Ich erinnere mich an eine Geschichte, die mir Kim einmal erzählt hat, als ich etwa 5 Jahre alt war. Damals nannte ich ihn noch nicht Kim. Damals war er für mich auch noch ein Kind, ein dunkelhäutiges mit schwarzen, gekräuselten Locken. Er erzählte mir von einem Spiegel, den noch niemand gesehen hat und der ständig seinen Standort wechselt. Es ist der Spiegel der Wahrnehmung, der von uns kleinen Bewusstseinseinheiten niemals gefunden werden kann. Würde ich nur einen kurzen Blick in diesen Spiegel werfen, wüsste ich nie wieder was Wahrnehmung wirklich ist. Ich selbst würde zu einem Irrgarten werden, aus dem es keinen Weg mehr heraus gibt. Gefangen in mir selbst würde ich ewig in dieser Unendlichkeit von Irrgarten herum irren, ohne jemals nur irgendetwas zu begreifen. Kein Bewusstsein wäre mehr das meine, denn ich würde jenseits aller Wahrnehmungen herum irren.
Damals erzählte mir Kim von einem Wesen, welches sich auf den Weg machte, um diesen Spiegel zu suchen. Es traf unterwegs viele unterschiedliche Wesen, und jedes dieser Wesen fragte es nach dem Spiegel. Das seltsame war, dass jedes Wesen ihm sagte, wo dieser Spiegel ist. Und so wurde das reisende Wesen durch die ganze Welt geschickt, ohne sich auf sich selbst zu verlassen, was wohl der richtige Weg gewesen wäre. Am Ende fand es den Spiegel, nachdem es das letzte Wesen getroffen hatte, welches ihm sagte, wo sich der Spiegel befindet. Es warf sofort einen Blick hinein, aber als es so viele unterschiedliche Wege auf einmal im Spiegel sah, verirrte es sich in sich selbst. Es hatte sich selbst vergessen und kannte keine Wahrnehmung, kein Bewusstsein mehr. Am Ende der Geschichte sagte Kim, dass sich jeder auf die Suche nach diesem Spiegel machen muss, aber jeder auf seine eigene Art und Weise, ohne irgendjemand anderen nach dem Spiegel zu fragen.
Ich fragte Kim damals, ob er auch nach diesem Spiegel sucht. Er lächelte und nickte stumm. Ich fragte, ob er ihn schon gefunden hat. Er sagte, er weiß, dass er ihn nie wirklich finden wird. Warum er dann sucht - fragte ich. Kim lächelte und meinte, nur um des Suchens willen, deckte mich zu, gab mir einen Gutenachtkuss, löschte das Licht und verließ geräuschlos das Zimmer. Damals war ich mir nicht sicher, ob er mein Zimmer wirklich verlassen hat, denn viel mehr hatte ich das Gefühl, als ob er die ganze Nacht an meinem Bett gesessen hat, denn als ich morgens aufwachte, saß er auf der Bettkante und lächelte mich wieder an.
In dieser Nacht hatte ich einen sehr seltsamen Traum. Ich weiß nicht, ob es an dem Traum oder an der Geschichte lag, warum ich diese Nacht bis heute nicht vergessen konnte. Irgendwie habe ich auch heute noch das Gefühl, dass dies alles nur von Kim ausging, vom Wächter meiner Seele. Er jedoch sagt, dass er nur die Hülle dieses Geschenks der Kraft war, welches mir durch ihn überbracht wurde. Kim sagt, die Geschichte von damals, wie auch der Traum waren nichts anderes als Kraftgeschenke. Er hat diese Geschichte nicht erfunden, denn man kann nichts erfinden. Die Geschichte vom Spiegel sei plötzlich für ihn erreichbar gewesen - er habe Platz für sie gemacht, weil er auf eine unbestimmte Art, wie sie nur Schamanen haben, gefühlt hat, dass sie ein Kraftgeschenk für einen ganz bestimmten Menschen ist, der noch nicht die Macht hat, sich so zu leeren wie er.
Ich kann nicht sagen, ob ich in meinem Traum den Spiegel wirklich gefunden habe. Ich ging in meinem Traum auch viele Wege und kam oft in Versuchung andere zu fragen, wo sich der Spiegel befindet, aber ich konnte im Traum nicht sprechen, mich auch auf keine andere Art verständlich machen. So wanderte ich schweigend auf einsamen Wegen weiter - so lange, bis ich müde wurde und plötzlich auf einem weichen Boden lag, von dem ich nicht sagen kann, woraus er bestand. Ich schloss meine Augen - und mit geschlossenen Augen meinte ich, den Spiegel zu sehen. Aber alles, was ich wirklich sehen konnte, war nichts anderes als unzählige Abbilder von mir selbst. Ich sah auch andere Wesen, darunter Bekannte und auch welche, die ich noch nie gesehen hatte - und doch waren sie alle nur ein Abbild meines Selbst.
Ich weiß nicht, ob ich den Traum damals genauso wie heute verstanden habe, und ich weiß auch nicht, warum er mir ausgerechnet jetzt wieder einfällt. Vielleicht, weil ich mich wieder einmal frage: Erfinden wir das, was wir Wirklichkeit nennen? Liegt alles Wahre nur in unseren Vorstellungen? Ist Wahrnehmung nichts anderes als Vorstellung und Glaube? Und vor allem: Was liegt jenseits aller Spiegel von uns selbst.

Die deutsche Autorin Cornelia Funke schrieb in einem ihrer wundervollen Märchenbücher: „Der Spiegel öffnet sich nur für den, der sich selbst nicht sieht.“ Mich sprang dieser Satz sofort an, jedoch auf eine andere Art, wie er in dieser Geschichte gemeint ist. Frau Funke lässt ihre Protagonisten bloß die Hand über das Spiegelbildgesicht legen und schon befinden sie sich hinter dem Spiegel. Ich lege diesen Satz ähnlich aus wie Freund Carlos (Carlos Castaneda), der einst sagte, dass ein wahrer Krieger den Spiegel der Selbstbetrachtung längst zerschlagen hat. Er kümmert sich nicht mehr um sich selbst und hat seine persönliche Gesichte längst hinter sich gelassen. Dabei handelt es sich keineswegs um Amnesie, da es ein willentliches Vergessen ist und eigentlich nicht einmal ein Vergessen, sondern ein Ablegen. So, wie man seine Kleidung ablegt oder wie man seine Schuhe auszieht und endlich die Zehen frei bewegen kann.
Es ist eine Art kleiner Tod des Ichs, wobei man dennoch ein Ich bleibt, aber keines mehr, das sich Sorgen um sich selbst macht oder von anderen geliebt werden will, vor anderen gut da stehen möchte, die Welt ändern will, weil sie einem nicht so passt, wie sie ist und vieles mehr, was das alltägliche Ich nun mal begehrt. Der kleine Tod macht das Ich zu dem, was es wirklich ist: ein magisches Bewusstsein, das für alles offen ist und niemals nur einen Deut dieser Welt oder anderer Welten ändern, sondern bloß über die Wunder allen Daseins staunt.
Der kleine Tod bedeutet auch, ein zweites Ich anzulegen, um es einst dem Adler in den Rachen zu schieben und durch diese Gabe, an ihm vorbei in die Unendlichkeit zu gehen. Freund Carlos beschreibt den Adler nicht deshalb als Adler, weil er einer ist, sondern weil er schwarz und hoch wie ein Adler mit gespreizten Flügeln aufragt und er die Kraft ist, die Bewusstsein verleiht und es sich wieder zurück holt, es sei denn, wie bereits erwähnt, man bietet ihm eine Kopie des eigenen Lebens an.
Das zweite Ich lässt sich auf verschiedene Arten anlegen, etwa durch die Rekapitulation des gesamten bisherigen Lebens oder durch das Träumen, in dem man den Doppelgänger hervorbringt. Vorzugsweise würde ich die Rekapitulation vorschlagen, weil dadurch eigene Energie zurück gewonnen und fremde Energie zurückgegeben wird und man beim Träumen, um den Doppelgänger zu erzeugen, jede Menge Energie braucht, die man normalerweise nicht hat. Und warum hat man sie nicht? Weil man sich mit allerlei Unfug abgibt, der Unmengen von Energie kostet und absolut nichts bringt. Dieser Unfug ist das, was ich oben über das Ich geschrieben habe – das Ich, das alles Möglich will und wünscht.

Einst dachte ich, es ist einerlei wie man lebt, da der Tod ohnehin allen Lebewesen auf die Schulter klopft und zum Mitkommen auffordert. Übrigens, der Gedanke an den Tod ist ebenfalls ein Versuch, das Ich an seinen wahren Platz zurück zu scheuchen, wo es nicht mehr jammern und sich selbst bemitleiden kann. Und nebenbei bemerkt, der Körper stirbt eigentlich seit der Geburt. Ständig sterben Zellen ab und werden neue gebildet, bis eben nur mehr Zellen absterben und nichts Neues nachkommt und so gesehen der Körper langsam eine ganz andere Form annimmt und man sagt, nun ist der Mensch, der einst in diesem verfaulten Körper gelebt hat, tot. Der Körper jammert nicht, er nimmt seine Veränderungen, die er ständig im Leben durchmacht, tapfer und klaglos hin. Was jammert, ist das Ich, ein Fremdkörper, der sich im Laufe unseres jungen Lebens wie ein Parasit oder viel mehr wie eine Implantation gebildet hat. Dieses Ich wurde uns seit unserer Geburt eingepflanzt und wir hüten es, indem wir es tagtäglich mit unserem alltäglichen Unsinn pflegen. Ja, das ist leicht gesagt, wenn man eine Familie ernähren muss. Man muss sich der Gesellschaft beugen, um dabei zu sein. Klar muss man. Und mich hat dieses – muss – schon als Kind gestört. Wahrscheinlich habe ich mir deshalb unsichtbare Spielkameraden erschaffen, wobei mir einer bis heute geblieben ist.
Nun zurück zur Einleitung dieses Absatzes. Wie schafft es ein Indianer, der verborgen im Dschungel lebt oder ein Buschmann im tiefsten Kongo, einen Doppelgänger zu erschaffen, um ihn dem Adler in den Rachen zu werfen, ohne je etwas darüber etwas gelesen oder gehört zu haben? Wir klammern uns zu sehr an Worte und nicht an den Sinn dahinter. Indianer im Dschungel oder Buschmänner leben anders als wir in unserer egozentrischen und profitgierigen Zivilisation. Unser Leben ist eintönig und ermüdend, wenn wir nichts daran ändern und schon das würde genügen, um mehr Energie zurück zu holen, die uns bei unserer Geburt gegeben wurde und die wir leider durch Dummheiten verbraucht haben. Es muss kein Doppelgänger und kein rekapituliertes Leben sein, das wir dem Adler in den Rachen werfen. Mit genug Energie können wir an ihm vorbei in die ewige Unendlichkeit huschen, ohne unser Bewusstsein opfern zu müssen.

In einer anderen Ebene: (Das mit den Ebenen wird noch erklärt oder es klärt sich in dieser folgenden Begebenheit.)
Kim und ich befanden uns an einer Art See oder Teich, dessen Farbe Kims Augen gleicht – ein leuchtendes Türkis, das mehr ins Blaue statt ins Grüne übergeht. Wir hocken uns im Schneidersitz gegenüber auf einer bunt gewebten Decke, die indianisch aussieht. Um uns herum, wie auch um der Art See oder Teich breitete sich Natur pur aus – enorm hohe Bäume, Büsche und Blumen in vollster Blütenpracht.
„Woher hast du diese Decke?“
Kim sah mich überrascht an.
„Kannst du mir nicht sagen, woher du sie hast?“ fragte ich abermals, weil er mir keine Antwort gab.
Kim wackelte mit seinen Kopf hin und her. Beinahe zärtlich streichelte er mit beiden Händen über die Decke.
„Sie ist ein Geschenk. Als wir in Südamerika auf Tournee waren, hatte ich das Glück und durfte zu einem Indianerstamm, der keine weißen Menschen, überhaupt keine Menschen, die nicht zum Stamm gehören, zu sich lassen. Sie leben sehr verborgen im Dschungel und wechseln ständig ihren Platz.“
„Wie hast du das geschafft, dort hin zu kommen?“ fragte ich.
„Einer dieser Indianer war beim Konzert. Ich weiß nicht, wie er es schaffte, zu mir in die Garderobe zu kommen. Als ich die Securityleute fragte, wer ihn zu mir gelassen hat, sagte jeder von ihnen, dass sie niemanden gesehen haben.
Es war sehr seltsam damals. Vor allem war es seltsam, weil ich alleine in der Garderobe war. Nach diesem Konzert war ich sehr müde. Ich sagte den Jungs, dass ich mich noch etwas ausrasten möchte und dann mit Maria zusammen ins Hotel nachkommen werde. Ich lag auf der Couch und hatte meine Augen geschlossen. Übrigens, Maria stand auch vor der Garderobentür - und sie hatte ebenfalls niemanden gesehen, der zu mir gekommen sein sollte.
Nun, als ich hörte, wie jemand in den Raum kam, dachte ich mir nichts dabei. Ich dachte schon etwas, nämlich, dass es nur Maria sein kann. Aus diesem Grund öffnete ich auch die Augen nicht. Auch, als sich dieser Jemand neben mich auf die Couch setzte und leicht meinen Arm berührte, dachte ich noch immer, es sei Maria. Aber diese Berührung war anders, also öffnete ich meine Augen. Ich wollte aufschreien, aber der Indianer hinderte mich daran, indem er mit einer Hand meinen Mund bedeckte, wobei er mir mit zwei Fingern die Nasenlöcher zuhielt. Mein Schrei erstickte in mir.
Dann sprach er zu mir. Er sprach weder englisch, noch spanisch - er sprach in seiner eigenen Sprache, und ich konnte ihn verstehen, weil ich alles in seinen Augen, oder um seinen Kopf sehen konnte. Er sagte, dass er mich morgen zu einer bestimmten Zeit abholen wird. Er wisse, dass ich auf ihn warten werde. Dann lächelte er, stand auf und ging durch die Tür aus dem Raum. Ich sprang auf, eilte zur Tür und blickte hinaus. Draußen im Flur standen Maria und drei Securityleute. Vom Indianer war nichts zu sehen. Ich fragte Maria, ob sie eben jemanden aus dem Raum kommen sah. Sie verneinte. Auch die Securityleute verneinten. Zuerst dachte ich, dass ich vielleicht geträumt habe, dass es an meinem Erschöpfungszustand lag. Aber irgendwie fühlte ich, dass der Indianer wirklich bei mir war.“
„Wie sah er aus?“ wollte ich wissen.
„Seine Augen waren herrlich glänzend und von einer Tiefe, wie ich sie noch nie gesehen habe. Sie waren fast schwarz, wie sein Haar, welches leicht bläulich glänzte. Es reichte ihm fast bis zur Schulter. Seine Haut war ziemlich dunkel und wirkte wie Leder. Angezogen war er ganz normal - mit T-Shirt und Jeans.“
„Warum weißt du, dass er beim Konzert war?“
„Das sagte er mir später, als er mich abholte.“
„Hast du wirklich auf ihn gewartet, wie er es gesagt hat?“
„Ja, das habe ich - und das war auch ganz seltsam. Maria, Tracy und Norma wollten unbedingt in einem Laden südamerikanische Kleidung kaufen. Also war ich alleine im Hotelzimmer. Irgendwie wusste ich, dass dies die Zeit war, um den Indianer zu treffen. Instinktiv verließ ich das Hotelzimmer und ging über die Hintertreppe hinaus auf den Hinterhof. Ich überquerte ihn und kam zu einer schmalen Gasse, die wie der Hof, menschenleer war. Ich ging die Gasse entlang und kam in einen kleinen Park, an dessen Rand ein schmaler Fluss war. An der gegenüberliegenden Seite war eine verwilderte Wiese - und noch weiter drüben grenzte bereits der Wald, der direkt in den Dschungel führte. Als ich am Flussufer stand, kam von rechts ein kleines Kanu, in dem der Indianer saß. Er hielt vor mir, und ich stieg einfach ein.
Es dauerte nicht lange, und schon waren wir mitten im Dschungel. Der Indianer hob sein Kanu heraus, und wir gingen, weiterhin schweigend, zu Fuß weiter. An einer bestimmten Stelle hielt er an und sprach endlich zu mir. Er sagte, dass ich meine Kleider ausziehen muss. Ich gehorchte wie in Trance. Mir kam das alles irgendwie wie ein Traum vor. Auch später, als ich bei seinem Stamm war - all die Gespräche, die Menschen dort - es lief alles irgendwie nebulös ab - und doch war ich mehr bei Bewusstsein, als je zuvor. Ich weiß nur noch ziemlich genau, dass der Indianer sagte, dass er beim Konzert war und fühlte, dass ich etwas Besonderes bin. Er sagte, er wäre noch nie in der Stadt gewesen - aber er fühlte meine Kraft und wusste, wo ich zu finden bin. Er sagte mir auch, dass noch nie andere Menschen bei ihnen waren, dass sie ständig den Platz wechseln, um nicht entdeckt zu werden.“
„War es ein kleiner Stamm?“ fragte ich.
„Es waren wohl kaum mehr als fünfzig Indianer.“
„Hatten sie so etwas wie Hütten?“
„Nein, sie wohnten in den Bäumen - in Astgabeln, die sie mit Blättern bedeckten, um dort zu schlafen.“
„Und die Kinder? War es für sie nicht gefährlich? Ich meine, sie hätten herunter fallen können.“
„Anscheinend war es nicht gefährlich. Ich habe nicht gehört, dass so etwas passieren kann. Manchmal schliefen sie auch in ihren Kanus, am Flussufer.
Ich sagte schon - mir kam das alles wie ein Traum vor. Wenn mir der Indianer diese Decke nicht geschenkt hätte, könnte ich heute nicht mehr sagen, dass es Wirklichkeit war. Vielleicht gab er sie mir sogar aus diesem Grund, denn er sagte, es sei sein Wunsch, dass ich ihn nie vergesse. Er sagte auch, er fühle, dass in mir viel mehr Kraft ist, als mir bewusst ist. Er nannte mich - verdammt, ich hab vergessen, wie er mich nannte. Auf jeden Fall sagte er einen ganz seltsamen Namen, der ungefähr die Bedeutung von ständiger Öffnung hat.“
„Ständige Öffnung?“
„Ja - so in der Art - oder auch ständig offenes Rohr. Er meinte damit, alle Kräfte, die es im Universum gibt, fließen durch mich hindurch, aber zurzeit könne ich nur einige von ihnen bewusst wahrnehmen. Aber die Zeit wird für mich kommen, in der ich alle diese Kräfte bewusst wahrnehmen werde. Er erzählte mir auch etwas vom Bewusstsein, dass die Menschen auf dieser Erde, zumindest die meisten von ihnen, ein eindimensionales Bewusstsein haben - und selbst auch ein eindimensionales Bewusstsein sind, es aber möglich wäre, mehrere Ebenen als nur eine auf einmal wahrzunehmen. In mir würde er alle Ebenen erkennen. Ich muss zugeben, diese Begegnung hat mich ziemlich verwirrt.“
„Wie lange warst du bei ihnen?“
„Einige Minuten - vielleicht dreißig, vierzig - auf jeden Fall war es keine Stunde.“
„Wie war das möglich?“
„Siehst du? Diese Frage habe ich mir auch gestellt, und ich hatte keine Antwort darauf.“
„Konnte dir der Indianer keine Antwort darauf geben? Und sagte er dir nicht, wie er so ungesehen zu dir in die Garderobe kommen konnte?“
„Er kam im Traum zu mir.“
„Wie bist du überhaupt zurück ins Hotel gekommen?“
„Auf dem selben Weg, wie ich heraus gekommen bin. Der Indianer brachte mich mit seinem Kanu wieder an dieselbe Stelle des kleinen Flusses, und ich ging durch den Park, durch die Gasse, über den Hinterhof und über die Hintertreppe.“
„Wie sagtest du eben? Er kam im Traum zu dir? Wie meinte er das?“ frage ich.
„Lass mich alles der Reihe nach erzählen, - das ist besser so. Als Maria vom Einkauf ins Hotelzimmer zurückkam, sah sie die Decke. Sie fragte mich natürlich, woher ich sie habe. Ich sagte, ein Hotelpage hat sie mir gebracht. Sie sei von einem Fan. Ich musste das sagen, weil mich der Indianer gebeten hat, niemandem von diesem Treffen zu erzählen. Bis heute weiß niemand etwas davon.“
„Bin ich niemand?“ frage ich lachend.
„Es wäre besser für dich“, sagte Kim und blickte mich ziemlich eigenartig an. Durch seinen seltsamen und sehr durchdringenden Blick stellten sich die Nackenhaare bei mir auf und ein leichtes Frösteln überkam meinen gesamten Körper. Es war nicht unangenehm - trotzdem empfand ich ein wenig Furcht.
„Nun, ich sagte, der Indianer kam im Traum zu mir“, erzählte Kim einfach weiter. „Das bedeutet, dass ich in der folgenden Nacht, im Hotelzimmer, von ihm geträumt habe. Eigentlich habe ich nicht VON ihm, sondern MIT ihm geträumt. Das heißt, es war nicht nur seine Kraft, sondern auch meine, die er auf Grund seines Wissens mobilisiert hatte. Er zeigte mir, wie es mir möglich ist, bewusst zu träumen. Er zeigte mir, dass Träume nicht nur Träume, sondern ein anderes Bewusstsein sind, eine andere Ebene des gesamten universellen Bewusstseins.
Und eben in diesem Traum sagte er mir, er und sein Stamm wissen, dass es auch Bewusstsein ohne Zeit, ohne Raum gibt. Ihre eigentliche Handlungsweise ist für eindimensional wahrnehmende Lebewesen nur schwer zu verstehen. Er erzählte mir, dass sein Stamm ständig den Platz wechselt - aber das sei nicht ganz richtig, denn das, was sie wechseln, sei ihr Bewusstsein. Und so gesehen können sie von anderen Menschen niemals gefunden werden. Auch er habe sein Bewusstsein gewechselt, als er zu mir in die Garderobe kam - aus diesem Grund habe ihn niemand gesehen, obwohl Menschen vor der Tür standen.
Der Indianer sagte mir auch im Traum, dass diese Decke eine Art Hilfsmittel sei, um das Bewusstsein zu wechseln. Diese Decke stammt nicht von dieser Erde - also nicht aus diesem Bewusstsein, welches wir gewöhnlich kennen und wahrnehmen. Er und sein ältester Sohn haben die Decke von einer sehr langen Reise mitgebracht - von einem Ort, welcher für eindimensionale Lebewesen noch weit in der Zukunft liegt.
Diese Decke ist eigentlich keine Decke, sie ist Energie - Kraft - reines Bewusstsein. Warum sie uns jetzt als Decke erscheint, hängt mit unserem Bewusstsein zusammen. Es ist unser jetziges Bewusstsein - eben das gewohnte menschliche Bewusstsein, welches diese Kraft für uns als Decke übersetzt. Würde es das nicht tun, würden wir überhaupt nichts wahrnehmen.“
„Und warum übersetzt unser Bewusstsein diese Kraft?“
„Etwas, was weniger Kraft besitzt, können wir nicht wahrnehmen, weil es, so könnte man es durchaus sagen, für unser Bewusstsein nicht der Mühe wert ist, diese Kleinigkeit zu übersetzen. Das Bewusstsein, egal welches, übersetzt immer nur Dinge, die zu unserem Weg gehören. Das hört sich vielleicht nach Bestimmung an, aber das ist es nicht wirklich, wenn du weißt, dass es weder Zeit noch Raum gibt.“
„Wie sieht die Decke wirklich aus?“ fragte ich verblüfft.
„Das hat keine Bedeutung, - genauso wenig, wie wir wirklich aussehen. Das Wesentliche liegt jenseits von all dem, was wir meinen, wirklich wahrzunehmen.
Du siehst, wie nehmen Dinge wahr und glauben fest daran, dass die Dinge wirklich so sind, wie wir sie wahrnehmen. Wir geben dieser Wahrnehmung feste Bedeutung und denken gar nicht daran, dass dies ganz alleine an unserem Bewusstsein liegt, dass die Dinge in einem anderen Bewusstsein vollkommen anders aussehen.“
„Ist denn wirklich alles Illusion wie manche Religionen behaupten?“
„Nein, das ist es nicht. Alles ist immer so, wie man es wahrnimmt - aber nicht NUR so. Wir sollten unserer Wahrnehmung keine all zu große Bedeutung schenken - das ist alles. Nichts und niemand hat Bedeutung - nicht wirklich, denn das Wesentliche wird für uns niemals erkennbar sein, weil das Wesentliche immer das Ganze ist - und das vollkommene Ganze ist eine unerschöpfliche, ewige Energiequelle und ein ebenso unerschöpfliches vielfältiges Bewusstsein, mit unendlich vielen Ebenen.
Es ist kein Fehler, wenn wir uns an den herrlichen Blumen, den prachtvollen Bäumen, den unterschiedlichen Tieren und - und - und erfreuen - ganz im Gegenteil, aber trotz all dieser Freude sollten wir uns immer vor Augen halten, dass dies niemals das Wesentliche sein kann.
Das heißt - niemand von uns kann sagen, wie etwas wirklich ist. Die Momente vergehen für uns viel zu schnell, um sie wirklich bestimmen zu können. Wir existieren im Bewusstsein des Vergänglichen. Und wir selbst sind ebenso Bewusstsein des Vergänglichen. Und doch bleibt jeder Moment für immer bestehen. Es kann nichts verloren gehen. Der Moment selbst verändert sich also nicht. Aber eindimensionale Wesen können diesen Moment nicht fixieren - für sie bedeutet er nichts anderes als Vergangenheit, manchmal sogar etwas, was sie für immer verloren haben.“
„Es hört sich an wie ein unheimlich guter Trost, da wir in diesem Fall nicht wirklich etwas für immer verloren haben.“
„Lass dich darauf lieber nicht ein. Es gibt keinen wirklichen Trost. Als eindimensionales Lebewesen musst du immer den Tatsachen ins Auge sehen. Auf jede andere Art wirst du alle deine Momente, die sozusagen noch kommen, in den Sumpf des Selbstmitleids werfen. Diese Art zu Leben braucht unheimlich viel Kraft - die Art, den Tatsachen immer ins Auge zu sehen, meine ich. Nicht jeder Mensch ist so stark, dass er das auch schafft. Aber jeder Mensch, jedes eindimensionale Lebewesen, muss wissen, dass er die vergangenen Momente nie wieder zurückholen kann, denn es gibt kein Zurück. Schon alleine diese Tatsache müsste so ein Lebewesen aufrütteln und ihm zeigen, dass jeder Moment, wirklich jeder einzelne Moment vollkommen makellos erlebt werden muss.“
„Hat dir das auch dieser Indianer gesagt?“ fragte ich.
„Nein - das habe ich selbst erlebt. Ich befand mich sehr lange im Sumpf des Selbstmitleids und ließ dadurch Momente an mir vorbei gehen, die mir sehr viel Kraft gegeben hätten. Ich habe diese Momente leider verschlafen - in meinem Selbstmitleid verschlafen. Deshalb weiß ich, dass man niemals zurück blicken darf, sondern so gut wie möglich jedes Jetzt nutzen muss.“
„Was geschah weiter im Traum?“
„Eigentlich nichts mehr. Wir ließen unsere Hände los, und ich schlief weiter.“

Zitat von Alisha im Beitrag #4

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Hm, ich denke, wir Menschen sind zu Lebzeiten nicht wirklich fähig, unsere persönlichen Geschichten hinter uns zu lassen. Immerhin prägten sie uns zu einem gewissen Teil und das Hirn ist oft genug unvergesslich

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Ebenen sind nichts anderes als unterschiedliche Stufen der Wahrnehmung und des Bewusstseins. Wir sind Wahrnehmung – schrieb Freund Carlos und: „Der Mensch ist ein Montagepunkt, der wahrnimmt.“ Und dieser Montagepunkt, den man nur dann erkennt, wenn man ‚sehen’ kann, klammert sich an ein bestimmtes Energieband, nämlich das menschliche Energieband, welches vom Adler aus in die Unendlichkeit reicht. Übrigens reichen alle Energiebänder vom Adler aus in die Unendlichkeit. Ich finde die Beschreibung sehr einfallsreich und gut vorstellbar, auch wenn es nur eine Beschreibung ist. Wie es WIRKLICH ist, können wir nur selbst herausfinden, wenn wir genug Energie zum ‚sehen’ haben. Mit ‚Sehen’ meint Freund Carlos ‚Energie im Universum fließen zu sehen’. Das heißt, fließende Energie und Unmengen von Montagepunkten, die sich an die fließenden Energiebänder klammern, wodurch Wahrnehmung erst entsteht. Und wir Menschen haben uns an einem ganz bestimmten Platz auf dem menschlichen Energieband fixiert, weshalb wir alle ein und dieselbe Welt auf ein und dieselbe Art wahrnehmen. Laut Don Juan, Carlos’ Lehrer, wäre es uns jedoch möglich, den Montagepunkt zu verschieben, um eine andere Welt oder uns selbst anders wahrzunehmen. Möglich sei das natürlich nur mit genügend Energie.
Wenn mich, z.B., ein Gedicht fasziniert und ich es anderen Menschen vorlese, bin ich mir sicher, dass es jedem einzelnen dieser Menschen auf eine vollkommene andere Art fasziniert als mich. So gesehen ist Wahrnehmung sicher nicht gleich Wahrnehmung. Und was ist mit Menschen, von denen man sagt, sie würden etwas wahrnehmen, was andere nicht wahrnehmen? Illusion? Halluzination?
Bei dem Anblick eines Sonnenauf- oder Untergangs fühle ich garantiert etwas anderes als andere Menschen, selbst wenn allen ein ‚Ah’ oder ‚Oh’ auskommt. So gesehen befindet sich der Montagepunkt nicht immer an ein und demselben Platz. Er weicht manchmal ein wenig zur Seite oder nach oben, bzw. nach unten. Das tut er auch beim Träumen, wodurch die alten Seher erst erkannten, dass es so etwas wie einen Montagepunkt gibt. Aber niemals so weit, um sich in eine andere Welt hinein zu katapultieren oder plötzlich die Form irgendeines Tieres oder irgendeiner Pflanze anzunehmen.
Kim hat mir das Weltbild ein bisschen anders erklärt. Er erzählte mir, dass es nur eine Wirklichkeit gibt, nämlich die Quelle der Kraft, die sich ausdehnt und wieder zusammenzieht, als würde sie atmen. Atmet sie aus, entsteht das Universum mit allem Drum und Dran – atmet sie ein, vergeht das Universum mit allem Drum und Dran. Die Quelle der Kraft ist eine unerschöpfliche Energiequelle, wobei Energie nichts mit den Energien, wie wir sie kennen, nichts zu tun hat. Aus der Quelle der Kraft fließt ständig Energie, solange sich das Universum ausdehnt.
Es gibt zwei unterschiedliche Energien. Kim nennt die eine ‚Wesen dieser Seite’ und die andere ‚Wesen der anderen Seite’. Zu den Wesen dieser Seite gehört alles Materielle des Universums. Zu den Wesen der anderen Seite gehört alles Geistige des Universums.
Das geistige Universum braucht keinen Platz, keinen Ort und ist ebenso zeitlos und unveränderlich, dennoch ist es vielfältiger als alles im materiellen Universum und würde es aus Materie bestehen, wäre das materielle Universum im Gegensatz zum geistigen Universum ein winziges Pünktchen.
Man könnte diese beiden Energien, die ständig aus der unendlichen und ewigen Quelle der Kraft fließen, mit Yin und Yang vergleichen. Die eine Energie ständig weich, fließend und veränderlich – die andere fest, starr und unveränderlich.
Dann gibt es, laut Kim, noch die Bewusstseinsblasen für die Wesen dieser Seite, in denen Materie und Wahrnehmung erst möglich wird. Irgendwie gefällt mir der Montagepunkt besser als die Bewusstseinsblasen, aber egal. Passender wäre ohnehin Wahrnehmungsblasen, statt Bewusstseinsblasen, da es für jede einzelne Spezies, die im Universum existiert, eine dieser Blase gibt.
Kim hat diese Blasen einmal in den Weiten einer seltsamen Berglandschaft, auf einem Plateau, als Geister gesehen. Da kamen der Menschengeist, wie auch der Wolfsgeist, oder der Baumgeist, und viele, viele mehr zu ihm. Es dauerte lange, bis sich alle gezeigt hatten und Kim erzählten, dass es für jede Spezies so etwas wie ein eigenes energetisches Gefäß gibt und doch sind sie nicht voneinander getrennt. Wäre es so, würden wir uns nur selbst wahrnehmen und die Natur um uns herum gäbe es nicht. Wir nehmen ja auch Tiere und Pflanzen wahr und auch die Elemente, wie Luft, Feuer, Wasser und Erde, wofür auch Bewusstseins- oder Wahrnehmungsblasen existieren.
Dennoch, diese Blasen und die beiden Energieformen sind nichts anderes als irgendeine Beschreibung von vielen. Wie sollte es denn möglich sein, dass ich oder ein anderer Winzling von Mensch, gefangen in einer Blase mit Millionen anderen Menschen, dieses Geheimnis lösen könnte? Aber die Vorstellung macht Spaß, genauso wie all die Reisen in ein Land, das Phantasie genannt wird – eine Ebene, in der mir Kim stets einige kleine Geheimnisse erzählt, die ich gerade noch verstehen könnte, würde ich sie nicht ständig falsch interpretieren.

Es soll Wahrnehmungsblasen (ich nenne sie lieber so) geben, die so weit von uns und den uns bekannten (die der Tiere und Pflanzen und den Elementen) entfernt sind, dass wir sie nicht wahrnehmen können, obwohl sie neben uns existieren. Und genau hier MUSS interpretiert, beschrieben und versucht werden, etwas Unbeschreibliches, erklären zu können. Es lässt sich nicht erklären, dass ein Ding an einem Platz sein kann, wo bereits ein anderes Ding ist und ebenso lässt es sich nicht erklären, dass ein und dasselbe Ding an mehreren Plätzen gleichzeitig sein kann. Und genau das wäre das Bild, das ich hätte, würde ich das materielle Universum als reine Energie (die nichts mit irgendwelchen uns bekannten Energien zu tun hat) wahrnehmen. Blasen über Blasen, die sich überschneiden, überlagern – wo mehrere an ein und demselben Ort sind (wobei Ort sicher nicht gleich Ort ist!) und sich Millionen und Abermillionen leuchtende, fließende Fäden durch diese und viele andere Blasen ziehen. Diese Fäden sind wir und alle anderen Lebewesen. Ja, mir gefällt diese Vorstellung und vielleicht gefällt sie mir sogar besser als der Montagepunkt und die Tatsache (laut Freund Carlos), dass ein toter Mensch keinen Montagepunkt mehr hat, sozusagen tot ist. Aus und vorbei! Keine Chance auf eine weitere Lebensverbesserung, es sei denn, man hat in seinem Leben rekapituliert, seinen Doppelgänger erzeugt und somit am Adler vorbei gezogen ist.
Meines Erachtens sollte jedes Lebewesen die Chance auf eine Lebensverbesserung haben, sogar der winzigste Grashalm. Kim meint das auch.
„Auch wenn du dich noch so anstrengst, um ein ‚guter Mensch’ zu werden, wird dir das nichts helfen, weil sich die Quelle der Kraft einen Dreck um menschliche Begriffe wie ‚gut’ oder ‚böse’ schert.“
Also, wäre es egal, WIE man lebt? Das Bild mit den Millionen und Abermillionen Energiefäden, die sich durch Millionen und Abermillionen Wahrnehmungsblasen ziehen, zeigt nur, dass sich ein Teil dieser Energiefäden, als das wahrnimmt, was die jeweilige Blase vorschreibt. Es lässt nicht durchblicken, ob jemand bestraft wird, wenn er im Leben ein ‚Sünder’ war oder etwas geschenkt bekommt, wenn er im Leben ein so genannter ‚Gutmensch’ (wie ich diese beiden Benennungen blöd und unnötig finde!) war.
Der Mensch nimmt sich als Mensch wahr, weil ein Teil des Energiefadens in der menschlichen Wahrnehmungsblase steckt. Es ist aber nicht alles, als was sich dieser Energiefaden wahrnimmt, der aus der Quelle der Kraft entstand und in die Unendlichkeit fließt, denn er steckt in noch vielen, vielen anderen Blasen, die ihm eine ganz bestimmte Wahrnehmung vorschreiben. Und hat der Energiefaden schließlich alle diese ‚Leben’ durch, nennt ihn Kim die ‚Ganzheit des Selbst’.
Auf meine Frage, warum – verdammt noch mal – nehme ich nur dieses eine beschissene Leben in dieser so beschissenen Menschenwelt wahr, konnte mir Kim keine zufrieden stellende Antwort geben. Und warum? Weil ich einfach nicht loslassen kann und mich noch immer um mich selbst sorge und meine persönliche Geschichte mit mir herumschleppe, obwohl sie mir eigentlich am Arsch vorbei geht. Na gut, einige schöne Erlebnisse waren dabei, aber eine Welt, in die ich abermals zurückkehren möchte, ist dies nicht. Mir schwebt eine etwas freundlichere Welt vor, wo man nicht töten muss, um zu überleben.
Kim dachte ebenso. Er wollte keinem Lebewesen Leid zufügen, geschweige denn es töten. Aber wenn wir nicht essen, sterben wir, auch wenn es Menschen geben soll, die sich von Licht und Liebe (!) ernähren.
Für Kim sind auch Obst und Gemüse Lebewesen, selbst wenn man sie als das Fell oder das Haar der Erde bezeichnet.
Vielleicht gibt da draußen Wahrnehmungsblasen, in der sich die Lebewesen nicht mehr ernähren müssen, um angenehm leben zu können. Übrigens, die Leuchtende Welt (die Weiterentwicklung des Planeten Erde, in der Kim jetzt (?) lebt) kommt dem bereits sehr nah, da sich ihre Wesen nur mehr vom Wasser der großen Quelle, die in einen wundervollen See fließt, stärken.

Ich muss immer wieder betonen – und zwar für mich selbst – dass dies alles nur ein Bild von vielen ist. Es ist nicht so und nur so. Trotzdem ist Energiesehen etwas sehr persönliches, auch wenn es am besten wäre, die Persönlichkeit hinten an zu stellen oder ganz auslöschen.
Ja, für mich muss ich es betonen, weil ich stets allzu leicht in etwas hineinfalle, das es gar nicht gibt und ich doch daran glaube, als wäre es so und zwar nur so und sicher nicht anders. Gut, es mag für mich schon so sein, aber es gibt auch andere Bilder, die ich sehe und wo ich denke: So könnte es ja auch sein.
Zum Beispiel Freund Carlos’ Montagepunkt, der sehr gut erklärt, wie ein Mensch zu einer anderen Wahrnehmung kommt. Nämlich, indem sich der Montagepunkt verschiebt. Wie aber kommt ein Mensch zu einer anderen Wahrnehmung, der als Energiefadenteilchen in einer menschlichen Wahrnehmungsblase feststeckt?
Mir schwebt eben das Bild eines unendlich großen Fischernetztes vor, wobei die Knoten die Verbindungen ‚Energiefaden trifft Wahrnehmungsblase’ darstellen und die Linien, wenn der Energiefaden frei schwebt. Knoten sind fest und lassen sich nicht lösen. Wenn aber doch? Klar, es ist ja nur Bild, eine Vorstellung von vielen!
Carlos schreibt, dass es am Hinterkopf ein lautes Knacken gibt, wenn sich der Montagepunkt verschiebt. Ich habe noch nie ein lautes Knacken verspürt, aber eine Art innere Bewegung, wenn sich mein Gemütszustand auf gefährliche Art verändert. Einst war ich sehr jähzornig und hatte um vieles mehr Energie als jetzt. Und jedes Mal wenn das Häferl voll war, wie man bei uns so sagt, und es überging, spürte ich nicht nur die Wut, die mich Türen zuknallen oder Teller kaputtschlagen ließ, sondern vorher stets eine innere Bewegung, als würde sich in mir etwas verschieben. Schon klar, das Gemüt hat nichts mit dem Montagepunkt zu tun. Keine Gefühle, denn sie stammen aus dem Selbstmitleid und der eigenen Wichtigkeit. Dennoch hat sich in diesem Moment etwas in oder an mir verändert. Irgendwie erinnert es mich jetzt an den ‚Platz ohne Erbarmen’, weil ich auf nichts, auch nicht auf mich selbst Rücksicht nahm.
Es gibt aber etwas, nämlich eine Art Weg durch die menschliche Bewusstseinsblase, eine Art Entwicklung. Kim sagte, der heutige Mensch hat erst 2% bis 3% der menschlichen Bewusstseinblase erforscht. Bis er sie ganz durch hat, dürfte man nicht mehr meinen, dass dies einst ein Mensch war, der meinte, die Krönung der Schöpfung zu sein. Bis er sie ganz durch hat, dürfte dies der Anfang des Leuchtenden Wesens in uns sein. Wir haben es in uns, aber nur wenige spüren es, wenige ahnen, dass es auch ein Leben ohne Gewalt, ohne angstvollen Tod gibt. Aber wenn es jetzt erst 3% sind, was kommt da noch auf uns zu?
Es muss auch nicht die Erde sein, die sich wandelt und zur Leuchtenden Welt wird. Der Planet Erde ist genauso ein Lebewesen wie wir. Sie ist ebenso ein Energiestrang und wie bei uns hat sich ein Teilchen dieses Strangs in eine Wahrnehmungsblase verirrt.
Wahre Veränderung gibt es aber nur, wenn wir die Schale durchbrechen und über den Rand hinausblicken, wo die Wesen der Anderen Seite auf uns warten, um sich mit uns zu vereinigen und es endlich wieder Harmonie im Ganzen gibt.
Wer, zum Teufel, hat uns diese verdammten Blasen in den Weg geräumt? Wie Stolpersteine schweben sie im leeren Raum herum, obwohl der Raum gar nicht leer, sondern voll mit fließender Energie ist, die sich nur dann zu ganz feinen Strängen (eigentlich hauchdünne Fasern) teilt, wenn so eine Stolpersteinblase im Weg herumschwebt.
Jetzt weiß ich auch, was der Endkampf wirklich bedeutet, von dem ich im dritten Buch über Kim geschrieben habe. Es ist tatsächlich zum Lachen, dass ich Sätze, die ich selbst schreibe, erst viel später richtig oder vielmehr besser verstehe als im Moment des Schreibens.
Wir entdecken, wir erfinden nicht. Nun, dem stimme ich nur zum Teil zu, denn ein wenig Erfindung unsererseits ist schon dabei. Sagen wir es so: zu 60% Entdeckung und zu 40% Eigenes aus uns selbst. Immerhin sind wir reine Energie, Kinder der ewigen und unendlichen Quelle der Kraft und haben es auch in uns.
„Wenn du dich der Kraft ergibst, führt sie dich so, wie dich einst das Ich führte, nur mit dem Unterschied, dass du dich nicht mehr fragst, was für dich herausspringt.“ Das ist mein Lieblingssatz von Kim, der mich schon viele, viele Jahre verfolgt und den ich nicht und nicht verinnerliche kann, weil:
Mann, ich will Spaß haben! Ich will freudig durch die reine Luft springen, in den wolkenlosen Himmel hinein, in dem eine warme (nicht stechend heiße!) Sonne scheint und auf weichen blumengeschmückten Wiesen mit nackten Füßen sanft landen, ohne Blumen und Gräser zu brechen, ohne kleine Tiere zu treten. Ich will schöne Künste erleben, wie etwa Filme oder Theater, worüber ich lache und träume, Musik, zu der ich tanze, Bilder, Skulpturen, die ich bewundere, Bücher, in denen ich selbst Hauptdarsteller bin und vieles mehr. Ich will mich selbst leben! Ich will mich dem Leben darstellen! Ich will mich nicht verstecken und so tun, als gebe es mich nicht, als gebe es nur diese eine Kraft, die alles miteinander vereint und keinen Individualismus mehr zulässt.
Und genau hier setzt Kim bei mir an und meint, dass ich gar nicht weiß, was Individualismus ist, denn der wahre Individualismus entsteht erst, wenn ich mich mit meinem Zwilling vereint habe. Mit Zwilling meint er eines der Wesen der Anderen Seite. Wir haben alle einen Zwilling! Und nicht nur wir, auch alles andere Lebende in diesem materiellen Universum. Nicht nur deshalb wäre die Andere Seite, das so genannte Jenseits, das geistige Universum so viel größer als Diese Seite, wäre es aus Materie, was es ja nicht ist. Es beherbergt nicht nur unsere Zwillinge, sondern auch das, was wir hier aus unserem winzigen Geist heraus verzapfen und ebenso das, was wir aus unserem winzigen Geist heraus verzapfen werden.
„Würdest du dich mit deinem Zwilling treffen, könntest du mit Schneewittchen frühstücken“, sagte Kim einmal, bevor ich das morgendliche Frühstück (findet bei mir meist um die Mittagszeit statt) zu mir nahm.

Es liest sich ja alles gut und schön und es sind auch einige Gebrauchsanweisungen dabei, wie etwa die eigene Wichtigkeit, die eigene Persönlichkeit ablegen, kein Selbstmitleid mehr und vor allem Beweglichkeit, physische wie auch psychische. Nicht erreichbar sein! Die Einsamkeit suchen! Aber bringt es was? Okay, okay – diese Frage stellt sich ja nicht mehr, wenn man sich der Kraft ergeben hat!
Interessant ist die Beweglichkeit, egal welche. Menschen sind berechenbar. Sie stehen stets um dieselbe Zeit auf, essen meist um dieselbe Zeit – sie tun eigentlich stets alles um ein und dieselbe Zeit. Gewohnheitstiere! Wenn sich der Körper an etwas gewöhnt, wird er träge. Aber körperliche Gewohnheit lässt sich in einer Gesellschaft wie dieser schwer ablegen. Man muss ja um ein und dieselbe Zeit arbeiten gehen. Gleitzeit gibt’s nicht überall.
Die psychische Beweglichkeit wäre jedoch möglich. Muss ich eine eigene Meinung haben, für dich ich einstehe? Muss ich nicht, denn das wäre schon ein erster Schritt in Richtung ‚die eigene Persönlichkeit ablegen. Und wozu habe ich eine eigene Meinung? Über Politik? Über Sport? Über meine Mitmenschen? Absolut unnötig, wie ich finde.
Dazu fällt mir eine Textstelle aus meiner Geschichte „Der Verrückte“ ein und zwar diese, als Kim, der Verrückte, zu Maria folgendes sagt:

„Mir liegt nichts daran, wie das Wetter draußen ist, was der letzte modische Schrei ist und wie verrückt sich die Politiker aufführen, - oder was im Sport los ist usw. All das hat keine Bedeutung. Darüber zu reden ist nichts anderes als Energie- wie auch Zeitverschwendung. Und glaube mir, ich kann auch gar nicht mehr darüber reden. Meine Welt ist viel zu groß. Sie ist total ausgefüllt und hat keinen Platz für derart seichte Konversationen.
Wir haben keine Zeit mehr dafür, Maria. Selbst wenn wir beide die Gleichzeitigkeit kennen, haben wir für solche Spielchen keine Zeit. Der Tod sitzt auf unseren Schultern und wartet schon auf den letzten großen Kampf. Wir müssen endlich handeln, um das menschliche Bewusstsein zu durchbrechen.
Schau dich um! Alle Menschen tun so, als ob sie unsterblich wären, als ob sie Unmengen von Zeit hätten. Und was tun sie? Sie reden über das Wetter, regen sich über die Nachbarn auf, weil die den größeren Fernseher haben, - sie schimpfen auf die Politiker und - und - und. Aber was tun sie wirklich? Sag es mir! Vom reden lässt sich nichts verändern, - und man kann auch niemand und nichts verändern, man kann nur bei sich selbst anfangen. Aber tun sie das?
Diese paar Menschen, die eben bei mir waren, haben verstanden. Sie haben ihre Herzen zum Teil erkannt. Und wenn du dabei gewesen wärst, hättest du verstanden, warum ich mit ihnen Gespräche führe. Sie wissen, dass eine Veränderung nur dann stattfinden kann, wenn sie sich selbst erkennen, - wenn sie erkennen, dass es eigentlich kein Innen und kein Außen gibt.“

Wunderbare Worte! Wir müssen handeln! Wir müssen endlich etwas tun! Die Frage ist nur, ob es wirklich etwas ändert, wenn wenige Einzelne, etwas tun. Sie gehen unter und waren vielleicht für kurze Zeit eine Art Modeerscheinung. Und wenn schon! Es geht gar nicht um die Allgemeinheit, denn jedem kann man es nie recht machen und das ist auch gut so. Wer will schon den Einheitsbrei?
Es geht nie um etwas anderes als um mich selbst! Egoismus? Ja, aber der wahre Egoismus! Wie ich es schaffe, so halbwegs gut durch dieses beschissene Leben zu kommen, ohne meinen Mitmenschen auf die Nerven zu gehen (damit ist der wahre Egoismus gemeint: Eigenverantwortung!) und vielleicht auch um den Tod zu überlisten, wobei es gar keinen physischen Tod gibt, denn der Körper, auch wenn er nicht mehr selbständig handelt, verändert ja nur seine Form.
Übrigens, etwas, das nicht selbständig handelt, nennt man tote Materie. Irgendwie seltsam, wo ich doch manchmal mit so genannter toter Materie spreche. Zum Beispiel mit einem Auto, wenn uns jemand irgendwohin fährt, da wir, mein Mann und ich, so genannte Neandertaler sind, die nur zu Fuß unterwegs sind. Wir sind die einzigen in unserer (inzwischen gewaltig gewachsenen) Siedlung, (weil die Menschen sehr gerne alles Grüne zu betonieren) die keinen fahrbaren Untersatz haben. „Bring uns gut weg und wieder zurück“, denke ich dann und streichle über das Dach, bevor ich einsteige. Und ich bin sicher, das Auto nimmt es wahr und fühlt sich gut, da endlich jemand erkannt hat, dass es auch irgendwie ein Lebewesen ist. Verrückt? Ja, klar!
Nun, es geht um mich selbst und darum, einen Weg zu finden, mich aus all dem Schlamassel heraus zu wuseln, in dem ich mich befinde. Und es gibt immer etwas, was mich aus der Bahn wirft. Geht mal alles gut, wumm, kommt wieder ein Schlag in die Fresse. Auf und ab, so ist das Leben. Es ist aber nie so schlimm, um wirklich aufzugeben und sich im Selbstmitleid zu suhlen. Freund Carlos hat mir mit derartigen Aussagen sehr geholfen und auch das mit der Meinung, geistig beweglich zu bleiben, da wir ja nicht wirklich etwas wissen, sondern nur ahnen können, wie es sein könnte. Denn wer kann schon in andere Menschen wirklich hineinschauen? Es nimmt doch jeder auf seine ganz spezielle Art wahr, da er ein ganz spezieller Energiestrang ist. Und genau das ist die wahre Individualität, die ich nur dann erkennen kann, wenn kein Teilchen mehr in irgendeiner Wahrnehmungsblase fest steckt.

Um die Wahrnehmungsblase zu durchbrechen braucht es Unmengen Energie und die haben wir nicht, oder nur sehr, sehr wenige von uns, da wir mit unsere verbleibenden Energie unsere ‚Welt’ aufrechterhalten. Es mag zwar die einzige Welt sein, die wir wahrnehmen können, aber schließlich ist Wahrnehmung nicht alles. Es gibt noch mehr als nur Wahrnehmung, nämlich das reine und absolute Sein.
In einigen Büchern über Religionen und Esoterik (nicht alles davon ist Müll) habe ich gelesen, dass die Erfahrung des reinen Seins viel besser als ein Orgasmus sein soll. Und das nicht nur für einige Sekunden, sondern IMMER! STÄNDIG!
Übrigens, im Französischen wird der Orgasmus ‚kleiner Tod’ genannt.
Mir fiel immer auf, dass es genau darauf hinausläuft – nicht nur auf den kleinen, sondern generell auf den Tod. Erst der Tod scheint dem Leben einen Sinn zu geben und er scheint auch das wahre Leben zu sein, weil es uns von allem Körperlichen erlöst und wir endlich frei fließen können.
Wenn wir jedoch keine Ahnung vom Tod haben, löst dies Angst aus – Todesangst. Wenn wir sterben und mit einer derartigen Kraft aus der Wahrnehmungsblase hinaus katapultiert werden, schwinden uns schon deshalb alle Sinne und wir können mit dem, was uns dort draußen erwartet, nichts anfangen. Also sollten wir uns damit hier und jetzt vertraut machen.
Auf die Frage von Freund Carlos, was ihn denn dort draußen (im Nagual) erwartet, antwortete Don Juan: „Das vollkommen Unpersönliche!“ Und Freund Carlos lief es eiskalt über den Rücken.
Aber genau das sind wir. Unpersönlich! Ich bin ein unendlicher Energiestrang, hervorgegangen aus der Quelle der Kraft, zu der ich einst wieder zurückkehre und der Ort des Zurückkehrens wird mir wie neu erscheinen. Warum wie neu? Weil die Quelle der Kraft ihre Energie(stränge) aussendet, um zu lernen. Das wäre mal eine der unzähligen Theorien.
Beschreibungen helfen hier nichts, nicht einmal jenes Bild von einer Quelle der Kraft, die wie eine Sonne erscheint und deren Strahlen rundum die Energiestränge darstellen, an denen unzählige Wahrnehmungsblasen hängen.
Da draußen scheint es weder Zeit noch Raum zu geben. Und schon das entzieht sich unserer Vorstellungskraft.
In der menschlichen Bewusstseinsblase könnte ich mir selbst gegenüberstehen, nicht nur irgendeinem Tier oder irgendeiner Pflanze, sondern auch irgendeinem Menschen, der ich ist – ich, als Energiestrang.
Hier gilt kein irdisches, nicht mal ein universelles Gesetz, denn hier kann sich ein Ding (Energiestrangteilchen) mehrfach in einer Blase wahrnehmen. Das Teilchen könnte genauso gut gleichzeitig an mehreren Orten (Blasen) sein. Selbst das Bild eines Fischernetzes würde der Wirklichkeit spotten. Und warum? Weil es kein Bild, sondern Wirklichkeit ist, auch wenn die Physik bereits einige Geheimnisse offen legt.
Um Energie überhaupt zu sehen, würde es Unmengen von Kraft brauchen. Es wäre vergleichbar mit dem bewussten Einschlafen und schließlich mit dem bewussten Träumen. Sobald mir bewusst wird, dass ich träume, wache ich auf. Bis jetzt hatte ich nur einen bewussten Traum, der leider wieder in einen ‚normalen’ Traum abglitt.
Ich stand mitten in einer dunklen Landschaft auf einem weichen Boden und blickte zu einem wolkenverhangenen, grauen Himmel hoch. Irgendwie war alles nebelig grau und irgendwo um mich herum schien es auch hohe, dürre Bäume zu geben. Und da stand ich nun und blickte hoch und rief nach Freund Carlos. Tatsächlich! Ich rief nach ihm und bat ihn, mich das Träumen zu lehren. Aber Freund Carlos kam nicht.
Vielleicht hätte ich doch Kim anrufen sollen, denn der kommt sehr oft in meinen Träumen vor und erzählt mir einiges, über das ich am nächsten Morgen schreiben kann.
Ähnlich wie Freund Carlos meint auch Kim, dass dies ein räuberisches Universum ist. Nicht nur die menschliche Bewusstseinsblase steckt voll Mord und Todschlag, sondern auch die anderen – manche mehr und manche weniger, denn ganz ohne töten geht es anscheinend nicht. Nicht einmal auf der Leuchtenden Welt. Ich schreibe jetzt nicht nur über die Blasen, sondern auch über das da draußen, über die Energiestränge, von denen mir und dir und vielen anderen nicht alle wohlgesinnt sind.
Es gibt durchaus Energieräuber, nicht nur IN den Blasen, sondern auch AUSSERHALB. In den Blasen sollten wir eigentlich sicher sein. Sie sind ursprünglich zum Ausrasten und Erholen gedacht, um unsere Energie wieder aufzufrischen und zurück zu holen. Aber der Mensch hat da irgendetwas falsch verstanden und die Blasen zu einer Art kleinen und manchmal auch großen Hölle gemacht. Zumindest könnte das die Ursache sein, warum es diese Wahrnehmungsblasen gibt.
Fällt eigentlich niemandem auf, wie künstlich konstruiert die Menschenwelt ist? Wir haben uns zwar sehr viel, wenn nicht alles, von der Natur abgeschaut, aber wir leben nicht mehr nach und bald auch nicht mehr in der Natur. Wir schwimmen gegen den Strom, statt mit ihm, um dann endlich zu erkennen, dass wir selbst der Strom sind. Wir wehren uns gegen alles, was sich gegen uns stemmt – aber leider im falschen Moment, denn wenn wir uns wirklich wehren sollten, kneifen wir.
Es ist nicht so, dass nur uns Energie geraubt wird, auch wir sind Räuber und zwar in dieser Welt die allerschlimmsten. Nicht nur, dass wir profitgierig sind, wir sind auch so egozentrisch, dass wir glauben, alles sei nur unseretwegen da. Wir umarmen Bäume, um uns wohl zu fühlen und bemerken gar nicht, dass sehr viele dieser Lebewesen unsere Feinde sind. Don Juan sagte in einem der wundervollen Bücher von Freund Carlos, dass wir keine Freunde haben. Kein Wunder, wie wir mit der Natur umgehen! Andere Lebewesen sind zwar nicht nachtragend und rachsüchtig wie der Mensch, aber sie erkennen die (menschliche) Energie und wissen, was da auf sie zukommt. Dann wird gewappnet und nicht immer nur wohltuende Energie ausgesandt. Also, vorsichtig sein und lieber Eigenverantwortung übernehmen, was auch bedeutet, nur mit der eigenen Energie haushalten. Was sicher nicht immer leicht ist, aber es ist möglich.

Wenn die Quelle der Kraft ihre Energie(stränge) aussendet, um zu lernen, lernt sie jedes Mal, wenn sie sich erneut öffnet, etwas dazu. Wozu eigentlich? Und warum muss immer alles Sinn machen – menschlichen Sinn? Ist es für uns nicht möglich, einfach mal total sinnlos zu sein und irgendwelchen Hirngespinsten nachzugehen, wie wir es doch auch als Kinder gemacht haben. Zumindest einige von uns. Dennoch suchen wir stets den Sinn dahinter, wo wahrscheinlich gar keiner Sinn, außer wir Menschen geben ihn auf unsere übliche künstliche Art. Sicher suche ich auch nach einem Sinn, nach einer möglichen Antwort auf unmögliche Fragen und denke, so könnte es sein, auch wenn ich im Hintergrund die Stimme höre, die mir sagt: „Du bist zu klein, um das ganz Große zu erkennen.“ Und wieder fällt mir Don Juan ein, als er einst zu Freund Carlos in etwa sagte: „Wir sind Narren, weil wir versuchen, die Geheimnisse des Universums zu ergründen, obwohl wir wissen, dass wir es niemals schaffen werden.“
Das musste nur mal zwischendurch erwähnt werden, weil ich weiter oben schrieb, dass die Quelle der Kraft ihre Energiestränge aussendet, um etwas zu lernen. Ganz so vertraue ich dieser möglichen (?) Theorie nicht, da die Quelle der Kraft ja doch unberührt von all dem bleibt, was so mit und in den Energiesträngen passiert. Ob sie welche ausstößt oder einholt – die Quelle der Kraft ist und bleibt stets die Quelle der Kraft. Unpersönlich? Kim meint, sie ist beides – unpersönlich, wie auch persönlich, da ihre Kraft ja doch auf uns übergeht und Menschen, wie auch andere Lebewesen, sind nun mal persönlich und individuell. Übrigens sind das auch die Energiestränge, wie ich bereits erwähnt habe. Das Universum ist also nicht eins, wie das so gerne behauptet wird – es ist vielfältig und es besteht aus unzähligen, einzelnen, stets fließenden Energiesträngen. Eine Art Einheit existiert erst, wenn die Quelle der Kraft ihre vorher ausgesandten Energien wieder einzieht.
Das nächste für uns Menschen unvorstellbare Geheimnis ist die Gleichzeitigkeit, die im fließenden energetischen Universum herrscht. Das bedeutet, im Grunde genommen ist alles bereits passiert. Würden wir aber – jeder einzelne von uns – nur eine Handbewegung anders machen, wäre das Universum nicht das, was es ist. Kann das jemand irgendwie verstehen, sich irgendwie in diese Gedanken einfühlen?
Gleichzeitigkeit bedeutet also weder Vorbestimmung noch freier Wille. Im Grunde genommen bedeutet es beides gleichzeitig. Das muss man mal auf die Reihe bringen!

So, so, die Wahrnehmungsblasen sind zur Erholung, zum Rasten da. Wenn das so wäre, dürfte sich außerhalb der Blasen ganz schön was abspielen.
Sagen wir mal, die Energiestränge sind Emanationen der Quelle der Kraft. Emanation bedeutet das Hervorgehen aus einem Ursprung, der es aus sich selbst hervorbringt. Das bedeutet nicht zwingend, dass die Energiestränge dieselbe Kraft (Macht) haben wie ihre Quelle, aus der sie hervorgegangen sind. Vergleichsweise mit einem Tropfen Meerwasser, der kaum dieselbe Kraft hat wie eine Welle, denn die Welle ist durchaus imstande, einen erwachsenen Menschen am Strand umzuwerfen.
Es liegt auch nicht an den Energiesträngen, wann sie hervorgehen und wann sie zurückgezogen werden. Es dürfte auch nicht an ihnen liegen, in welcher Blase sie sich nach dem anstrengenden Kampf gegen andere Energiestränge ausrasten können. Also sind sie stets unterlegen, da stets das entscheidet, aus dem sie hervorgegangen sind.
Irgendwie ein Horrorszenarium, aber doch auch vorstellbar. Es ist sicher kein Kampf wie unsere erbarmungslosen Kriege, denn es geht um kein Territorium und auch nicht um Machtverhältnisse. Da draußen gibt es keine Wahrnehmung, wie wir sie kennen. Dort draußen liegt etwas anderes im Busch, wie man so sagt. Da draußen gibt es zwei unterschiedliche Energien, wobei es durchaus nicht um gut oder böse geht. Es sind Energien, die einander bedingen! Die eine kann unmöglich ohne die andere sein. Und doch scheint etwas durcheinander geraten zu sein, dass so etwas wie ein Kampf nötig ist.
Wie war das im so genannten Endkampf, als Kim und seine ‚Armee’ von der Leuchtenden Welt aus ins Ungewisse vorstießen, um wieder absolute Harmonie ins Universum zu bringen? So richtig habe ich das noch nie geklärt, weil es mit menschlichem Verstand nicht ge- und nicht erklärt werden kann.
In der alten Version kämpften Kim und seine Armee gegen Luzifer und Dämonen. Sozusagen gut gegen böse. Geschichten wie diese gibt es viele, aber ich wollte schließlich etwas anderes erzählen, etwas, was womöglich sogar so oder zumindest so ähnlich sein könnte. Also kam ich auf zwei unterschiedliche Energien, die aus dem Gleichgewicht geraten sind und es nun an Kim und seiner Armee lag, ins Universum endlich wieder absolute Harmonie zu bringen. Keine dieser beiden Energien ist gut oder böse. Die eine ist, wie bereits geschrieben, für Stagnation; die andere ist für Veränderung. Beide zusammen bilden ein perfektes Sein, wo keine Wahrnehmungsblasen mehr nötig sind. Die Energien können frei in die Unendlichkeit fließen und vielleicht können sie auch ewig in die Unendlichkeit fließen, wenn die Quelle der Kraft erkennt, dass es unter ihren unzähligen Kindern keinen Streit mehr gibt. Und es gibt so genannte energetische Wächter (Kim ist einer davon!), die darauf achten, dass das auch so bleibt. Welch märchenhaftes Bild!
Das Sein dort draußen ist aber schwer vorstellbar. Und mein ewiger Streit mit Kim, wie ich WIRKLICH erkenne, dass ich ein winziges Stückchen eines unendlich langen Energiestrangs bin und mich schließlich auch als den wahrnehme, kann demnach auch nie enden. Es kann nämlich nie eine Antwort darauf geben, weil es da draußen nun mal keine Wahrnehmung gibt. Ich werde also NIE wahrnehmen können, dass ich im Grunde genommen ein unendlich langer Energiestrang bin und nur einige winzige Stückchen davon in irgendwelchen unnötigen Blasen feststecken und mein Fließen merklich behindern.
Aber WAS gibt es da draußen? WIE könnte das Sein dort draußen sein, ohne zu sehen, ohne zu hören, ohne zu riechen, ohne etwas zu berühren, ohne sprechen? Die Vorstellung einer ganz anderen Wahrnehmung, falls man es überhaupt Wahrnehmung nennen kann, ist gar nicht so schwer, wenn man daran denkt, dass es Tiere gibt, die ultraviolettes Licht sehen, während wir dazu Geräte brauchen. Und das ist nur ein Beispiel von vielen, wo sich die Wahrnehmungen ziemlich unterscheiden.
Was aber, wenn die unzähligen Blasen nicht nur fürs Erholen gedacht sind und sie uns von bösartigen Wesen wie Stolpersteine vor die Füße geworfen wurden? Freund Carlos schreibt über so genannte Flieger. Das sind Wesen, die aus dem Universum zu uns kommen und unsere Energie stehlen. Sie haben es vor allem auf Emotionen abgesehen.
Also keine Emotionen mehr! Sie stehen uns ohnehin im Wege. Ach, wie habe ich Mr. Spock stets beneidet, auch wenn er teilweise ein Mensch war und ja doch zu Gefühlen fähig war. Wären wir nur wirklich fähig, auch für unser Gegenüber Gefühle aufzubringen, wäre das mit den Emotionen gar nicht so schlecht. Aber das tun wir ja nicht. Wir fühlen stets nur uns selbst und es geht immer nur um uns selbst, um mich, mich, mich. Wenn wir hören, dass ein Bekannter Krebs hat, dann denken wir sofort, wie wir uns fühlen würden, wenn wir diese Diagnose gekommen und sofort leiden wir. Ja, wir leiden, aber wir leiden nicht wirklich MIT. Ganz sicher nicht! Das bilden wir uns nur ein, so, wie wir uns wohl das meiste im Leben nur einbilden. Auch das mit der Liebe ist stets ein Schuss nach hinten. Wir lieben nur, wenn uns das Objekt der Begierde gut tut. Tut er nur einmal etwas, was uns nicht gut tut, bekommt die Liebe schon einen Knacks. Und tut er mehrmals etwas, was uns nicht gut tut, wird aus der Liebe eine ständige Abneigung und vorbei ist es mit der einst so schönen Romanze. Emotionen behindern unser wahres Sein. Es macht uns schwach und wehleidig.
Das heißt nicht, dass wir eiskalt vorübergehen sollen, wo Hilfe benötigt wird. Vielleicht sind Gefühle erst dann wirklich echt, wenn wir uns selbst vergessen. Immerhin meint auch Don Juan, dass Freiheit die Abwesenheit der Sorge um uns selbst ist.

Kim ist einer der unzähligen Wächter. Darunter sind auch einige, die ihm beim so genannten Endkampf beigestanden sind. Anfangs war alles anders. Kim himself kämpfte gegen den Höllenfürsten persönlich und kein anderer konnte diesen Kampf für ihn ausfechten, auch wenn einige das wollten, da sie große Angst um ihren Liebling hatten. Welch Symbolkraft! Derjenige, der als die Liebe selbst dargestellt wird, kämpft gegen das abgrundtief Böseste, was in diesem Universum gibt. Gleichstarke Gegenkraft! Für jeden der Krieger des Endkampfes gab es das Gleichstarke – das Gegenteilige dessen, was in ihnen ist. Symbolisch hieße das, dass das Böse, das in uns lodert, genauso stark ist, wie das Gute. Wir alle haben beides in uns und in Extremsituationen sind wir für Dinge fähig, von denen wir nicht einmal zu träumen wagen, nicht mal im ärgsten Albtraum.
Woher kommen alle Gedanken, Vorstellungen und Phantasien? Sind es Erinnerungen an längst vergangene Leben oder Erinnerungen, die genetisch in unserm Fleisch gespeichert sind?
Und wieder einmal frage ich mich, warum ich mir all diese Gehirnakrobatik antue. Weil’s mir Spaß macht! Weil ich mir gerne vorstelle, wie es sein könnte! Im Grunde genommen weiß ich nichts. Gar nichts! Absolutes Nichtwissen! Ich bin mir nicht einmal sicher, ob 1 und 1 wirklich 2 ist. Das sagte übrigens auch einmal ein hoch angesehener Wissenschaftler, als er ein Ehepaar sah. Die Frau war schwanger.
Mein Leben wäre vielleicht etwas einfacher, wenn ich nicht so viel nachdenken würde, wenn ich mir nicht so viel vorstellen würde, wie dies oder jenes sein könnte. Im Grunde genommen schreibe ich ja nur Märchen, Phantasiegeschichten, die ich manchmal ja doch etwas zu ernst nehme. So geht es mir ebenfalls bei Büchern, in die ich mich immens hinein steigere und alles für bare Münze nehme. Labil halt und leicht zu beeinflussen. Oh, nein! Spätestens, wenn ich einen bestimmten Zwang spüre, erwache ich und bin wieder ich selbst.
Ich selbst. Was ist das? Was ist dieses Ich? Was ist Persönlichkeit? Doch nichts anderes als aneinander gereihte Momente. Der Moment der Geburt. Der Moment des ersten Schreis. Der Moment das erste Mal in den Armen eines anderen Menschen. So geht es weiter, bis zu dem Moment, wo man das allerletzte Mal etwas als Mensch tut – der letzte Atemzug, der letzte Herzschlag. Diese Momente sind so aneinander gereiht, dass sie für das menschliche Bewusstsein einen Sinn ergeben. Wären sie chaotisch, also, zuerst der erste Schrei, dann der erste Schultag, zwischendurch der letzte Atemzug, könnten wir darin keinen Sinn, kein Ich und keine Persönlichkeit erkennen. Es sind die sinnvoll aneinander gereihten Momente, die das Ich (es erlebt ja diese Momente) und die Persönlichkeit (die Art, wie die Momente wahrgenommen werden) ausmachen. Es ist das Wahrnehmen und das Tun, das uns ausmacht – nichts anderes.
Kim sprach übrigens bereits über die Momente (Kim – Episoden/Kims Monolog).
Des Weiteren ist das Denken bloß eine Folge der Evolution. Das Gehirn des Homo sapiens hat sich weiter entwickelt. Wovon weiter entwickelt? Ist es denn sicher, dass wir vom Affen abstammen? Fehlt da nicht etwas, nämlich das Missinglink? Ich weiß es nicht. Auch wenn einige meinen, Darwin hatte recht, kann ich deswegen nicht sagen, dass ich es weiß. Ich bin nicht Darwin und auch kein Wissenschaftler, der es herausfinden könnte. Ich kann nichts überprüfen, weil ich nicht die Ausbildung dazu habe – und wohl auch kaum die Möglichkeit. Und selbst wenn, würde ich dann wirklich sagen können, dass ich weiß? So werden wir niemals wirklich feststellen, was denn zuerst da war: Das Gehirn oder das Gedanke? Das Huhn oder das Ei?
So ergebe ich mich liebend gerne meiner Phantasien und denke: So könnte es vielleicht sein und wenn nicht, ist es auch gut. Selbst wenn es in Wirklichkeit kein Ich, keine wirkliche Persönlichkeit geben sollte, in meiner Phantasie gibt es MICH, die gerne in die Natur hinausgeht und Tiere und Pflanzen beobachtet und bewundert, die sich an manche Leckerbissen erfreut, die einfach nur lebt und die ab und zu von einer Leuchtenden Welt träumt, in der Kim und seine Freunde herumwandeln und nach dem Rechten schauen, um das Universum in Harmonie zu halten.
Der Mensch ist nicht schlecht. Und das Leben ist nicht beschissen. Es ist eben alles wie es ist. Heute bin ich versöhnlich und das ist ja doch gut so.

Menschen kann man nicht verallgemeinern. Die menschliche Bewusstseinsblase ist zwar wie sie ist und färbt ständig auf die in ihr enthaltenen Energien ab, dennoch scheint es auch so etwas wie den freien Willen zu geben. Hier scheint es doch gewisse Gesetze zu geben, denn auch die Quelle der Kraft wirkt deterministisch, wie auch indeterministisch.
Zu manchen Menschen habe ich sofort einen Draht und bei einigen wenigen habe ich das Gefühl, sie schon ewig zu kennen, obwohl ich erst ein paar Worte mit ihnen gewechselt habe. Sympathie? Wovon hängt sie ab? Ist es wirklich eine Prägung aus der Kindheit? Ein Mensch mit einem ähnlichen Gesicht, das einst direkt vor meinem Kinderwagen aufgetaucht und mich erschreckt hat, wird mir wahrscheinlich nicht sofort geheuer sein. Es ist wie es ist.
Wir werden nur ausschweifend, wenn wir das Ganze erblicken möchten. Dann sage ich: „Die Menschen sind ja doch nicht so gut. Sie sind rechthaberisch, egoistisch und vor allem sind sie sehr aggressive Lebewesen. Das sind Tiere auch, aber Menschen – zumindest die meisten von ihnen – töten aus Freude am Töten und sehen sich selbst als Krönung der Schöpfung, was ihnen angeblich das Recht gibt, über alles in der Natur zu entscheiden. Sie sperren Lebewesen, die sie Nutztiere nennen, in enge Räume, wo sie niemals den Himmel sehen können, außer, wenn es zum Abtransport in die Schlachthöfe geht, wo sie noch vor ihrem barbarischen Tod grausam behandelt werden. Sie experimentieren mit Tieren und Pflanzen, als wären sie die Herren über alles und jeden. Aber kein Wunder, wenn wir in der Menschheitsgeschichte zurückblicken, die sich hauptsächlich durch Kriege auszeichnet. Krieg, Völkermord, Korruption – mit diesen drei Worten lässt sich nur der Mensch als einziges Lebewesen auf der Erde beschreiben. Gerade jetzt wird es wieder kämpferisch in der Menschenwelt. Flüchtlingskrise, Terror und Krieg wohin man schaut. Die Angst geht um und jeder wird verdächtigt, so wie einst vor dem zweiten Weltkrieg der früher so nette Nachbar plötzlich ein Dorn im Auge wird, weil es heißt, dass er einer anderen Abstammung angehört, die im Land der großen Blonden mit den blauen Augen nicht mehr willkommen ist. Wird es wieder so weit kommen? Hat die Menschheit nichts dazu gelernt?
Ich bin von all dem nicht betroffen. In unserm kleinen Städtchen ist noch alles Wonne und Sonnenschein, bis auf einige Kleinigkeiten, die keinem wirklich wehtun. Uns geht es gut und das ist auch gut so. Warum in die Ferne blicken und sich über etwas aufregen, was einem gar nicht betrifft.
Es ist doch so schön bei warmem Sonnenschein über die Felder und durch Wälder zu streifen, wo einem ab und zu ein Rehlein oder ein Häschen begegnet. Alles ist ruhig und friedlich. Warum also sich Sorgen machen, was mehrere Kilometer weit weg passiert? Wenn ich so denke, müsste ich ständig am Heulen sein, denn irgendwo passiert laufend irgendetwas Schreckliches! Ich denke eben an einen Comic, wo Lucy ihren Freund Charlie Brown erbost fragt, wie er bei all dem Schrecken in der Welt nur so fröhlich sein kann. Und er kann! Weil es ihn selbst nicht betrifft! Ich kann es auch. Wenn die Menschen schon so verdammt schwachsinnig sind und sich gegenseitig umbringen, sollen sie es doch tun. Ich tu es nicht und in meiner Umgebung tut es auch niemand. Hoffe ich mal. Mir geht es nicht darum, so genannte gute Energien mit positiven Gedanken zu verbreiten. Mir geht es nur um mich selbst und meine Familie. Wenn es meiner Familie gut geht, geht es auch mir gut. Ja, so ist der Mensch nun mal. Er denkt zu allererst an sich selbst. Und ich bin nun mal auch ein Mensch und mache mir deswegen keine Vorwürfe. Es ist zwar schön davon zu träumen, das Ego abzulegen, aber praktisch schwer, wenn überhaupt möglich.
Und wenn mal etwas in unserem Städtchen passieren sollte, kann ich mich noch immer grämen oder fürchten. Anschläge dieser Art lassen sich niemals voraussagen und es kann auch niemand etwas dagegen tun. Meist sind dies Menschen, diese so genannten Attentäter, die alles hinunterschlucken, bis es randvoll ist und dann geht es urplötzlich über und es knallt ganz fürchterlich. Wie könnte man solche menschliche Bomben vor der Explosion entschärfen? Wie? Es sind auch nicht immer die Ausländer, oder die IS, die sich in letzter Zeit sogar dazu bekennt, wenn der Nachbar einen fahren lässt und die Geruchsbelästigung ein strafbares Ausmaß annimmt.
Kim sagt stets, es ist gut wie es ist. Er sagt auch, wenn etwas passiert ist, lässt es sich nicht rückgängig machen. Kim ist eigentlich ein Anarchist – aber ein gewaltloser Anarchist, der alles so sein lässt wie es ist, ohne irgendjemand oder irgendetwas in ein bestimmtes Schema zu pressen. Kim ist die Ruhe in mir.
Bin ich heute wieder versöhnlich?

Spiegelungen, oder das, was dahinter ist. Hinter dem Spiegel, oder viel mehr hinter dem, was der Spiegel widerspiegelt. Denn hinter dem Spiegel ist meistens eine Wand und nicht, wie bei Alice oder anderen Phantasien, eine andere Welt. Übrigens, Kim ging auch einmal durch einen Spiegel in eine andere Welt und machte Maria damit sehr unglücklich, was sie sich jedoch selbst zuschreiben musste, da sie ihm nicht vollkommen vertraute.
Wir sehen uns im Spiegel nie so, wie uns die anderen sehen. Wir sehen uns spiegelverkehrt. Das was eigentlich rechts ist, befindet sich im Spiegel links. Der Spiegel belügt uns also.
Freund Carlos schrieb, dass in den meisten Häusern der Zauberer und Hexen jegliche Spiegel fehlten. Es war nicht deshalb, weil Spiegel lügen und wir uns ohnehin ein ganz anderes Bild von uns selbst machen, als wirklich sichtbar ist, sondern, um den Spiegel der Selbstbetrachtung zu zerstören. Aber um das wirklich zu schaffen, muss ich erst einmal wissen, was ich da zerstöre. Mich selbst? Das ist mir kaum möglich, außer ich bekomme Alzheimer. Irgendwie ist der Gedanke schon reizvoll, alles zu vergessen. Es wäre ein bisschen ein Gefühl der Freiheit, wenn da nicht die verzweifelten Mitmenschen wären. Und vielleicht sind Alzheimerkranke auch verzweifelt, wenn sie manchmal helle Momente haben. Alles wieder nur Vorstellung, denn wirklich wissen kann ich nur, wenn ich es selbst auch erlebe und nicht einmal dann, da ja doch jeder Mensch anders oder auch nur ein wenig anders wahrnimmt.
Was ich eigentlich mit dem Titel ‚Spiegelungen oder das, was dahinter ist’, sagen will, ist, mein Inneres durchleuchten. Das Äußere, der Alltag, den das Äußere erlebt hat – all das ist nichts sagend, im Gegensatz zu dem, was innen passiert. All die Gedanken, Phantasien! Was wäre, wenn alle Gedanken, Träume und Phantasien aller Menschen plötzlich die wahre Wirklichkeit wären und der eintönige, öde Alltag verpuffen würde?
Meine Vorstellung vom Jenseits ist gar nicht so abwegig, wenn ich sage, es ist um vieles mehr größer als die materielle Welt. Was sich im Inneren der Menschen abspielt, würde uns alle wahrscheinlich wieder zu Kindern werden lassen.
Ich habe in meinem Leben nichts Besonderes vollbracht und gelebt, wie viele andere auch leben. Meine Kindheit war mal so und mal so und dass ich mich meinen Eltern gegenüber nicht durchsetzen konnte, wie so manch andere Kinder, lag nun mal an mir selbst. Durch ein anderes Geschreibe von mir, eine Art Rekapitulation, habe ich erkannt, dass immer alles nur an mir selbst lag und liegt. Man kann zwar gewissen Situationen nicht ausweichen, aber ich kann entscheiden, was ich damit mache und vor allem, wie ich sie annehme. Das Leben ist nun mal ein Auf und Ab und nicht immer nur ein Land, wo Milch und Honig fließt. Ich mag übrigens beides nicht, weder Milch noch Honig. Warum schreibe ich das dann? Weil ich es nachgeplappert habe und nicht selbst gedacht habe. Selbst denken? Ist es denn möglich, wenn mir doch alles angelernt wurde? Ein wenig, ja, aber das ist nicht wirklich so wichtig. Viel wichtiger ist, dass ich in allen Situationen ich selbst bleibe. Nur – wer oder was bin ich selbst? Nun, das mit den Momenten hatte ich schon. Die Frage ist jetzt nur, woraus bestehen die Momente? Sind sie neu oder sind sie Programmierungen, wie bereits fast alles in unserer Menschenwelt programmiert ist? Egal, weil ich schweife schon wieder vom Thema ab, über das ich diesmal schreiben möchte.
Ja, es ist auch egal, denn außen lässt sich nicht für alle Menschen ein Abenteuer erleben. Nicht allen Menschen macht der Job Freude. Nicht alle Menschen haben genug für ein angenehmes Leben. Wir sind auch nicht alle gleich, um es allen auch recht zu machen. Haben wir deshalb Träume und Phantasien, von denen wir zwar nicht satt, aber doch ein wenig fröhlicher werden können?
Wie gesagt, mein Leben unterscheidet nicht sich nicht sehr vom Leben der meisten anderen Menschen. Es war alles nach Vorschrift. Alles so, wie es für die Gesellschaft vorgesehen wurde. Und egal, in welchem Land man lebt, welche Regierung vorherrscht – Gedanken und Träume kann einem niemand nehmen.
Parallel zu meinem Alltagsleben, mit dem ich übrigens eh zufrieden bin, weil ich weiß, dass ich in ein und derselben Situation ganz sicher wieder genauso entscheiden würde, taten sich für mich Welten auf, in denen ich allzu gerne schwebte. Schon als ganz junger Mensch kamen unsichtbare Spielkameraden zu mir und einige blieben bis heute. Zumindest einer, ein ganz treuer, blieb bis heute, mit dem ich unheimlich gerne und gut Selbstgespräche führe. Es war sein Leben, welches ich parallel zu meinem lebte. Und ich fand es immens aufregend, selbst wenn sich das sehr schizophren anhört. Na und? Ich tue damit niemandem weh und vielleicht wäre dies für einige Menschen eine Alternative, nur davon zu phantasieren, Terror zu machen und damit andere Menschen ins Unglück zu stürzen.