Manche Geschehnisse müssen einfach passieren. Sie müssen gar nicht verstanden oder gar registriert werden, weil sie ohnehin niemand verstehen könnte. Registriert werden sie vielleicht, aber eine Wirkung haben sie auf jeden Fall. Aus diesem Grund passieren sie auch. Es geht also nur um die Wirkung, darum, dass gewisse Geschehnisse etwas verändern, ohne von den Lebewesen bewusst wahrgenommen zu werden.
Kims Endkampf hatte (wird haben!) so eine Wirkung. Oder um weiter zurück zu gehen: Joshuas Tod am Kreuz hatte eine ähnliche Wirkung. Niemand hat wirklich verstanden, worum es geht, dass nicht der Tod Joshuas Ausschlaggebend war, sondern die Energie, die sich im Moment seines Todes in ihn hinein versenkte und sich auf weite Flächen der Erde ausbreitete. Auch Siddharthas Erleuchtung hatte eine enorme Wirkung, wenn nicht noch eine stärkere als Joshuas Opferung. Immerhin leben Buddhisten ihre Religion sehr viel mehr als dies die so genannten Christen tun.
Es gibt einige dieser Energieexplosionen, welche den Fluss des Universums verändert haben und noch verändern werden. Und nicht nur den Fluss, denn es ist stets eine Verschiebung zwischen der Energie Dieser und der Anderen Seite.
Wir leben jetzt in einer Zeit, in der die Energie der Anderen Seite mehr und mehr zunimmt. Leider ist es die kalte und harte Seite der Energie der Anderen Seite und nicht jene zu Zeiten der Götter und Göttinnen oder als noch Feen und Elfen auf der Erde wandelten. Es sei ja nicht gesagt, dass sie das nicht mehr tun. Fakt ist jedoch, dass die meisten Menschen sie nicht mehr wahrnehmen können, weil ihre Energieblase viel zu undurchlässig ist.

Auch Silas Schritt durch das Tor mitten auf dem Weg des Waldes hatte eine ganz bestimmte (wenn auch nur kleine) Wirkung auf die Energien des Universums. Um nicht zu vergessen, die Energien des Universums sind nichts anderes als die Tentakeln der Quelle der Kraft und alles was im Universum passiert, geht immer nur von der Quelle der Kraft selbst aus. Man kann es also drehen und wenden, wie man will, wirklich verstehen lässt sich dieses Phänomen von uns Menschlein sicher nie.
Sila befand sich in einem dichten Nebel, der eine seltsame grünliche Farbe hatte. Eben noch sah sie vor sich den Weg durch den Wald. Der Schritt durch das Tor schien sie in eine andere Welt geführt zu haben. Vorsichtig tastete sich die zarte Gestalt Silas voran. Ihr langer, dunkelblauer Kapuzenumhang (er erinnerte sie an das Leben als Oberpriesterin und als Nachfolgerin Morganas) schleifte lautlos am Boden, der sich sehr weich unter ihren nackten, kleinen Füßen anfühlte. Darunter trug sie einen knielangen, ärmellosen, ebenfalls dunkelblauen Kaftan. Blau war also auch hier ihre Farbe, nicht nur auf Avalon. (Thygyrill oder Bela schienen sich mit ihrem Weiß nicht durchzusetzen.)
Von irgendwoher hörte sie leise Stimmen, die immer näher kamen. Die Richtung war bald nicht mehr auszumachen, da sie wie Echos klangen.
„Man muss die Menschen lieben“, hörte sie am meisten heraus und einige Dementis und sehr vieles, was sich ziemlich verworren anhörte. „Auf gar keinen Fall darf man sie lieben.“ „Sagte ich doch: Man MUSS die Menschen lieben!“ „Zwanghaftigkeit bringt nichts.“ „Kann man uns zur Liebe zwingen?“ „Wir wollen die Menschen doch lieben.“
Der letzte Satz kam von einer sehr sanften und vor allem lebendigen Stimme, während sich die anderen irgendwie blechern anhörten, als ob sie aus elektronischen Geräten kamen.
Schließlich stand der blaue Gott vor Sila. So mir nichts dir nichts tauchte er mitten im grünlichen Nebel auf. Sila war versucht niederzuknien, aber der Blaue nahm mit einem strahlenden Lächeln, dem sich wohl kaum jemand entziehen kann, ihre beiden Hände und küsste sie zuerst auf den linken, dann auf den rechten Handrücken.
Sila meinte zu träumen und wollte sich an den Armen zwicken, aber der blaue Gott, den man auch unter dem Namen „Krishna“ kennt, ließ ihre Hände nicht los. Er begann sich mit Sila um den Kreis zu drehen. Durch die Drehung verlor sich der grünliche Nebel und die beiden befanden sich in einem weißen Pavillon, der mitten in einem prächtig, bunten Garten stand, wo irgendwo ein Bächlein plätscherte und in den Bäumen die Vögel zwitscherten, und direkt vor dem Pavillon grasten einige weiße Kühe.

Besteht denn ein Unterschied zwischen den Energien, welche die Lebewesen, samt Erde (die ja auch ein Lebewesen ist), durch ein ganz bestimmtes Ereignis durchdrungen haben? Manches wiederholt sich. Man hört immer dieselben Geschichten, wenn es um Helden und um die Rettung der Welt geht. Krishna, Buddha, Joshua – ein und dieselbe Energie? Ein und dasselbe Wesen der Anderen Seite?
Ja, warum nicht. Auch wenn ich nicht all zu viel von all den (erfundenen?) Religionsgeschichten halte, jene Menschen, die einst darüber geschrieben haben, könnten durchaus von ein und derselben Energie durchdrungen worden sein. Sie hatten vielleicht den 'Blick' in eine andere Welt, in der all das tatsächlich passierte, worüber er geschrieben hat. Erfunden oder vom 'Geist' eingegeben? Wer kann es wissen?

Andererseits, wie schon in meinem kleinen veröffentlichten Büchlein „Herr Graudinger und das Sein oder Nichtsein“ Herr Bobo Graudinger am Schluss meint: „Das wollte ich dir noch sagen, du menschliche Knalltüte! In deiner ersten Geschichte über mich hast du über Göttlichkeit geschrieben und sie geteilt. Göttlichkeit, die Kraft allen Seins, lässt sich nicht teilen, da sie alles durchdringt. Sie lässt sich nicht in wahre Göttlichkeit und dem Ego der Menschheit teilen, auch nicht in Gut und Böse, oder Weiß und Schwarz. Hast du das geschnallt, du menschliche Knalltüte?“

Und doch passiert es, dass ein und dieselbe Energie immer wieder die Erde durchdringt, um sie zu erneuern, um ihr Kraft zu geben. Wozu? Um die Menschheit leichter zu ertragen? Es ist wiederum das Ja und das Nein gleichzeitig. Nein, nicht dass die Erde die Menschheit leichter erträgt, sondern dass sich Energie, die Quelle der Kraft, die ja mit der Göttlichkeit gemeint ist, nie und nimmer teilen lässt. Dort draußen (und schon das ist falsch, denn es gibt weder ein drinnen noch ein draußen) ist das Nichts, das Unerkennbare, das Nagual, die Andere Seite, raum- und zeitlos (nicht unendlich und ewig!) und deshalb rein und unverwundbar.
Und doch könnte man so vieles in diesem Nichts, in dieser Leere erkennen. Man tut es ja auch. Diese Leere ist gleichzeitig die Welt, wie ich sie wahrnehme, wie sie Millionen andere Menschen und andere Lebewesen wahrnehmen, wie sie möglicherweise andere Lebewesen in weit entfernten Galaxien wahrnehmen.
Und es gibt noch eine dritte Art, die leuchtenden Energiebänder oder Energiefelder fließen zu 'sehen'. Meist passiert dieses 'Sehen' wohl durch Meditation, durch eine tiefe Versunkenheit in sich selbst, in der man eins wird mit dem Göttlichen, mit der alldurchdringenden Liebe.
Ja, Liebe! Wie schrieb ich so oft: Kim ist die Liebe selbst! Immer wieder war er der Gott der Liebe, der mit seiner Ausstrahlung alle in seiner Nähe schier verrückt machte. Menschen erkennen diese Liebe nicht – zumindest die wenigsten Menschen, die andere nur (ge)brauchen, um nicht alleine zu sein oder andere Gefälligkeiten nutzen. Liebe ist frei. Deshalb wurde Kim von den meisten Menschen nur begehrt. Man wollte Sex von ihm und wäre dafür sogar gestorben. Die Liebe, die er tatsächlich ausstrahlte, erkannten sie nicht. Aber sie war stets in seinen Augen zu sehen, die – wie ich hier schrieb – türkisfarben waren, eine der kältesten Farbe. Und ja, diese Liebe wirkt kalt, eiskalt und hart, weil sie nicht bindet, sich nichts erwartet und nichts und niemandem versklavt. Diese, die einzig wahre Liebe ist frei. Alles andere ist nur Schall und Rauch und deshalb Vergänglichkeit.

Sila und Krishna standen noch immer Hand in Hand mitten im weißen Pavillon. Es war einfach paradiesisch an diesem Ort, in diesem bunt blühenden Garten, mit all den geflügelten Tieren in den Bäumen und Büschen und den weißen Kühen, die friedlich vor dem Pavillon grasten.
Aber Krishna zeigte Sila auch ein anderes Bild, als er mit dem Kopf auf die andere Seite des Pavillons deutete. Dort war auch ein Tor. Es war ein und dasselbe, durch das auch Sila schritt und doch war es ein anderes, weil es ganz wo anders hin führte. Silas Verfolger, die sie nicht einmal bemerkte, kamen durch das Tor, aber sie wurden nicht von Krishna empfangen, sondern von grausigen Kreaturen, die sie regelrecht zerfleischten.
Sila war entsetzt, aber Krishna beruhigte sie, indem er meinte: „Es ist nur ihre lächerliche Hülle, die von ihnen abfällt. Das Wahre ihres Selbstes bleibt erhalten und verbindet sich wieder mit der Allenergie, aus der es einst gekommen ist.“ Oder man liest die Bhagavad Gita, - da steht es noch genauer und viel, viel schöner, woher die Lebewesen kommen und wohin sie gehen.
Sila war aber keineswegs beruhigt. Nicht, weil sie hier sicher war, sondern, weil sie sich um ihre Freunde sorgte.

Es ist kein Widerspruch, wenn ich von Liebe schreibe, denn diese Liebe darf nicht mit gewöhnlichen Gefühlen verwechselt werden. Die Bedeutung ist eine ganz andere.
Schon Freund Carlos hat über Liebe geschrieben, von der Liebe zur Erde, als Genaro mit seiner ganzen Kraft die Erde umarmte.
Am besten lässt sich die Liebe vielleicht über Meditation beschreiben. Es sollte keine zwanghafte Meditation sein, keine mit Regeln. Man sollte so bequem wie nur möglich sitzen, aber doch mit geradem Rücken. Buckeln mögen die Götter nicht so sehr. War nur ein Scherz!
Also möglichst bequem und doch gerade sitzen und die Gedanken, die kommen, fließen lassen. Der Wunsch, an nichts zu denken, sozusagen den inneren Dialog abstellen, führt oft zu noch mehr denken, noch mehr Gedanken, die einem zuströmen. Komme, was mag, es geht ja wieder. Gedanken sind nichts anderes als alles andere in der materiellen Welt. Alles kommt und geht auch wieder. Selbst wenn in der ersten halben Stunde noch immer Gedanken kommen – das macht nichts. Geduld ist das Zauberwort. Es genügt auch zuerst nur etwa eine halbe Stunde. Man soll es keineswegs übertreiben.
Was mache ich da? Anregungen zur Meditation? Ausgerechnet ich, die keine fünf Minuten still sitzen kann und deren Gedanken der reinste Hurrikan sind. Aber so funktioniert es, wie ich es beschrieben habe. Zumindest bei mir. Manchmal. Locker im Schneidersitz, die Hände auf den Knien, ruhig atmen und alles fließen lassen – vor allem bewusst fließen lassen. Wenn dann irgendwann die Gedanken aufhören und es ganz, ganz still wird, versinkt man so lange in sich selbst, bis man sich selbst vergisst.
Selbstvergessenheit! Sie tritt auch zutage, wenn man etwas ganz konzentriert tut, wie etwa malen. Auch beim Lesen kann es passieren oder Film schauen. Aber das ist noch nicht das, worauf ich hinaus will.
Mit der Selbstvergessenheit beginnt es. Dann löst man sich regelrecht auf, aber gleichzeitig ist man so sehr da, wie man noch nie da gewesen ist. Nicht etwa eins mit dem Göttlichen. Nicht eins, nichts zwei, sondern nichts oder eher noch eine leere Weite. Offene Weite – nichts von heilig, wie es einst ein Weiser formulierte. Offene Weite, Ausdehnung – es fehlen einem die Worte.
Liebe ist nur ein Wort. Kein Wunder, wenn man als Mensch auf solche Wortwahl kommt. Wir lieben doch nur das, was uns gut tut, was uns gefällt, usw. Aber wirkliche Liebe unterscheidet nicht. Wirkliche Liebe ist tatsächlich göttlich, sozusagen einzigartig und wohl unbeschreiblich. Aber ich habe es versucht, auch wenn ich gescheitert bin mit meiner Beschreibung.

Sila wendet den Blick ab und Krishna besänftigt sie erneut.
„Es sind nur Hüllen. Selbst die Monster sind nichts als Hüllen. Alles nur angenommene Formen und Farben. All das ist nur Schein, liebste Sila, - alles immer nur Schein. Das Wahre lässt sich nicht wahrnehmen, nicht fühlen. Das Wahre bist immer nur du selbst. Nimmst du dich wirklich wahr? Fühlst du dich wirklich? Wirklich? Wirklich?“
Sila versteht die Worte und die feste Betonung, die auf „wirklich' liegt. Noch immer nimmt sie sich als festen, relativ festen Körper wahr und fühlt sich auch so. Aber wer oder was ist sie wirklich?

Wer oder was bin ich wirklich? Nehme ich mich wirklich als menschlichen Körper wahr oder bin ich ein menschlicher Körper? Und was ist das Denken und Fühlen in (außerhalb von?) mir? Ist beides ein und dasselbe, das eine aus dem anderen entstanden oder ist das eine das Vergängliche, während das andere bleibt? Nichts kann vergehen, sagen Physiker, es verändert sich alles nur. Demnach wäre der Körper das, was bleibt und sich ständig verändert, zu Staub, zu Asche wird und doch nicht gänzlich verschwindet. Und das Geistige? Schwebt es als Nichts ins Nichts?

Mir ist schon (wieder!) klar, dass diese Gedanken nichts bringen, nicht einmal, wenn ich selbst erleben würde, worüber ich schreibe. Wenn ich Visionen von Krishna hätte, wie er mich an den Händen hält, mir Weisheiten zuflüstert und sie mir sogar zeigt. Sila sah das, was von ihren Verfolgern übrig blieb. Sie 'sah' Energie in Energie hinüber fließen. Sie 'sah', dass sich Energie nicht voneinander unterscheidet, dass alles wie ein unendlich breiter und langer Fluss fließt, fast wie wenn man in einem kleinen Boot sitzt und rund um sich nichts als Meer erkennt, so 'sah' sie Energie ineinander wie Wellen überfließen. Stets beweglich und wandernd, aber nie sich verändernd.
Die Tentakeln der Quelle der Kraft bewegen sich, werden länger und länger und doch verändert sich nichts an ihr selbst. Sind die Tentakel verschieden von ihr? Sind sie dieser eine Gedanke, der nie gedacht wurde, wie es im „Kurs in Wundern“ steht? Oder sind sie wie sie selbst – rein und unverwundbar. In einer Menschenwelt wie dieser mag man nicht daran glauben, denn Menschen handeln nicht rein und unverwundbar. Sie können grausam sein. Niederträchtig, rachsüchtig, profitgierig, selbstsüchtig, aber auch andere Seiten von sich zeigen.

„Für ihre Taten kann ich nichts“, höre ich Krishna, den blauen Gott sagen, den ich manchmal auch für Kim hielt, als wir noch fast täglich schriftliche Gespräche führten. Kim war ja alles mögliche für mich, ein Gott, ein Schamane und – und – und.
Also doch der freie Wille? Nein und nochmals nein. Krishna ist nicht die Quelle der Kraft und doch ist er es, genauso wie du und ich. Teile der Quelle der Kraft? Sie lässt sich nie und nimmer teilen! Sie ist immer ganz und wir, das Universum, schwimmen in ihr wie sie es will.

„Man muss die Menschen lieben.“ Krishnas oder Kims Worte? Sie könnten von beiden kommen, besonders von Kim, der die Liebe selbst war (ist?). Aber eine Liebe, wie sie Menschen nicht kennen und niemals erkennen können, wenn sie zu viel Eigendünkel in sich haben.
Ich kann also nicht sagen, wer oder was ich bin, aber ich kann sagen, wie ich gerne sein möchte, es aber nicht bin. Nie mehr urteilen. Nie mehr beurteilen. Nie mehr verurteilen. Nicht mehr von dieser Welt. Nicht mehr von dieser Menschenwelt.
„Man muss die Menschen lieben.“

„Wir wollen die Menschen doch lieben!“ Dieser Satz kommt nicht in Frage, auch wenn er zur Auswahl stand. Es gibt immer Auswahlen, aber dazu später.
Dieser Satz kommt deshalb nicht in Frage, weil Kim (Krishna auch nicht) niemals so zögerlich gewesen wäre. Das Wort und die Bedeutung von „muss“ mochte er nie. „Müssen“ war ihm ein Gräuel. Das ganze Leben besteht aus „müssen“. Das muss man tun, jenes muss man tun. Warum? Weil es Gesetz ist und weil man es einfach tut. Und es gehört zum guten Ton.
Nun zu den Auswahlen! Was würde ich davon wählen: „Man muss die Menschen lieben.“ Es ist natürlich nicht dieses „Müssen“, das von der Zwangsseite kommt, sondern eines von dieser Art, wenn man ein süßes Kätzchen sieht und meint: „Man muss dieses Kätzchen lieben!“ Sicher muss man das, weil es so flauschig ist und einen mit großen dunklen Augen anblickt, dass einem das Herz aufgeht. Genauso ist dieser Satz gemeint: „Man muss die Menschen lieben.“ Und das, obwohl sie weder flauschig sind und einen nur selten mit großen dunklen Augen anblicken.
Ich bin ein Mensch. Na ja, zumindest nehme ich mich als Mensch wahr und bin von Menschen umgeben. Sie sind meinesgleichen. Also „muss“ ich sie lieben, sonst würde ich mich selbst nicht lieben. (Liebe ich mich selbst?) Jetzt wird es ein wenig seltsam. Aber es hat einen Sinn, denn ich kann die Menschen nicht lieben. Und doch sollte ich es tun. Meine Auswahl von vielen wäre also: „Ich sollte die Menschen lieben.“
Es gibt, unter anderem, auch: „Ich kann die Menschen lieben.“ Oder: „Ich darf die Menschen lieben“, was eine höchst sinnlose Auswahl wäre. Warum sollte ich die Menschen lieben dürfen? Wer sollte es mir verbieten oder gestatten?
Aber für mich gilt: „Ich sollte die Menschen lieben.“ Weil ich dann so sein kann, wie ich gerne sein möchte. Lass die Menschen sein wie sie sind. Man kann nicht in sie reinschauen. Sie lachen, obwohl sie weinen möchten. Sie hassen, obwohl sie lieben möchten. Sie zerstören, obwohl sie aufbauen wollen.

Sila bekommt all das mit. So war sie schon immer. Hilfsbereit und aufopfernd, obwohl sie sich nie wirklich geopfert hat. Sie hat es gerne getan. Von Herzen. Genauso wie Kim, der auch nie verstand, warum sich seine Kinder und Schwiegerkinder bei ihm bedankten, wenn er auch ihren Haushalt machte, da sie in ein und demselben Haus (riesige Villa!) lebten. Und beide drängten sich nie auf. Sie machten alles zur rechten Zeit am rechten Ort. Dieses „timing“ muss man einfach haben, wenn man so ist wie Sila oder Kim (Arima).
Man hat es oder man hat es nicht. Und Thygyrill in Sila? Er war immer das genaue Gegenteil, auch wenn er stets ganz anders sein wollte. Jetzt ist er es. In Sila. Mit Sila. Es hat alles seine rechte Zeit. Immer und überall. Und man sollte stets die rechte Auswahl treffen, sonst kann es nach hinten los gehen. Man sage das der Menschheit. Wortwörtlich und vor allem verständlich.

Es gibt nichts Neues. Nur Erinnerungen. Das passiert, wenn man älter und alt wird. Die Vergangenheit wird mehr und mehr und verschlingt die Zukunft, bis es keine Zukunft mehr gibt. Das ist es aber nicht, worüber ich schreiben will. Es geht um meine kleine Phantasiewelt, um Kims Welt, um die Erddimension, in der er lebte (lebt?) und um die Leuchtende Welt und um all das, was nach dem 12. Buch hinzu gekommen ist.

Es geht vor allem darum, wie Sila 'entstanden' ist. Es passierte. Ganz einfach. So wie letztens, als ich Silas Kleidung beschrieb und ihre Vorliebe für die Farbe blau. Und plötzlich stand der blaue Gott vor ihr. Das war keineswegs beabsichtigt. Es passierte.

Nun, zuerst gab es Manola, Kims und Marias einziges Kind (Tochter) auf der Erde (in der sechsten Erddimension – die siebente ist die Leuchtende Welt) und schließlich zeugten die beiden ihren einzigen Sohn Thygyrill auf der Leuchtenden Welt. Aber so einfach war es nicht, denn die beiden kleinen Seelchen gab es schon weit früher. Das heißt, es gab sie schon immer – zeitlos und raumlos (in Wahrheit rein und unverwundbar!). Die Quelle der Kraft hat alles in sich, auch wenn es kein 'in sich' gibt.
Über Manola weiß ich nur, dass sie auf Avalon war und das auf direktem Wege nach ihrem Abgang von der Erde (sechste Erddimension). Avalon ist nicht auf der Erde, in keiner Erddimension enthalten, es ist, wie ich bereits weiter oben schrieb: Avalon lässt sich auf Dieser Seite nicht erkennen und schon gar nicht betreten. Es ist eine Insel auf der Anderen Seite und hat mit dem, was wir Menschen Wahrnehmung nennen, kaum noch etwas zu tun.

Dann hab es eine kleine Geschichte über Ysil und Bela (Sterne fallen nur nachts vom Himmel) geschrieben, – der Moment, als sich die beiden das erste Mal als körperliche Wesen begegneten. Ysil, die sanfte Kämpferin und Bela, der selbstverliebte Träumer, der nicht einmal weiß, dass er selbstverliebt und ein Träumer ist.

Es ist schon seltsam, was aus Kim und Maria wurde. Das alles kristallisierte sich durch das Schreiben irgendwann heraus. Der Name 'Arima' ist auch kein Zufall, da er sich aus den Buchstaben 'M A R I A' zusammensetzt. Dass es da auch einen Ahriman gibt, das ist vielleicht Zufall.
Wikipedia schreibt dazu folgendes: https://de.wikipedia.org/wiki/Ahriman
Ein Wesen des Bösen, der Zerstörung, ein Dämon, der den Menschen materialisierende Kräfte verleiht, usw. Zufall? Wirklich? Arima ist doch derjenige, der mehr zu Dieser Seite tendiert, wo es Veränderungen und Tod gibt. Ysil hatte vielleicht doch recht, wenn sie meint, er hätte für die Andere Seite kämpfen müssen. Aber das wäre ja letztens geklärt worden. Wirklich? Oder ist sich Sila da noch immer nicht sicher? Man wird sehen...

Wer hat jetzt die Oberhand 'in' diesen beiden Doppelwesen? Kim oder Maria? Ysil oder Bela? Beide gleich viel, denn es ist einzigartig, wenn ein Wesen von beiden Seiten gleich viel in sich hat. Das heißt, in Arima und in Sila stecken 50% Energie Dieser Seite und 50% Energie der Anderen Seite. Sie sind ausgeglichen – wie die Quelle der Kraft.
Wenn man das alles überhaupt so sagen kann. Alles aus der Luft gegriffen. Es kann so nicht erklärt werden. Alles metaphorisch. Irgendwie umschrieben, weil Worte hier nichts mehr bedeuten.
Das dachte ich damals auch, als ich das 12. Buch beendet hatte. Was soll ich jetzt noch schreiben können, wenn Kim und Maria und einige ihrer Freunde für immer auf der Leuchtenden Welt sind, nachdem sie den Endkampf gewonnen haben? Und wie durch ein Wunder (Scherz!) setzte sich meine Phantasie weiter fort, so lange bis Sila entstand, die noch immer mit dem blauen Gott Hand in Hand mitten im Pavillon steht und sich jetzt beide der schönen Seite, dem paradiesischen Garten, zuwenden.

Es gibt noch eine Frage, die wohl niemand beantworten kann. Es sei denn man beantwortet sie sich selbst. Aber wäre das die Wahrheit? Höchstens die eigene Wahrheit. Gibt es eine andere? Hm...
Die Frage, die wohl niemand wirklich beantworten kann, lautet: „Warum bin ich hier?“ Man könnte diese Frage weiterspinnen und weiter fragen: „Bin ich überhaupt hier?“ Und schließlich: „Was ist überhaupt dieses 'Hier'?“ „Gibt es ein 'Hier' oder ein 'Dort'?“

Man könnte durchaus sagen, dass wir, die Lebewesen Dieser Seite, eigentlich die Illusionisten sind, während die Wesen der Anderen Seite Realisten genannt werden könnten. Wir zaubern unsere Welt selbst her. Na ja, im Grunde genommen ist es die Quelle der Kraft, aber sie tut es durch uns. Und demnach kann man durchaus sagen, dass wir die Magier sind, ohne dass es den meisten von uns bewusst ist. Don Juan nannte uns sogar Schwarzmagier.

Wieder einmal das Ja und Nein in einem. Alles geht immer von der Quelle der Kraft aus, dass man versucht ist zu sagen (und es ist ja auch die Wahrheit!), wir seien ihre Marionetten. Wir und alle Lebewesen. Durch uns handelt sie. Durch uns spricht sie sogar. Aber vom freien Willen gibt es trotzdem keine Spur. Den haben wir nicht und basta!
Don Juan zeigte Freund Carlos, was freier Wille und Kreativität wirklich ist, indem er ein seltsames Tierchen auf seiner Handfläche erscheinen ließ. Gewöhnliche Menschen können sich nur entscheiden. Links oder rechts? Grün oder blau? Aber nie ist irgend etwas dabei, was gänzlich aus der allgemeinen Rolle fällt. Nicht mal in der Phantasie sind wir wirklich kreativ. Oder meint jemand, Pegasus sei was Besonderes. Das gibt es alles. Es gibt Pferde und es gibt Flügel. Beides zusammen ergibt ein geflügeltes Pferd. Na und?
Ich könnte aber auch fragen, was soll an einem kleinen Tierchen, das wie ein Zwischending von Hamster und Ratte aussieht und eine Brille auf hat, besonderes sein? Es ist nicht von dieser Welt. Das ist das Besondere. Pegasus ist nicht einmal von einer Welt. Zumindest wissen wir es nicht. Don Juan wusste, dass er das kleine Tierchen aus einer anderen Welt geholt hat. Er gab es der anderen Welt auch wieder zurück, indem es genauso plötzlich wieder verschwand, wie es erschienen war.
Ob Freund Carlos in Metaphern geschrieben hat oder ob er alles tatsächlich selbst erlebt hat, sei mal dahin gestellt. Darum geht es ja nicht. Es geht darum, tiefer zu blicken – zu 'sehen' und vor allem sehr aufmerksam zu sein. Und natürlich geht es auch darum, nicht immer alles katalogisieren zu wollen. Alles ist einmalig, auch wenn es uns anders erscheint.

Sind wir deswegen hier? Um die Einmaligkeit von allem zu erkennen?
Und wenn es gar kein Hier gibt? Wenn wir tatsächlich alles selbst erschaffen? Natürlich mit der Kraft der Quelle der Kraft, denn eine andere Kraft gibt es nicht.

Und wenn es gar keine Quelle der Kraft gibt und alles bloßer Zufall ist? Ein plötzlicher Knall, das erste Legosteinchen fiel um und schon purzelte ein weiteres und noch ein weiters... Aber das wäre kein Zufall, denn jemand stellte diese Steinchen doch auf und jemand gab dem ersten einen Schubs.

Ich sage ja immer, dass es keinen Zufall gibt, und auch kein Glück oder Pech. Was ist denn Glück? Wenn ich mir das Schuhband zubinde, weil es lose geworden ist und zwei Meter vor mir fällt ein schwerer Blumentopf aufs Pflaster? Warum soll das Glück sein? Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Weil beides zusammen fällt? Weil beides zusammen als Ereignis gedeutet werden kann?

„Die Kraft weiß, was sie tut“, meint Krishna und drückt sanft Silas beide Hände, „die Lebewesen wissen es nur selten.“

„Warum bin ich hier?“ fragt Sila.

Wenn sich eine der Millionen (Milliarden? Billionen!) Zellen eines menschlichen Körpers diese Frage stellt, was könnte man ihr antworten? Vielleicht: „Um das Leben zu erhalten!“ oder „Für die Evolution!“ Oder was auch immer. Aber niemals würde die Antwort so lauten „Weil du eine einzigartige Zelle bist!“ Mit Einzigartigkeit oder Individualismus haben wir es hier nicht so, obwohl wir so leben, als gäbe es so etwas. Energietropfen sind nun mal nichts Besonderes und das wissen sie. Krishna weiß das und Sila wird es bald wissen.

„Um deinen Verfolgern zu entgehen“, antwortet Krishna lächelnd und hält noch immer Silas beide Hände fest.
„Und die anderen? Werden sie auch verfolgt?“
„Es gibt mehrere Tore und deine Freunde wissen bereits, wie sie sich retten können. Hinter jedem Tor wartet ein Wesen, das sie aufklärt.“
„Was wollen die Verfolger von uns?“
„Euch auslöschen, weil sie glauben, dass ihr sie verhext. Ihr seid anders als sie und das macht ihnen Angst.“
„Wir tun ihnen doch nichts. Wir bleiben auch immer im Wald und gehen niemals in die Stadt, wo sie leben.“
„Sie sehen nachts Schatten und glauben, das seid ihr. Nachts kommt ihr aus dem Wald und verhext ihre Tiere und Äcker. Deshalb werden sie von ihrer Nahrung krank und sterben. Sie wissen nicht, dass ihre Krankheiten woanders herkommen.“
„Man sollte es ihnen sagen, sie aufklären.“
„Sie würden es nicht glauben.“
„Und was nun?“
Krishna hebt und senkt die Schultern als Geste der Hilflosigkeit. Ja, auch der blaue Gott kann man eine schwache Stunde haben, weil er weiß, dass die Sirenen alle ausgelöscht werden und sie die Tore nicht retten können. Es tut ihm trotz seines Wissens leid, dass es diese wunderbaren Wesen nie wieder geben sollte. Ein wenig Abschiedsschmerz tut jedem Gott gut. Es macht ihn so menschlich...

Es gibt eine Vorgeschichte zu Ysil und Bela, den Drachenreitern, die ich in meiner Geschichte „Sturmnächte 2“ weiter geführt habe. Sie nennt sich ganz einfach „Sturmnächte“ und erzählt etwas über ein junges Mädchen, von dem man nicht weiß, ob es verrückt ist oder in andere Welten blicken (gehen?) kann. Es erkennt in ganz gewöhnlichen Frauen Hexen und häutet eine Katze, weil sie diese als Fisch erkennt und viel anderes verrücktes Zeug, das sie tut und wahrnimmt. Ich glaube, ihren Namen habe ich nie erwähnt.

Ich stelle mir vor, es muss schrecklich sein, wenn man nicht weiß, ob das, was man wahrnimmt, wirklich so ist, wie man es wahrnimmt oder ob man sich alles nur einbildet, eben eine komplett falsche Wahrnehmung hat, die mitunter nicht für sich selbst, sondern vor allem für andere höchst gefährlich sein kann.

War Ysil dieses Mädchen? Und wie wurde sie genannt? Welchen Namen gab ihr ihre Mutter, die sie einst verstoßen hat? Ysil? Sicher nicht. Aber vielleicht wollte Ysil diesen Namen und dieses Leben schnell vergessen. Sie ging aus diesem Leben. Wie, das wurde nie wirklich erwähnt. Und sie wurde zur Drachenreiterin. Schon wieder! Oder war es dasselbe Mädchen wie in der Geschichte „Sterne fallen nur nachts vom Himmel?“ Könnte durchaus sein. Das Mädchen lag im Sterben. In einer Zwischenwelt (Zwischendimension?) traf es Bela und beide saßen auf wunderschönen Drachen und schwebten in eine Welt voll Zauber und Wunder. So ähnlich halt.

Und jetzt? Jetzt hält Krishna noch immer Silas Hände, weil es nichts Neues mehr gibt. Auch wenn sich Sila und Arima einmal bekriegen, wäre das nichts Neues. Oder doch? Abwarten und erst mal Tee trinken.