nicht die Schmuckstücke.
Es gibt nur die Quelle. Und sie bestimmt, dass etwas geschieht, wenn etwas geschehen soll. Sie ist Frieden. Sie ist Krieg. Sie ist alle Gegensätze, die es gab, gibt und geben wird. Sie ist der Fortschritt. Sie ist der Rückschritt. Wir hätten nicht in den Höhlen bleiben können, weil sie das nicht gewollt hat.
Dein Wille geschehe. Er geschieht, ob wir das wollen oder nicht. Arjuna (Baghavat-Gita) hätte sich noch so sehr gewehrt, zu kämpfen, es hätte ihm nichts genutzt. Und der arme Mordred aus der Artus-Sage bekam nun mal die Rolle des Bösen, ebenso wie Darth Vader, ehemals Anakin Skywalker, in „Krieg der Sterne“. Es gibt viele derartige Beispiele auch im „richtigen Leben“. Man denke nur an Diktatoren, die in ihrem Kämmerlein sitzen, während Männer für sie und ihr Land im Krieg sterben. Massenmörder, Serienmörder. Weil es die Quelle so will?
Das ist total unverständlich, ja total verrückt! Wie kann man nur so denken! Furchtbar! Und dann soll keiner Schuld haben? „Verurteile keine Krankheit, keinen Unfall, keine Mörder, denn der Tod kommt immer zur rechten Zeit am rechten Ort“, ließ ich Kim, meinen Geist, sagen. Wir leben in einer eigenen Welt, - in einer anderen Welt als andere Lebewesen, die wir Tiere und Pflanzen nennen und obendrein auf sie herabschauen, weil wir uns als absolute Krönung der Schöpfung sehen. Wir nehmen nicht alles einfach so hin. Für uns gibt es gut und böse. Das Böse muss ausgemerzt und bestraft werden. Wo kommen wir denn da hin, wenn jeder tun und lassen kann, was er will! Es muss Oberbefehlshaber geben, die bestimmen, was Recht und was Unrecht ist. Recht ist, wenn im Krieg Menschen getötet und verstümmelt werden. Unrecht ist, wenn jemand einen Menschen aus niederen Beweggründen ermordet. Menschenwelt – verrückte Welt. Was ist nun wirklich verrückt?